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Ein königliches Theater

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am02.05.20171
Pisa, 1901: Zu Ehren von König Vittorio Emanuele III. soll Puccinis »Tosca« uraufgeführt werden. Doch die neue Oper enthält einigen politischen Sprengstoff, und ausgerechnet Ruggero Balestrieri, ein berüchtigter Anarchist, soll den Cavaradossi singen. Als dieser in der Premiere nicht nur zum Schein, sondern tatsächlich mit einem Gewehr exekutiert wird, droht eine Revolte. Ein Mord in der Gegenwart des Königs! Es gibt nur einen Mann, der Licht in das Dunkel der Ermittlungsarbeiten bringen kann: Ernesto Ragazzoni, seines Zeichens Dichter, Übersetzer und Journalist aus Rom, dessen Humor sich selbst bei der Aufklärung einer so ernsten Sache wie Mord als durchaus hilfreich erweist ...

Marco Malvaldi, geboren 1974 in Pisa, arbeitete früher als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Chemie der dortigen Universität. Mit seinen Krimis um die vier alten Männer und den sympathischen Barbesitzer Massimo avancierte er zum Bestsellerautor. Daneben veröffentlichte er mehrere davon unabhängige Krimikomödien. Marco Malvaldi lebt als freier Autor mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in seiner Geburtsstadt.
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Produkt

KlappentextPisa, 1901: Zu Ehren von König Vittorio Emanuele III. soll Puccinis »Tosca« uraufgeführt werden. Doch die neue Oper enthält einigen politischen Sprengstoff, und ausgerechnet Ruggero Balestrieri, ein berüchtigter Anarchist, soll den Cavaradossi singen. Als dieser in der Premiere nicht nur zum Schein, sondern tatsächlich mit einem Gewehr exekutiert wird, droht eine Revolte. Ein Mord in der Gegenwart des Königs! Es gibt nur einen Mann, der Licht in das Dunkel der Ermittlungsarbeiten bringen kann: Ernesto Ragazzoni, seines Zeichens Dichter, Übersetzer und Journalist aus Rom, dessen Humor sich selbst bei der Aufklärung einer so ernsten Sache wie Mord als durchaus hilfreich erweist ...

Marco Malvaldi, geboren 1974 in Pisa, arbeitete früher als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Chemie der dortigen Universität. Mit seinen Krimis um die vier alten Männer und den sympathischen Barbesitzer Massimo avancierte er zum Bestsellerautor. Daneben veröffentlichte er mehrere davon unabhängige Krimikomödien. Marco Malvaldi lebt als freier Autor mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in seiner Geburtsstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492976114
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum02.05.2017
Auflage1
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1619 Kbytes
Artikel-Nr.2134036
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

VIER

»Ihr vollständiger Name, Mademoiselle?«

»Giustina Osvalda Ilaria Cantalamessa.«

»Cantalamessa?«

Giustina Tedesco hob den Blick zum Leutnant, einen beschwörenden Blick, den sie kurz auf ihm ruhen ließ, um dann zu antworten:

»Ja. Auf den Plakaten ist der Name Tedesco zu lesen, aber das ist nur mein Künstlername. Eigentlich heiße ich Cantalamessa.«

»So wie der Impresario, der die Aufführung organisiert hat.«

»Ja. Wie soll ich ... Darf ich auf Ihre Diskretion zählen, Herr Leutnant, als Mann und als Soldat?«

»Gewiss, Mademoiselle.«

»Madame. Wissen Sie, Bartolomeo und ich sind verheiratet.«

Und das war für Leutnant Pellerey die zweite Überraschung.

Die erste hatte er vor einer halben Stunde erlebt, kurz nachdem er den Leichnam des Tenors Ruggero Balestrieri in dessen Garderobe auf eine Pritsche gebettet hatte, das weiße Hemd des Künstlers blutdurchtränkt. Der Leutnant hatte Unterleutnant Fresche als Wache in der Garderobe postiert. Als er dann die Tür hinter sich zugezogen hatte, war vor seinen Augen Tosca persönlich erschienen.

Was immer sich um uns herum abspielt, wir können uns weigern, etwas anzusehen, es zu berühren oder daran zu riechen, Geräusche allerdings lassen sich nicht übergehen; und so hatte Leutnant Pellerey, obgleich er über die Sicherheit seines Königs zu wachen hatte und die Augen (pardon, das Auge) wachsam aufs Parkett gerichtet hielt, auf die Gefahren, die von dort kommen mochten, doch nicht umhingekonnt, Giustina Tedesco singen zu hören.

Und selbst wenn er gekonnt hätte, er hätte es nicht gewollt.

