Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Rebellin von Carcassonne

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
574 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.11.20161. Auflage
Der junge Ritter Amaury schließt sich dem christlichen Heerzug nach Südfrankreich an, um dort die angeblich ketzerische Sekte der Katharer zu bekämpfen. Doch dann lernt er inmitten von Blut und Tod die junge Katharerin Colomba kennen - und durch sie den wahren katharischen Glauben. Colomba und Amaury fliehen vor den Kreuzzugswirren, doch Amaurys verblendeter Bruder ist ihnen längst auf der Spur ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Hanny Alders (1946-2010) war eine niederländische Schriftstellerin. Ihr erster Roman, ?Der Schatz der Templer?, war sogleich ein großer Erfolg. Er erhielt in den Niederlanden einen Preis als bestverkauftes literarisches Debüt.
mehr

Produkt

KlappentextDer junge Ritter Amaury schließt sich dem christlichen Heerzug nach Südfrankreich an, um dort die angeblich ketzerische Sekte der Katharer zu bekämpfen. Doch dann lernt er inmitten von Blut und Tod die junge Katharerin Colomba kennen - und durch sie den wahren katharischen Glauben. Colomba und Amaury fliehen vor den Kreuzzugswirren, doch Amaurys verblendeter Bruder ist ihnen längst auf der Spur ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Hanny Alders (1946-2010) war eine niederländische Schriftstellerin. Ihr erster Roman, ?Der Schatz der Templer?, war sogleich ein großer Erfolg. Er erhielt in den Niederlanden einen Preis als bestverkauftes literarisches Debüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105614433
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum15.11.2016
Auflage1. Auflage
Seiten574 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1153 Kbytes
Artikel-Nr.2134241
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Saint-Gilles - 18. Juni 1209

»Verflucht sollen sie sein, immer und überall; verflucht seien sie Tag und Nacht und jede Stunde;

verflucht seien sie, wenn sie schlafen und wachen; verflucht seien sie, wenn sie essen und trinken;

verflucht seien sie, wenn sie schweigen und sprechen.

Verflucht seien sie vom Scheitel bis zur Sohle.

Mögen ihre Augen erblinden; mögen ihre Ohren taub werden; möge ihr Mund verstummen; möge ihre Zunge am Gaumen festkleben;

mögen ihre Hände nichts mehr berühren und ihre Füße nicht mehr gehen.

Verflucht seien all ihre Glieder; verflucht seien sie, wenn sie stehen, sitzen und liegen.

Mögen sie mit Hunden und Eseln begraben werden, mögen die raubgierigen Wölfe ihre Leichen verschlingen.«

Die Exkommunikationsformeln hallten im Kopf des jungen Kreuzfahrers nach. Sie waren laut in allen Kirchen vorgelesen worden, lange bevor der Aufruf des Papstes zu einem Kreuzzug gegen die Ketzer durch die Christenheit schallte.

Wie sah ein Ketzer wohl aus? Ob jemand, der den Teufel verehrte, auch etwas Dämonisches an sich hatte? Märtyrer, Mönche und Einsiedler, Menschen, die ihr Leben Gott weihten, hatten etwas Erhabenes, beinahe etwas Heiliges, so als würden sie bereits zu Lebzeiten vom himmlischen Licht beschienen. Ob im entgegengesetzten Fall die Glut des Höllenfeuers zu sehen war?

Schlimmer als Sarazenen, hatte der Papst die Ketzer genannt. Doch Sarazenen waren wenigstens zu erkennen, das waren Halbwilde mit dunkler Haut. Aber woran erkannte man einen Ketzer? Denn Zeit, Fragen zu stellen, bekam man natürlich nicht. Angenommen, man irrte sich und tötete aus Versehen einen Christen, war man dann für alle Zeiten verdammt? War der Ablass, den man mit dieser Kreuzfahrt gewinnen konnte, dann noch etwas wert?

Amaury de Poissy starrte auf die Rücken seiner Brüder, die vor ihm standen. Einerseits erfüllte es ihn mit Stolz, dass er trotz seiner Jugend die Erlaubnis erhalten hatte, das Kreuz zu nehmen und mit der Armee, die die Ketzerei ausrotten sollte, in den Süden zu ziehen. Doch je mehr sie sich den Grenzen der Grafschaft Toulouse näherten, desto mehr beschlich ihn ein Gefühl von Angst und Unsicherheit.

