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Das Opfer Null

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.05.2017
Du weißt, wie es ist, in Finsternis zu leben. Du spürst, wo das Böse sich versteckt. Aber du kannst dich ihm nicht entziehen.
Seit dem Tod seiner Familie ist für den ehemaligen verdeckten Ermittler Lucas nichts mehr, wie es war. Er isst nicht, er schläft nicht, er empfindet nichts. So muss sich die ewige Dunkelheit anfühlen. Doch dann tötet ein Serienmörder vier Frauen, und die Polizei ist auf Lucas' Hilfe angewiesen. Denn niemand kann Tatorte so gut lesen wie er. Gemeinsam mit der jungen Psychiaterin Anna entwickelt er ein Täterprofil, scheint den Killer allmählich zu durchschauen. Aber dann wird die Mordserie unterbrochen. Etwas muss geschehen sein. Und Anna beginnt, Lucas zu hinterfragen. Denn auch sie hat in ihrem Leben schon in viele Abgründe geblickt ...

Federico Inverni ist das Pseudonym eines italienischen Autors, 'Das Opfer Null' ist sein erster Roman. Um sein Buch für sich selbst sprechen zu lassen, hat er sich entschieden, anonym zu bleiben.
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Produkt

KlappentextDu weißt, wie es ist, in Finsternis zu leben. Du spürst, wo das Böse sich versteckt. Aber du kannst dich ihm nicht entziehen.
Seit dem Tod seiner Familie ist für den ehemaligen verdeckten Ermittler Lucas nichts mehr, wie es war. Er isst nicht, er schläft nicht, er empfindet nichts. So muss sich die ewige Dunkelheit anfühlen. Doch dann tötet ein Serienmörder vier Frauen, und die Polizei ist auf Lucas' Hilfe angewiesen. Denn niemand kann Tatorte so gut lesen wie er. Gemeinsam mit der jungen Psychiaterin Anna entwickelt er ein Täterprofil, scheint den Killer allmählich zu durchschauen. Aber dann wird die Mordserie unterbrochen. Etwas muss geschehen sein. Und Anna beginnt, Lucas zu hinterfragen. Denn auch sie hat in ihrem Leben schon in viele Abgründe geblickt ...

Federico Inverni ist das Pseudonym eines italienischen Autors, 'Das Opfer Null' ist sein erster Roman. Um sein Buch für sich selbst sprechen zu lassen, hat er sich entschieden, anonym zu bleiben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641203153
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum09.05.2017
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3862 Kbytes
Artikel-Nr.2150800
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


SAMSTAG

30

Die Scheinwerfer von Annas Wagen stachen wie Lanzen in die dunklen, ölig schillernden Pfützen, die sich nach dem Regen auf dem Asphalt gebildet hatten. Durch einen Spalt des offenen Seitenfensters auf der Fahrerseite drang der Geruch der Stadt herein, ein Gemisch aus Feuchtigkeit und Abgasen.

Sie fuhren auf der langen, zentralen Achse, die Haven von Süden nach Norden durchschnitt, die Hauptschlagader, von der sich verworrene Kapillaren verzweigten, die einander ohne erkennbare Logik kreuzten. Um sie herum erhoben sich majestätische Wohnhäuser und Wolkenkratzer vor der sterbenden Nacht: Chrom, Glas, Zement, Stahl. Einige Fenster waren ungeachtet der Uhrzeit - es war kurz vor fünf Uhr morgens - bereits erleuchtet.

Sie überquerten die Kreuzung, von der der Boulevard abging, auf dem Lucas erst vor wenigen Stunden seinen Freund Martin an die Schwelle des Todes begleitet hatte. Und den jüngsten Nachrichten zufolge stand er immer noch dort, balancierte auf der Grenze zwischen Leben und Tod.

Anna warf einen verstohlenen Blick zur Seite, aber wie beim vorigen Mal schien Lucas vollkommen in das versunken, was er durch das Fenster sah.

»Wollen Sie mir erzählen, wie es passiert ist?«, fragte sie ihn.

»Vielleicht ein andermal.«

»Als wir noch da drin waren mit Robin, haben Sie etwas gesagt. Sie haben gesagt, Sie hätten Angst, dass wir mehr Fragen als Antworten finden würden.«

»Denken Sie das nicht?«

»Doch, schon.« Anna schaltete herunter und beschleunigte, um eine weitere Kreuzung zu überqueren, bevor die Ampel auf Rot sprang. »Aber es gibt noch eine Frage, die mir wichtiger erscheint als jede andere.«

Lucas schwieg, als wollte er die unausgesprochene Herausforderung, die in ihren Worten lag, nicht annehmen.

