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Eine kurze Geschichte von sieben Morden

von
James, MarlonArgo, GuntrudÜbersetzungBrack, RobertÜbersetzungKellner, MichaelÜbersetzungKleiner, StephanÜbersetzungLutze, KristianÜbersetzung
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
864 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.03.2017
Ausgezeichnet mit dem Man Booker Prize
Jamaika, 1976: Sieben bewaffnete Männer dringen in das Haus des Reggae-Musikers Bob Marley ein und eröffnen das Feuer. Marleys Manager wirft sich schützend über ihn und erleidet dabei lebensgefährliche Verletzungen. Marleys Frau Rita wird ebenfalls schwer verwundet, er selbst bleibt mit leichteren Verletzungen an Armen und Brust zurück. Wer waren die Täter? Was waren ihre Motive? Ausgehend von dem Attentat und den Spekulationen, die sich darum ranken, entwirft Marlon James ein vielseitiges Stimmungsbild Jamaikas in den 70er und 80er Jahren voll Gewalt, politischer Willkür, Drogen und Intrigen, ausgestaltet bis ins kleinste Detail.


Marlon James wurde 1970 als Sohn zweier Polizeibeamter in Kingston geboren. Mehr als zehn Jahre arbeitete er als Werbetexter und Grafikdesigner, u.a. für den Dancehall-Musiker Sean Paul und das »T-Magazin« der »New York Times«. Bei einem Literaturworkshop in Jamaika wurde eine Dozentin der Wilkes University Pennsylvania auf James aufmerksam und verschaffte ihm ein Masterstudium in Kreativem Schreiben sowie eine Assistentenstelle. Sein erster Roman »Der Kult« erntete über siebzig Ablehnungen, ehe er einen Verlag fand und in der Folge als bestes Debüt für den »Los Angeles Times Book Prize« und den »Commonwealth Writers' Prize« nominiert wurde. Für sein 2009 erschienenes Nachfolgewerk »The Book of Night Women« über eine Revolte jamaikanischer Sklavinnen während der Kolonialzeit erhielt James den »Dayton Literary Peace Prize« und den »Minnesota Book Award«. Sein dritter Roman »Eine kurze Geschichte von sieben Morden«, wurde ebenfalls vielfach ausgezeichnet. Als erster Jamaikaner erhielt James den »Man Booker Prize«. Er lebt heute in Minneapolis, Minnesota.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextAusgezeichnet mit dem Man Booker Prize
Jamaika, 1976: Sieben bewaffnete Männer dringen in das Haus des Reggae-Musikers Bob Marley ein und eröffnen das Feuer. Marleys Manager wirft sich schützend über ihn und erleidet dabei lebensgefährliche Verletzungen. Marleys Frau Rita wird ebenfalls schwer verwundet, er selbst bleibt mit leichteren Verletzungen an Armen und Brust zurück. Wer waren die Täter? Was waren ihre Motive? Ausgehend von dem Attentat und den Spekulationen, die sich darum ranken, entwirft Marlon James ein vielseitiges Stimmungsbild Jamaikas in den 70er und 80er Jahren voll Gewalt, politischer Willkür, Drogen und Intrigen, ausgestaltet bis ins kleinste Detail.


Marlon James wurde 1970 als Sohn zweier Polizeibeamter in Kingston geboren. Mehr als zehn Jahre arbeitete er als Werbetexter und Grafikdesigner, u.a. für den Dancehall-Musiker Sean Paul und das »T-Magazin« der »New York Times«. Bei einem Literaturworkshop in Jamaika wurde eine Dozentin der Wilkes University Pennsylvania auf James aufmerksam und verschaffte ihm ein Masterstudium in Kreativem Schreiben sowie eine Assistentenstelle. Sein erster Roman »Der Kult« erntete über siebzig Ablehnungen, ehe er einen Verlag fand und in der Folge als bestes Debüt für den »Los Angeles Times Book Prize« und den »Commonwealth Writers' Prize« nominiert wurde. Für sein 2009 erschienenes Nachfolgewerk »The Book of Night Women« über eine Revolte jamaikanischer Sklavinnen während der Kolonialzeit erhielt James den »Dayton Literary Peace Prize« und den »Minnesota Book Award«. Sein dritter Roman »Eine kurze Geschichte von sieben Morden«, wurde ebenfalls vielfach ausgezeichnet. Als erster Jamaikaner erhielt James den »Man Booker Prize«. Er lebt heute in Minneapolis, Minnesota.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641196455
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum13.03.2017
Seiten864 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2682 Kbytes
Artikel-Nr.2150792
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Bam-Bam

