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Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
432 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am25.08.20162. Auflage
Eva Thorvalds Kochkunst ist legendär: Für einen Platz bei einem ihrer Pop-up-Dinner zahlt man vierstellige Beträge und wartet mehrere Jahre. Für Cynthia Hargreaves jedoch geht es dabei um mehr als bloße Gaumenfreuden, es ist ihre einzige Chance, um einen schrecklichen Fehler wiedergutzumachen. Eine Geschichte über die Familie, die man verliert, Freunde, die man findet, und Zufallsbekanntschaften, die ein ganzes Leben bestimmen.

J. Ryan Stradal, geboren 1975, wuchs in Hastings, Minnesota, auf. Er studierte Film, Fernsehen und Radio an der Northwestern University. Er ist Lektor, Redakteur und Produzent von Fernsehserien. Seine Romane ?Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens? und ?Die Bierkönigin von Minnesota? waren ?New York Times?-Bestseller. J. Ryan Stradal lebt in Los Angeles, Kalifornien.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextEva Thorvalds Kochkunst ist legendär: Für einen Platz bei einem ihrer Pop-up-Dinner zahlt man vierstellige Beträge und wartet mehrere Jahre. Für Cynthia Hargreaves jedoch geht es dabei um mehr als bloße Gaumenfreuden, es ist ihre einzige Chance, um einen schrecklichen Fehler wiedergutzumachen. Eine Geschichte über die Familie, die man verliert, Freunde, die man findet, und Zufallsbekanntschaften, die ein ganzes Leben bestimmen.

J. Ryan Stradal, geboren 1975, wuchs in Hastings, Minnesota, auf. Er studierte Film, Fernsehen und Radio an der Northwestern University. Er ist Lektor, Redakteur und Produzent von Fernsehserien. Seine Romane ?Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens? und ?Die Bierkönigin von Minnesota? waren ?New York Times?-Bestseller. J. Ryan Stradal lebt in Los Angeles, Kalifornien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257607734
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum25.08.2016
Auflage2. Auflage
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse889 Kbytes
Artikel-Nr.1988702
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
{59}Chocolate-Habanero

Es war sieben Uhr morgens am Tag vor ihrem elfâten Geburtstag, und Eva kniete in ihrer gemütlichen Lieblingsjeans hart arbeitend vor ihrem Kleiderschrank. Sie kontrollierte gerade die Feuchte ihrer Chilipflanzen-Hydrokultur, als ihre Mutter an die Tür klopfâte.

»Herein.« Eva richtete sich auf und sah Fiona an, die einen Hosenanzug in der Farbe unreifer Serrano-Chilis trug, ebenso grüne Schuhe und große silberne Creolen. Sie sah aus wie eine kleinere, breitere Hillary Clinton, mit der Haltung und der Mattheit einer Frau allerdings, die sechzig Stunden die Woche arbeitet und bereits achtundfünfzig davon hinter sich hat.

»Was willst du denn zu deinem Geburtstag in die Schule mitnehmen?«, fragte Fiona ihre Tochter. »Ich könnte nach der Arbeit noch was einkaufen, falls ich bis dahin nicht zusammengeklappt bin.«

Wenn man Eva fragte, war das von allen Geburtstagstraditionen die schlimmste: dass man zu seinem eigenen Geburtstag etwas in die Schule mitbringen musste. Aber wenn sie schon die gesamte sechste Klasse durchfüttern musste, dann bitte auch mit etwas, das sie selbst gern aß.

»Veganes Blaubeersorbet vom New City Market, hab ich gedacht.«

{60}»O Gott. Wirklich?«

»Weißt du, was in normalem Eis drin ist? Besonders in Schokoladeneis?«

»Du hast es mir erklärt.«

»Damit schenke ich ihnen Lebensjahre, das ist mehr, als diese Kanalratten verdient haben.«

»Ach, das können doch nicht alles Kanalratten sein. Was ist denn mit dieser netten Bethany Messerschmidt?«

Wenn es um Evas Leben ging, hatte ihre Mom die Aufmerksamkeitsspanne eines Fünfzig-Cent-Guppys; selbst die traurig dreinblickenden Hausmeister in der Schule wussten mehr über Evas Innerstes als ihre eigenen Eltern. Immerhin hatten sie den guten Einfall gehabt, hierher nach West Des Moines, Iowa, zu ziehen, um näher bei Evas coolem Onkel Wojtek Dragelski und Tante Amy Jo und deren großartigen Kindern Rothko (den alle nur Randy nannten) und Braque (die alle nur Braque nannten) zu sein. Bethany Messerschmidt ging auf Evas neue Schule, machte sich andauernd hinter dem Rücken anderer Leute über sie lustig und interessierte sich, ganz im Gegensatz zu Randy, nicht im Geringsten für coole Sachen wie Essen oder Kunst oder Bücher oder coole Musik - obwohl sie einmal gesagt hatte, Randy wäre ein »heißer Typ«, was total unangenehm gewesen war.

