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Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
280 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.12.20161. Auflage
Die grundlegende Analyse des nationalsozialistischen Wirtschaftssystems - ein Standardwerk für jeden, der sich mit der Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Reichs befaßt. Aus dem Inhalt: Wirtschaftsauffassung und Wirtschaftsprogramme der NSDAP vor der Machtergreifung 1933 Rückblick: Die nationalistisch-etatistische Tradition im deutschen Wirtschaftsdenken Die nationalsozialistische Ideologie und die Wirtschaft 1933-1936 Die Kriegs- und Eroberungswirtschaft 1937-1945 (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Avraham Barkai, geboren 1921, Mitglied des Kibbuz Lehavoth Habashan/Israel, studierte Geschichte und Ökonomie an der Hebräischen Universität Jerusalem und an der Universität Tel Aviv; Dr. phil.Veröffentlichungen u.a.: »Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus« (1977) und »Vom Boykott zur ?Entjudung?. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich. 1933-1943« (1988) sowie zahlreiche wissenschaftliche Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte der Juden, u.a. in: W. Pehle (Hg.), »Der Judenpogrom 1938. Von der ?Reichskristallnacht? zum Völkermord« (1988).
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Produkt

KlappentextDie grundlegende Analyse des nationalsozialistischen Wirtschaftssystems - ein Standardwerk für jeden, der sich mit der Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Reichs befaßt. Aus dem Inhalt: Wirtschaftsauffassung und Wirtschaftsprogramme der NSDAP vor der Machtergreifung 1933 Rückblick: Die nationalistisch-etatistische Tradition im deutschen Wirtschaftsdenken Die nationalsozialistische Ideologie und die Wirtschaft 1933-1936 Die Kriegs- und Eroberungswirtschaft 1937-1945 (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Avraham Barkai, geboren 1921, Mitglied des Kibbuz Lehavoth Habashan/Israel, studierte Geschichte und Ökonomie an der Hebräischen Universität Jerusalem und an der Universität Tel Aviv; Dr. phil.Veröffentlichungen u.a.: »Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus« (1977) und »Vom Boykott zur ?Entjudung?. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich. 1933-1943« (1988) sowie zahlreiche wissenschaftliche Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte der Juden, u.a. in: W. Pehle (Hg.), »Der Judenpogrom 1938. Von der ?Reichskristallnacht? zum Völkermord« (1988).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105615553
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum15.12.2016
Auflage1. Auflage
Seiten280 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1721 Kbytes
Artikel-Nr.2156223
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Einleitung

Die Wirtschaftskrise der Jahre 1929-1933 war der wohl entscheidendste Faktor für den Mitglieder- und Stimmenzuwachs der NSDAP in der Endphase der Weimarer Republik. Zur Zeit der nationalsozialistischen Machtergreifung umfaßte die Arbeitslosigkeit ein Drittel der wirtschaftlich verfügbaren Arbeitskräfte, und die industrielle Produktionskapazität lag fast zur Hälfte brach. Die Tatsache, daß schon während des ersten Jahres der nationalsozialistischen Herrschaft die Arbeitslosenziffern zurückgingen und die deutsche Wirtschaft in knapp vier Jahren bis Ende 1936 zur Vollbeschäftigung gelangte[1], sicherte dem Regime und seiner Poltitik den weitgehenden Konsensus des deutschen Volkes: In den Augen der Bevölkerung war die NSDAP die Partei, die »Arbeit und Brot« versprochen und Wort gehalten hatte, während andere betroffene Länder sich nur langsam von den Folgen der Weltwirtschaftskrise erholten.