Ich weiß, ich war vierzehn. Weiß ich noch. Ich weiß auch, dass zu viele Leute zu viel reden, vor allem der Amerikaner, der nie die Schnauze halten kann und immer lacht, wenn er von dir spricht, und es klingt komisch, wie er deinen Namen zusammen mit dem von Leuten sagt, von denen wir nie gehört haben, Allende Lumumba, hört sich an wie das Land, aus dem Kunta Kinte kommt. Der Amerikaner versteckt sich die meiste Zeit hinter seiner Sonnenbrille wie so ein Prediger aus Amerika, der herkommt, um zu den Schwarzen zu reden. Er und der Kubaner kommen manchmal zusammen, manchmal auch allein, und wenn einer redet, sagt der andere nichts. Der Kubaner spielt nicht mit Waffen rum, denn wenn man eine Waffe zieht, muss man sie auch benutzen, sagt er.

Und ich weiß, ich hab auf so einer Pritsche geschlafen, und ich weiß, meine Mutter war eine Hure, und mein Vater war der letzte gute Mann im Getto. Und ich weiß, dass wir dein großes Haus an der Hope Road schon seit Tagen beobachten, und einmal kommst du raus und redest mit uns, als wärst du Jesus und wir wären Judas, und du nickst, als wolltest du sagen, macht halt weiter, und tut, was ihr tun müsst. Aber ich weiß nicht mehr, ob ich das war, der dich gesehen hat, oder ob einer mir gesagt hat, dass er dich gesehen hat, und jetzt denke ich, ich hab dich auch gesehen, wie du auf die hintere Veranda gekommen bist und ein Stück Brotfrucht gegessen hast, und sie ist wie aus dem Nichts gekommen, als hätte sie um Mitternacht was Ernstes mit dir zu besprechen da draußen, und sie war schockiert, echt schockiert, weil du nichts angehabt hast, und dann hat sie nach deiner Frucht gegriffen, hat was abbeißen wollen, obwohl Rastas das nicht mögen, wenn Frauen so frech sind, und dann ging´s los, und man hat die Frau nicht mehr vom Mann unterscheiden können, und ich hab´s mir auch besorgt, weil´s mich schon bloß vom Gucken und Hören angemacht hat, und dann hast du einen Song drüber geschrieben. Der Junge aus Concrete Jungle kam vier Tage lang auf seinem schwuchtelgrünen Roller morgens um acht und nachmittags um vier vorbei wegen dieses braunen Briefumschlags, bis die neuen Sicherheitstypen ihn wieder weggeschickt haben. Über diese Geschäfte wussten wir auch Bescheid.

In den Eight Lanes und in Copenhagen City kann man bloß zugucken. Der mit der sanften Stimme im Radio sagt, Verbrechen und Gewalt übernehmen das Land, und wenn sich überhaupt jemals was ändert, dann irgendwann, und wir müssen eben abwarten und sehen, was passiert, aber hier in den Eight Lanes sehen und warten wir doch schon die ganze Zeit. Und ich sehe, wie das Abwasser einfach so die Straße runterfließt, und warte. Und ich sehe, wie meine Mutter zwei Männer zu sich nimmt, jeden für zwanzig Dollar, und noch einen, der fünfundzwanzig bezahlt, weil er drin bleiben will anstatt ihn rauszuziehen, und ich warte. Und ich sehe, wie mein Vater die Schnauze voll hat von ihr und sie wie einen Hund verprügelt. Und ich sehe, wie das Zinkdach braun vor Rost wird, und der Regen schließlich Löcher reinschlägt wie bei einem ausländischen Käse, und ich sehe zu, wie sieben Leute in einem Zimmer sitzen und eine ist sogar schwanger, und trotzdem wird gefickt, weil sie so arm sind, dass sie sich kein Schamgefühl leisten können, und ich warte.

