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Bobby

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.06.2016
Der Tag, an dem sich alles veränderte - die mitreißende Geschichte einer New Yorker Familie nach 9 /11
Fast zehn Jahre ist es her, dass Bobby Amendola als Feuerwehrmann beim Einsturz der Twin Towers sein Leben lassen musste, und noch immer sind die Wunden in seiner irisch-italienischen Familie nicht verheilt. Weder bei dem Vater, der selbst Feuerwehrmann war, noch bei der Mutter, die weiterhin jeden Morgen in das unveränderte Zimmer des toten Sohnes geht. Auch beim großen Bruder, einem erfolgreichen Firmenanwalt, bricht der wohlgeordnet-sorgenfreie Alltag gerade auseinander, während das Leben seines Bruders Franky noch nie anders als zerbrochen war. Und dann will Bobbys Witwe ausgerechnet am neunten Geburtstag von Bobby Junior einen neuen Mann mitbringen in das Familienhaus auf Staten Island ...
Ein zärtlicher, bewegender Roman über Familie, Liebe, Verlust und Akzeptanz - und über das kleine Glück des Alltags.

Eddie Joyce wurde auf Staten Island geboren und wuchs dort auch auf. Nach einem Studium in Harvard und am Georgetown University Law Center war er zehn Jahre lang als Jurist in Manhattan tätig, meist als Strafverteidiger, bevor er mit dem Schreiben begann. 'Bobby' ist sein erster Roman.
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Produkt

KlappentextDer Tag, an dem sich alles veränderte - die mitreißende Geschichte einer New Yorker Familie nach 9 /11
Fast zehn Jahre ist es her, dass Bobby Amendola als Feuerwehrmann beim Einsturz der Twin Towers sein Leben lassen musste, und noch immer sind die Wunden in seiner irisch-italienischen Familie nicht verheilt. Weder bei dem Vater, der selbst Feuerwehrmann war, noch bei der Mutter, die weiterhin jeden Morgen in das unveränderte Zimmer des toten Sohnes geht. Auch beim großen Bruder, einem erfolgreichen Firmenanwalt, bricht der wohlgeordnet-sorgenfreie Alltag gerade auseinander, während das Leben seines Bruders Franky noch nie anders als zerbrochen war. Und dann will Bobbys Witwe ausgerechnet am neunten Geburtstag von Bobby Junior einen neuen Mann mitbringen in das Familienhaus auf Staten Island ...
Ein zärtlicher, bewegender Roman über Familie, Liebe, Verlust und Akzeptanz - und über das kleine Glück des Alltags.

Eddie Joyce wurde auf Staten Island geboren und wuchs dort auch auf. Nach einem Studium in Harvard und am Georgetown University Law Center war er zehn Jahre lang als Jurist in Manhattan tätig, meist als Strafverteidiger, bevor er mit dem Schreiben begann. 'Bobby' ist sein erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641158224
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum13.06.2016
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse606 Kbytes
Artikel-Nr.1869487
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1 Jemand anders als Bobby

Gail erwacht mit durchstochenem Herzen, diesen wie jeden Tag. Ihr Mund ist trocken. Sie greift nach dem Glas Wasser auf dem Nachttisch, doch es ist über Nacht warm geworden. Neben ihr schnarcht Michael friedlich den feuchtfröhlichen Abend aus.

Sie kann samstags nie lange schlafen. Freitagabends ist sie nicht zu gebrauchen, da ist sie wie unter Drogen. Sie bestellen eine Pizza, meistens mit Salami, aber gestern Abend ohne alles, weil Fastenzeit ist. Sie isst zwei Stücke, trinkt zwei Gläser Chianti und liegt um acht auf der Couch und schläft. Bevor Michael sich ins Leaf aufmacht, breitet er eine Decke über ihren leblosen Körper. Er weckt sie, wenn er heimkommt, spätestens gegen elf heutzutage. Er hilft ihr die Treppe hinauf und atmet sie dabei mit einem Bierdunst an, der auf dem Heimweg schon schal geworden ist. Sie wird gar nicht richtig wach, bringt mit Mühe die Energie auf, ihre müden Knochen unter die Decken zu packen. Er sagt etwas Liebes, küsst sie auf die Stirn.

Am nächsten Morgen springt sie immer sofort aus dem Bett. Sie braucht kein Koffein und keinen Wecker, ein unbestimmtes Schuldgefühl treibt sie, sich in den Tag zu stürzen. Noch ehe sie aus der Dusche steigt, läuft sie auf Hochtouren, macht Listen, macht Pläne. Was an Pflichten ansteht. Heute, morgen, die Woche, den Monat. Sie wird es sich später notieren. Im stillen Schlafzimmer zieht sie sich an, auf dem Bett sitzend, wo die weiche Decke die Energie dämpft, die sie braucht, um die Strümpfe überzustreifen. Nur ein Schnarcher von Michael hin und wieder erinnert sie daran, dass sie nicht mutterseelenallein auf der Welt ist.

