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Klippen springen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Thienemann-Esslingererschienen am15.07.2016Auflage
Warum nur sieht er mich so an? Hannah ist verwirrt, der neue Schüler Josh scheint ein echtes Interesse an ihr zu haben. Spricht sie auf das Buch an, das sie gerade liest, möchte mit ihr gemeinsam Mittagspause machen. Immer wieder bringt er sie zum Lächeln. Und ihr Herz schlägt schneller, wenn er bei ihr ist. Sie beginnt, sich auf die Schule zu freuen. Und das ist völlig neu für das Mädchen, das monatelang von ihren Mitschülern gemobbt wurde. Aber meint er es wirklich ernst mit ihr?

Claire Zorn lebt mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern in Australien, an der Südküste von New South Wales. 'Klippen springen' hat in Australien bereits zwei der wichtigsten Auszeichnungen für Jugendliteratur gewonnen: den CBCA Book Award of the Year 2015 und den Prime Minister's Literary Award.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextWarum nur sieht er mich so an? Hannah ist verwirrt, der neue Schüler Josh scheint ein echtes Interesse an ihr zu haben. Spricht sie auf das Buch an, das sie gerade liest, möchte mit ihr gemeinsam Mittagspause machen. Immer wieder bringt er sie zum Lächeln. Und ihr Herz schlägt schneller, wenn er bei ihr ist. Sie beginnt, sich auf die Schule zu freuen. Und das ist völlig neu für das Mädchen, das monatelang von ihren Mitschülern gemobbt wurde. Aber meint er es wirklich ernst mit ihr?

Claire Zorn lebt mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern in Australien, an der Südküste von New South Wales. 'Klippen springen' hat in Australien bereits zwei der wichtigsten Auszeichnungen für Jugendliteratur gewonnen: den CBCA Book Award of the Year 2015 und den Prime Minister's Literary Award.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783522621410
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum15.07.2016
AuflageAuflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2100 Kbytes
Artikel-Nr.1923845
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Nur noch drei Monate, dann wird Katie nicht mehr meine große Schwester sein. Dann schließt sich die Lücke zwischen uns und ich überhole sie. Ich werde älter. Aber Katie wird für immer fünfzehn Jahre, elf Monate und einundzwanzig Tage alt bleiben, für immer ein Nasenpiercing haben und ihr dunkles, langes Haar zu einem lockeren Knoten aufgesteckt tragen. Für immer wird The Cure die großartigste Band aller Zeiten für sie sein. Für immer wird sie vom letzten Strandurlaub einen sonnenverbrannten Streifen am Rücken behalten.

Für immer und ewig.

Der Bus ruckelt schlingernd die Straße entlang, eine Blechkiste voller Hitze, Schweiß und Körpergeruch. Meine Mitschüler schießen das eine oder andere Spuckebällchen ab und geben Beleidigungen von sich. Jemand ist eine fette Kuh. Jemand macht irgendwas Obszönes mit der Mutter von jemand anderem. Jemand steht auf Ms Thorne. Auf den hinteren Sitzen wird gelacht, aber nicht über mich. Nichts und niemand rührt mich an.

Auf der anderen Seite der Schlucht brennt irgendwo ein Feuer, Eukalyptusbäume und trockene Blätter schwelen vor sich hin, Eukalyptusöl verbrennt zischend, Stämme und Äste verziehen sich durch die Hitze. Der Rauch quillt wie eine dichte, faulige Wolke aus der Schlucht. In der Luft hängt stechender Brandgeruch. Dem Kalender nach steht der Herbst vor der Tür, doch der australische Sommer hält sich nicht an die Jahreszeiten, und die Hitze wird uns länger erhalten bleiben, als uns lieb ist.

Der Bus schiebt sich um die Kurve und biegt in meine Straße ein. Es sei eine gute Straße, um dort zu investieren, betonte mein Dad. Vor Jahren hatte ein Feuer hier gewütet und fast jedes Haus auf dieser Seite der Schlucht zerstört. Es jagte allen eine Heidenangst ein. Die Grundstückspreise gingen in den Keller und meine Eltern machten ein Schnäppchen. »So etwas passiert so schnell nicht wieder«, erklärte Dad und meinte den verheerenden Feuersturm, der Wohnhäuser, Schulen und die Scout-Halle vernichtet hatte. Wir waren klüger als diese Leute. Dad entwarf ein feuergeschütztes Haus mit hocheffizienter Sprinkleranlage, Doppelwänden und hitzebeständigem Glas. Das volle Programm.

