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Die Republik

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am29.08.2016
Ein beeindruckender Roman um Täuschung, Selbsttäuschung, Ambitionen, das Spiel mit der Geschichte und die Jagd nach dem perfekten Feind
Der berühmte Historiker Josip Brik fällt in Amsterdam aus einem Hotelzimmer und stirbt. Seine rechte Hand Friso de Vos ist bestürzt, sieht aber die Chance in Briks Fußstapfen zu treten, als plötzlich jemand anderes auf der Bildfläche erscheint und Interviews zum Tod seines Mentors gibt. Woher kommt diese Person? Was will sie? Es entwickelt sich eine abenteuerliche Gesellschaftssatire, die Anspielungen auf Literatur und Philosophie, Comics und Computerspiele, Popmusik und Hitlerstudien enthält.

Joost de Vries wurde 1983 in Alkmaar geboren, studierte Journalismus und Geschichte in Utrecht und arbeitet als Kulturredakteur bei der renommierten niederländischen Wochenzeitung De Groene Amsterdammer.
Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang de Vries mit seinem Debüt Clausewitz, einem Roman über einen jungen Wissenschaftler, der sich auf die Suche nach einem spurlos verschwundenen Kultautor begibt. Er wurde für den Anton-Wachter-Preis und den Selexyz-Debüt-Preis nominiert. Seine Essaysammlung Vechtmemoires stand auf der Shortlist des Goldenen-Büchereule-Preises.
Die Republik ist de Vries' zweiter Roman, ausgezeichnet mit dem wichtigsten Literaturpreis Flanderns, der Goldenen Büchereule, wurde er auch für den BNG-Literaturpreis nominiert und stand auf der Longlist des Libris-Literaturpreises.
2013 war Joost Stipendiat der Charlotte-Köhler-Stiftung zur Förderung niederländischer Nachwuchsautoren. Zurzeit arbeitet er an einem neuen Roman.
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Produkt

KlappentextEin beeindruckender Roman um Täuschung, Selbsttäuschung, Ambitionen, das Spiel mit der Geschichte und die Jagd nach dem perfekten Feind
Der berühmte Historiker Josip Brik fällt in Amsterdam aus einem Hotelzimmer und stirbt. Seine rechte Hand Friso de Vos ist bestürzt, sieht aber die Chance in Briks Fußstapfen zu treten, als plötzlich jemand anderes auf der Bildfläche erscheint und Interviews zum Tod seines Mentors gibt. Woher kommt diese Person? Was will sie? Es entwickelt sich eine abenteuerliche Gesellschaftssatire, die Anspielungen auf Literatur und Philosophie, Comics und Computerspiele, Popmusik und Hitlerstudien enthält.

Joost de Vries wurde 1983 in Alkmaar geboren, studierte Journalismus und Geschichte in Utrecht und arbeitet als Kulturredakteur bei der renommierten niederländischen Wochenzeitung De Groene Amsterdammer.
Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang de Vries mit seinem Debüt Clausewitz, einem Roman über einen jungen Wissenschaftler, der sich auf die Suche nach einem spurlos verschwundenen Kultautor begibt. Er wurde für den Anton-Wachter-Preis und den Selexyz-Debüt-Preis nominiert. Seine Essaysammlung Vechtmemoires stand auf der Shortlist des Goldenen-Büchereule-Preises.
Die Republik ist de Vries' zweiter Roman, ausgezeichnet mit dem wichtigsten Literaturpreis Flanderns, der Goldenen Büchereule, wurde er auch für den BNG-Literaturpreis nominiert und stand auf der Longlist des Libris-Literaturpreises.
2013 war Joost Stipendiat der Charlotte-Köhler-Stiftung zur Förderung niederländischer Nachwuchsautoren. Zurzeit arbeitet er an einem neuen Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641195762
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum29.08.2016
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1797 Kbytes
Illustrationen7 schwarz-weiße Abbildungen
Artikel-Nr.1941488
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