Aber das Schlimmste war, dass Bethany Eva vor allen anderen eine »blöde Bigfoot-Schlampe« genannt hatte, als Eva ihr nach der Schule bei McDonald´s keine fünf Dollar leihen wollte. Obwohl Eva Kaffee trank, zwei- oder dreimal versucht hatte, eine Zigarette zu rauchen, und andere Dinge tat, die angeblich das Wachstum hemmten, war sie eher stämmig und dabei eins siebzig groß, und sie konnte rein gar nichts {61}dagegen tun. In der neuen Schule konnte sie sowieso schon niemand ausstehen, weil sie jünger und schlauer war als die anderen, aber seit jenem Nachmittag bei McDonald´s wurde sie nur noch Bigfoot genannt, und das war schlimmer als alles andere. Das Wort brachte Eva inzwischen nicht mehr zum Weinen, aber es versetzte ihr immer noch jedes Mal einen Stich.

»Bethany Messerschmidt ist für mich gestorben«, sagte Eva. Sie wollte ihrer Mom nicht erzählen, dass allein schon der Geruch von McDonald´s-Essen sie jedes Mal an diese Schmach erinnerte, denn ihre Eltern liebten Fast Food, ganz besonders von McDonald´s. Diesen traumatischen Zusammenhang zu offenbaren, hätte Evas Eltern nur als rücksichtslos dastehen lassen: Es war ihr Lieblingsessen, sie würden nie darauf verzichten.

»Langsam musst du dir wirklich mal Freunde in deinem Alter suchen. Randy und seine mexikanische Köchin zählen nicht.«

»Die Leute in meinem Alter sind furchtbar. Die gehören noch nicht mal zur menschlichen Spezies.«

»Egal, ich möchte, dass du Randy in Ruhe lässt, bis seine Bewährung vorbei ist.«

»Aber es redet doch sonst keiner aus der Familie mit ihm.«

»Dir bleiben nur noch ein paar Jahre deiner Kindheit. Du solltest sie genießen. Auf allen vieren schuften wie eine Sklavin kannst du noch den Rest deines Lebens. Und jetzt beeil dich. Der Bus ist in einer Viertelstunde hier.«

Eine der Sachen, die Eva am meisten am Kindsein hasste, war, dass man ihr andauernd weismachen wollte, es wäre {62}die schönste Zeit ihres Lebens. Werde bloß nicht zu schnell erwachsen, genieß diese sorglose Zeit, solange du nur kannst. In diesen Momenten fühlte sich ihr Körper wie das kleinste Gefängnis der Welt an, und sie flüchtete sich in Gedanken zu ihren Chilipflanzen, die auf Steinwollesubstrat unter Pflanzenlampen in einem Schlafzimmerschrank wuchsen, Gefangene der USDA-Klimazone 5b genau wie sie.

Anders als Eva waren sie jedoch auf eine gottgewollte Weise schön. Die größte Chocolate-Habanero-Pflanze reichte ihr bis zur Hüfte, und am Ende des Wachstumszyklus trugen ihre festen grünen Stengel ganze Büschel prächtig glänzender brauner Chilis. Wenn Eva sie in die Hand nahm und mit dem Finger über die Oberfläche fuhr, konnte sie ihre Wärme spüren, das Leben darin und ihre Bereitschaft zu geben.

Um ihre Habaneros für den Rest des Jahres zu konservieren, verarbeitete Eva die meisten zu Chilipulver - ihre Eltern wussten inzwischen, dass sie die Küche während dieser Prozedur besser mieden und Pizza bestellten. Aber aus der ersten Ernte in diesem Jahr machte sie Chiliöl, nach dem folgenden Rezept:


1 Teil getrocknete Chilis

2 Teile Traubenkernöl

 

Die im Ganzen getrockneten Habanero-Chilis kleinschneiden und in eine Pfanne mit Traubenkernöl geben. Auf niedriger Flamme langsam erhitzen, bis sich Bläschen bilden. Vom Herd nehmen und bei Zimmertemperatur abkühlen lassen. Chiliölmischung in eine Glasschüssel geben und {63}zudecken. 10 Tage im Kühlschrank lagern. Durch einen Dekantiertrichter in ausgekochte Flaschen füllen.


