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Ein Soufflé zum Sterben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.04.2016
Lyon, Heimat von Paul Bocuse, Gourmethauptstadt Frankreichs - doch die Welt der Spitzengastronomie kann ein gefährliches Pflaster sein. Das muss auch Laure Grenadier feststellen. Die Chefredakteurin des Pariser Gourmetmagazins Plaisirs de Table reist nach Lyon, um eine Reportage über die berühmten Bouchons vorzubereiten. Die traditionellen Restaurants sind bekannt für ihre vorzügliche regionale Küche und ihre Gastfreundschaft. Doch dann wird der Besitzer des Petit Pouce in der bekannten Rue Saint-Jean kaltblütig ermordet. Ein Schock - schließlich kannte Laure ihn persönlich. Als ein zweiter Wirt stirbt, greift Panik um sich. Wer hat es auf die Bouchons abgesehen?

Noël Balen ist Schriftsteller und Musiker. Wenn er nicht im Tonstudio oder am Schreibtisch arbeitet, kocht er mit Leidenschaft für seine Familie. Mit seiner guten Freundin, der Anwältin Vanessa Barrot, schreibt er Krimis, die in der französischen Gourmetszene spielen und fürs Fernsehen verfilmt werden.
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Produkt

KlappentextLyon, Heimat von Paul Bocuse, Gourmethauptstadt Frankreichs - doch die Welt der Spitzengastronomie kann ein gefährliches Pflaster sein. Das muss auch Laure Grenadier feststellen. Die Chefredakteurin des Pariser Gourmetmagazins Plaisirs de Table reist nach Lyon, um eine Reportage über die berühmten Bouchons vorzubereiten. Die traditionellen Restaurants sind bekannt für ihre vorzügliche regionale Küche und ihre Gastfreundschaft. Doch dann wird der Besitzer des Petit Pouce in der bekannten Rue Saint-Jean kaltblütig ermordet. Ein Schock - schließlich kannte Laure ihn persönlich. Als ein zweiter Wirt stirbt, greift Panik um sich. Wer hat es auf die Bouchons abgesehen?

Noël Balen ist Schriftsteller und Musiker. Wenn er nicht im Tonstudio oder am Schreibtisch arbeitet, kocht er mit Leidenschaft für seine Familie. Mit seiner guten Freundin, der Anwältin Vanessa Barrot, schreibt er Krimis, die in der französischen Gourmetszene spielen und fürs Fernsehen verfilmt werden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641176594
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum11.04.2016
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2816 Kbytes
Artikel-Nr.1869669
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


4

Toinou war wieder gegangen, mit gesenktem Kopf und schleppendem Gang, die Hände in den Hosentaschen, möglichst dicht an der Uferbrüstung entlang. Laure und Paco schauten ihm hinterher, bis seine Gestalt völlig von den Bäumen verdeckt wurde, die das rechte Ufer der Saône säumten.

»¡Joder! Verdammt ... merkwürdiger Kerl«, sagte der Fotograf.

»Es gefällt mir gar nicht, ihn so zu sehen. Er ist kein schlechter Mensch, aber man weiß einfach nie, wie er reagiert ... Dabei hatte ich dir eine gemütliche Reportage versprochen ...«

»Ja, ich war auf etwas anderes eingestellt ... Du hast von einem gewissen Lebensstil erzählt, von einer Stadt, in der man sich wohlfühlt ...«

»Es tut mir leid, dass es so unschön beginnt.«

Laure seufzte, zog den Knoten ihres Schals etwas enger und schlug vor, das Hôtel des Artistes aufzusuchen, wo sie ihr Gepäck an der Rezeption hatten stehen lassen, ohne ihre Zimmer zu beziehen. Kaum dass das Taxi sie dort abgesetzt hatte, waren sie schnellstens an den Ort des Verbrechens geeilt. Paco hatte nicht einmal genug Zeit gehabt, einen seiner Fotoapparate mitzunehmen.

Während sie zur Halbinsel liefen, schilderte die Journalistin die besondere Beziehung, die sie mit Jérôme Thévenay verband. Sie kenne Jérôme seit vielen Jahren, und er sei im Übrigen einer der wenigen Gastronomen, die sie duze. Kennengelernt habe er sie als freie Journalistin, als sie zum ersten Mal beruflich durch die Provinz gereist sei. Sie habe sich mit der Familie angefreundet: mit seiner Frau und seinen Kindern, die gerade bestimmt die Hölle durchmachten, und auch mit seiner Schwester, bei der die Nerven sicherlich blank lagen.