Weshalb es ihn nun ins Herz traf, dieselbe Halbgöttin vor sich stehen zu sehen, die ihn noch vor ein paar Stunden im Liegen bezaubert hatte, während sie davon sang, für Kunst und Liebe gelebt zu haben.

Nicht, dass die Sopranistin Gelassenheit ausgestrahlt hätte. Im Gegenteil. Sie wirkte mehr wie Tosca als je zuvor.

»Mademoiselle ...«

»Ich will ihn sehen.«

»Mademoiselle, es empfiehlt sich wohl nicht ...«

»Aus dem Weg, Büttel.«

Mit einer gewandten Drehung schob sie sich am Leutnant vorbei und schritt entschlossen auf Ruggero Balestrieris Garderobe zu. Als sie die Tür öffnete, offenbarte sich ihr der trostlose Anblick eines Mannes, der tot auf einer Pritsche lag, gleichwohl bewacht von einem Carabiniere in Zivil.

»Ruggero ...«

Sie hielt inne.

»Ruggero ...«, wiederholte sie, doch in einem anderen Tonfall.

Dann drehte sie sich zum Leutnant um:

»Ist er tot?«

»Mademoiselle ...«, sagte der Leutnant überrascht.

Und noch überraschter vernahm Leutnant Pellerey, wie Giustina Tedesco, nun wieder unübersehbar Tosca, zu schreien begann:

»Ihr Mörder!«

Was?

»Verfluchte, elende Schurken, möge Gott euch bestrafen!«

Wie bitte?

»Was habt ihr jetzt vor? Wollt ihr auch mich niederprügeln, um mir ein Geständnis abzupressen, ihr gemeinen Hunde? Und mich dann erschießen, um mich zum Schweigen zu bringen, ja, ihr Dreckskerle?«

Unter allen Gefahren und Bedrohungen, die Leutnant Pellerey im Laufe des Abends befürchtet hatte, wäre ihm eine sicher nicht in den Sinn gekommen, ein Sopran außer Rand und Band. Und ebenso wenig erschloss sich ihm, warum die Sängerin so herumbrüllte oder über wen sie sich dermaßen erregte. Der Leutnant konnte sich nur eines fragen, nämlich wie sich die junge Frau beruhigen ließe, ohne dass man handgreiflich würde - jedenfalls nicht zu sehr.

Doch glücklicherweise erwies sich das als unnötig.

Denn nachdem sich Giustina Tedesco mit einer nicht nur theatralischen Geste an den Hals gegriffen hatte, schienen sie ihre Kräfte zu verlassen, und sie sank nieder wie ein Haufen zerschlissener Lumpen. Und diesmal konnte es an der Echtheit des Schwächeanfalls keinen Zweifel geben: Nicht einmal Sarah Bernhardt wäre in der Lage gewesen, den spektakulären Aufprall zu simulieren, mit dem die Sopranistin auf dem Fußboden aufschlug.

Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis sie sich davon erholt hatte.

Und es dauerte eine weitere Viertelstunde, sie zu einer Erklärung ihres Verhaltens zu bewegen.

»Verstehe. Und Sie möchten nicht, dass die Sache publik wird.«

»Das wäre wünschenswert. Wissen Sie, die Leute stellen sich eine junge Sängerin ungebunden vor. Und das ist auch gut so, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

Viel besser, als du glaubst, mein Augenstern.

»Von daher ist die Ehe für eine junge Bühnenkünstlerin nicht förderlich.«

»Ganz anders, als es sich in der wirklichen Welt verhält«, konnte der Leutnant sich nicht enthalten anzumerken.

Die Sopranistin seufzte.

»In der wirklichen Welt verhält es sich anders, ja. Aber wir Künstler führen ja auch ein ganz anderes Leben als die anderen. Wir arbeiten, wenn sie sich vergnügen, und schlafen, wenn sie bei der Arbeit sind. Wie dem auch sei, wenn es sich vermeiden ließe, dass diese Angelegenheit an die Öffentlichkeit kommt, wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet.«

Die junge Frau sah den Leutnant an, ganz Giustina Tedesco, nicht Cantalamessa.

»Ich werde tun, was ich kann«, sagte der Leutnant, nachdem er sich ein paarmal geräuspert hatte. »Verheiratet zu sein ist schließlich kein Verbrechen. Allerdings kann ich nicht über das hinweggehen, was ganz zweifellos ein Verbrechen ist.«

»Was möchten Sie wissen?«

»Erklären Sie mir als Erstes, wie es zu der abstrusen Idee kam, durch Balestrieris vermeintlichen Tod auf der Bühne eine Revolte auszulösen.«

»Ja, das erscheint mir jetzt auch als abwegig. Aber am Anfang fand ich es aufregend. Sie machen sich keinen Begriff davon, was Ruggero für ein Charisma hatte. Als uns die Nachricht von dem Mord an Bresci ...«

