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Opfergabe

Kriminalroman
Midnighterschienen am01.07.2016
An einem See in Hamburg wird ein toter Junge gefunden. Sein Bauch ist aufgeschnitten, die Organe fehlen. Anscheinend wurden sie professionell entfernt. Aber niemand scheint den Jungen zu vermissen. Hauptkommissarin Petra Taler, gerade erst von München in den Norden gezogen, hat keine Spur. Doch dann wird in einem Wald eine weitere Leiche entdeckt: Der Tote arbeitete für das 'Ferienheim Sonnenschein', in dem arme Kinder aus Osteuropa ihre Ferien verbringen können. Geleitet wird es vom ehemaligen Starchirurgen Karsten Reckmann. Petra stattet ihm einen Besuch in seiner Einrichtung ab. Es ist gespenstisch ruhig auf dem Anwesen. Nicht ein einziges Kind ist zu sehen ...

Von Angela L. Forster sind bei Midnight erschienen: 
Opfergabe
Wer Rache sät
Faule Ernte
Kalte Tage



Angela L. Forster lebt und arbeitet im Hamburger Süden, dessen bezaubernde Landschaft mit der Nähe zum Alten Land und der Lüneburger Heide sie immer wieder zu neuen Geschichten inspiriert.
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Produkt

KlappentextAn einem See in Hamburg wird ein toter Junge gefunden. Sein Bauch ist aufgeschnitten, die Organe fehlen. Anscheinend wurden sie professionell entfernt. Aber niemand scheint den Jungen zu vermissen. Hauptkommissarin Petra Taler, gerade erst von München in den Norden gezogen, hat keine Spur. Doch dann wird in einem Wald eine weitere Leiche entdeckt: Der Tote arbeitete für das 'Ferienheim Sonnenschein', in dem arme Kinder aus Osteuropa ihre Ferien verbringen können. Geleitet wird es vom ehemaligen Starchirurgen Karsten Reckmann. Petra stattet ihm einen Besuch in seiner Einrichtung ab. Es ist gespenstisch ruhig auf dem Anwesen. Nicht ein einziges Kind ist zu sehen ...

Von Angela L. Forster sind bei Midnight erschienen: 
Opfergabe
Wer Rache sät
Faule Ernte
Kalte Tage



Angela L. Forster lebt und arbeitet im Hamburger Süden, dessen bezaubernde Landschaft mit der Nähe zum Alten Land und der Lüneburger Heide sie immer wieder zu neuen Geschichten inspiriert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783958190719
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Verlag
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum01.07.2016
Seiten360 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5990
Artikel-Nr.1914989
Rubriken
Genre9200
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Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel eins

Hauptkommissarin Petra Taler klappte das Handy zusammen und steckte es zu Schlüssel und Lakritz in die Hosentasche. Salzige Lakritzschiffchen, die sie letztes Jahr im Dezember in einem Münchner Bonbongeschäft gekauft und als Vorrat nach Hamburg ins Alte Land mitgenommen hatte.

An den Küchentürrahmen gelehnt beobachtete sie, wie ein junger Sanitäter Horsts Kopf mit Mullverband versorgte, als fertige er sein Meisterstück. Bis Ende der Woche müsse der Verband bleiben, meinte er, auf Horst weisend, der knurrte wie Boxermädchen Bonny, die mit Petras Perle Elli Finkemann, so nannte man hier im Norden die Haushälterin, durch die Tür des Jorker Bauernhauses stürmte.

»Was passiert hier?«, rief Elli aufgebracht. Ein harmloser Ausdruck ihres dreiundsechzigjährigen, überschäumenden Temperaments.

»Unser Fakir erzählt. Ich muss los, Staatsanwalt Lüdersen wartet. Es gibt Arbeit in Harburg an der Außenmühle«, antwortete Petra, warf noch einen schnellen Blick auf Horst, den sie vor ein paar Tagen obdachlos am Harburger Bahnhof aufgelesen und dem sie im Gegenzug für ein paar Infos über einen Verdächtigen für eine Nacht ein warmes Bett versprochen hatte. Inzwischen war aus der einen Nacht des Obdachlosen ein festes Untermietverhältnis geworden. Ein seliges Arrangement, wie Petra fand, da Horst als ehemaliger Gärtner Glanzleistungen auf ihrer verwilderten Obstplantage vollbrachte.

Sie schlitterte die glitschige Rasenfläche entlang, startete den Käfer und lenkte ihn die Einfahrt hinunter, wo die vor zwei Wochen noch kahlen Kirschbäume erste weiße Knospen zeigten.

Der Stockrosenstrauch an der linken Mauer reckte duftende rosa Blütenköpfe in den Himmel, und unter dem knorrigen alten Baum, der sonst weder Blätter noch Blüten zeigte, hatte sich ein Teppich aus winzigen, buttergelben, sternförmigen Blüten ausgebreitet.