»Wie schrecklich! Ich kann es noch kaum glauben ...«

Als sie bei der Place des Célestins ankamen, betraten sie die Empfangshalle und entschuldigten sich bei der Rezeptionistin für ihren überhasteten Aufbruch. Sie füllten die Anmeldeformulare aus, und die Hotelangestellte musste den Vornamen des Fotografen beim Eintippen in den Computer schließlich sogar buchstabieren, woraufhin Paco sich genötigt sah, eine Erklärung abzugeben. Ermenegildo sei der Taufname, den er zu Ehren seines Großvaters erhalten habe, man könne ihn aber auch einfach Paco nennen. Ein mit der Zunge gerolltes »R«, gefolgt von einem jota aus tiefster Kehle und dann auch noch auf fünf Silben verteilt: Daran müsse selbst die freundlichste und charmanteste junge Französin verzweifeln. Die Rezeptionistin errötete und machte sich umgehend daran, das Gepäck zu holen, um ihre Nervosität zu verbergen.

»Nette Latin-Lover-Nummer!«, scherzte Laure. »Ich nehme an, die funktioniert immer?«

»So erinnert man sich wenigstens an mich.«

Beide gingen sie auf ihre Zimmer, um sich frisch zu machen. Nach einer halben Stunde trafen sie sich wie vereinbart unten im Foyer.

»Ich habe nachgedacht: Wir disponieren um ...«, verkündete Laure, ohne auf die Zustimmung ihres Kollegen zu warten. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir Gilles Mandrin, dem Chef vom Gros Poussin, sofort einen Besuch abstatten ... Er war der beste Freund von Jérôme, und ich sollte ihm jetzt wenigstens etwas Beistand leisten.«

Laure gehörte nicht gerade zu den engsten Vertrauten dieses originellen Gastronomen, einer der urwüchsigsten Gestalten der Rue Mercière, doch seine Arbeit, seine Gastfreundschaft und die Erlesenheit seiner Menüs, an denen es nicht das Geringste auszusetzen gab, schätzte sie schon seit Langem. Mit seinem rosigen Teint, dem blonden Haarbüschel, das sich widerspenstig auf seinem Haupt aufstellte, den prallen Wangen und dem beachtlichen Bauch entsprach Mandrin dem, was man gemeinhin einen Genießer nannte. Er gehöre zu denen, die das Leben voll auskosteten, ohne zu sehr nach dem Sinn zu fragen. Er sei ein anspruchsvoller Genussmensch, immer auf der Suche nach unbekannten Gaumenfreuden, denen er stets mit der Unschuld eines nimmersatten, pausbackigen Engels fröne. Seine Mutter habe ihn derart verwöhnt, dass er sich als Auserwählter seiner Geschwisterschar sehe, über die er von klein auf das Sagen gehabt habe. Ganz selbstverständlich habe er das Familienrestaurant geerbt, ohne dass es einer gewagt hätte, sich gegen die elterliche Entscheidung zu stellen. In Erinnerung an den Spitznamen, den er seit frühester Kindheit von seiner Erzeugerin erhalten habe, habe er das Restaurant umgehend in Au Gros Poussin - Zum großen Küken umbenannt.

Wie üblich konnte Laure es einfach nicht lassen, Paco von den Menschen und Orten zu erzählen, zu denen sie ihn mitnahm. So bekam er ein Gefühl für das Ambiente und die Menschen vor Ort und konnte sie mit dem unerbittlichen Auge seines Objektivs besser einfangen. Schweigend und konzentriert hörte der Fotograf ihr zu.

Sie brauchten nur fünf Minuten, bis sie die Rue Merciére erreichten und die schwere, beschlagene Tür des Restaurants aufstießen. Kaum dass sie in den ersten Raum mit der hohen Decke und den Spitzbögen eingetreten waren, erblickte Laure einen verheerend aussehenden Gilles und konnte ihre Erschütterung nur schwer verbergen. Gerötete Augen und verquollene Lider, wächserne Haut und eingefallene Wangen - er hatte seine für gewöhnlich unbekümmerte Art verloren. Sein Bauch war noch immer dick, aber schlaff, als könnte ihn sein tags zuvor noch rüstiger Rumpf nicht mehr tragen, als wären seine sonst so starken Schultern heute kraftlos, ohne jedes Selbstbewusstsein.

Vorübergehend war Mandrin durch das Auftauchen der Gastronomiekritikerin wie gelähmt. Dann kam er langsam um den Tresen herum und nahm sie in den Arm.

»Es tut gut, Sie zu sehen«, sagte er schließlich und unterdrückte ein Aufschluchzen. »Verfluchte Scheiße aber auch! Jérôme war ein verdammt feiner Kerl!«

Laure ließ ihn einfach sein Herz ausschütten, war aber peinlich berührt von so viel Vertrautheit. Ihre zierliche Taille verschwand ganz in seiner Umarmung, ihre Nase in den Falten der weißen Weste mit dem aufgedruckten gelben Küken. Sie wartete, bis der Gastronom sich etwas beruhigt hatte und sie sich aus der Umarmung lösen konnte.