»Entschuldigen Sie, Madame. Vom Tode Brescis. Gaetano Bresci hat sich umgebracht.«

»Ja, sicher, Sie sind Carabiniere und müssen so tun, als würden Sie das glauben. Also schön, nach Brescis Tod setzte Ruggero sich in den Kopf, dass wir die Möglichkeit hätten, gerade hier im Theater einen großen Volksaufstand auszulösen. Ist Ihnen aufgefallen, dass zum Erschießungskommando ein junger Kerl gehörte, der so groß ist wie ein Kürassier?«

»Ja, den habe ich gesehen.«

»Nun, das war der Ausgangspunkt der Idee. Ruggero würde sich tot stellen, und ich sollte ihn unterstützen, indem ich verzweifelt rief, er sei wirklich tot. Ruggeros Freunde im Parkett würden losschreien, um Öl ins Feuer zu gießen: Hier sei vor aller Augen ein Anarchist erschossen worden, um dem Volk eine Lektion zu erteilen, und der Täter sei dieser verkleidete Kürassier. So einen Aufstand hätte man noch nie gesehen«, sagte die junge Frau, und ihre Augen glänzten vor Leidenschaft, einen kurzen Moment lang, bevor ihr Blick auf den von Leutnant Pellerey traf.

»Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Begeisterung teilen kann.« Die Stimme des Leutnants schien seine Worte in die Luft zu meißeln. »Wer war an der Verschwörung beteiligt?«

»Ich ...«

»Madame, Sie stehen unter dem Verdacht der Rebellion, der Anstachelung zum Aufruhr und der schweren Beamtenbeleidigung. Sie täten gut daran, meine Fragen in vollem Umfang zu beantworten.«

Giustina Tedesco sah sich um, als fragte sie sich, warum denn niemand im Raum sie gegen die niedrigen Anschuldigungen dieses baumhohen Unmenschen verteidigte. Nach einem kurzen Augenblick, in dem sie sich offenbar davon überzeugen musste, dass außer ihr und dem Leutnant keine weiteren Menschen zugegen waren, ließ sie sich zu einer Antwort herbei.

»Beamtenbeleidigung? Wovon reden Sie?«

»Sie haben mich als Mörder und Schurken tituliert, Madame. Und Sie haben Unterleutnant Fresche gekratzt, dass er blutete.«

Was mich übrigens nicht wenig neidisch macht.

»Aber Herr Leutnant, versetzen Sie sich doch in meine Lage.«

Dagegen hätte ich nichts, dich noch einmal liegend zu sehen.

»Ich öffne die Tür im Glauben, Ruggero in Handschellen zu finden, wegen der gerade erwähnten Vergehen, und finde stattdessen seine hingestreckte Leiche. Daneben steht ein Carabiniere, als hätte er gerade auf ihn eingetreten. Was hätten Sie denn gedacht? Wie hätten Sie eine solche Szene gedeutet? Wäre Ihnen das nicht erschienen wie ein brutales, aus dem Ruder gelaufenes Verhör?«

Leutnant Pellerey schüttelte sich kurz, damit seine Fantasien nicht aus dem Ruder liefen, und wandte sich dann wieder der Sopranistin zu.

»Ich habe noch nie jemanden verhört, Madame. Ich fange damit gerade erst an. Wer war an dieser Verschwörung beteiligt?«

»Ich wusste davon überhaupt nichts«, antwortete der Intendant Bentrovati.

Er saß in seinem Arbeitszimmer, allerdings auf dem Stuhl, der für gewöhnlich Besuchern zugedacht war, und fühlte sich nicht ganz so unbeschwert wie sonst. Vielleicht ob der späten Stunde, vielleicht ob der ungewohnten Position, vielleicht auch ob des Umstands, dass er vor wenigen Stunden gesehen hatte, wie ein Tenor erschossen worden war, alles möglich.

»Sie wollen nichts von der besagten Verschwörung gewusst haben? Man versucht vor Ihrer Nase, einen Volksaufstand zu inszenieren, und Sie bekommen davon nichts mit?«

Normalerweise hätte sich Leutnant Pellerey eine derartige Provokation niemals erlaubt. Aber nachdem er eine Stunde mit dieser jungen Frau verbracht hatte, die es zu allem Überfluss auch noch ablehnte, die Namen ihrer Mitverschwörer zu...

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Autor

Marco Malvaldi, geboren 1974 in Pisa, arbeitete bis vor Kurzem als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Chemie der dortigen Universität. Mit seinen Krimis um die vier alten Männer und den sympathischen Barbesitzer Massimo avancierte er zum Bestsellerautor. Daneben veröffentlichte er mehrere davon unabhängige Krimikomödien. Marco Malvaldi lebt als freier Autor mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in seiner Geburtsstadt.