Petra fuhr über die Brücke der Este, eines schmalen Nebenflusses der Elbe, und spürte, wie ihre Arme und Beine zu zittern begannen. Sie lenkte an den Straßenrand, schaltete den Warnblinker ein und den Motor aus. Die Stirn zwischen den Händen aufs Lenkrad gelegt, schloss sie die Augen. Ihr Herzschlag dröhnte in ihrer Brust wie eine Dampframme, und sie fing an zu schluchzen.

Die Festnahme der Mörder der Tierarztgattin Regine Carlsen, der Überfall in ihrem Haus, alles war vor knapp einer Stunde geschehen und setzte ihr mehr zu, als sie sich eingestand. Zudem rutschte das freie Wochenende nach dem Anruf von Staatsanwalt Lüdersen ebenfalls in weite Ferne.

Sie ging über ihre Grenzen.

Wieder einmal.

Im Januar, vor drei Monaten, hatte sie München, ihre Geburtsstadt, verlassen und war in das von ihren Großeltern vererbte Bauernhaus in den Jorker Randbezirk Königreich im Alten Land gezogen.

Ein efeubewachsenes, verwinkeltes und marodes Backsteinhaus, wo sie mit Oma in der Küche am alten Kohleofen gestanden, Marmelade gekocht, Kirschen, Pflaumen und Walnüsse auf der Plantage gepflückt, oder mit Opa im ersten Stock auf dem Klavierschemel gesessen hatte.

In diesen Ferien war Petra von ihren Großeltern immer auf eine Art umsorgt worden, wie sie es von ihren Eltern selten kannte.

Im Handschuhfach wühlte sie nach einer Musikkassette, Meat Loaf, Pink Floyd, Status Quo, dazwischen ruhigere Klänge von Claire Hamilton - My Wild Irish Rose. Ob der von Friedrichsen, ihrem Chef, angebotene Dienstwagen einen CD-Spieler besaß? Sie drückte die Kassette ins Fach, atmete tief durch, startete den Motor und gab Gas.

Durch die Apfelplantagen zog der Frühnebel und wickelte die mannshohen Bäume in einen seidigen Mantel. In zwei, drei Wochen, wenn die Kirschblüte begann, überzog das Alte Land ein weißes Blütenmeer, bevölkerten Touristen und Urlauber mit Rucksäcken und Wanderstöcken die Deiche rund um die Elbregion.

Über die B 73 lenkte Petra den Käfer, den sie den Blauen nannte, Richtung Harburg. Hinter der Phönix-Gummifabrik mit den unansehnlichen, grauen, riesigen Gebäuden und Schornsteinen bog sie rechts in die Hohe Straße und fuhr weiter bis zur Kreuzung Maretstraße. Die Harburger Außenmühle, eine Neunzig-Hektar-Parkanlage mit See, Spielplätzen, Joggerlaufstrecken, Restaurant und Bootshaus mit Tretboot- und Kanuverleih, lag als Naherholungsgebiet mitten in der Stadt.

Bereits als sie das Kopfsteinpflaster hinunterrollte, waren die Menschenansammlung, die sich hinter der rot-weißen Trassierbandsperre drängte, und die Menge an zivilen und Einsatzfahrzeugen, die am Seeufer standen, nicht zu übersehen.

Petra parkte den Wagen neben einem Streifenwagen am Ufer auf der Straße Außenmühlendamm Ecke Gotthelfsweg.

Staatsanwalt Jan Maria Lorenzo Lüdersen lehnte mit dem Rücken am hüfthohen Eisengeländer neben einem Joggerpärchen, das Dehnübungen vollzog. Er hatte die Arme über der Brust gekreuzt und lächelte sein charmantes Lächeln. Zu selbstsicher für Petras Geschmack, aber durchaus offen und warmherzig. Es hieß, seine Gegner im Gerichtssaal zögen den Kopf ein, sobald er den Raum beträte.

»Guten Morgen, Frau Taler. Nochmals herzliche Gratulation zur Beförderung.« Lüdersen löste sich vom Geländer und griff Petras Hände, die, nicht so stark wie zuvor, zu zittern begannen.

»Danke«, sagte sie, schob die Hände zurück in die Taschen der Wildlederjacke. »Wollen wir?« Sie nickte zu Kowalski und seiner Mannschaft, die dreißig Meter weiter an einem Bootsanlegesteg in weißen Anzügen auf Tretbooten hin und her hüpften und geschäftig mit Pinseln und Klebefolien hantierten.

»Bitte.« Lüdersen gab Petra den Weg frei und folgte ihr wie ein Schatten.