Ein rascher Blick in den Spiegel. Nicht Eitelkeit ist das, nicht mehr, sondern die ältere Schwester: Würde. Sie vergewissert sich, dass sie keine Vogelscheuche ist, dass die Sachen, die sie im Dunkeln angezogen hat, sich nicht beißen. Braune Cordhose und ein ausgebleichtes langärmeliges grünes T-Shirt. Geht schon.

Ein Schritt aus dem Schlafzimmer, schon wird ihre Energie auf die Probe gestellt. Bobbys Zimmer ist direkt gegenüber, und so gern sie einfach daran vorbeiginge, sie muss es betreten. Seit Bobbys Heirat und Auszug ist es unverändert. Er nahm die meisten Sachen mit, aber das Zimmer sieht aus wie früher. Wie das Zimmer eines erwachsenen Sohnes, der noch zu Hause wohnt. Das Bett ist gemacht, das Fenster einen Spaltbreit offen. Ein verblasstes Poster von Patrick Ewing, schweißtriefend und zum Fürchten, hängt über dem Bett. Mitten im Sprung, um einen Wurf zu blocken. Sie nickt ihm zu.

Patrick, wie geht´s uns heute Morgen?

Gut, Mrs A, gut. Irgendwie kriege ich diesen Wurf nie fertig geblockt. Immer fehlen ein paar Zentimeter.

Nicht aufgeben, Patrick.

Wird gemacht, Mrs A.

Sie zieht scharf die Luft ein, schließt die Augen, versucht sich zu erinnern, wie es war, mit ihrem Sohn in diesem Zimmer zu sein. Er war kaum jemals da. Zum Schlafen, und das war´s. Die älteren Jungen mussten sich ein Zimmer teilen, aber Bobby kriegte sein eigenes. Sie weiß nicht mehr, wie das kam. Irgendwie halt. Keine Erklärung, keine Begründung: eine Übergangsregelung, zeitweise praktisch für die Familie und dann vom schlichten Vergehen der Zeit zementiert. Als sich einer der älteren Jungen beschwerte - Peter, es muss Peter gewesen sein -, war es zu spät.

»Macht mir nichts aus, Mom. Er kann es haben. Ich tausche, oder Franky zieht zu mir.«

Nachgiebig wie Gummi, ihr Bobby. Doch der Tausch kam nie zustande. Der Jüngste bekommt die abgetragenen Sachen, das ramponierte Spielzeug, wird in die Pfanne gehauen und im Stich gelassen, gehänselt und schikaniert. Da soll er wenigstens sein eigenes Zimmer haben, auch wenn er es gar nicht will.

Außerdem wollte sie nicht, dass Peter seinen Willen bekam. Er war vierzehn oder fünfzehn. Überall der große Zampano. Schon Ansprüche, zwar nicht wie die reichen Bengel, aber eine Erwartungshaltung. Er legte sich ins Zeug, das war nicht zu leugnen. War gut in der Schule, doch das fiel ihm leicht. Gut auch in Sport - Football, Baseball -, was ihm auch leichtfiel. Aber er hatte die Erwartung, dass sich ihm alle Türen zu öffnen hatten, die Sicherheit, dass er eines Tages das Schloss erobern und die Prinzessin ficken und den ganzen Wein bechern würde, weil er so intelligent und sportlich und gut aussehend und fleißig war. Womit er gar nicht so verkehrt lag, wie sich später herausstellte.

Doch das Zimmer bekam er nicht. Sie erinnert sich jetzt: eine Liste guter Gründe, am Küchentisch präsentiert. Ein selbstgefälliges kleines Lächeln am Schluss aus Genugtuung über die Brillanz seiner Logik. Der Schock und die Kränkung, als sie Nein sagte, ohne Begründung. Sie wollte, dass der kleine Großkotz mal eine Enttäuschung erlebte. Komisch, wie man manchmal die eigenen Kinder hassen kann.

Sie geht zu dem kleinen Bücherregal, das unter dem Fenster steht. Darauf eine Handvoll Basketballpokale. Einen hat ein Windstoß umgeweht. Sie hebt ihn auf, betrachtet die Plakette: Most Improved Player, Farrell Junior Varsity 1990-91. Der Pokal bedeutete ihm viel. Sie stellt ihn wieder auf den marmornen Sockel, schiebt ihn an seinen angestammten Platz unter den anderen.

Vor ein paar Jahren dachte Michael laut über die Möglichkeit nach, das Zimmer anderweitig zu nutzen. Als zusätzliches Gästezimmer oder als häusliches Arbeitszimmer oder vielleicht als Spielzimmer für die Enkel. Sie starrte ihn aus ihren blauen Augen unbewegt an, bis ihm die Worte ausgingen. Er brachte das Thema nie wieder zur Sprache.