I

AM TAG NACH Obamas Wiederwahl rief das Büro des Sheriffs von Onondaga County an mit der Mitteilung, in Briks Haus sei eingebrochen worden. Die Hintertür sei aufgebrochen worden und es gebe Reifenspuren im Garten. Auf den ersten Blick sei nicht viel gestohlen worden, eigentlich nur der Fernseher und DVD-Geräte. Der Lincoln in der Garage sei unversehrt. Wahrscheinlich Jugendliche, meinte der Beamte. Keine schwerwiegenden Motive, fügte er hinzu, als ich fragte, was er damit meine. Ein Nachbar habe lautes Geschrei aus einem vorbeifahrenden Pickup gehört und Licht im dem Haus brennen sehen, von dem er gewusst habe, dass es nicht bewohnt war.

Wenn Sie herkommen könnten , fragte der Beamte, ohne wirklich zu fragen, könnten wir eine Liste von den Dingen machen, die entwendet wurden.

Sie riefen früh an, draußen war es noch dunkel, aber ich war schon eine Weile wach, als hätte ich einen Anruf erwartet. Meine Stimme war klar und vorbereitet, und ich überraschte mich selbst, als ich sofort aus dem Bett sprang, mich ankleidete und drei Minuten später in Pippas Prius auf der Staatsstraße fuhr, die sich von Tür zu Tür exakt hundertfünfzig Kilometer durch einen wispernden Wald schlängelte.

Auf Briks Auffahrt lehnte ein groß gewachsener Mann mit Mütze an einem grünen Polizeiauto und hielt einen Becher in der Hand. Als ich ausstieg, grüßte er mich nicht, oder es war so ein winziges Kopfnicken, das mit bloßem Auge nicht erkennbar war. Ein Großteil seines Gesichts verbarg sich im Pelzkragen seiner Uniform. Erst ganz aus der Nähe sah ich, dass er jünger war als ich, fünfundzwanzig vielleicht, glattes Gesicht, das als einziges hervortretendes Merkmal ein gigantisches Kinn zeigte, ein amerikanisches Kinn, ein Kinn, das als Brücke zwischen zwei Erdplatten dienen könnte. Auf dem Stoßfänger prangte ein Aufkleber: SMITH & WESSON IS MY PRESIDENT.

Guten Morgen , sagte ich mit Nachdruck.

Schöner Prius , sagte er.

Schönes Wahlergebnis , sagte ich.

Er lachte nicht, und ich wusste eigentlich schon, was los war. Das war der Typ Mensch, von dem Brik öfter gesprochen hatte, der Townie, der Local, der provinzielle Typ, der kaum verhehlen konnte, dass New Yorker seiner Meinung nach auch besser in New York blieben und dass das ganze Universitätsvolk sich vor allem nicht zu weit von seinem Campus wegbewegen sollte. Gespräche verstummten, wenn Brik den örtlichen Supermarkt betrat. Jeder war freundlich zu ihm, höflich, seine Eier mit Speck wurden in den Diners im Ort, Mickey´s oder Marcy´s oder Marshall´s, nicht weniger schnell serviert, aber er sah, wie sie ihn aus den Augenwinkeln beobachteten. Einmal verließ er das Diner und blieb kurz im Türrahmen stehen, um seinen Mantel zu richten. Er hörte, wie der eine Stammgast in der Annahme, Brik sei schon draußen, zum anderen sagte: Diese fetten Professoren immer. Das Einzige, das sie interessiert, ist, sich von Neunzehnjährigen einen blasen zu lassen. Kannst aber glauben, dass ich meine Tochter nicht auf so eine Uni schicken werde.

Ja klar, das wird der wahre Grund sein, weshalb die Tochter keine Spitzenuniversität besucht, sondern eine Karriere anstrebt als - was? Regalauffüllerin? Empfangssekretärin in der Autowerkstatt? Genau, Bruder, so sieht´s aus. Doch Brik wollte nichts von meinem Zynismus wissen; er genoss es. All they care about is getting their cock sucked by nineteen-years-olds. Es war ein Stück unverfälschtes, reines Americana, wie man es nie gesprochen hörte, wenn man in der Nähe war. Er liebte dieses Land.