Ein unbehagliches Gefühl überfiel sie. Lüdersens Blick auf ihrem Rücken, ihren Haaren, ihrer Figur zu spüren, machte sie nervös. Für einen Moment vergaß sie, weshalb sie hier war.

»Na, da haben wir ja die frischgebackene Hauptkommissarin«, krakeelte ihr Irenäus Kowalski, der Leiter der Spurensicherung, entgegen. Er balancierte auf der Sitzbank eines weißen Kunststoffschwanes, und sein Gesicht überzog das Grinsen, von dem Petra gehofft hatte, es nicht so schnell wiederzusehen. »Was für ein Zufall, dass sich unsere Wege erneut kreuzen, was?«

»Der Zufall stellt bei uns den Wecker aus.« Petra verspürte ein unbändiges Verlangen, gegen den Schwan zu treten. »Wo ist der Tote?«

Mit Sprühdose und Pinsel in der Hand fuchtelte Kowalski in der Luft. »Da hinten irgendwo«, antwortete er.

Wie immer missfiel ihr die Antwort. Warum konnte er nicht einmal präzise Angaben machen?

»Wer fand das Opfer?«, fragte Petra missgelaunt.

Kowalski nickte zu einer Gruppe Jogger neben dem Spielplatz, die mit Wolldecken über den Schultern aussahen, als ständen sie dort seit Längerem. Kurz abwägend, welchen Schritt er als Nächstes auf der handtuchbreiten Sitzbank vornahm, sagte er: »Die da.«

Petra verwarf den Gedanken an Kowalskis Seebad und steuerte vorbei an der Meute Presseschreiberlinge, den surrenden Kameras, Hausbewohnern der nahen Einzelhaussiedlung und einer Gruppe Laubenpiepern, die mit Rechen und Schaufeln bewaffnet über das Absperrband gafften. Was gab es um elf Uhr vormittags auch anderes zu tun, als grässlich zugerichtete Leichen zu betrachten.

Hinzu kam, dass sich das Wetter von Minute zu Minute besserte. Der Nordwestwind verzog sich, und der peitschende Regen, der die Gullydeckel in der letzten Nacht zum Tanzen aufgefordert hatte, beruhigte sich. Alles im allem flaggte über Harburg der Frühling und verwandelte diesen Morgen in einen sonnigen Montagmorgen.

Wäre da nicht die Kinderleiche, der sie sich Schritt für Schritt näherte.

Was einmal ein fröhlich lachendes Kind gewesen war, lag unbekleidet, mit auseinanderklaffender Bauchdecke, aus der eine braunrote Brühe schwappte, zwischen Schilf und Morast am Ufer des Außenmühlenteiches, halb versteckt unter einem Holzsteg.

»Moin, Frau Taler. Moin, Jan. Wie geht s?«, grüßte Rechtsmediziner Heiner Jensen, der neben Oberkommissar Nils Seefeld in den weißen Schutzanzug eingepackt am Uferrand hockte.

Lüdersen nickte und hob wortlos die Hand. Petras Blick huschte zu Jensen und zu Lüdersen. Bevor sie Zeit hatte, darüber nachzudenken, woher sich die Männer kannten, sagte Jensen: »Schöner Schiet, was? Ihren Einstieg im Norden haben Sie sich wohl ruhiger vorgestellt. Gleich zwei Fälle hintereinander, und das in einer Woche. So viel Bewegung gab s an unserer schönen, stillen Süderelbe die letzten zehn Jahre nicht.«

»Morgen, Jensen.« Petra überging die Bemerkung. Und dass es an der Süderelbe immer friedlich zuging, davon konnte auch keine Rede sein. Sie hatte sich schlaugemacht. »Wie sieht's aus, was können Sie uns sagen?«

»Er ist tot.« Jensen grinste.

»Was?«

»War ein Witz«, antwortete Jensen.

»Ich liebe saupreußische Witze«, entgegnete Petra ohne jeder Mimik.

»Also«, sagte Jensen. Er wirkte verwirrt. »Das Kind ist zwischen zehn und zwölf Jahre alt, unterernährt und ausgeräumt bis auf Magen und Darm.« Er zog die Oberlippe an die Nase. »Ein Auge fehlt, ist ausgehackt.« Sein Nicken galt einer Schar rauflustiger Möwen, die vier Meter entfernt unruhig auf und ab hüpfend auf Frühstück hofften. »Tot ist er vermutlich seit sieben Stunden. Zudem erkenne ich kaukasische Gesichtszüge. Er ist Russe oder kommt aus einem osteuropäischen Land. Aber um das genau zu bestimmen, werde ich zusätzlich eine Isotopenanalyse anfordern. Und noch was: Er ist aufgeschnippelt worden. Exakte Angaben gibt s erst morgen früh.«
...
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