»Dies ist ein heiliger Krieg«, hatte Robert gesagt, »im Auftrag der Kirche, mit dem Segen der Kirche und unter dem Kommando der Kirche. Über solche Dinge brauchst du dir überhaupt keine Sorgen zu machen.«

Robert war groß und stark und wusste auf alles die richtige Antwort. Natürlich hatte Robert Recht. Der breite Rücken seines ältesten Bruders, der wie ein Schutzschild zwischen ihm und dem Rest der Welt stand, beruhigte ihn.

»Wir erhalten Befehle und befolgen sie«, hatte Guillaume hinzugefügt. Er wusste auch zu berichten, dass ketzerische Geistliche keine Tonsur trugen, sondern lange Haare und einen ungepflegten Bart. Und dass Ketzer an ihrem tierischen Benehmen zu erkennen waren, Sodomie zum Beispiel. Das war zumindest etwas.

Eigentlich wurde alles in Amaurys Leben von seinen Brüdern bestimmt. Ohne sie wäre er zum Beispiel nie für diese wichtige Aufgabe auserwählt worden. Es war eine außergewöhnliche Ehre, dass er dem päpstlichen Legaten Milon zugeteilt worden war, um ihn auf seinem Kreuzzug nach Saint-Gilles zu begleiten. Milon, der persönliche Sekretär Papst Innozenz III., war nur deshalb zu seiner heutigen Stellung aufgestiegen, weil der Graf von Toulouse den übrigen Legaten dermaßen misstraute, dass er sich geweigert hatte, mit ihnen zu verhandeln. Das änderte nichts daran, dass auch dieser Ersatzlegat so behandelt werden musste, als sei er der Heilige Vater persönlich. So war dieser ranghohe Geistliche auf dem Weg nach Saint-Gilles auch überall mit dem höchsten Respekt und der größten Demut empfangen worden. Die Ritter, die ihn begleiteten, hatten an dieser Ehrerweisung teilgehabt. Zum ersten Mal in seinem jungen Leben fühlte sich Amaury deshalb trotz seiner Unsicherheit wichtig.

Er stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, mit gestrecktem Hals über die Köpfe der Adligen, Ritter und Geistlichen hinweg zu sehen, was sich am Kircheneingang abspielte. Dort drüben, unter dem Bogen des Mittelportals, wo die noch unvollendeten Skulpturen im Sonnenlicht glänzten, musste Graf Raymond von Toulouse jetzt dem Legaten gegenüberstehen, umringt von Bischöfen und Erzbischöfen. Er konnte Milons Stimme zwar hören und auch, dass seine Worte immer wieder von dem anderen wiederholt wurden. Doch nur ab und zu trug der warme Wind ein paar Satzfetzen herüber, die er verstehen konnte.

»Ich schwöre, allen Befehlen des Papstes zu gehorchen ... man wirft mir vor, ich hätte die Ketzer unterstützt ... man verdächtigt mich, am Tode Pierre de Castelnaus mitschuldig zu sein ... wenn ich diese Artikel übertrete, werde ich von neuem exkommuniziert ... und all meine Vasallen ihrer Treue, Verpflichtungen und Dienste, die sie mir schulden, enthoben ...«

Ein lauter Fluch Simon de Poissys, einem Vetter der drei Brüder, der neben Amaury stand, machte den Rest unverständlich. »Dieser elende Lump meint doch kein Wort davon ehrlich!«, brummte der Ritter in seinen Bart.

Jetzt sprach der Legat eine Weile allein. Amaury fing etwas über die Juden auf, denen der Zutritt zu allen öffentlichen und privaten Ämtern verweigert werden musste, über Söldner aus Aragón im Dienst des Grafen, die sich an kirchlichen Besitztümern vergriffen hatten, und über die Ketzer und den Kreuzzug. Sechzehn Vasallen Graf Raymonds schworen ebenso wie ihr Lehnsherr, der Kirche zu gehorchen und gegen die Ketzer und jene, die sie beschützten, in den Kampf zu ziehen.

Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe von Bischöfen und Erzbischöfen. Umgeben von niederen Geistlichen stellten sie sich auf, um zum Hauptaltar zu schreiten. Für einen Moment wichen die reich bestickten Gewänder zur Seite, sodass Amaury einen Blick auf den Grafen erhaschen konnte. Barfuß und mit entblößtem Oberkörper stand der Edelmann demütig vor dem Legaten, der die Stola von seinen Schultern nahm und sie ihm um den nackten Hals legte. Jemand reichte dem päpstlichen Gesandten eine Geißelrute, mit der er Graf Raymond züchtigte, während er ihn in die Kirche führte.

