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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am24.05.20171. Auflage
Die Propagandavideos der IS-Kämpfer sind nichts Neues. Im Gegenteil, Terroristen haben sich schon immer der Bilder bedient, um ihre Anliegen medial zu verbreiten - und ebenso ihr Feind, der Staat. Charlotte Klonk zeigt in ihrer Studie ?Terror. Wenn Bilder zu Waffen werden?, welche Rolle die Bilder des Terrors seit dem 19. Jahrhundert bis in unsere unmittelbare Gegenwart spielen. In konkreten Falluntersuchungen und mit kunsthistorisch geschultem Blick arbeitet sie die Bildstrategien heraus, ordnet diese in ihre geschichtliche Entwicklung ein und beantwortet am Ende die dringende Frage nach dem ethischen Umgang mit Terrorbildern. Ein unverzichtbares Buch, um die Hintergründe des allgegenwärtigen Terrorismus zu verstehen.

Charlotte Klonk, geboren 1965, studierte Kunstgeschichte an den Universitäten von Hamburg und Cambridge. Nach ihrer Promotion war sie Junior Research Fellow am Christ Church, Oxford University, und Lecturer an der University of Warwick. Seit 2011 ist sie Professorin für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextDie Propagandavideos der IS-Kämpfer sind nichts Neues. Im Gegenteil, Terroristen haben sich schon immer der Bilder bedient, um ihre Anliegen medial zu verbreiten - und ebenso ihr Feind, der Staat. Charlotte Klonk zeigt in ihrer Studie ?Terror. Wenn Bilder zu Waffen werden?, welche Rolle die Bilder des Terrors seit dem 19. Jahrhundert bis in unsere unmittelbare Gegenwart spielen. In konkreten Falluntersuchungen und mit kunsthistorisch geschultem Blick arbeitet sie die Bildstrategien heraus, ordnet diese in ihre geschichtliche Entwicklung ein und beantwortet am Ende die dringende Frage nach dem ethischen Umgang mit Terrorbildern. Ein unverzichtbares Buch, um die Hintergründe des allgegenwärtigen Terrorismus zu verstehen.

Charlotte Klonk, geboren 1965, studierte Kunstgeschichte an den Universitäten von Hamburg und Cambridge. Nach ihrer Promotion war sie Junior Research Fellow am Christ Church, Oxford University, und Lecturer an der University of Warwick. Seit 2011 ist sie Professorin für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104902296
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum24.05.2017
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2111776
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Terror als Begriff

Doch was ist überhaupt unter Terror zu verstehen? Und kann man gar von Terrorismus und Terroristen sprechen? Die Worte sind heute so selbstverständlich, dass die Frage unnötig erscheinen mag. Ein Blick in die mittlerweile recht umfangreiche Terrorismusforschung zeigt aber schnell, dass man sich bei der Verwendung der Begriffe im Grunde nur über eines einig ist, nämlich dass es keine allgemeinverbindliche Begriffsbestimmung und keine umfassenden Deutungsansätze für die so gefassten Phänomene gibt.[13] Schon die Geschichte der Begriffe verdeutlicht das Problem. Zunächst bezeichnete das Wort Terrorismus den Staatsterror, der die zweite Phase der französischen Revolution charakterisierte, als die Erzeugung von Schrecken und Angst in der Gesellschaft für notwendig erachtet wurde, um die neue Demokratie, die die Französische Revolution etablieren sollte, zu stabilisieren. Die Jakobiner selbst gebrauchten daher das Wort terreur im positiven Sinn.[14] Für den englischen Philosophen und Politiker Edmund Burke dagegen war genau aus diesem Grund das Wort bereits früh negativ besetzt. In seinen Reflections on the Revolution in France von 1790 verwendete er den Begriff ausschließlich zur Diskreditierung des französischen Terror-Regimes.[15] Seitdem ist das Wort geradezu flächendeckend zum Inbegriff des schlechthin Bösen geworden. Seine »Ursachen und Ziele«, so schreibt der Politikwissenschaftler Henner Hess, verdienen, so möchte man meinen, »eigentlich keine Diskussion [...]. Der Terrorist wird, wie einst der Pirat, zum hostis humani generis, zum Feind des Menschengeschlechts.«[16] Es verwundert daher kaum, dass Mitglieder von gewalttätigen Organisationen die Bezeichnung Terrorist in der Regel vehement abgelehnt haben. Noch komplexer wird die Angelegenheit, wenn man sich vor Augen führt, dass mancher von ihnen schließlich zum Oberhaupt jenes Staates wurde, der ihn einst als Terroristen verfolgte. Die berühmtesten Beispiele dafür sind Fidel Castro in Kuba und Nelson Mandela in Südafrika. In der Regel bezeichnen sich deshalb die Akteure selbst zumeist als Widerstands-, Freiheits- oder Guerillakämpfer.