Hier in der Gegend gibt es drei Kategorien von Leuten: zugezogene Familien aus der Stadt, Rentner und diejenigen, die schon immer hier lebten, im Haus ihrer Eltern wohnen blieben, ihre Kinder dort großzogen und niemals von hier weggingen. Zugezogene und Einheimische erkennt man an ihren Hybrid-Autos und den Regenwassertonnen und Vogelhäuschen in ihren Gärten. Die Rentner bevorzugen baumlose Rasenquadrate vor dem Haus und bekämpfen jedes Blatt, das sich auf ihre Einfahrt verirrt hat, mit dem Gartenschlauch. Wer Blätter so sehr hasst, sollte besser nicht in den Blue Mountains wohnen, denn bei uns wimmelt es nur so von Bäumen.

Ein Highway führt die Berge hinauf, vorbei an lauter kleinen Orten. Einige Städtchen sind bei Touristen beliebt und haben Cafés, Boutiquen und Geschenkeläden. Dann gibt es noch Orte wie unseren: Wir haben einen Zeitungskiosk, einen Getränkemarkt und eine Bäckerei, wo der Pie wie aufgebackener Tiefkühlkuchen schmeckt. Es herrscht eine unausgesprochene Rivalität zwischen den höheren und den flacheren Bergen; wer oben wohnt, hält die Leute aus dem Vorgebirge für Mittelklasse-Snobs, und die aus dem Vorgebirge bezeichnen die Leute oben in Katoomba als wilde Hippies oder Grüne, was noch schlimmer ist. Wir wohnen etwa in der Mitte und meine Mum ist hier aufgewachsen, deshalb sind wir wohl so was wie Mittelklasse-Grüne.

Der Bus steuert meine Haltestelle an und ich schäle mich aus dem Kunstledersitz. Ich folge den paar anderen den Gang hinunter und steige aus. Die Luft hier draußen ist frischer, aber nicht kühler. Ich lege die zweihundert Meter von der Haltestelle bis zu unserem Haus zurück. Meine betagte Nachbarin, Mrs Van, ist in ihrem Garten. Sie gehört zur Gruppe der Blätterfeinde und hat sich mit einer Laubharke bewaffnet, die größer ist als sie selbst. Mir fehlt momentan die Kraft für ein Mrs-Van-Gespräch. Katie wäre stehen geblieben und hätte mit ihr geplaudert. Nicht weil sie besonders gesprächig war, sondern weil sie wusste, je mehr sie redete, desto mehr Geld würde sie am Jahresende in Mrs Vans Weihnachtskarte finden.

Ich weiß noch, wie sie neben mir in der Einfahrt stand und Mrs Van die unglaublichsten Lügengeschichten auftischte. Einmal erklärte sie ihr, sie würde die Ferien auf Borneo verbringen, um Pflegekäfige für an Diabetes erkrankte Orang-Utans zu bauen.

Ich winke Mrs Van zu, beschleunige meine Schritte und eile zur Haustür.

Im Haus ist es dunkel, wegen der Hitze sind die Vorhänge zugezogen. In der hinteren Wohnzimmerecke surrt ein Standventilator. Seine Rotorblätter machen ein tickendes Geräusch und erinnern an ein langsam sterbendes Insekt. Ich durchquere den Flur. Ganz leise drehe ich den Knauf von Katies Tür und schiebe sie auf. Weich und fleckenlos erstreckt sich der Teppichboden unter meinen Füßen. Lilafarbene Kissen liegen ordentlich auf der silbern und weiß gestreiften Bettdecke. Ihr Schreibtisch ist leer. Kulis und Bleistifte stehen in einem Marmeladenglas. An ihrer Pinnwand drängen sich Bilder, die sie aus Illustrierten ausgerissen hat: Klamotten, Models, Nahaufnahmen von Stoffmustern, Federn, buntem Glas. Ständig pinnte sie neue Sachen an. Jetzt liegt Staub auf den aufgerollten Bilderecken. Normalerweise fasse ich nichts an, aber an diesem Nachmittag ziehe ich die oberste Schreibtischschublade auf und da, auf ihren Notizblocks und Schulheften, liegt ihr iPod. Ich schiebe ihn in meine Rocktasche. Dann stehe ich einen Moment lang einfach so da, mitten in ihrem Zimmer, den Rucksack noch auf dem Rücken, mit klopfendem Herzen.

Ich verlasse das Zimmer und schließe die Tür hinter mir. Am Ende des Flurs ist das Schlafzimmer von Mum und Dad. Mum liegt auf dem Bett und schläft. All der Kram, den sie darauf verstreut hatte - ungelesene Post, benutzte Papiertaschentücher, schmutzige Wäsche - wurde achtlos zu Boden geworfen. Ich gehe in die Küche, um nach etwas zu essen zu suchen.