Und das kleine Zimmer wird enger und enger, und immer mehr Schwesternbrüdercousins kommen vom Land in die Stadt, die immer größer und größer wird, und es ist kein Platz mehr da zum Tanzen, kein Hühnchen mehr für Curry, und wenn doch, dann ist es zu teuer, und ein kleines Mädchen wird erstochen, bloß weil jemand weiß, dass sie ihr Geld fürs Mittagessen immer dienstags kriegt, und Jungs wie ich werden immer älter und gehen kaum noch zur Schule und können nicht lesen, wollen Coca-Cola, aber Geld liegt keins auf der Straße, also wollen sie ins Studio, einen Song aufnehmen, einen Hit landen und mit dem Riddim aus dem Getto reiten, aber Copenhagen City und die Eight Lanes sind einfach zu groß, und jedes Mal, wenn du die Grenze erreichst, schiebt sie sich ein Stück weiter, läuft vor dir davon wie dein eigener Schatten, und die ganze Welt wird zum Getto, und du wartest.

Ich sehe, wie du hungrig wartest und weißt, es wäre reines Glück, und du lungerst im Studio herum, und Desmond Dekker sagt dem Mann am Pult, er soll dir mal ´ne Chance geben, und der gibt dir diese Chance, weil er den Hunger in deiner Stimme hört, noch bevor du überhaupt was gesungen hast. Du nimmst einen Song auf, aber es wird kein Hit, ist viel zu nett fürs Getto, sogar damals schon, weil solche netten Liedchen den Leuten das Leben nicht mehr leichter machen. Wir sehen, wie du dich schwer ins Zeug legst und versuchst, dich zwölf Inches größer zu quatschen, und wir wollen, dass du´s vermasselst. Und keiner will dich als Rudeboy haben, weil du aussiehst wie einer, dem man nicht trauen kann.

Und als du nach Delaware verschwindest und wieder zurückkommst, versuchst du´s mit Ska, aber Ska ist schon längst aus dem Getto abgehauen und ins Villenviertel gezogen. Ska nimmt ein Flugzeug ins Ausland und zeigt den weißen Leuten, dass es bloß so was Ähnliches ist wie Twist. Da sind die Syrer und die Libanesen vielleicht stolz drauf, aber als wir euch in der Zeitung gesehen haben, wie ihr mit der Stewardess in die Kamera grinst, waren wir nicht stolz, sondern fanden es bescheuert. Du nimmst noch einen Song auf, und der wird ein Hit. Aber mit einem Hit allein kommst du nicht aus dem Getto, schon gar nicht, wenn du ihn für ´nen Vampir aufnimmst. Ein einziger Hit macht dich noch nicht zu einer Skeeter Davis oder zu dem Typen mit den Gunfighter Ballads.

Als ich aus meiner Mutter geflutscht bin, hat sie aufgegeben. Der Priester behauptet, es gäbe eine Leere in uns, die nur Gott füllen kann, aber hier im Getto können die Leute die Leere nur mit Leere füllen. Neunzehn-zweiundsiebzig ist überhaupt nicht wie 1962, und die Leute flüstern, weil sie nicht laut sagen dürfen, dass Artie Jennings den großen Traum mit ins Jenseits genommen hat, als er plötzlich gestorben ist. Keine Ahnung, was für ein Traum das war. Die Leute sind dumm. Der Traum ist ja nicht weg, die Leute kapieren einfach nur nicht, dass es jetzt ein Albtraum ist, obwohl sie mittendrin stecken. Die Leute ziehen ins Getto, weil Delroy Wilson »Better Must Come« singt und der Mann, der Premierminister wurde, auch. Alles muss besser werden. Ein Mann, der aussieht wie ein Weißer, aber quasselt wie ein Naigger, wenn´s sein muss, singt »Better Must Come«. Eine Frau, die sich anzieht wie die Queen und sich nie fürs Getto interessiert hat, bis Kingston explodiert, singt »Alles muss besser werden«.

Aber erst mal wird´s schlechter.

Wir sehen und warten. Zwei Männer bringen Pistolen und Gewehre ins Getto. Einer zeigt mir, wie man damit umgeht. Aber die Leute im Getto haben sich schon lange davor gegenseitig umgebracht, mit allen möglichen Sachen: Schlagstock, Machete, Messer, Eispickel, Wasserflasche. Sie töten für Essen. Sie töten für Geld. Manchmal wird einer getötet, bloß weil er einen anderen blöd anguckt. Fürs Töten braucht man nicht unbedingt einen Grund. Wir sind hier im Getto. Reiche Leute haben Gründe. Wir haben den Wahnsinn.

