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Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
128 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am01.04.20161. Auflage
Das 19. Jahrhundert begann mit der Französischen Revolution und endete mit dem Ersten Weltkrieg. In dieser Zeit erlebte Deutschland den Zusammenbruch der ständischen Welt, die bürgerliche Revolution von 1848/49 mit ihren sozialrevolutionären Unterströmungen sowie eine industrielle Revolution, die gewaltige Zentrifugalkräfte entfaltete und in der Entstehung einer Klassengesellschaft mündete, deren Theorie Marx und Engels begründeten. Als der bürgerliche Traum von einer deutschen Nation nach der Abfuhr durch Friedrich Wilhelm IV. ausgeträumt schien, brach unter Otto von Bismarck und Wilhelm I. gar ein deutsch-imperiales Zeitalter an, das den Durchbruch der Moderne brachte, aber auch ihre Krise und schließlich ihre erste Katastrophe. Dieter Hein beschreibt diese komplexen Entwicklungen klar und konzis.

Dieter Hein lehrt Neuere Geschichte an der Goethe-Universität zu Frankfurt am Main.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,49

Produkt

KlappentextDas 19. Jahrhundert begann mit der Französischen Revolution und endete mit dem Ersten Weltkrieg. In dieser Zeit erlebte Deutschland den Zusammenbruch der ständischen Welt, die bürgerliche Revolution von 1848/49 mit ihren sozialrevolutionären Unterströmungen sowie eine industrielle Revolution, die gewaltige Zentrifugalkräfte entfaltete und in der Entstehung einer Klassengesellschaft mündete, deren Theorie Marx und Engels begründeten. Als der bürgerliche Traum von einer deutschen Nation nach der Abfuhr durch Friedrich Wilhelm IV. ausgeträumt schien, brach unter Otto von Bismarck und Wilhelm I. gar ein deutsch-imperiales Zeitalter an, das den Durchbruch der Moderne brachte, aber auch ihre Krise und schließlich ihre erste Katastrophe. Dieter Hein beschreibt diese komplexen Entwicklungen klar und konzis.

Dieter Hein lehrt Neuere Geschichte an der Goethe-Universität zu Frankfurt am Main.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406675089
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum01.04.2016
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2840
Seiten128 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2439 Kbytes
Artikel-Nr.1913912
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Cover;1
2;Titel;3
3;Widmung;4
4;Impressum;4
5;Inhalt;5
6;Einleitung;6
7;I. Das revolutionäre Zeitalter (1789-1849);11
7.1;1. Aufbruch aus der ständischen Welt;12
7.2;2. Revolution, Reform, Restauration;16
7.3;3. Die neue bürgerliche Gesellschaft;32
7.4;4. Vormärz und Revolution;42
8;II. Das industrielle Zeitalter (1840-1880);57
8.1;1. Industrie und Marktwirtschaft;58
8.2;2. Auf dem Weg zur Klassengesellschaft;67
8.3;3. Das Werden des Nationalstaats;78
9;III. Das imperiale Zeitalter (1871-1914);91
9.1;1. Das Reich in Europa und der Welt;93
9.2;2. Obrigkeitsstaat und Demokratisierung;104
9.3;3. Durchbruch der Moderne;115
10;Literaturhinweise;126
11;Personenregister;127
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Leseprobe

II. Das industrielle Zeitalter (1840-1880)


Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter der Industrialisierung. Noch stärker als die anderen fundamentalen Veränderungen hebt der Übergang von der vorindustriellen Handarbeit zur mechanisierten, fabrikmäßigen, arbeitsteiligen und kapitalintensiven Produktion das 19. Jahrhundert von den vorausgegangenen Epochen ab und verbindet es mit den nachfolgenden und unserer Gegenwart.

Obwohl die Anfänge der Industrialisierung in einigen Regionen und Branchen bereits um 1810 einsetzten und obwohl sich die Industrialisierung im letzten Drittel des Jahrhunderts, in der «Hochindustrialisierung», in forciertem Tempo fortsetzte, lässt sich der eigentliche Durchbruch der industriellen Produktionsweise in Mitteleuropa auf die Jahrzehnte zwischen 1840 und 1880 datieren. Unterstützt durch eine lang anhaltende Aufschwungsphase vollzog sich in schnellen Schüben ein geradezu revolutionärer Umbruch, der weit über den ökonomischen Strukturwandel hinaus die deutsche Gesellschaft von Grund auf veränderte, indem er alle sozialen Schichten der neuen industriell-kapitalistischen Marktwirtschaft und einer korrespondierenden liberalen Rechtsordnung unterwarf. Im deutschen Fall kam aber noch hinzu, dass sich zeitlich parallel hierzu die nationale Idee als Ordnungsprinzip in der mitteleuropäischen Staatenwelt durchsetzte und die Gründung eines kleindeutschen Nationalstaats unter preußischer Führung vollzogen wurde.

