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Die entführte Prinzessin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am14.12.20151. Auflage
Von Drachen, Liebe und anderen Ungeheuern. Wer hätte nicht einmal davon geträumt, Prinzessin zu sein und von einem edlen Prinzen heimgeführt zu werden? Zumal, wenn man als Prinzessin im rauen und trostlosen Nordreich Snögglingduralthorma lebt und eine Delegation aus dem sagenhaft reichen mittelmeerischen Baskarien vor den vereisten Toren der Stadt auftaucht. Doch halt: So einfach ist das in Karen Duves neuem Roman nicht - denn der stets schwarz gekleidete baskarische Prinz Diego will die bettelarme Prinzessin anfangs nur, um seine prestigesüchtige Mutter damit zu kasteien. Und gleich bei seiner Ankunft geraten die Baskarier und Prinzessin Lisvanas Landsleute in Streit. Aus der romantischen Brautwerbung wird eine echte Entführung, die entführte Prinzessin verweigert die Heirat - und im Nordreich sinnt man fortan finster brütend auf Rache ...

Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2002), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, 2014 ihre Streitschrift Warum die Sache schiefgeht. Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam 2015 in die Kinos. 2016 sorgte sie mit ihrem Roman Macht für Aufruhr und wurde mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2017) ausgezeichnet. Für ihren Roman Fräulein Nettes kurzer Sommer (2018) wurde Karen Duve mit dem Carl-Amery-Preis, dem Düsseldorfer Literaturpreis und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextVon Drachen, Liebe und anderen Ungeheuern. Wer hätte nicht einmal davon geträumt, Prinzessin zu sein und von einem edlen Prinzen heimgeführt zu werden? Zumal, wenn man als Prinzessin im rauen und trostlosen Nordreich Snögglingduralthorma lebt und eine Delegation aus dem sagenhaft reichen mittelmeerischen Baskarien vor den vereisten Toren der Stadt auftaucht. Doch halt: So einfach ist das in Karen Duves neuem Roman nicht - denn der stets schwarz gekleidete baskarische Prinz Diego will die bettelarme Prinzessin anfangs nur, um seine prestigesüchtige Mutter damit zu kasteien. Und gleich bei seiner Ankunft geraten die Baskarier und Prinzessin Lisvanas Landsleute in Streit. Aus der romantischen Brautwerbung wird eine echte Entführung, die entführte Prinzessin verweigert die Heirat - und im Nordreich sinnt man fortan finster brütend auf Rache ...

Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2002), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, 2014 ihre Streitschrift Warum die Sache schiefgeht. Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam 2015 in die Kinos. 2016 sorgte sie mit ihrem Roman Macht für Aufruhr und wurde mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2017) ausgezeichnet. Für ihren Roman Fräulein Nettes kurzer Sommer (2018) wurde Karen Duve mit dem Carl-Amery-Preis, dem Düsseldorfer Literaturpreis und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462315943
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum14.12.2015
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2206 Kbytes
Artikel-Nr.1867133
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


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Schnee und Eis


Es war einmal ein Königreich, das hieß Snögglinduralthorma oder so ähnlich, genau weiß das heute keiner mehr. Es wurde schon damals überall bloß das Nordland genannt, weil es hoch, hoch im Norden lag - dahinter wohnten eigentlich nur noch Eisbären und Robben - und weil niemand den offiziellen Namen richtig aussprechen konnte. König Rothafur herrschte über das Nordland. Er hatte eine Königin, die ihm als Einzige zu widersprechen wagte, einen Sohn, der den Thron erben sollte, und eine Tochter, die verheiratet werden musste. Die Prinzessin hieß Lisvana und war wunderbar schön. Sie hatte Haare aus lauterem Gold und lilienweiß schimmernde Haut, veilchenblaue, mandelförmige Augen und seidenweiche Brauen und unzählige weitere Vorzüge, aber trotzdem wollte kein Prinz um sie anhalten.

»Was, Lisvana vom Nordland«, sagten die Prinzen, wenn sie die aktuelle Liste heiratsfähiger Königs- und Fürstentöchter durchgingen, »ist das nicht die mit dem goldenen Haar und der popeligen Mitgift? Lass mal sehen!« Und dann blätterten sie weiter zur Mitgift-Seite, und da stand unter

Nordland-Mitgift: siehe Snögglinduralthorma-Mitgift, und unter Snögglinduralthorma-Mitgift: ein Streifen faulig riechendes Moorgebiet am nördlichsten Ende des Reiches, wo sowieso nie jemand hinkommt, vier kleine Truhen voller Silberlöffel zweiter Wahl und zwanzig der einheimischen gelben Pferde, deren Plumpheit das dazugehörige gepunzte und kupferbeschlagene Zaumzeug auch nicht wettmachen kann. Die Pferde haben einfach zu kurze Beine. Außerdem der übliche Wäschekrempel, Handtücher und so weiter. Prinzessin ist allerdings ziemlich hübsch, Goldhaar und so weiter.