Der Wahnsinn geht eine ganz normale Straße in Downtown entlang und sieht eine Frau in nagelneuen Klamotten und will sofort zu ihr hingehen und ihr die Handtasche klauen, und er weiß, es geht nicht um die Handtasche oder das Geld, sondern um den Schrei, den sie loslässt, wenn du auf sie losgehst und in ihr hübsches Gesicht starrst, und du könntest ihr die gute Laune aus der Visage prügeln, ihr die geschminkten Augen blau schlagen, sie totprügeln und durchficken, egal ob bevor oder nachdem du sie umgebracht hast, weil das genau das ist, was Rudeboys wie wir mit anständigen Frauen wie ihr machen. Der Wahnsinn bringt dich dazu, einem Mann in einem Anzug durch die King Street zu folgen, dort, wo arme Leute nie langgehen, und ihm dabei zuzusehen, wie er sein Sandwich wegschmeißt, mit Hühnchen drauf, das kannst du riechen, und du fragst dich, wie Leute so reich sein können, dass sie Hühnchen einfach zwischen zwei Brotscheiben legen, und dann kommst du am Abfalleimer vorbei und siehst das Ding, immer noch in Folie eingewickelt, immer noch frisch und nicht vom anderen Müll verdreckt, und keine Fliege sitzt drauf, und du denkst, ja tatsächlich, vielleicht sollte ich das mal probieren, vielleicht muss ich einfach mal testen, wie Hühnchen ohne Knochen schmeckt. Aber du sagst dir, nee, du bist doch nicht irre, und wenn doch, dann nicht wahnsinnig irre, sondern wütend irre, weil du ja weißt, dass der Typ es nur weggeschmissen hat, damit du es siehst. Und du nimmst dir vor, dass du ein Messer mitnimmst, und das nächste Mal, wenn du ihn triffst, packst du ihn und ritzt ihm das Wort Sufferah in die Brust.

Aber er weiß ja, dass Typen wie ich uptown nicht lange rumlaufen können, ohne dass Babylon uns schnappt. So ein Bulle muss bloß sehen, dass ich keine Schuhe hab, und schon sagt er, He du Drecksack, du schmieriger Naigger, was hast du hier unter den anständigen Leuten zu suchen, und lässt mir zwei Möglichkeiten. Wenn ich losrenne, jagt er mich in eine Seitenstraße, wo keiner sieht, wenn er mich abknallt. Er hat ja jede Menge Kugeln im Magazin, da wird schon eine treffen. Oder ich bleibe stehen und lass mich vor den Augen der anständigen Leute von ihm mit seinem Knüppel verprügeln, lass mir die Zähne ausschlagen oder so auf den Kopf hauen, dass ich nie mehr richtig hören kann, während er rumbrüllt, das soll dir eine Lehre sein, und wehe, du wagst es noch mal, die Leute uptown mit deiner dreckigen, stinkenden Anwesenheit zu belästigen. Und ich sehe sie und warte.

Aber dann bist du...

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Autor

James, MarlonArgo, GuntrudÜbersetzungBrack, RobertÜbersetzungKellner, MichaelÜbersetzungKleiner, StephanÜbersetzungLutze, KristianÜbersetzung
Marlon James wurde 1970 als Sohn zweier Polizeibeamter in Kingston geboren. Mehr als zehn Jahre arbeitete er als Werbetexter und Grafikdesigner, u.a. für den Dancehall-Musiker Sean Paul und das »T-Magazin« der »New York Times«. Bei einem Literaturworkshop in Jamaika wurde eine Dozentin der Wilkes University Pennsylvania auf James aufmerksam und verschaffte ihm ein Masterstudium in Kreativem Schreiben sowie eine Assistentenstelle. Sein erster Roman »Der Kult« erntete über siebzig Ablehnungen, ehe er einen Verlag fand und in der Folge als bestes Debüt für den »Los Angeles Times Book Prize« und den »Commonwealth Writers' Prize« nominiert wurde. Für sein 2009 erschienenes Nachfolgewerk »The Book of Night Women« über eine Revolte jamaikanischer Sklavinnen während der Kolonialzeit erhielt James den »Dayton Literary Peace Prize« und den »Minnesota Book Award«. Sein dritter Roman »Eine kurze Geschichte von sieben Morden«, wurde ebenfalls vielfach ausgezeichnet. Als erster Jamaikaner erhielt James den »Man Booker Prize«. Er lebt heute in Minneapolis, Minnesota.