Der Wagen fuhr weiter, überquerte eine weitere Kreuzung und noch eine, bis er plötzlich scharf bremste, rechts an den Bordstein heranfuhr und vor den dunklen Schaufenstern eines Geschäftes, aus denen sie eine Gruppe Schaufensterpuppen beobachtete, zum Stehen kam.

Lucas nahm neben sich eine Bewegung wahr. Im Glas des Beifahrerfensters spiegelte sich Annas Gesicht: Sie sah ihn an, aber es fiel ihm schwer, ihre Miene zu entschlüsseln. Dann hörte er einen Seufzer, und der Wagen fuhr wieder an.

Aber in die falsche Richtung.

»Wo wollen Sie hin?«

Anna antwortete nicht.

»Gacey erwartet uns im Dezernat, haben Sie das vergessen?«

Anna antwortete immer noch nicht.

Sie fuhr durch einen Kreisverkehr, ohne sich um die Vorfahrtsregeln zu scheren, aber zum Glück war kaum Verkehr. Zügig legte sie weitere dreihundert Meter Straße zurück, bog dann abrupt nach links ein und bremste direkt vor der Straßensperre der Polizei ab, die noch immer die Zufahrt zu einer Fahrspur des Boulevards blockierte.

Die andere Spur war frei: Das Wrack des Omnibusses war abtransportiert worden, ebenso wie der schwarze SUV. Die Straßenlaternen tauchten den Boulevard, die Bürgersteige, die Rinnsteine und den vom Regen glänzenden Asphalt in ein gelbliches Licht, das von den Scherben zurückgeworfen wurde, die noch vor dem von der Explosion zertrümmerten Schaufenster lagen.

Einen Augenblick lang sah Lucas wieder die Frau in dem Geländewagen vor sich, ihr blutüberströmtes Gesicht, die Hand, die sich nach ihm ausstreckte.

Sie war gestorben. Wie so viele Menschen in dieser Nacht.

»Warum haben Sie mich hierhergebracht?«, fragte er Anna und drehte sich endlich zu ihr um, um sie anzusehen: Sie hatte den Knoten gelöst, und ihr Haar fiel lose auf die Schultern.

»Weil ich Antworten brauche.«

»Ich weiß nicht, ob ich sie Ihnen geben kann, Wayne. Ich weiß nicht alles.«

»Dann helfen Sie mir wenigstens, sie zu finden, Herrgott noch mal!«

Sichtlich frustriert versetzte Anna dem Lenkrad ein paar saftige Hiebe.

Lucas ahnte den Grund: Eine kurze Weile hatte die Profilerin die Hoffnung gehegt, war sich vielleicht sogar sicher gewesen, den Fall, der sie seit Wochen quälte, aufgeklärt zu haben. Der Killer war identifiziert. Er war tot, er würde niemandem mehr etwas zuleide tun. Es würden keine weiteren Mädchen entführt, gefangen genommen, unter Drogen gesetzt und ermordet werden. Es würde keine weiteren Leichenfunde mitten in der Nacht in irgendwelchen heruntergekommenen, verlassenen oder einfach nur gesichtslosen Gegenden geben.

Doch dann hatte sich die Illusion zerschlagen, und es war ausgerechnet Lucas gewesen, der dafür verantwortlich war.

Der Killer war tot, ja, aber er hatte noch nicht aufgehört, Opfer zu produzieren: Eines von ihnen war noch am Leben, war noch gefangen, wartete noch ... Und alles hing von ihnen ab.

»Nicht hier. Hier werden wir nichts finden«, bemerkte Lucas, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.

»Könnten Sie mir wenigstens mal zuhören?«

»Legen Sie los.«

»Ich kann nicht aufhören, immer wieder über eine Frage nachzudenken. Dieser Mann ... Der Killer. Sie haben doch gesehen, wie er ermordet wurde, oder?«

»Ja. Ein Schuss in die Brust.«

»Mit extremer Präzision, haben Sie gesagt. Mit der Treffsicherheit eines erstklassigen Scharfschützen.«

»Der Heckenschütze hat heute so viele Menschen getötet. Da war eine Frau in einem Auto, das von dem Bus gerammt wurde ...« Lucas verstummte und versuchte, die Bilder, die sich vor seinem geistigen Augen bildeten, wieder zu verdrängen. Als ihm das gelang, wurden sie jedoch abgelöst von denen aus der dunklen Wohnung, dem Präzisionsgewehr und dem Gespenst. »Er war geisteskrank. Aber das ist ein anderer Fall, Anna. Den klären wir auf, sobald wir herausbekommen, wer er war.«

