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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.06.2017
Wenn eine Frau eine Fremde zusammenschlägt. Wenn eine Mutter ihr Kind verhungern lässt. Wenn ein Mann zum Brandstifter wird. Jedes Mal, wenn ein Verbrechen geschieht, muss man genau hinsehen, um zu verstehen, sagen Hanna und Nora Ziegert. Denn in jedem Täter steckt ein Mensch mit einer Vergangenheit. Ein Mensch, der einen Weg zum Täter gegangen ist. Begleitet von der Person, die er zuerst geliebt hat: seiner Mutter. In ihren packenden Kurzkrimis erzählen Hanna und Nora Ziegert von realen Verbrechen - und davon, wie es dazu kommen konnte. Sie erzählen von Opfern und von Schicksalen der Täter, die man nicht mehr vergisst.

Dr. Hanna Ziegert ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychoanalytikerin. Seit dreißig Jahren ist sie als forensische Gutachterin tätig. Dr. Nora Ziegert, ihre Tochter, wuchs mit dem Gespräch über Verbrechen und ihre Hintergründe auf. Inzwischen ist Nora Ziegert angehende Notarin. Die Schuldigen basiert auf realen Schicksalen von Tätern, die Dr. Hanna Ziegert begutachtet hat.
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Produkt

KlappentextWenn eine Frau eine Fremde zusammenschlägt. Wenn eine Mutter ihr Kind verhungern lässt. Wenn ein Mann zum Brandstifter wird. Jedes Mal, wenn ein Verbrechen geschieht, muss man genau hinsehen, um zu verstehen, sagen Hanna und Nora Ziegert. Denn in jedem Täter steckt ein Mensch mit einer Vergangenheit. Ein Mensch, der einen Weg zum Täter gegangen ist. Begleitet von der Person, die er zuerst geliebt hat: seiner Mutter. In ihren packenden Kurzkrimis erzählen Hanna und Nora Ziegert von realen Verbrechen - und davon, wie es dazu kommen konnte. Sie erzählen von Opfern und von Schicksalen der Täter, die man nicht mehr vergisst.

Dr. Hanna Ziegert ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychoanalytikerin. Seit dreißig Jahren ist sie als forensische Gutachterin tätig. Dr. Nora Ziegert, ihre Tochter, wuchs mit dem Gespräch über Verbrechen und ihre Hintergründe auf. Inzwischen ist Nora Ziegert angehende Notarin. Die Schuldigen basiert auf realen Schicksalen von Tätern, die Dr. Hanna Ziegert begutachtet hat.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641209650
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum13.06.2017
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2501 Kbytes
Artikel-Nr.2151192
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


In den frühen Morgenstunden des 26. August 2001 näherte sich eine Frau der Polizeiinspektion Deggendorf. Sie trug einen roten Rock und ebenso rote Pumps, mit denen sie bedächtig einen Schritt vor den anderen setzte. Mehrere Male blieb sie stehen und kaute an einem ihrer langen Nägel, dann setzte sie ihren Weg fort. Als sie den Eingang beinahe erreicht hatte, lehnte sie sich gegen die Wand des schmucklosen Gebäudes und sah an sich herab. Die Riemchen der neu erstandenen Schuhe leuchteten auf dem dunklen Braun ihrer Haut. Für einen Moment warf sie einen Blick zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Dann stieß sie sich von der Mauer ab, drückte den Rücken durch und betrat die Polizeiinspektion.

Hinter einem Tresen saß ein Beamter, der gähnend die sich stetig ändernden Figuren seines Bildschirmschoners betrachtete. Als er Absätze auf den Fliesen klackern hörte, hob er den Blick. Sofort richtete er sich auf und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.

»Ich bin die Garbes Victoria«, sagte die Frau lächelnd, »und ich möcht meinen Sohn anzeigen.« Sie lehnte sich über den Tisch und ließ eine Blase ihres Kaugummis platzen.

Der Beamte befeuchtete seine Lippen und räusperte sich, bevor er an seiner Maus rüttelte.

»Dann erzählen Sie doch mal, was passiert ist.« Er unterdrückte ein Gähnen. »Was hat Ihr Sohn denn angestellt? Hat er etwas geklaut, das Auto demoliert, seine Geschwister verprügelt?«

»Schön wär´s.« Sie richtete sich auf. »Er hat mich vergewaltigt!«

Die folgende Stunde verbrachte Victoria Garbes fröstelnd in einem spärlich eingerichteten Raum der Polizeiinspektion. Der Polizist hatte mit lauter Stimme einen Kollegen an seinen Platz gerufen, sich das Hemd in die Hose gesteckt und sie in ein Nebenzimmer gebeten. Dort saß sie nun auf einem Holzstuhl und erzählte von ihrem zwanzigjährigen Sohn James Surty. James habe eine noch dunklere Hautfarbe als sie selbst, berichtete sie. Er sei groß und schlank, ein schöner Mann. Der Beamte nickte überzeugt. Er kratzte sich am Kopf und räusperte sich, dann bat er sie, die Ereignisse der vergangenen Nacht darzustellen. Victoria Garbes kaute auf ihrer Unterlippe, während sie Satz für Satz erzählte:

Ihr Sohn hatte sie um halb acht Uhr abends zu Hause in Bischofsmais abgeholt und gemeinsam mit ihrer Freundin Regina Adams nach Deggendorf in eine Bar gefahren. Er hatte den ganzen Abend mit ihnen verbracht. In der Bar hatten sie sich unterhalten und angefangen zu trinken, bevor sie gegen 22 Uhr zur Party eines Football-Clubs gefahren waren. Ihr Sohn war mit einem Bier an der Bar geblieben, während sie mit ihrer Freundin auf die Tanzfläche gegangen war und dort zwei Amerikaner kennengelernt hatte. Kurz nach Mitternacht hatte ihr Sohn sie gemeinsam mit den Amerikanern in Reginas Wohnung gefahren, wo sie tranken und sich näherkamen. Gegen zwei Uhr morgens hatte sie ihren Sohn gebeten, sie nach Hause zu fahren.

»Bis da war es für uns eigentlich ein ganz normaler Samstagabend«, sagte Victoria Garbes. »Der Jimmy hat mich meistens gefahren, wenn ich ausgegangen bin, und ich war schon oft auf Partys von dem Football-Club, weil da viele Amis sind und ich Englisch sprechen kann. Das erinnert mich an daheim. Also an Südafrika.« Sie lächelte.

Irgendwo auf halber Strecke zwischen Reginas Wohnung und ihrer eigenen hatte der Abend dann eine unerwartete Wendung genommen. Mitten im Wald hatte ihr Sohn den Wagen angehalten, den Motor abgestellt und gesagt: »Jetz werd´s romantisch.« Sie hatte widersprochen, war ausgestiegen und in den Wald gelaufen. Ihr Sohn hatte sie verfolgt und nach wenigen Metern eingeholt. Er hatte sie von hinten mit beiden Armen umfasst, hochgehoben und zurück zum Auto getragen. Am Auto hatte er sie auf den Boden gestellt und mit dem Busen auf die Kühlerhaube gedrückt. Sie hatte ihn aufgefordert, sie loszulassen, doch ihr Sohn hatte nur gesagt: »I will heut mit dir vögeln. Was die Amis können, des kann i scho lang.«

»Hat er so was vorher schon mal gesagt?«, fragte der Polizist.

»Dass er mit mir vögeln ... also, äh ... Geschlechtsverkehr haben will?« Victoria Garbes schwieg, dann wiegte sie den Kopf.

»Nein, gesagt hat er das nie. Aber er hat mir schon lang zeigt, dass er mir näherkommen will, als sich das für einen Sohn gehört. Mit vierzehn oder fünfzehn zum Beispiel hat er immer durchs Schlüsselloch geschaut, wenn ich mich im Badezimmer umgezogen hab.« Sie stützte den Kopf in die Hand. »Dabei ist das scho komisch, dass mir das grad mit dem Jimmy passiert«, hörte der Beamte sie laut nachdenken. »Am Anfang hat der sich von mir nämlich gar ned gern in den Arm nehmen lassen.« Sie sah den Polizisten an. »Ich mag´s, mit meinen Kindern zu schmusen, aber beim Jimmy hab ich mir immer denkt ...« Sie suchte nach Worten. »Dass dem des zuwider ist. Der hat mich machen lassen, aber er hat sich nie zu mir hergekuschelt.«

Es wurde still im Raum. Der Polizist hob den Kopf. Victoria Garbes wickelte ihre Halskette bedächtig um ihre rechte Hand. Zwischen den weißen Plastikperlen wirkten ihre Fingerknöchel wie Kastanien, die man frisch aus ihrer Schale geholt hatte. Schweigend sah sie an dem Beamten vorbei durch das Fenster auf die Straße hinaus. Er folgte ihrem Blick. Im ersten grauen Tageslicht erschien eine Reihe parkender Autos.

»Vielleicht erzählen Sie mir einfach, wie es weiterging«, sagte er. Sie zuckte zusammen, dann schüttelte sie den Kopf und fuhr fort.

Ihr Sohn hatte sie an den Oberarmen gepackt und zu sich herumgedreht. Er hatte ihr den Rock hoch- und die Unterhose nach unten gezogen, während er seine eigene Hose öffnete, sodass sein steifer Penis zum Vorschein kam. Mit beiden Händen hatte er sie festgehalten und auf die Kühlerhaube gedrückt. Mit den Knien hatte er ihre Beine auseinandergeschoben, war in sie eingedrungen und ziemlich schnell gekommen.

Nach Abschluss ihres Berichtes schwieg Victoria Garbes und sah auf ihre Hände. Der Polizist betrachtete ihre langen falschen Wimpern, die makellose Haut und die vollen Lippen. Sie begann, am Nagel ihres kleinen Fingers zu kauen, und zupfte wiederholt an ihrem Rock. Erst als sie den Kopf hob, Luft durch die Nase stieß und das Kinn nach vorn schob, löste er den Blick von ihr.

»War es denn das erste Mal, dass Ihr Sohn Ihnen gegenüber gewalttätig wurde?«, fragte der Polizist.

»Nein«, sagte sie, »der war schon immer brutal. Er hat auch seiner Freundin, der Densborn Martina, damit gedroht, sie umzubringen. Droschen hat er sie auch schon, glaub ich.«

Nachdem Victoria Garbes das Präsidium verlassen hatte, leitete der Beamte noch in der Nacht die Ermittlungen ein.

Am nächsten Tag wurde James Surty verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Seine Freundin, Martina Densborn, lud man zur polizeilichen Vernehmung.

»Jimmy und ich sind seit eineinhalb Jahren zusammen. Etwa genauso lange wohnt er auch in meiner Wohnung«, erzählte sie.

»Wenn Sie beide Intimverkehr haben«, kam der Beamte zum Punkt, »ist das dann irgendwie ... wie soll ich sagen ... ungewöhnlich?«

Sie schüttelte den Kopf. »Der Sex zwischen uns ist ganz normal. Vor allem wird er dabei nie gewalttätig, wenn Sie das meinen.«

Der Polizist nickte. »Ist es zwischen Ihnen in anderen Situationen zu Gewalttätigkeiten gekommen?«

Martina Densborn runzelte die Stirn. »Ja, zweimal«, sagte sie. »Aber das war immer im Streit, und es beruhte auch auf Gegenseitigkeit. Also ehrlich gesagt, haben wir uns diese beiden Male so sehr gestritten, dass wir angefangen haben, uns zu schubsen, und vielleicht habe ich ihm eine runtergehauen.« Sie hob die Schultern. »Ist eben so passiert.« Der Beamte machte sich eine Notiz.

»Und wie haben Sie die Tatnacht, also die Nacht vom 25. auf den 26. August, erlebt?«

»Jimmy hat mir gesagt, dass er an dem Abend mit seiner Mutter unterwegs ist. Die wollte schon wieder auf irgendeine Party von dem Football-Club, deutsch-amerikanische Freundschaft oder so, und dafür hat sie ihn als Fahrer gebraucht. Toll fand ich das nicht, aber wenn die sich was in den Kopf gesetzt hat, dann hat da niemand was zu melden. Ihr Mann nicht, der Jimmy nicht und ich schon gar nicht.« Sie verschränkte die Arme. »Jetzt schauen Sie mich nicht so an! Nein, ich mag seine Mutter nicht, das können Sie auch gerne so aufschreiben.« Sie nickte in Richtung seiner Notizen. Als der Beamte schwieg, fuhr sie fort. »Also, auf jeden Fall ist der Jimmy irgendwann abends zu seiner Mutter gefahren, etwa gegen 19 Uhr. Heimgekommen ist er erst nach vier Uhr am nächsten Morgen. Da hatte er eine blutende Wunde über dem linken Auge am Haaransatz und war unheimlich nervös. Das ist total untypisch für ihn, normalerweise ist er sehr ruhig. Genau genommen, ist er mir oft zu ruhig und abwesend - als würde er in seiner eigenen Traumwelt verschwinden. An dem Abend habe ich eigentlich schon geschlafen, aber er war so gereizt, dass ich noch einmal aufgestanden und zu ihm gegangen bin. Er ist im Wohnzimmer auf und ab gelaufen und hat dauernd gesagt, dass er es seiner Mutter jetzt heimgezahlt hat.

Wie und was denn heimgezahlt, habe ich gefragt, aber er hat nur gesagt, dass er es mit seiner Mutter jetzt genauso gemacht hat wie sie früher mit ihm.«

»Was hat er damit gemeint?«, fragte der Polizist.

»Ich weiß es nicht! Der Jimmy hat mir schon oft gesagt, dass er seine Mutter eines Tages demütigen muss, damit sie begreift, was sie ihm angetan hat. Das hat er jetzt scheinbar gemacht - aber so wirklich besser ging es ihm hinterher nicht. Letzte Nacht hat er fast geweint und mich angefleht, dass ich ihn nicht verlassen soll....

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Dr. Hanna Ziegert ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychoanalytikerin. Seit dreißig Jahren ist sie als forensische Gutachterin tätig. Dr. Nora Ziegert, ihre Tochter, wuchs mit dem Gespräch über Verbrechen und ihre Hintergründe auf. Inzwischen ist Nora Ziegert angehende Notarin. Die Schuldigen basiert auf realen Schicksalen von Tätern, die Dr. Hanna Ziegert begutachtet hat.