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Apple und Rain

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am22.08.2016
Drei Jahre alt war Apple, als ihre Mum sie in einer stürmischen Nacht bei der Großmutter zurückließ. Seitdem hat Apple nichts von ihr gehört. Elf Jahre später taucht Mum plötzlich wieder auf. Mum ist das Gegenteil von Apples strenger, konservativer Nana. Im Glückstaumel zieht Apple bei Nana aus, direkt zu Mum. Womit sie aber nicht gerechnet hat: Sie ist nicht Mums einziges Kind. Dass ihre kleine Halbschwester Rain ebenso wenig von Apple wusste, macht die Sache nicht besser. Und dass Mum Apple als Babysitterin braucht, auch nicht. Apple dämmert, dass sie eine schwierige Wahl getroffen hat. Zum Glück kann sie sich dem Nachbarsjungen Del anvertrauen, der ziemlich gut zuhören kann ...

Sarah Crossan wuchs in Dublin und London auf und schrieb schon als Jugendliche Gedichte und Geschichten und kreierte ihre eigenen Bücher. Sie studierte Philosophie, Literatur und Creative Writing und war in USA als Englischlehrerin tätig. Heute lebt sie als freie Autorin mit ihrer Familie in Hertfordshire, England. Ihre Bücher wurden in England vielfach ausgezeichnet, und für ihren Versroman 'Die Sprache des Wassers' wurde sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
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Produkt

KlappentextDrei Jahre alt war Apple, als ihre Mum sie in einer stürmischen Nacht bei der Großmutter zurückließ. Seitdem hat Apple nichts von ihr gehört. Elf Jahre später taucht Mum plötzlich wieder auf. Mum ist das Gegenteil von Apples strenger, konservativer Nana. Im Glückstaumel zieht Apple bei Nana aus, direkt zu Mum. Womit sie aber nicht gerechnet hat: Sie ist nicht Mums einziges Kind. Dass ihre kleine Halbschwester Rain ebenso wenig von Apple wusste, macht die Sache nicht besser. Und dass Mum Apple als Babysitterin braucht, auch nicht. Apple dämmert, dass sie eine schwierige Wahl getroffen hat. Zum Glück kann sie sich dem Nachbarsjungen Del anvertrauen, der ziemlich gut zuhören kann ...

Sarah Crossan wuchs in Dublin und London auf und schrieb schon als Jugendliche Gedichte und Geschichten und kreierte ihre eigenen Bücher. Sie studierte Philosophie, Literatur und Creative Writing und war in USA als Englischlehrerin tätig. Heute lebt sie als freie Autorin mit ihrer Familie in Hertfordshire, England. Ihre Bücher wurden in England vielfach ausgezeichnet, und für ihren Versroman 'Die Sprache des Wassers' wurde sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641163600
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum22.08.2016
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse772 Kbytes
Artikel-Nr.1941615
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3

Nach dem Abendessen kommen Dad und Trish aus London angereist, eine Tüte voller Geschenke und ein Trifle von Marks & Spencer unterm Arm. Trish kneift mir zur Begrüßung in die Wange und Dad drückt mir einen Kuss auf den Scheitel.

»Alles okay bei dir?«, fragt er.

Ich nicke.

»Schule läuft?«

»Ja.«

»Tut mir leid, dass ich das Halbjahres-Konzert verpasst habe.«

»Ist okay«, sage ich.

»Du spielst mir nachher ein Stück aus dem Konzert vor, ja?«

Obwohl Dad nicht mal zwei Autostunden entfernt wohnt, sehe ich ihn nicht oft. Nicht, seit es Trish in seinem Leben gibt.

Dad und Trish haben vor drei Jahren geheiratet. Ich war völlig überrumpelt. Eines Tages, als ich mit Dad telefonierte, hat er den Hörer an Trish weitergereicht, damit ich sie kennenlerne, und am nächsten Tag haben sie mich gefragt, ob ich ihre Brautjunger sein wolle. Ich habe Ja gesagt, weil ich ja nicht ahnen konnte, dass sie mich zwingen würden, ein quietschgelbes Kleid zu tragen, in dem ich aussah wie eine gefüllte Zitrone. Den ganzen Tag über hat Trish kein Wort mit mir geredet, bis auf das eine Mal, als sie mir sagte, dass ich doch bitte etwas freundlicher gucken solle, um die Hochzeitsfotos nicht zu verderben. Daraufhin habe ich die Zunge rausgestreckt, die Augen verdreht und so getan, als würde ich heulen. Ich fand das urkomisch - bis die Fotos fertig entwickelt waren und Dad ausgerastet ist. Er sagte, er hätte über tausend Pfund für den Fotografen ausgegeben, und hat mich dazu verdonnert, Trish einen langen Entschuldigungsbrief zu schreiben. Also habe ich mir einen abgekrampft und von vorne bis hinten geheuchelt und geschleimt, aber sie hat mir trotzdem nicht verziehen.