Als Terrorregime werden üblicherweise die totalitären Staaten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezeichnet.[17] Doch genauso wenig wie nichtstaatliche Gruppen die Etikettierung akzeptieren konnten, genauso vehement haben sie betroffene Regierungen von sich gewiesen. Obwohl bekannt ist, dass viele Staaten in der Vergangenheit Terroraktivitäten durch ihre Geheimdienste in die Wege geleitet oder unterstützt haben - Libyen, Syrien, Südjemen, Irak oder Iran, aber auch die DDR sind häufig genannte Beispiele -, hat sich selbstverständlich nie einer von ihnen öffentlich dazu bekannt.[18] Mehr noch: Selten ist das Terrorismus-Etikett mit nachvollziehbarer Systematik verwendet worden. Die Beispiele, die der Soziologe Henner Hess nennt, mögen ausreichen, um das Problem vor Augen zu führen:


Terroristisch waren für die deutschen Politiker und Gerichte zwar die in Jugoslawien festgenommenen RAF-Mitglieder, nicht aber die Mitglieder der kroatischen Ustascha, deren Auslieferung Jugoslawien verlangte. Terroristisch waren die Flugzeugentführungen der Palästinenser und deren Angriffe auf Kibbuzim, aber nicht Massaker, die die israelische Luftwaffe in den palästinensischen Flüchtlingslagern anrichtete.[19]


Aufgrund dessen wird der Begriff Terrorismus hier weitgehend vermieden. Das Wort Terror dagegen hat den großen Vorteil, nur den Effekt der Taten zu markieren, nicht aber zugleich auch eine irgendwie geartete Bewegung von fanatisch Gleichgesinnten. Terror bezeichnet lediglich den Akt und seine Wirkung, den Schrecken und die Angst, die in der Bevölkerung vor allem durch die Verbreitung von dramatischen Bildern erzielt werden sollen. Es ist insofern das hier passendere, weniger problematische Wort. Für die Täter selbst dagegen steht eine Vielzahl von Begriffen zur Verfügung wie politisch motivierte Attentäter, Geiselnehmer oder Mörder, die im Unterschied zu Terrorist den Vorzug haben, dass sie viel genauer bezeichnen, was unter bestimmten Umständen Einzelne und Gruppen zum Erreichen ihrer Ziele zu tun bereit sind. Durch die Vermeidung der Begriffe Terrorismus und Terrorist bei gleichzeitiger Verwendung des Wortes Terror wird es außerdem möglich, die furcht- und schreckenerregenden Gegenreaktionen von Staaten ebenfalls in den Blick zu nehmen. In der Tat haben sich nämlich in der Geschichte der Terrorbekämpfung sowohl Staaten im Osten als auch im Westen nicht gescheut, zur Abwehr von Anschlägen Geheimdienst- und Militäraktionen einzusetzen, die zumindest in die Nähe von Terrorhandlungen kamen. Als Beispiel aus jüngerer Zeit wäre hier an die völkerrechtlich durchaus umstrittene Ermordung von Osama Bin Laden am 2. Mai 2011 durch eine Spezialeinheit der US Navy in Pakistan zu erinnern.[20]