»Ich bin heute nicht in beruflicher Mission unterwegs, das versteht sich von selbst«, sagte sie mitfühlend.

Gilles Mandrin wischte sich das Gesicht mit einem karierten Geschirrtuch ab, das an seinem Gürtel hing.

»Ich weiß nicht, wie ich den Laden heute schmeißen soll ... aber irgendwie muss es gehen.«

»Haben Sie nicht daran gedacht, das Restaurant für einen Tag zu schließen?«

»In einer Viertelstunde kommen die Gäste, und mehr als die Hälfte der Tische sind reserviert. Die Show muss weitergehen, wie man so schön sagt ... Na, kommen Sie mit.«

Mandrin ging zur Küche, und sie folgten ihm.

»Man sollte niemals mit leerem Magen loslegen«, sagte er und schnitt einen großen Brotlaib mit knuspriger Rinde auf. »Nehmen Sie sich einen Teller vom Stapel und bedienen Sie sich ... tun Sie sich was Gutes!«

Paco trat an den langen Edelstahltisch, auf dem ein Küchengehilfe gerade mehrere Teller und Schalen angeordnet hatte. Jambon persillé au beaujolais - Petersilienschinkenterrine an Beaujolais, grattons - frittierte Fleischstücke, cervelas pistaché aux morilles - mit Pistazien und Morcheln gespickte Cervelatwurst, caillettes aux épinards - Spinat-Fleisch-Knödel im Schweinenetz, boudin blanc au foie gras - Geflügelwurst an Gänsestopfleber, salade de museau - Ochsenmaulsalat, sabodet braisé au vin rouge - in Rotwein abgelöschte Wurst vom Schwein: Der Fotograf wusste gar nicht, wo er zuerst hinsehen sollte. Er schnappte sich den Fotoapparat und machte ein paar Aufnahmen.

»Hey, Künstler! Auf die Arbeit wird gepfiffen, das hat Ihre Chefin gesagt ... Hier, das hier ist wichtig«, dröhnte Gilles Mandrin und reichte ihm ein Stück Brot, das er soeben mit einer dicken Scheibe lauwarmer Cervelatwurst belegt hatte.

Paco ließ sich nicht lange bitten und biss herzhaft zu. Laure begnügte sich mit den beiden Spezialitäten des Hauses: le poulet au vinaigre - dem Huhn an Essig, das sie am Schenkel im Kochtopf festhielt, um sich zwei kleine Stückchen Fleisch abzuschneiden, und dem gâteau de foies de volaille - dem Geflügellebersoufflé, das sie langsam aß, um die weiche Füllung unter der Kruste zu genießen. Sie hatte die Raffinesse bereits auf den Rezeptseiten von Plaisirs de table gelobt und musste nicht mehr davon probieren. Erleichtert stellte sie fest, dass sich nichts geändert hatte: dieselbe feine Ausgewogenheit zwischen herb und cremig, die perfekt bemessene Garzeit und dieses meisterhafte Geschick, schlichte, bodenständige und genussvolle Speisen anzubieten, wo es doch so schwierig war, es einfach zu halten.

Nach einer Handvoll Essiggurken war Paco bei Rosette und Jésus, den besonderen Wurstspezialitäten von Lyon angelangt. Zwischen zwei Schnappschüssen, insbesondere einem Porträt des Chefs, als der gerade mit dem Holzlöffel eine Pfeffersauce abschmeckte, kostete Paco mehrere Stückchen Brot mit verschiedenen Pasteten, die Mandrin ihn unbedingt probieren lassen wollte.

»Hier Landpastete, die ist von gestern Abend ... Daneben ein bisschen Hasenpastete ... Dann noch die Steinpilzpastete ... und hier Wildschweinpastete ...«

Laure verstand zwar, dass der Fotograf sich zu einer solchen Orgie hinreißen ließ, aber dass Gilles überhaupt noch Appetit auf etwas hatte, konnte sie nur schwer nachvollziehen.

»Wie schaffen Sie es nur, jetzt einen Bissen...

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Autor

Noël Balen ist Schriftsteller und Musiker. Wenn er nicht im Tonstudio oder am Schreibtisch arbeitet, kocht er mit Leidenschaft für seine Familie. Mit seiner guten Freundin, der Anwältin Vanessa Barrot, schreibt er Krimis, die in der französischen Gourmetszene spielen und fürs Fernsehen verfilmt werden.