Kann ich reingehen? , fragte ich (ich war zu leicht gekleidet). Oder waren die Fingerabdruckspezialisten noch nicht da?

Das hier ist nicht CSI.

Keine Fingerabdruckspezialisten?

Nur Papierkram, sehr viel Papierkram. Ich habe einen ganzen Stapel Formulare für Sie.

Und der Schaden?

Der Fernseher ist weg und wahrscheinlich auch die Stereoanlage und der DVD-Spieler. Da und dort liegen ein paar kaputte Bücher. Himmel, in dem ganzen Haus liegen Bücher.

Es war, wie er Bücher sagte, alles war darin enthalten, wie er das Wort aussprach.

Sind die Formulare für die Versicherung oder für die Spurensicherung?

Die Spurensicherung , wirklich? Ja, die ist ganz wild darauf, die Unterlagen zu bekommen. Sagen Sie mal, Sie sind nicht hier aus der Gegend, oder?

Ich überlegte kurz, nicht die Niederlande zu sagen, sondern Deutschland. Amerikaner können mit Deutschland noch etwas anfangen: leistungsstarke Industrie, disziplinierte Menschen. Aber ich sagte die Niederlande und fügte Amsterdam hinzu.

Sieh an, Am-ster-dam.

Wieder diese Art, wie er das sagte.

Waren Sie schon mal im Ausland?

Ich war bei der Armee.

Tatsächlich? In Vietnam?

Er stieg ohne ein weiteres Wort in seinen Streifenwagen, gab Gas und warf seinen Kaffeebecher ins Blumenbeet. Ich hatte keine Formulare bekommen und lachte, lachte weiter, solange ich in seinem Rückspiegel zu sehen gewesen sein musste, obwohl ich nicht genau wusste, worin mein Sieg lag.

SEIN HAUS WAR ein Norman-Bates-ähnliches, viktorianisches Gebäude, das von fast einem Quadratkilometer Grund umgeben war. Das Erste, was er nach dem Kauf tat, war, einen Swimmingpool entwerfen zu lassen, und noch bevor der Bauunternehmer einen Spaten in den Boden hatte setzen können, hatten die Nachbarn bereits Beschwerde eingelegt. Sie befürchteten, dass ihre ländliche Aussicht vor allem nachts von einem schimmernden Lichtkegel gestört würde. Das hier war nicht das Amerika mit den Swimmingpools im Garten, das hier war das Amerika, wo die Indianer gelebt hatten, wo die Jahreszeiten noch mit voller Wucht zuschlugen, wo die Natur das Sagen hatte. Hier gab es Füchse, Hirsche, Dachse, Wildschweine, hier wurden immer noch Wölfe und Bären gesichtet. Was dachte er sich nur?

Als der Bauunternehmer fertig war, sah man nichts als eine leichte Erhebung im Rasen. Brik lud die direkten Nachbarn, die gute hundert Meter entfernt wohnten, ein, sich das Ergebnis anzusehen. Nur das Schrägdach ragte aus dem Boden, aber das war mit Grassoden bedeckt. Der Pool selbst war in einem dunkleren Blauton als sonst gestrichen und lediglich von hinten zu sehen, am äußersten Rand von Briks Grundstück, wo die Erde ausgehoben worden war und man vom benachbarten Wald aus durch eine drei Meter hohe Glasfassade hineinsehen konnte.

Brik schwor seinen Nachbarn und später mir, dass er im Wasser gelegen habe, als ein Hirsch von der Größe eines Nashorns direkt an der Fassade vorbei getrottet und stehen geblieben sei, hineingesehen und ihm direkt in die Augen geblickt habe, um dann wieder in den Wald zu verschwinden. Ob seine Nachbarn ihm glaubten oder nicht, sie beschwerten sich danach nicht mehr.

Man stelle sich vor: Wölfe, Bären, Dachse, yesch; als ob sie den Reigen der ausgerotteten Tierarten im Museum of Natural History bildeten.