Ebenso umstritten ist die Verortung des Terrors im Spannungsfeld der »neuen Kriege«, wie sie unter anderem Herfried Münkler vorgenommen hat.[21] Obwohl ohne Zweifel derzeit deutliche Auflösungsprozesse zu beobachten sind, ist zunächst einmal festzustellen, dass Kriege erklärt werden müssen und dass das Kriegsvölkerrecht eine Verwicklung der Zivilbevölkerung in die Kampfhandlung verbietet. Terroranschläge zeichnen sich aber gerade dadurch aus, dass sie diesen Regeln nur bedingt folgen. Häufig wurde und wird die Verwundung und Tötung von Nicht-Kombattanten zumindest billigend in Kauf genommen. Mehr noch: Die Akteure gewinnen ihre Operationsfähigkeit vor allem dadurch, dass sie sich unvorhersehbarer und unberechenbarer Kampfweisen bedienen. Nicht immer beantworten Staaten oder Staatengemeinschaften die Taten mit militärischer Gewalt. Nicht immer gibt es eine Kriegserklärung (wie von Osama Bin Laden nach den Botschaftsattentaten in Ostafrika 1998), und nie geht es um den militärischen Sieg über den Feind. Von den Tätern selbst, wie zum Beispiel den Mitgliedern der Roten Armee Fraktion (RAF) in Deutschland in den siebziger Jahren, ist wiederum häufig eine Verortung ihrer Handlung im Kontext des Krieges vorangetrieben worden, um damit den Status der völkerrechtlich anerkannten und geregelten Guerillakrieger zu erlangen und die herausgeforderten Staaten zu militärischer Mobilisierung zu zwingen, wie sie im Fall des »war on terror« der US-Regierung von George W. Bush in Reaktion auf die Flugzeugattentate vom 11. September 2001 auch erfolgte. Genau das aber hat die Bundesrepublik zu Zeiten der RAF vermieden. Konsequent verweigerte man damals die Anerkennung der Rebellen als Krieger und Kriegsgefangene und bekämpfte sie nicht militärisch, sondern polizeilich und geheimdienstlich. Eine logische Folge der Deutung von Terror als Krieg wäre darüber hinaus, so schreibt der Historiker Matthias Dahlke, dass man unter Umständen Terroristen als Kriegsverbrecher behandeln müsste und umgekehrt Kriegsverbrecher als Terroristen.[22] Es bietet sich daher auch hier an, vorsichtiger von Terrortaten zu sprechen und sie nicht allzu vorschnell in die Nähe von Kriegsaktivitäten zu rücken.[23]

Seit dem 11. September 2001 ist die Flut der Publikationen zum Thema Terrorismus enorm angewachsen. Gab es in den 1970er Jahren vor allem sozialwissenschaftlich orientierte Studien zum linksradikalen Terror,[24] verlagerte sich der Schwerpunkt in den 1980er Jahren auf Untersuchungen international operierender Terrornetzwerke und ihre Verbindung zu Staaten im Osten wie im Westen.[25] Seit den 1990er Jahren und vor allem nach dem 11. September 2001 kam zunehmend auch der religiös motivierte Terror in den Blick.[26] Mit jedem neuen Ansatz waren immer auch neue Schwerpunktsetzungen verbunden, die bestimmte Phänomene in den Vordergrund rückten und andere vernachlässigten.

Die Diskussion hier stützt sich auf das Wellen-Modell, mit dem der US-amerikanische Politikwissenschaftler David C. Rapoport erstmals im Jahr 2001 einen Versuch vorgelegt hat, die sehr unterschiedlichen Ausprägungen und sozialen Grundlagen des modernen Terrors nichtstaatlicher Gruppen zu systematisieren. Rapoport unterscheidet eine erste anarchistische Welle, die in den 1880er Jahren einsetzte, von einer nationalistisch-separatistischen, die sich in den 1920er Jahren formierte. Darauf folgte eine linksradikale Welle am Ende der 1960er Jahre, die der religiös motivierte Terror beerbte, der in den 1970er Jahren begann und bis heute anhält. Jede dieser Wellen hat, so Rapoport, sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Erscheinungsformen, die schwer unter einem Oberbegriff zu fassen sind. Auch gibt es eine Reihe von Aktivitäten, die mit diesem Schema nicht in den Blick geraten, wie zum Beispiel die andauernden blutigen Konflikte in Indien. Für diese Studie entscheidend ist aber, dass jede der von Rapoport identifizierten, sich teilweise überlappenden Phasen von charakteristischen technischen und politischen Voraussetzungen geprägt wurde und dass jede der in ihr aktiven Gruppen in hohem Maße auf...
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Autor

Charlotte Klonk, geboren 1965, studierte Kunstgeschichte an den Universitäten von Hamburg und Cambridge. Nach ihrer Promotion war sie Junior Research Fellow am Christ Church, Oxford University, und Lecturer an der University of Warwick. Seit 2011 ist sie Professorin für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität in Berlin.