Früher war meine Mutter eine Profi-Hausfrau. Sie hatte eine Rubrik in der Wochenendausgabe der Zeitung, in der sie den Lesern erklärte, wie man eine festliche Tischdekoration aus Tannenzapfen bastelt oder eine perfekte Lammkeule zaubert. Sie war eine Frau, die ein altes Ölfass in einen eleganten Beistelltisch verwandeln konnte, wenn man ihr 15 Minuten Zeit und eine Heißkleberpistole gab. Ihre wahre Leidenschaft, wie sie ständig betonte, war organisches Backen ohne genetisch veränderte Zutaten; wenn wir aus der Schule kamen, erwartete uns ständig irgendeine sonderbare Muffin-Kreation aus Papaya und Leinsamen oder was auch immer. Sie hatte einen Blog: Das Vollwertkost-Manifest. Es handelte sich wohlgemerkt um ein Manifest, nicht um ein Kochbuch. Als wäre sie jeden Morgen in den örtlichen Milchladen gewandert, um uns einen Eimer frische Milch für unser Müsli zu holen. Katie nannte es das »Schwachsinns-Manifest«.

Mum ist nicht mehr die Frau, die sie einmal war. Sie ist wie eine Spelze des Bio-Buchweizens für die Pfannkuchen, die sie nicht mehr backt. Sie verschläft große Teile des Tages und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass sie das Haus nach Katies Beerdigung nicht mehr verlassen hat. Und seitdem ist fast ein Jahr vergangen.

Auf der Suche nach etwas Essbarem stelle ich fest, dass der Vorratsschrank fast leer ist, abgesehen von einem Beutel Kartoffeln (keine Bioware) und ein paar Packungen Instantnudeln (das Gegenteil von Bio). Ich öffne den Gefrierschrank, in dem es nicht viel besser aussieht: etwas Fleisch vom Metzger, noch in der Papiertüte, und sechs, sieben fast leere Brottüten. Ich stecke zwei Scheiben in den Toaster und blättere im Kmart-Prospekt herum. Am anderen Ende des Flurs rauscht die Toilettenspülung und dann kommt Mum gähnend in die Küche geschlurft, als wäre es sechs Uhr morgens, statt vier Uhr nachmittags.

»Hallo, mein Schatz.« Sie lehnt sich an die Anrichte. Sie hat diese Angewohnheit, mich zu belauern, als wolle sie mir jeden Augenblick etwas Wichtiges mitteilen. Das macht mir Angst. Auf ihrer linken Wange ist noch der Abdruck des Kopfkissens zu sehen. Ihr Haaransatz schimmert silbrig grau. Sie beobachtet mich so intensiv, als würde sie versuchen, einen Jedi-Geistestrick auszuführen.

»Wie geht es dir?«, fragt sie.

Wer weiß, vielleicht funktioniert es ja eines Tages. Vielleicht werde ich eines Tages den Mund aufmachen und alles heraussprudeln lassen, werde ihr sagen können, wie es mir geht, und selbst wissen, wie ich mich fühle. Nicht heute.

»Okay«, erwidere ich. Ich setze mich auf einen Hocker und widme mich wieder dem Prospekt, betrachte Bilder von fröhlichen Leuten, die Würstchen grillen oder Tischtennis spielen.

Mum gibt es auf, mich zu beobachten, öffnet seufzend den Kühlschrank, was möglicherweise gleich gegen mehrere Umweltgesetze verstößt. Der starke, säuerliche Geruch nach abgelaufenen Sachen und vergammeltem Gemüse wabert in die Küche. Mum scheint nichts davon zu merken, sie durchwühlt die Fächer und holt einen Joghurtbecher heraus. Ich frage mich, wie alt er wohl ist. Der faulige Geruch bleibt in der Luft hängen, auch nachdem sie die Kühlschranktür wieder geschlossen hat.

Sie zieht die Folie ab und rührt den Joghurt mit einem Teelöffel um. Sie isst nichts davon, sondern rührt und rührt nur darin herum. Dann wandert ihr Blick zum hinteren Fenster, durch das man auf die Terrasse schauen kann. An der Wohnzimmerwand...
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Autor

Claire Zorn lebt mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern in Australien, an der Südküste von New South Wales. "Klippen springen" hat in Australien bereits zwei der wichtigsten Auszeichnungen für Jugendliteratur gewonnen: den CBCA Book Award of the Year 2015 und den Prime Minister's Literary Award.