Erst diese Zusammenschau von industrieller Revolution, beschleunigtem gesellschaftlichen Wandel und tiefgreifendem politischen Umbruch macht das ganze Ausmaß der Veränderung und des Aufbruchs deutlich, das die Jahrzehnte von 1840 bis 1880 als eine eigenständige und in mehrfachem Sinne zentrale Epoche des 19. Jahrhunderts heraushebt.


1. Industrie und Marktwirtschaft


Am Anfang war die Eisenbahn. So kann man mit einigem Recht eine Darstellung der deutschen Industrialisierung beginnen. Denn trotz protoindustrieller Vorläufer, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichten, und erster industrieller Ansätze seit Anfang des 19. Jahrhunderts setzte der eigentliche Durchbruch der modernen Industriewirtschaft in Mitteleuropa erst mit dem Eisenbahnbau, also in den 1840er Jahren, ein. Zugleich wird damit die Schlüsselrolle hervorgehoben, die der Eisenbahn für den industriellen Durchbruch zukam. Und es wird, da es sich bei der Eisenbahn um eine nicht in Deutschland, sondern in England entwickelte Technologie handelte, unterstrichen, dass im deutschen Fall «eine abgeleitete, keine autochthone Entwicklung» (Knut Borchardt) die Industrialisierung bestimmte.

Was änderte sich nun in den 1840er Jahren? Oberflächlich betrachtet wenig, wenn man bedenkt, dass 1846/47 nochmals eine klassische Agrarkrise mit extremer sozialer Not Deutschland heimsuchte und dass ab 1845 ständig neue Rekorde bei den Auswanderungszahlen verzeichnet wurden. Auf der anderen Seite war der Wachstumsschub Mitte der 1840er Jahre so groß, dass ab 1847 erstmals eine konjunkturelle Krise modernen Zuschnitts zu beobachten war, die dann 1848 durch die revolutionäre Unruhe noch weiter verschärft wurde. Diesem Rückschlag folgten, vor allem 1854 bis 1856 unter dem Einfluss des Krimkriegs, an dem die deutschen Staaten nicht beteiligt waren, von dessen Nachfragesog sie aber profitierten, absolute Boomjahre, die an Aufschwungsdynamik alles Bisherige in den Schatten stellten und die bis in die 1890er Jahre nicht mehr übertroffen wurden. Der Boom endete 1857 in einer ersten Weltwirtschaftskrise, einem alle industrialisierten Länder erfassenden Wachstumseinbruch.

Dieser schweren Krise schloss sich in den 1860er Jahren ein lang anhaltender Aufschwung an, in dem sich der Ausbau der Industriewirtschaft in hohem Tempo fortsetzte. Die konjunkturelle Entwicklung verlief gemäßigter und stetiger als zuvor, weil zunächst die vorhandenen Überkapazitäten ausgefüllt werden mussten und weil der amerikanische Bürgerkrieg und die Kriege von 1864 und 1866 eher wachstumsdämpfend wirkten. Nach 1866 setzte sich der Aufschwung im sogenannten Gründerboom beschleunigt fort, um dann nach einer kurzen Stockung durch den deutsch-französischen Krieg 1870/71 in eine überhitzte Endphase überzugehen. Die nationale Einigung, liberale Wirtschaftsreformen, die Ausweitung des Kapitalmarkts durch die französischen Kriegskontributionen und alles in allem ein schier überbordender Fortschrittsoptimismus führten zu einem nochmaligen Investitions- und Wachstumsschub, der von fieberhaften Finanzspekulationen begleitet war. Ausgehend von einer Börsenkrise in Wien im Mai 1873 und verstärkt durch weltweite Krisenerscheinungen brach der Gründerboom dann im Herbst 1873 endgültig zusammen.