Nana gießt Vanillesauce über den dampfenden Christmas Pudding, den sie extra für Dads und Trishs Ankunft aufgehoben hat. Dann tut sie jedem einen großen Klacks in sein mit Rentieren verziertes Schüsselchen.

»Das Trifle können wir abends essen«, sagt sie. »Und jetzt erzählt mal: Wie ist euer neues Haus?«

»Ein absoluter Traum, oder, Chris?«, schwärmt Trish und legt ihre Hand auf Dads Arm.

»Der Garten macht ziemlich viel Arbeit, aber wir haben es in der kleinen Wohnung einfach nicht länger ausgehalten«, sagt Dad.

Nana wischt sich die Hände an der Schürze ab und setzt sich. »Oh, ich würde meinen Garten um nichts in der Welt hergeben. Wir haben jetzt sogar ein kleines Kräuterbeet, stimmt´s Apple?«

Ich schiebe mir einen Löffel Pudding in den Mund. »Um-hmmm«, mache ich. Der Pudding ist kochend heiß. Ich muss ihn zurück in mein Schälchen spucken, damit mein Zahnfleisch nicht Blasen schlägt.

Trish räuspert sich.

Dad runzelt die Stirn. »Ich hab dir schon mal gesagt, dass du auf deine Manieren achten sollst.«

Wann? Vor sechs Monaten, als du dich zuletzt bequemt hast, vorbeizuschauen?, würde ich am liebsten zurückblaffen, aber ich halte den Mund.

»Sorry, aber das war kochend heiß.« Ich lege meinen Löffel auf den Tisch.

»Apple, wie ich höre, hast du beim Klarinettenunterricht inzwischen Level vier erreicht. Das ist ja wunderbar.« Trishs rot geschminkte Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, bleiben dabei aber schmal und zusammengepresst.

Ich zucke die Achseln. »Ja, aber so rasend viel Spaß macht es nicht.«

»Wieso? Es ist doch ein großer Pluspunkt, wenn man ein Instrument spielen kann«, wirft Nana ein.

»Und ich habe dreihundert Pfund für die Klarinette hingeblättert, von den Kosten für den Unterricht mal ganz zu schweigen«, bemerkt Dad.

»Dreihundert Pfund? Das ist ja mehr als der neue Couchtisch gekostet hat!«, entfährt es Trish.

Ich gehe nicht auf ihre Bemerkung ein. »Ich hab ja nicht gesagt, dass ich aufhören will. Es macht mir nur keinen Spaß, das ist alles.« Was mir hingegen großen Spaß macht, sind die Orchesterproben - weil ich da nämlich Egan Winters sehe. Egan Winters kann Flöte spielen und gleichzeitig mit einem Fußball dribbeln. Eigentlich sieht er eher wie ein Schlagzeuger oder Bassist aus. Er trägt Lederarmbänder und zerrissene Jeans und überhaupt ist er der bestaussehende Typ an unserer Schule, mit Abstand. Außerdem ist er schon in der Oberstufe, also nicht mehr so unreif wie die Jungs aus meiner Klasse. Natürlich weiß ich, dass ich für ihn nur die »Achtklässlerin mit der Klarinette« bin und ihm ansonsten nicht weiter auffalle, aber trotzdem: Ich kriege jedes Mal Herzklopfen, wenn ich ihn sehe.

»Teenager haben einfach kein Durchhaltevermögen mehr. Das liegt an all den neuen Handys, den ganzen Apps und diesem Zeug«, bemerkt Trish, als hätte sie nicht gehört, was ich gerade gesagt habe: dass ich das Klarinettespielen nicht aufgeben werde. Sie klemmt sich ihre dünnen blonden Haare hinter die Ohren und tupft sich den Mund mit Nanas Leinenserviette ab. »Was kosten diese Schlaumeier-Handys eigentlich?«

Mir ist klar, dass es nicht der Handypreis ist, der Trish interessiert, sondern dass sie Dad unter die Nase reiben will, wie teuer ich sie zu stehen komme. Eigentlich will sie sagen: Dein Kind kostet zu viel!

Mir ist der Appetit vergangen. Ich hasse Weihnachten. Und ich hasse Trish. »Ich fühle mich nicht gut. Darf ich aufstehen?«

Dad seufzt. »Du siehst nicht so aus, als würde es dir schlecht gehen«, sagt er. Er versucht streng auszusehen, aber ich muss trotzdem grinsen, denn er trägt ein Goldpapier-Hütchen auf dem Kopf, das er aus einer der Crackerpackungen gebastelt hat. »Apollinia, du musst ein bisschen Ausdauer und Disziplin entwickeln, das ist wichtig im Leben. Du kannst eine Sache nicht einfach hinschmeißen, sobald sie anfängt dich zu langweilen oder anzustrengen. So eine willst du doch wohl nicht werden, oder?«

Seine Stimme klingt gepresst, und ich frage mich, ob er auf Mum anspielt: darauf, wie sie sich von ihm getrennt hat, als sie festgestellt hat, dass sie schwanger ist. Wie sie abgehauen ist, als ihr klar wurde, dass man ein Baby nicht einfach in die Handtasche stopfen kann wie einen Chihuahua. In seinen schlimmsten Albträumen malt Dad sich wahrscheinlich aus, dass ich so werde wie meine Mutter.