Der Verband der fahrenden Sänger, der die Liste herausgab, ließ es sich trotz wiederholten Protests nicht nehmen, die Prinzessinnen und ihre Mitgift zu kommentieren.

»Vier kleine Truhen, zwanzig schlechte Pferde und praktisch kein Land ... - so hübsch kann eine Prinzessin ja gar nicht sein, um das auszugleichen«, sagten die Prinzen dann und blätterten zur Namensliste zurück.

Es lag nicht daran, dass König Rothafur geizig gewesen wäre. Er gönnte seiner Tochter alle Schätze der Welt, aber mehr hatte er nicht erübrigen können. Das Nordland besaß äußerst geringfügige Silbervorkommen und noch geringfügigere Kupfervorkommen. Große Vorkommen gab es bloß an blutsaugenden Insekten. Das Landesinnere war voller Geröllfelder, auf denen nichts wuchs. Immer wieder brach irgendwo ein Vulkan aus und verschüttete ein Dorf oder eine der letzten fruchtbaren Weiden. Die Sommer waren kurz und feucht. Sämtliche Nordländer trugen das ganze Jahr über eine langärmelige Oberbekleidung aus gelbem Ponyfell, die sie Jacki nannten. Zwar gab es eine Küste und einen Hafen, aber das Meer vor der Küste war bodenlos und tückisch. Es wimmelte nur so von bösartigen Seeungeheuern, solchen mit Wildschweinhauern und solchen mit siebenundzwanzig Fangarmen. Dazu kamen noch unberechenbare Strömungen und Strudel. Das war der eine Grund, warum sich nur wenige Schiffe hier heraufwagten. Der zweite war, dass niemand so recht wusste, warum er die gefährliche Seestraße nach Snögglinduralthorma überhaupt nehmen sollte. Die Nordländer freilich hielten ihr Königreich für das schönste der Welt. Man reiste damals aber auch nicht besonders viel. Immerhin lag zu Weihnachten garantiert Schnee. Und zwar richtiger Schnee, nicht nur so ein bisschen Puderzucker auf den Wegen und weiße Haufen in den Ecken. Er fiel bereits Ende Oktober in weißen, flauschigen Flocken vom Himmel, Flocken, die man in der Hand fangen und lange betrachten konnte, bevor sie schmolzen. In kürzester Zeit trugen alle Häuser, alle Kirchen, Zaunpfähle und Bäume weiße Mützen, und die kleinen gelben Pferde versanken bis zu den Bäuchen und schnaubten missmutig auf die Schneedecke. Ihr Atem fror, und an ihren Nüstern bildeten sich Eiszapfen. Eiszapfen hingen von den Dächern sämtlicher Hütten herunter, Eiszapfen klirrten in den Bärten der Nordlandritter, und wenn sie im Rittersaal vor den Kaminfeuern saßen, tropfte das Schmelzwasser in ihre Trinkbecher. Mit Schnee und Kälte kam die Dunkelheit, schon der November war ein finsteres Loch, das füllte man mit knusprigem Schafsschinken, gebackenen Schweinepfoten und triefenden Kapaunen. Im Schloss musste der Hofzwerg Pedsi täglich seine Purzelbäume schlagen, auf ein Tanzvergnügen folgte das nächste, Honigbier floss in Strömen, der König erzählte Rentierwitze und die Ritter von ihren Ehrenhändeln. Wie die meisten Länder ohne bedeutende Vorkommen an Bodenschätzen hielt sich das Nordland viel auf seinen Stolz und seine Ehre zugute, davon konnte man fördern und fördern, es wurde doch nicht weniger.

Der Dezember kam den Rittern und Hofdamen schon länger vor. Den Zwerg wollte keiner mehr sehen, zum Tanzen hatte man auch immer weniger Lust, und der König ging von Rentier- zu Lemmingwitzen über, die nicht ganz stubenrein waren. Gerade mal zwei Stunden war es noch hell. Hell? Ein träges graues Funzeln schob sich zwischen die nicht enden wollenden Nächte. Immerhin gab es Weihnachten, da war man wieder obenauf. Weiße Weihnacht, darum beneideten einen die Länder des Südens. Dann kam der Januar, und es blieb ein paar Minuten länger Tag, dafür wurde es noch kälter. Das Meer fror zu, am Strand wuchs ein Feenwald aus gläsernen Dreiecken. Die Ritter erlegten ab und zu eine Robbe oder einen Eisbären. Zurück im Schloss kauten sie die Schwarten und fragten ihre Knappen Waffen- und Wappenkunde ab, und wenn einer nicht sofort die richtige Antwort hervorsprudelte, setzte es Tatzen. Die Hofdamen piesackten den Zwerg; sie wetteiferten darin, welche ihn zuerst zum Weinen bringen würde. Wann immer der König versuchte, einen Witz zu erzählen, legte ihm die Königin die Hand auf den Arm und sagte sanft: »Rothafur, bitte, diesen Witz hast du schon zweimal im November und achtmal im Dezember erzählt. Hier, ich habe mitgeschrieben«, und dann holte sie ein kleines rotes Notizbuch aus ihrer Königinnenschürze. »Kommt ein Rentier zum Bader und sagt: Ich habe da so ein Geschwür am Bauch ... - hast du am 4.11., am 17.11., am 1.12., am ...«

Woraufhin der König so beleidigt war, dass seine Nase ganz und gar in seinem Bart verschwand.