»Sie verstehen nicht, worauf ich hinauswill. Ich kenne diesen Typus: Solche Amokläufer brüten lange Zeit an ihrem Hass, einer Art tiefen Widerwillens, der für sie absolut unwiderlegbare Gründe hat, die wir aber häufig nicht nachvollziehen können. Der Zorn gärt in diesen Menschen, setzt sich vielleicht für eine Weile ab, bis er eines Tages wieder an die Oberfläche kommt und sich in mörderischem Wahnsinn entlädt, aber die Art und Weise, wie und wann das geschehen wird, ist nicht vorherzusagen. Und wo ich schon mal dabei bin, Ihnen quasi das Lehrbuch herunterzubeten, lassen Sie mich noch etwas hinzufügen: Die Gewalt dieses Tätertyps ist chaotisch und bricht anfallartig hervor. Sie ist nicht zielgerichtet.«

Lucas rieb sich den Nacken direkt über dem Hemdkragen.

Es musste die Müdigkeit sein. Oder vielleicht der Schock darüber, was mit Martin passiert war, auch wenn ihm das wenig wahrscheinlich erschien. Wie dem auch sein mochte, er fürchtete, dass er allmählich nicht mehr alles mitbekam. Selbst so einleuchtende Dinge wie die Schlussfolgerung, zu der Anna ihn führen wollte. Er hätte sie vorwegnehmen, vorhersehen müssen. Er hätte darauf kommen müssen, hätte nicht zulassen dürfen, dass sie als Erste darauf kam.

Einen Augenblick lang gestattete er sich, daran zu denken, dass er mit Kathryn hätte sprechen müssen: Nur sie konnte ihm helfen, wenn ihn etwas so sehr beschäftigte wie dieser Fall. Normalerweise besprachen sie so etwas bei einem gemeinsamen Frühstück, das für ihn zu einem Ritual geworden war, welches ihm Sicherheit gab. Er sah auf die Uhr: Heute Morgen sollte sie kommen, wie jeden Samstag, aber er vermutete, dass er es nicht schaffen würde. Vielleicht konnte er später noch bei ihr vorbeifahren, um sie abzuholen, mit ihr irgendwohin zu fahren, in Ruhe zu reden, allein ... Aber nicht jetzt. Jetzt hatten sie noch viel zu tun, und sie mussten es schnell tun.

»Warum er? Ist es das, was Sie wirklich wissen wollen?«, fragte er schließlich. »Daran hätte ich längst denken müssen.«

Annas Gesicht schien etwas weicher zu werden, während die Verärgerung von eben sich allmählich auflöste.

»Ja. Lucas, die Fälle stehen irgendwie miteinander in Verbindung. Ich glaube nicht, dass das ein Zufall sein kann. Ihr Killer hat meinen ermordet. Sie kennen die Rekonstruktion der Dynamik. Er hat gewartet, er hat sich in Position gebracht, er hat alles gründlich vorbereitet. Er hat geplant. Als der Bus kam, hat er gewartet, bis unser Unbekannter ausgestiegen ist, und hat ihn erschossen. Der einzige Mensch, der direkt von einem Geschoss getötet wurde, war er, die anderen waren ... wie nennt man das beim Militär?«

»Kollateralschäden.«

»Genau. Kollateralschäden. Da gibt es eine Verbindung, Lucas.«

Lucas rieb sich die Augen.

»Ja. Ja, das denke ich auch. Aber wir haben nichts, womit wir arbeiten können. Zumindest nicht in diese Richtung und nicht in diesem Moment.«

»Sie müssen noch einmal alles überdenken, was geschehen ist, Lucas. Sie waren dabei. Sie müssen noch einmal überdenken, was Sie gesehen haben und was Sie gespürt haben, jedes Detail.«

»Gut, das werde ich tun«, antwortete Lucas.

»Danke.«

»Aber nicht jetzt. Uns läuft die Zeit davon.«

»Ich weiß. Wir müssen ins Dezernat fahren und Gacey überzeugen. Irgendwo da draußen gibt es noch eine Gefangene ...«

»Und wenn wir sie nicht bald finden, wird sie verhungern und verdursten.«

»Zumindest, wenn sie keine Vorräte hat. Aber der Einzige, der den Ort kannte, an dem sie eingeschlossen ist, ist tot, und wir wissen nichts über ihn«, schloss Anna.

»Das stimmt nicht ganz. Eines wissen wir.«

»Und was?«

»Wir haben die Leiche. Wir wissen, wie er aussieht.«

31

»Erklären...

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