Nana steht auf und schenkt Dad Rotwein nach. »Wie wär´s, wenn wir das ein andermal besprechen und jetzt erst mal die Geschenke auspacken?«, fragt sie. Sie hasst es, wenn wir uns an Weihnachten streiten. An Weihnachten will sie es friedlich und harmonisch haben.

Dad starrt mich an, schweigend. Irgendetwas in meinem Gesicht scheint ihn zu hypnotisieren.

»Chris?« Trish stupst ihn an und Dad zuckt zusammen.

»Okay, aber wir werden noch mal auf das Thema zurückkommen«, sagt er zu mir.

»Geschenke!«, ruft Nana, und wir folgen ihr zu der Plastiktanne im Wohnzimmer, unter der ein paar kleine, kümmerliche Päckchen darauf warten, ausgepackt zu werden.

Ich bekomme ein neues Stiftemäppchen und einen Büchergutschein von Nana und einen Argos-Einkaufsgutschein von Dad und Trish. Keine Ahnung, was ich mir bei Argos kaufen soll, aber ich bedanke mich trotzdem und setze mich dann vor den Fernseher, die Beine über Derry geschlagen, und warte darauf, dass Weihnachten endlich vorbei ist.

Irgendwann merkt Nana, dass EastEnders läuft, und wechselt schnell den Sender.

»Guckst du keine Soaps, Bernie?«, fragt Trish. Nana heißt eigentlich Bernadette, aber Trish nennt sie immer Bernie, als Einzige.

»Nicht ganz passend für das Alter«, antwortet Nana mit einem Fingerzeig auf mich.

»Ich bin kein Baby mehr«, protestiere ich.

»Aber auch noch nicht erwachsen. Wenn du volljährig bist, kannst du gucken, was du willst«, sagt Nana.

»Ups, ich hoffe, ich hab jetzt nicht ins Wespennest gestochen.« Trish tut so, als würde sie verlegen auf ihrem Daumen herumkauen.

Hätte ich doch nur den Mumm, ihr eine zu scheuern.

»Jetzt läuft Tschitty Tschitty Bäng Bäng«, sagt Nana und kramt wieder nach der Fernbedienung.

Trish hilft ihr beim Suchen, dann atmet sie bewusst und deutlich hörbar ein. »Oh, das hätte ich fast vergessen. Hier ist noch ein Geschenk für dich.« Sie reicht mir ein Päckchen. Dad kaut auf der Innenseite seiner Wange herum.

Ich wickele das Papier ab und ziehe den Zipfel eines weißen T-Shirts hervor.

»Danke«, murmele ich, ohne das Shirt ganz auszupacken.

»Nimm es doch mal aus dem Papier«, sagt Nana.

»Du hast den Aufdruck noch gar nicht gelesen«, bemerkt Trish.

Ich falte das T-Shirt auseinander. Große Schwester, steht da in geschwungenen Buchstaben. Ich drehe mich zu Dad um, der knallrot angelaufen ist. Nana starrt Trish mit offenem Mund an.

»Ihr kriegt ein Baby?«, frage ich.

»Was für schöne Neuigkeiten!« Nana stürzt zu Dad und küsst ihn, als wäre er ihr Sohn - was im Übrigen jeder denkt, der die beiden zusammen sieht. Dabei hatte Dad einfach nur das Pech, zu einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens mit Mum angebändelt zu haben, was Nana immer noch leidtut. Als wäre es nicht genauso seine Schuld, dass Mum schwanger geworden ist. Während Mum dann in Brampton-on-Sea festsaß und die Uni knicken konnte, hat Dad einen Monat vor meiner Geburt den Zug nach Liverpool genommen, dort drei Jahre lang Wirtschaft studiert, gefeiert und sich betrunken. Als er endlich zurückkam, war Mum weg. Sie hatte die Nase voll davon, Windeln zu wechseln und darauf zu warten, dass Dad sie vielleicht doch noch unterstützt.

Und von mir hatte sie, glaube ich, auch die Nase voll.

Ich falte das T-Shirt zusammen...

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Autor

Sarah Crossan wuchs in Dublin und London auf und schrieb schon als Jugendliche Gedichte und Geschichten und kreierte ihre eigenen Bücher. Sie studierte Philosophie, Literatur und Creative Writing und war in USA als Englischlehrerin tätig. Heute lebt sie als freie Autorin mit ihrer Familie in Hertfordshire, England. Ihre Bücher wurden in England vielfach ausgezeichnet, und für ihren Versroman "Die Sprache des Wassers" wurde sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.