Manchmal denkt sie, er hatte recht. Das Zimmer hat keine Atmosphäre, es ruft keine besonderen Erinnerungen wach. Es erinnert sie einfach an Bobbys Fehlen, und dafür braucht sie eigentlich kein Zimmer. An manchen Tagen tut es ihr weh, dieses Zimmer, wenn sie beim Eintreten jemanden in seinem Bett liegen sieht und kurz eine obszöne Hoffnung aufflackern fühlt, die gleich wieder verlischt, wenn ihr klar wird, es ist Franky, und er hat sich hier verkrochen, während sie schliefen, ein betrunkenes Häufchen Elend, das der einen Trübsal die nächste hinzufügt. An solchen Tagen schließt sie die Tür und lässt Franky schlafen. Wenn er sich am Morgen verkatert und verschämt davonstiehlt, wäscht sie die Laken und macht das Bett neu und fühlt Bobby noch ein Stück weiter entgleiten.

Vor allem ist es eine Ablenkung. Ein Aufschub von vielleicht fünf Minuten, vielleicht einer Stunde, bevor ihr Tag richtig losgeht. Wie heute. So, es wird Zeit, Mr Ewing viel Glück zu wünschen und in die Gänge zu kommen. Sie bekreuzigt sich und verlässt das Zimmer.

Schon ist sie ein Stockwerk tiefer und fegt wie ein Wirbelwind durchs Haus, um die ganzen kleinen Pflichten zu erledigen, die während der Woche liegen geblieben sind und die sie schon gestern Abend hätte erledigen sollen. Überall, wo sie hinkommt, erwacht das Haus zum Leben: Die Waschmaschine schlürft, die Spülmaschine gluckst, die Kaffeemaschine brodelt und zischt. Aufleuchtende Lampen markieren ihren Weg durchs Haus. Bad, Flur, Treppe, Küche, Wohnzimmer, Veranda. Die Holzfußböden ächzen bei jedem Schritt zu ihr auf, und die Knochen in ihren Fesseln und Füßen antworten mit beunruhigendem Knacken. Der Müll wird hinaus-, die Zeitung hereingebracht.

Stimmen aus dem Radio tönen wieder durch die Küche, ohne zu ahnen, dass sie in den Schlafensstunden abgestellt waren. Ein ganz normaler Nachrichtensender. Nichts Politisches, nichts Empörendes. Bloß die Verkehrslage, das Wetter, die Vorkommnisse in den fünf Stadtbezirken und in New Jersey, Connecticut, Long Island, Westchester. Meldungen, die ihr das Gefühl geben, dass sie Teil einer Gemeinschaft ist. Einer großen, weit verstreuten, zänkischen Gemeinschaft, aber einer Gemeinschaft.

Es gab eine Messerstecherei in Yonkers, einen tödlichen Unfall wegen Trunkenheit am Steuer in Garden City, vom Sturm heruntergerissene Stromleitungen in Massapequa. Dazwischen Heile-Welt-Geschichten: eine anonyme Spende an eine Suppenküche in Mount Vernon, ein geretteter Hund in Canarsie, eine Spenderniere für ein krankes Kind in Flushing.

Wie schrecklich. Wie großartig. Wie deprimierend. Die Verkehrslage, irgendwo immer schlecht, selbst zu dieser Tageszeit, selbst an einem Samstag. Die Sprecherin führt auf, wie lange man wo steht, und klingt dabei wie die Empfangsdame in einem Restaurant, die die Wartezeit für einen Tisch abschätzt. Fünfzehn Minuten am Holland Tunnel stadteinwärts. Zwanzig stadtauswärts. Dreißig Minuten am Lincoln Tunnel stadtauswärts. Fünfundvierzig stadteinwärts. Eine Stunde an der George Washington Bridge in beiden Richtungen.

Meistens hört sie morgens kaum hin. Es läuft nebenher, damit sie in Schwung kommt, Gesellschaft hat. Die Stimmen im Radio verfolgen Gail überall im Haus. Sie werden leiser, verschwinden, kommen wieder, werden vom Wäschetrockner übertönt, werden lauter, verschwinden wieder. Gail spitzt die Ohren nur, wenn im Radio etwas Lokales erwähnt wird.

Ein Unfall auf dem West Shore Expressway. Wieder ein Angriff auf Schwule in Port Richmond. Ein junger Bursche aus Prince´s Bay in Afghanistan verwundet. Wenn das geschieht, was nicht häufig ist, unterbricht sie ihr geschäftiges Treiben und hört zu.

An diesem Morgen geschieht nichts. Der Stadtbezirk bleibt stumm.

Sie ist jetzt in der Küche und inspiziert den Kühlschrank. Er ist immer leerer, scheint ihr, als er eigentlich sein sollte, aber wenn sie ihn auffüllt, wirft sie am Schluss jedes Mal die Hälfte der Lebensmittel weg. Sie haben keine drei...

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Autor

Eddie Joyce wurde auf Staten Island geboren und wuchs dort auch auf. Nach einem Studium in Harvard und am Georgetown University Law Center war er zehn Jahre lang als Jurist in Manhattan tätig, meist als Strafverteidiger, bevor er mit dem Schreiben begann. "Bobby" ist sein erster Roman.