Spätestens im Februar gingen Honigbier und Wein aus, und die Ritter schauten immer melancholischer in ihre Becher. Einige Mutige wechselten zu Eichelschnaps, der bekanntlich auf die Augen schlug. Die Hofdamen traten den Zwerg, wenn sie ihn bloß sahen, die Ritter traten ihre Knappen und den Hofzwerg obendrein. Manchmal verprügelten sie sich auch gegenseitig. Am Ende des Monats hängten sie ihre Schwerter um, banden ihren kurzbeinigen Pferden Schneeschuhe unter und überfielen den einzigen angrenzenden Staat. Er hatte einen noch komplizierteren offiziellen Namen, der vollständig verlorengegangen ist, und wurde wegen seiner unangenehmen Witterung kurz Nebelreich genannt. Der König und die Ritter des Nebelreichs warteten schon ungeduldig darauf, dass endlich die Nordlandritter angriffen. Es war die einzige wirkliche Abwechslung im Winter. Man kämpfte etwa eine Woche lang gegeneinander, zum Teil mit Fackeln, damit man überhaupt sah, wem man gerade seine Axt zwischen die Ohren hieb, und dann wurde die Grenze neu verhandelt und - je nachdem - dreihundert Schritt nach Norden oder Süden verschoben. Die Ritter sammelten ihre Toten ein, banden sie auf den Pferden fest und ritten wieder nach Hause. Im März lag weiterhin Schnee, aber es wurde endlich heller. Die Frauen beweinten ihre toten Männer, die Männer, die überlebt hatten, freuten sich gedämpft. Jetzt machte sich der Vitaminmangel bemerkbar. Chronische Erkältungen und entzündete Kampfwunden taten ein übriges, die geschwächten Körper der Nordländer mit chemischen Sensationen zu überfluten. Die Farben und das wiedergekehrte Licht schienen ihnen auf einmal ungewöhnlich intensiv, die Geräusche wirkten überirdisch, wie von Engeln hervorgerufen, und die Seher hatten ihre klarsten und beeindruckendsten Visionen. Das war - wenn man so will - ein weiterer Pluspunkt für Snögglinduralthorma: Ab März befand sich das ganze Land in einem allgemeinen Rauschzustand. Anders hätte man diesen Winter wohl auch nicht ausgehalten. Die Menschen wurden friedlicher, und der Zwerg hatte wieder Ruhe. Irgendwann brach die Eisdecke im Hafen auf. Man packte die Toten auf Boote, legte Feuer daran und schob sie aufs Meer hinaus. Die praktischste Lösung, da der Boden immer noch gefroren war. Anfang April ließ der König eine Silbermünze an das Tor seines Schlosses nageln. Die erhielt derjenige, der ihm als erster eine Blume brachte. Manchmal hing die Münze noch bis zum Mai dort, manchmal musste der Zwerg dann mit Gehirnerschütterung ins Bett. Wenn aber erst einmal die Wiesen in Blüte standen, ging alles sehr schnell. Jeden Tag blieb es länger hell, die Äcker überzogen sich mit einem grünen Flaum, und die Bauern trieben ihr Vieh aus den Schuppen auf die leuchtenden Weiden. Rund um das Schloss wurden Balken über die Schlammlöcher gelegt, damit auch die Königin, die Prinzessin und die Hofdamen spazieren gehen konnten. Der Zwerg wurde gehätschelt, gestreichelt und mit wässrigen Erdbeeren gefüttert. Trotzdem versuchte er jeden Sommer wieder zu fliehen, aber man wusste schon, wo man ihn suchen musste. Stets kampierte er auf einem Felsen in der Nähe des Hafens, wo er in eine Wolldecke gewickelt auf ein fremdes Schiff hoffte. Seine Fluchtversuche zogen keine Strafen nach sich. In den Sommermonaten...
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Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2002), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, 2014 ihre Streitschrift Warum die Sache schiefgeht. Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam 2015 in die Kinos. 2016 sorgte sie mit ihrem Roman Macht für Aufruhr und wurde mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2017) ausgezeichnet. Für ihren Roman Fräulein Nettes kurzer Sommer (2018) wurde Karen Duve mit dem Carl-Amery-Preis, dem Düsseldorfer Literaturpreis und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet.