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Miss Kiss und die Sache mit dem Küssenmüssen

von
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am06.03.2017
Milly Kissinger - A star is born!
Um Milly, elf Jahre, elf Monate und elf Tage, ist das Kussfieber ausgebrochen: Ihre beste Freundin küsst Leon, ihre ärgste Feindin küsst, was ihr in den Weg kommt, ihre Mutter küsst den Falschen und ihr Hund küsst sowieso jeden. Milly hat echt genug. Bald ist sie zwölf und immer noch ungeküsst - das geht doch nicht! Ein Kuss muss her. Fragt sich nur, wie, wo, wann und vor allem von wem. Bücher, Zeitschriften, Fernsehen und ein unsagbar peinliches Gespräch mit ihrem Vater bringen sie nicht weiter. Also fasst Milly einen Plan. Unter dem Decknamen Miss Kiss gibt sie eine Anzeige im Szenemagazin der Stadt auf. Aber was dann passiert, stürzt Milly in die größte Katastrophe ihres Lebens.

Eva Hierteis, geboren 1972, studierte in Erlangen Germanistik, Anglistik und Pädagogik. Nach dem Studium volontierte sie in einem Jugendbuchverlag und arbeitete viele Jahre als Lektorin. 2005 machte sie sich als Autorin und Übersetzerin selbstständig. Sie lebt mit ihrer Familie in Nürnberg.
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Produkt

KlappentextMilly Kissinger - A star is born!
Um Milly, elf Jahre, elf Monate und elf Tage, ist das Kussfieber ausgebrochen: Ihre beste Freundin küsst Leon, ihre ärgste Feindin küsst, was ihr in den Weg kommt, ihre Mutter küsst den Falschen und ihr Hund küsst sowieso jeden. Milly hat echt genug. Bald ist sie zwölf und immer noch ungeküsst - das geht doch nicht! Ein Kuss muss her. Fragt sich nur, wie, wo, wann und vor allem von wem. Bücher, Zeitschriften, Fernsehen und ein unsagbar peinliches Gespräch mit ihrem Vater bringen sie nicht weiter. Also fasst Milly einen Plan. Unter dem Decknamen Miss Kiss gibt sie eine Anzeige im Szenemagazin der Stadt auf. Aber was dann passiert, stürzt Milly in die größte Katastrophe ihres Lebens.

Eva Hierteis, geboren 1972, studierte in Erlangen Germanistik, Anglistik und Pädagogik. Nach dem Studium volontierte sie in einem Jugendbuchverlag und arbeitete viele Jahre als Lektorin. 2005 machte sie sich als Autorin und Übersetzerin selbstständig. Sie lebt mit ihrer Familie in Nürnberg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641199241
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum06.03.2017
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1111 Kbytes
Artikel-Nr.2151165
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


... in dem ich einen Brief küsse und in einem Briefkasten feststecke

Ich steckte fest. Mit der Hand in einem Briefkasten. So was konnte echt nur mir, Milly Anne Kissinger, passieren. Nicht umsonst nennt mein großer Bruder Ole mich gern Milly Panne Kissinger.

Jetzt fragt ihr euch bestimmt, wie die Hand da hingekommen ist. Angefangen hat alles mit dem Brief. Es war die letzte Sommerferienwoche, als er kam. Eigentlich liiiiiebe ich Ferien. Vor allem die Sommerferien, denn das ist die große Freiheit. Aber wenn in den Ferien ein Brief von der Schule kommt, an meine Eltern adressiert, dann ist eher große Mulmigkeit angesagt.

Mein erster Gedanke war: Jetzt ist es doch rausgekommen. Irgendwie haben die nachträglich spitzgekriegt, dass ich den letzten Mathetest fast komplett von Luzi abgeschrieben habe. Und dann haben sie mir statt der rettenden Zwei eine Sechs verpasst und ich bin sitzen geblieben.

Oh nein, dann müsste ich die fünfte Klasse wiederholen. Ohne Luzi. Dabei mache ich nie was ohne Luzi. Wir sind alleroberbeste Freundinnen. Schon immer. Seit Tanja mir im Kindergarten drei Tage hintereinander eine Schaufel Sand über die Haare geschüttet hat, wenn die Erzieher gerade nicht hingesehen haben. Am dritten Tag hat Luzi sie gepackt (nicht die Schaufel; auch nicht die Erzieher, sondern Tanja) und sie mit dem Kopf in den Sand gesteckt. Ab da waren wir unzertrennlich, wie Zwillinge, und bald schon nannten uns die anderen Hansi und Nansi, weil sie das irgendwie noch lustiger fanden als Hanni und Nanni.

Ich legte den Brief auf den Küchentisch und starrte ihn an, als könnte ich durch extrem intensives Hingucken durch den Umschlag lesen, was darin stand. Es fühlte sich an, als würde eine eiskalte Hand mein Herz packen und feste zudrücken.

Mama war gerade einkaufen, und den Brief allein aufzumachen, traute ich mich nicht. Stattdessen rief ich Luzi an, aber sie ging nicht ran. Kein Wunder, sie war ja auch im Urlaub. Echt voll fies, dass ihre Eltern immer sechs Wochen mit ihr zum »Zelten ohne alles« gehen: ohne Strom, ohne fließendes Wasser und ohne Handy. Natur pur und Erholung total nennen sie das. Ich nenne das Grausamkeit pur und Folter total. Ich meine, sechs Wochen ohne Handy und ohne mich! So hocken sie dann auf irgendeinem Campingplatz in der polnischen Pampa. Da schwören sie drauf. Luzi pfeift natürlich drauf. Aber sie pfeifen wiederum drauf, dass ihre Tochter drauf pfeift, und ich bin ihnen anscheinend auch völlig egal.

Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen und starrte abwechselnd auf den Brief und auf die Küchenuhr an der Wand, deren Zeiger sich extrem lahmarschig bewegten. Dazu kaute ich ein wenig auf einer Haarsträhne und zog an meinen Fingern, bis sie knackten.

Habt ihr eine Ahnung, wie lang so ein paar Minuten sein können? Die können sich dehnen wie ein Riesenkaugummi, eine Feinstrumpfhose, eins von Mamas Sport-Therabändern und schlimmer als eine Mathestunde, in der ich mal wieder keinen Schimmer habe.

Dann hörte ich es. Oder ihn. Oder sie. Oder so. Das Türschloss nämlich und den Hausschlüssel und Mama. Schwer bepackt kam sie in die Küche und ihr dunkelbrauner Haarschopf lugte nur knapp hinter zwei braunen Papiertüten hervor. Sie ließ die Tüten auf den Küchentisch plumpsen, genau auf den Brief drauf.

Ich zog ihn unter den Tüten heraus. »Da ist Post für Paps und dich gekommen«, krächzte ich und hielt ihn ihr hin. »Von der Schule.«

»Von der Schule?« Sie nahm mir den Umschlag aus der Hand. »Na, so was. Sollen Rainer und ich wohl noch mal die Schulbank drücken?« Kichernd holte sie ein Messer aus der Schublade und begann, den Umschlag gemächlich aufzuritschratschen.

Ich kaute hektischer auf meiner Haarsträhne. Krxxx, war sie ab und ich hatte lauter Haarfitzel auf der Zunge. Das war voll das eklige Gefühl im Mund.

Mama faltete den Brief auseinander und las. Ihre Augen verengten sich und mein Hals verengte sich auch.

Dann schüttelte sie den Kopf. »Das gibt´s doch nicht«, murmelte sie, den Blick noch immer auf den Brief geheftet. »So was hab ich ja noch nie gehört.«

»Es tut mir so leid. Das war echt saublöd von mir«, sagte ich. »Aber Fabian hat auch abgeschrieben. Und Pauline und Paulina. Das machen ganz viele. Echt!« Die waren nur nicht so doof und ließen sich erwischen. Und dann auch noch nachträglich ...

»Du musst auf eine andere Schule.« Endlich sah sie mich an.

Ich sog erschrocken die Luft ein und verschluckte mich an meinen abgebissenen Haaren. Hust. Röchel. Würg.

Das war ja noch viel schlimmer, als ich befürchtet hatte. Ich musste auf eine andere Schule? Eine Art Strafanstalt für Abschreiber? Gab es so was? Warum hatte mich niemand gewarnt? So etwas muss einem doch gesagt werden! Die hatten mich einfach in mein Unglück rennen lassen.

»Ich ... ich will nicht ins Schülergefängnis«, stammelte ich. »Bitte, Mama, das darfst du nicht zulassen!« Ich warf mich mit den Knien auf den Küchenboden mitten zwischen die klebrigen Überreste von Brunos Frühstücksmüsli und umklammerte ihre Beine.

Mama sah mich an, als käme ich vom Mars. »Steh auf, Milly«, sagte sie, »mach nicht immer so ein Drama.« Kopfschüttelnd strubbelte sie mir durch die Haare. »Du kommst auf ein anderes Gymnasium in der Stadt. Eure alte Schule schließt aufgrund der stark gesunkenen Schülerzahlen, steht hier.«

»Was?«, schrie ich und vor Erleichterung plumpste ein ganzer Felsbrocken von meinem Herzen auf den Fußboden runter. Ich sprang auf, riss Mama den Brief aus der Hand und küsste ihn.

»Es heißt wie bitte«, sagte Mama.

»Das Gymnasium heißt Wie bitte? Was für ein selten bescheuerter Name!«, kicherte ich. »Hi, ich gehe aufs Wie bitte, und du?«

Mama seufzte. »Nein, die Schule heißt Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium. Ihr werdet alle auf verschiedene Schulen in der Stadt verteilt. Jede nimmt ein paar Kinder auf: das Wolfram-von-Eschenbach, das Goethe, das Neue Gymnasium und das Wilhelm-Hauff. Da werdet ihr in Zukunft einen ganz schön weiten Weg haben.«

»Auf verschiedene Schulen ...«, flüsterte ich. Und da erhob sich der Felsbrocken vom Küchenfußboden und senkte sich wieder auf mein Herz. Denn wer sagte mir, dass Luzi auch auf dieses Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium kam?

Am Nachmittag hatte ich eine Erleuchtung: Bestimmt hatte Luzi auch so einen Brief gekriegt, den sie wegen ihrer beknackten Natur-pur-Eltern nur nicht lesen konnte. Aber ich schon!

Ich nahm meinen Tretroller und flitzte los. Zum Glück wohnen wir nicht weit auseinander. Schon von Weitem leuchtete mir ihr großer knallroter Briefkasten entgegen, als wolle er sagen: Hier! Zu mir! Ich helfe dir!

Erst überlegte ich, ihn aufzubrechen. Doch das Ding sah sehr stabil aus. Also musste ich mit etwas mehr Feingefühl vorgehen.

Wie ein Schwerverbrecher sah ich mich um. Die Luft war rein. Schnell steckte ich meine Hand in den Briefkastenschlitz und tastete. Fand nichts. Tastete weiter. Als ich kurz eine Papierecke berührte, schob ich die Hand noch tiefer hinein. »Gleich hab ich dich«, murmelte ich. Noch ein bisschen, dann würde ich den Umschlag zu fassen bekommen - oder auch nicht, denn der Brief rutschte ganz nach unten. Ich versuchte, meinen Arm weiter in den Schlitz zu quetschen, doch vergeblich. Keinen Millimeter ging es mehr vorwärts. Und rückwärts auch nicht.

Da stand ich nun. Und steckte fest.

Ich rüttelte und schüttelte und zerrte und plärrte. Aber meine Hand saß fest. Und jetzt bog auch noch die neugierige Frau Rauschmann um die Ecke und näherte sich zwar gemächlich, aber unaufhaltsam. Hinter sich her zog sie an der Leine Bingo, den kleinen Kläffer.

Mein erster Gedanke war: wegrennen. Ging nur schlecht. Mein zweiter: mich komplett in den Briefkasten quetschen. Aber genauso wenig, wie meine Hand rausging, ging mein Arm weiter hinein.

Ich war geliefert! In diesem Moment verfluchte ich, dass wir in einem Dorf wohnen, wo jeder jeden kennt. Wenn die Rauschmann das mit der Hand im Briefkasten merkte, dann wusste es morgen das ganze Kuhkaff. Ich hörte schon den Klatsch: »Stellt euch vor, die kleine Kissinger klaut die Post direkt aus dem Briefkasten.« Dabei würde sie vermutlich selbst am liebsten die Post von den anderen Leuten lesen, so neugierig, wie sie war.

Hektisch riss ich mit der linken Hand an meiner Strickjacke, die ich mir umgebunden hatte, breitete sie im letzten Moment über den Briefkasten und tat, als würde ich ihn umarmen. Sollten sie lieber sagen: »Die kleine Kissinger hat einen an der Klatsche.«

»Sieh an, sieh an, die kleine Kissinger«, sagte Frau Rauschmann und blieb direkt neben mir stehen. »Du weißt aber schon, dass Luzi noch im Urlaub ist? Sechs Wochen sind sie mal wieder weg, die Schneiders.« Sie schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Diese Lehrer ... na ja, wem´s gefällt. Ich sage immer, daheim ist es am schönsten.«

»Finde ich auch«, log ich, obwohl ich mich gerade auf die andere Seite der Weltkugel wünschte. »Ich vermisse Luzi nur so, und da dachte ich, ich schaue trotzdem mal bei ihr vorbei.« Mit der linken Hand streichelte ich den feuerroten Briefkasten und grinste ein bisschen irre dazu.

Frau Rauschmann schlenkerte aufgeregt ihre Riesenhandtasche hin und her, und es kam mir so vor, als würden sich ihre ohnehin großen Nasenlöcher ein wenig aufblähen, während Bingo ganz ungeniert an meinem Bein schnüffelte. Keine Frage, sie hätte am liebsten an meinem Arm geschnuppert, denn sie...

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Autor

Eva Hierteis, geboren 1972, studierte in Erlangen Germanistik, Anglistik und Pädagogik. Nach dem Studium volontierte sie in einem Jugendbuchverlag und arbeitete viele Jahre als Lektorin. 2005 machte sie sich als Autorin und Übersetzerin selbstständig. Sie lebt mit ihrer Familie in Nürnberg.