Sie konnte es kaum erwarten, selbst damit zu kochen, aber vorher wollte sie ihrer Freundin Aracely Pimentel etwas von dem Öl bringen - sie war die Co-Küchenchefin im Lulu, des besten mexikanischen Restaurants der Region um Des Moines, wenn nicht von ganz Iowa. Aber erst musste sie einen weiteren Schultag überstehen.

 

Die Busfahrt am Morgen war immer das Schlimmste. Nicht alle hatten zur gleichen Zeit Schulschluss - viele von den fiesesten Jungs hatten nachmittags noch Sport-AGs -, aber morgens mussten alle zur gleichen Zeit da sein, und andere Möglichkeiten, in die Schule zu kommen, gab es kaum. Den Modetipps ihrer Mutter zum Trotz trug Eva eines der beiden Kleider, die sie besaß. Es war marineblau mit zwei kämpfenden Weißkopfseeadlern auf der Brust. Ihr Cousin Randy hatte es ihr letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt, kurz bevor er wieder rückfällig geworden war, und sie passte noch gerade so hinein. Seit dem Bethany-Messerschmidt-McDonald´s-Vorfall wiederholten manche von den Jungs und viele von den Mädchen jedes Mal, wenn Eva durch den Mittelgang an ihnen vorbeiging, dieses eine grausame Wort. Um es auszublenden, setzte sie ihren Walkman auf, hörte Mixtapes von Randy - heute war Tom Waits dran, der immer über cooles Zeug sang, über Nutten in Minneapolis zum Beispiel - und sagte sich, dass all diese Jungs ihr eines Tages an der Tankstelle das Öl wechseln würden.

 

{64}»Hey! Bigfoot! Ich rede mit dir!«, rief Chadd Grebeck, ein bulliger Fußball-Trottel aus ihrer Klasse. Eva wandte sich ab und starrte aus dem Fenster, aber er riss ihr den Kopfhörer aus dem linken Ohr und flüsterte: »Big. Foot. Big. Foot. Big. Foot.«

Einer von Chadds Kumpels, ein großer pickelgesichtiger Ochse namens Brant Manus, von der Sorte Jungs, die sich in der Pause die Pickel ausdrücken, um dann den Eiter an anderen abzuschmieren, sagte: »Hey, Mann, knutsch doch mal mit ihr.«

»Knutsch du doch mal mit ihr, Brand-Anus«, erwiderte Chadd.

Dylan Sternwall, ein weiterer Kumpan, rief von hinten: »Fünf Dollar, wenn einer von euch Schwanzlutschern sie küsst. Auf den Mund.«

»Küss du sie doch, Sperma-Wal«, rief Chadd.

»Fünf Dollar.«

»Vergiss es.«

»Zehn.«

Mit dem bisschen Gehirn, das er hatte, schien Chadd einen Augenblick lang über das Angebot nachzudenken. »Zuerst das Geld, Arschlecker.«

»Nix da, die Kohle gibt´s hinterher. Geld gegen Ware.«

»Scheiße, Mann.« Chadd beugte sich zu Eva herunter, die versuchte, sich von ihm wegzudrehen. »Die riecht dreckig!«, rief er, aber dann gab er sich einen Ruck und berührte flüchtig ihre Wange. »So, her mit der Kohle.«

»Auf den Mund, hab ich gesagt.«

»Halt still, Bigfoot«, befahl Chadd. »Mir macht das genauso wenig Spaß wie dir, glaub mir.« Er roch nach billigem {65}Apfelsaft und war überhaupt so widerlich wie Mayo, die aus einem Gratissandwich rausquillt. Aber das war nicht alles, er strahlte etwas Eiskaltes aus - eine fast erwachsene, männliche Bedrohung -, als hielte ihn womöglich nur der dünne Firnis der sozialen Kontrolle an diesem öffentlichen Ort davon ab, ihr noch viel, viel schlimmere Dinge anzutun.

Inzwischen hatte sich die komplette hintere Hälfte des Busses um sie herum versammelt, und die Busfahrerin - eine Dame mittleren Alters, mit der nicht zu spaßen war - merkte, dass etwas nicht stimmte. »Was ist da hinten los? Jeder auf seinen Platz, Blick nach vorn!«

 

Die Kinder, die sich über die Lehnen ihrer Sitze beugten...
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Autor

J. Ryan Stradal, geboren 1975, wuchs in Hastings, Minnesota, auf. Er studierte Film, Fernsehen und Radio an der Northwestern University. Er ist Lektor, Redakteur und Produzent von Fernsehserien. Seine Romane >Die Geheimnisse der Küche des Mittleren WestensDie Bierkönigin von MinnesotaNew York Times