Das Schauspiel löste in dem jungen Kreuzritter widersprüchliche Gefühle aus. Was er in Toulouse zu sehen erwartet hatte, war ein Graf, der dem Satan gleichkam. Einen treulosen Schurken, einen Plünderer von Klöstern und Kirchen, einen Schänder von Heiligtümern, einen schlauen Halunken, der sich den Teufel um die ernsthaften Ermahnungen von Erzbischöfen und selbst des Papstes scherte. Was er sah, war ein gepflegter Mann mit sanften Gesichtszügen, der geduldig seine Demütigung über sich ergehen ließ. In Saint-Gilles hatte er gehört, dass der Graf wegen seiner großen Toleranz und seiner Bereitschaft, Frieden mit seinen Feinden zu schließen, »der Versöhner« genannt wurde. Er sah überhaupt nicht so aus, wie sich Amaury einen Ketzer vorgestellt hatte. Der Körper des etwa fünfzigjährigen Adligen war muskulös, wie man es bei einem Mann erwartete, der regelmäßig mit Waffen umging, ob es nun bei Turnieren oder einem richtigen Kampf war, doch er verriet auch, dass er ein gutes Leben führte mit allen Annehmlichkeiten, die er sich erlauben konnte. Sein Überkleid, das über seinen Schwertgürtel geschlagen nach unten fiel, war aus schwerer Seide, auf die mit Goldfaden sein Wappen gestickt war. Kurz und gut, er sah aus wie jeder andere angesehene Edelmann. Und trotz der Schmach, die ihm angetan wurde, war seine Haltung stolz und selbstbewusst, als sei er es seinem Stand schuldig, das alles ohne Verlust der Würde zu erleiden. Nur der Blick seiner dunklen Augen war stumpf und in sich gekehrt.

In Okzitanien galt Raymond von Toulouse als guter Katholik und mit dem gemeinen Meuchelmord an dem päpstlichen Legaten Pierre de Castelnau hatte er wahrscheinlich nichts zu tun gehabt, doch da sich die Bluttat auf seinem Herrschaftsgebiet ereignet hatte, war er verantwortlich. Außerdem hatte der Mörder offensichtlich auf eine Drohung hin gehandelt, die Raymond in einem Wutausbruch geäußert hatte. Somit hatte er die Tat gleichsam im Auftrag des Grafen begangen, auch wenn sich dieser hinterher ausdrücklich davon distanziert und versucht hatte, den Täter zu ergreifen und gebührend zu bestrafen. Das alles änderte nichts daran, dass der Mord an Pierre de Castelnau der Tropfen war, der in dem schwelenden Konflikt zwischen der Kirche und Toulouse das Fass zum Überlaufen brachte. Der bereits früher über ihn verhängte Kirchenbann war noch einmal verschärft worden, sein Land und seine Besitztümer waren für vogelfrei erklärt worden und der Aufruf zu einem Kreuzzug gegen die südfranzösischen Ketzer, den Papst Innozenz seit seiner Thronbesteigung vor zehn Jahren immer wieder durch die Christenheit hatte schallen lassen, hatte endlich Gehör gefunden.

Jetzt, wo die unmittelbare Gefahr bestand, dass sein Land einem jeden zum Opfer fallen konnte, der es zu erobern vermochte, mit dem Einverständnis seines Lehnsherren, dem König von Frankreich, sowie des Papstes persönlich, unternahm der Graf einen letzten Versuch, den Zorn seiner obersten Herren mit einer Geste des Entgegenkommens zu beschwichtigen. Das Kreuzzugsheer mit seinen Tausenden bewaffneter Ritter, Landsknechte und Söldner hatte sich seinen Grenzen schon gefährlich genähert. Er musste Zeit gewinnen, um sein Land und seine Untertanen, von denen viele als Ketzer galten, vor einer vernichtenden Invasion zu bewahren, auch wenn er dafür scheinbar Partei gegen sie ergreifen und selbst das Kreuz nehmen musste.

Der Wall aus Gewändern hatte sich wieder um den Grafen geschlossen und Robert de Poissy winkte den anderen, ihm zu folgen,...
mehr

Autor