Mit der Gründerkrise ging die wirtschaftliche Entwicklung für fast zwei Jahrzehnte in ein langsameres Tempo über, das sich mit einer realen Wachstumsrate von 2 Prozent deutlich von der vorhergehenden Phase abhob, für das aber die lange Zeit gängige Bezeichnung «Große Depression» nicht angebracht ist. Mit der Gründerkrise endete auch die Durchbruchsphase der industriellen Revolution in Deutschland.

Schon der Verlauf der Wirtschaftsentwicklung, die hohen Wachstumsraten wie auch die zyklischen konjunkturellen Aufs und Abs, die an die Stelle von naturbedingten und politisch, vor allem durch Kriege induzierten Krisen getreten waren, zeigt mithin den tiefgreifenden strukturellen Wandel an, der die deutsche Wirtschaft in der Zeit zwischen Mitte der 1840er und Mitte der 1870er Jahre erfasst hatte. Er wird bestätigt durch die Verschiebungen zwischen den Wirtschaftssektoren, also zwischen Landwirtschaft, Industrie und Handwerk sowie dem tertiären Sektor aus Handel und Verkehr. Zwar wuchsen alle drei Sektoren in absoluten Zahlen, d.h., der Wirtschaftsaufschwung kam durchaus auch der Landwirtschaft zugute, aber relativ verschoben sich die Gewichte, vor allem zwischen primärem und sekundärem Sektor. So sank die Landwirtschaft 1871 erstmals unter einen Anteil von 50 Prozent an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung.

Als weiteres zentrales Merkmal der deutschen Industrialisierung ist, wie gesagt, die Führungsrolle der Eisenbahn hervorzuheben. Schon die erste Phase der Industrialisierung in England war durch einen Führungssektor bestimmt worden, der andere Industriezweige mit sich zog: die Textilindustrie, deren Bedarf an Dampfmaschinen, an Spinnmaschinen, an mechanischen Webstühlen oder auch an Nadeln der Metallverarbeitung und dem Maschinenbau entscheidende Impulse gab und dort schon im späten 18. Jahrhundert den «Take-off» auslöste. Diese Rolle übernahm nun in Deutschland seit den 1840er Jahren der Eisenbahnbau, in den zunächst circa 20-30 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Investitionen und anschließend bis in die 1870er Jahre immer noch circa 15-20 Prozent flossen. Entsprechend schnell wuchs - auch im europäischen Vergleich - das Streckennetz, das sich zwischen 1840 und 1850 von 462 km auf 5875 km mehr als verzehnfachte und sich in den beiden nachfolgenden Jahrzehnten nochmals jeweils nahezu verdoppelte.

Eisenbahnbau und Eisenbahnbetrieb wirkten in hohem Maße stimulierend auf den Steinkohlenbergbau, die Eisen- und Stahlindustrie und den Maschinenbau. Für jede dieser Branchen war die Eisenbahn der entscheidende Nachfrager. So profitierte der Steinkohlenbergbau unmittelbar durch den Kohlenverbrauch der Lokomotiven und mittelbar durch den Energiebedarf der Eisenhütten, die mehr als die Hälfte ihrer Produktion für den Eisenbahnbau lieferten. Erst durch diese sprunghaft steigende Nachfrage rechneten sich die hohen Investitionen, die besonders im Ruhrgebiet für den Übergang zum technisch anspruchsvollen Kohleabbau in großen Tiefen erforderlich waren. Wie schnell die Effekte im Zusammenspiel von Eisenbahnnachfrage und technischen Innovationen vielfach griffen, lässt sich beispielsweise daran ablesen, dass in der Eisenverhüttung Koks, der begonnen hatte, die Holzkohle zu verdrängen, 1850 noch einen Anteil von 25 Prozent hatte, 1853 aber bereits einen Anteil von 63 Prozent erreichte.

In ähnlicher Weise wurde der Maschinenbau direkt durch den Bedarf der Eisenbahnen an Lokomotiven und Wagen und indirekt durch die Ausstattung des Bergbaus und der Eisen- und Stahlindustrie mit Dampf- und anderen Maschinen gefördert. Die Stärke, mit der diese Wachstumsimpulse auf die deutsche Industrie wirkten, hing entscheidend davon ab, dass es schnell gelang, die anfangs dominierenden Importe durch eine eigene Produktion ...

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