Die Eingangstür sprang geschmeidig auf, als ich den Schlüssel umdrehte - hatte ich etwas anderes erwartet? Vielleicht. Es fühlte sich nicht hundertprozentig legitim an, hier zu sein, allein. Ich spürte eine merkwürdige Art von Adrenalinschub, wie ich ihn nicht mehr gekannt hatte, seit ich als Zehnjähriger die knarzende Treppe zum Dachboden hochgeschlichen war, um mit dem kleinen Vermögen an Modelleisenbahnen meines Vaters zu spielen - ohne elterliche Aufsicht absolut verbotenes Terrain. Es war dieselbe süße Erregung wie damals, als ich den Schalter umdrehte, wodurch die kleinen Züge im Rhythmus ihrer nostalgischen Tschuck-Tschuck-Geräusche anfuhren; als würde ich den Knopf meines eigenen elektrischen Stuhls betätigen - jeden Augenblick konnte mein Vater mich am Kragen packen, so wie Brik doch ganz bestimmt jeden Augenblick mit einem breiten Grinsen in einem Jeans-Overall aus der Besenkammer geschossen kommen würde: Ha, erwischt! April, April! Und irgendwo war auch diese kindliche Unmöglichkeit des Todes, die ich empfand, als meine erste Großmutter gestorben war: Sie lag in dem Sarg, aber sie lag doch ganz bestimmt nicht wirklich in dem Sarg? Unwillkürlich ging ich auf Zehenspitzen durchs Haus, durch den Flur, an der Küche vorbei ins Wohnzimmer, das tatsächlich aussah wie ein Schlachtfeld. Sämtliche Geräte waren aus der Wand gerissen worden, da und dort hingen noch Kabel nutzlos aus den Steckdosen, wie Infusionen neben einem geräumten Krankenhausbett. Schlammige Fußabdrücke waren auf dem Sofa zu sehen. Ein einigermaßen begabter Kriminalbeamter konnte hier ohne Weiteres gute Ermittlungsarbeit leisten (Beweis Nummer eins: Schuhgröße vierundvierzig), konnte herausfinden, wie viele Jugendliche hier in der Gegend einen Pickup hatten (zwei) und ruhig abwarten, bis Briks zehntausend Dollar teurer State-of-the-art Flatscreen-3D-Fernseher beim örtlichen Pfandleiher (drei) auftauchen würde - aber Halt, mal halblang, haben Sie vor allem keine zu hohen Erwartungen. Das hier ist nicht CSI . Warten Sie die Versicherung ab. Was wusste ich denn schon von Polizeiermittlungen? Ich war nicht hier aus der Gegend .

Er hatte ein L-förmiges Sofa, auf dem eine sechsköpfige Familie es sich richtig gemütlich machen konnte, bestellt beim einzigen Möbelhaus in der Gegend. Ein ortsansässiger Schreiner hatte seine Bibliothek mit maßgefertigten Bücherregalen ausgestattet. Er nutzte ein Abonnement beim Blumenladen im Ort, der jede Woche zwei frische Blumensträuße lieferte, die im...

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Autor

Joost de Vries wurde 1983 in Alkmaar geboren, studierte Journalismus und Geschichte in Utrecht und arbeitet als Kulturredakteur bei der renommierten niederländischen Wochenzeitung De Groene Amsterdammer.
Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang de Vries mit seinem Debüt Clausewitz, einem Roman über einen jungen Wissenschaftler, der sich auf die Suche nach einem spurlos verschwundenen Kultautor begibt. Er wurde für den Anton-Wachter-Preis und den Selexyz-Debüt-Preis nominiert. Seine Essaysammlung Vechtmemoires stand auf der Shortlist des Goldenen-Büchereule-Preises.
Die Republik ist de Vries' zweiter Roman, ausgezeichnet mit dem wichtigsten Literaturpreis Flanderns, der Goldenen Büchereule, wurde er auch für den BNG-Literaturpreis nominiert und stand auf der Longlist des Libris-Literaturpreises.
2013 war Joost Stipendiat der Charlotte-Köhler-Stiftung zur Förderung niederländischer Nachwuchsautoren. Zurzeit arbeitet er an einem neuen Roman.
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de Vries, Joost
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Hertog-Vogt, Martina den
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