Diese überraschend schnelle Wiederbelebung der Wirtschaft war das Ergebnis einer aktiven staatlichen Konjunkturpolitik, die Kreditausweitung und »deficit-spending« in einem Ausmaße einsetzte, das bislang in den Friedenswirtschaften kapitalistischer Industriestaaten präzedenzlos war. Verständlicherweise wurde diese Politik schon ab Mitte der dreißiger Jahre zum Thema einer umfangreichen wirtschaftstheoretischen Literatur, die sich deskriptiv und analytisch mit dem »deutschen Wirtschafts- und Finanzwunder« beschäftigte. Nach 1945 konnte sich die in- und ausländische Forschung hierbei auf ein umfangreiches statistisches und dokumentares Quellenmaterial stützen. Um so erstaunlicher scheint es, daß bisher immer noch keine befriedigende Erklärung der theoretischen Grundlagen und des wirtschaftspolitischen Instrumentariums vorliegt, mit deren Hilfe das nationalsozialistische Regime eine antizyklische Wirtschaftspolitik durchführte, die heute in den meisten Ländern zwar allgemein akzeptiert ist, damals aber durchaus »revolutionär« war. Auf die Frage, warum gerade das nationalsozialistische Deutschland den Weg dieser Politik früher und erfolgreicher als andere Länder - z.B. die Vereinigten Staaten mit dem »New Deal« - beschreiten konnte, gibt es immer noch keine völlig befriedigende Antwort.

Zum Teil läßt sich diese Forschungslücke vielleicht durch die weitverbreitete Annahme erklären, nach der es überhaupt kein »nationalsozialistisches Wirtschaftskonzept« gab und der Erfolg als das Ergebnis rein pragmatischer Improvisation anzusehen ist. Auch heute noch wird vieles oft dem Geschick und der finanztechnischen Wendigkeit eines einzelnen, des damaligen Reichsbankpräsidenten und Wirtschaftsministers Hjalmar Schacht, zugeschrieben[2]. Aber auch weniger extreme Interpretationen sehen in den wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Hitlerregierung nur eine direkte, höchstens quantitativ bemerkenswerte Fortsetzung der Wege früherer Regierungen[3]. Was die NSDAP an ideologischen Konzepten und praktischen Vorschlägen in bezug auf die Wirtschaft vor der Machtergreifung vertrat, entbehrt, nach dieser Auffassung, jeglicher Relevanz für die späteren Maßnahmen und war schnell vergessen. Als Bestätigung hierfür gilt auch, daß nationalsozialistische »Wirtschaftsexperten«, wie Gottfried Feder, Otto Wagener u.a., bald nach der Machtergreifung in der Versenkung verschwanden und die praktische Durchführung der Wirtschaftspolitik Männern wie Schacht und der alterprobten Ministerialbürokratie überlassen blieb. Der Umstand, daß im Bereich der Industrie nach 1933 vielfach die alten Organisationen und Wirtschaftsführer ihre Stellungen behaupten konnten, wird oft als Beweis dafür angesehen, daß die damalige Wirtschaftspolitik nicht durch ideologisch konzipierte Zielsetzungen der NSDAP, sondern durch kurzfristige wirtschaftliche und vor allem politische Notwendigkeiten bestimmt wurde. Aufrüstung und Kriegsvorbereitung standen hierbei an der Spitze und konnten leicht mit den wirtschaftlichen Interessen traditioneller Kräftegruppen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden[4].

Nachdem sich die Forschung vielfach von vornherein darüber einig war, daß die Wirtschaftspolitik keine »originell-nationalsozialistische« war, konnte sie sich auch von der Notwendigkeit, deren praktische und theoretische Entstehungsgeschichte zu klären, befreit sehen. Statt dessen bemühte sie sich, vom jeweiligen Gesichtspunkt aus, die klassen- oder interessenbestimmten Kräfteverhältnisse zu untersuchen, die die Wirtschaftspolitik des nationalsozialistischen Regimes bestimmten oder zumindest maßgeblich beeinflußten. Naturgemäß bewegt sich eine derartige Forschung weitgehend auf der Ebene theoretischer Abstraktionen: Erst nachdem das »Modell« gesellschaftlicher und politischer Kräfteverbindungen und -gegensätze konzipiert ist, wird versucht - oft in ermüdend erscheinender Klein- und Detailarbeit -, dieses durch das historische Tatsachenmaterial zu untermauern. Vielleicht ist dies einer der Gründe dafür, daß gegenüber einer Vielzahl von Arbeiten, die das Wesen der nationalsozialistischen Herrschaft oder deren Klassencharakter als Ganzes untersuchen, die empirische Erforschung wichtiger wirtschaftlicher Sektoren immer noch vernachlässigt ist. Bis heute gibt es keine Arbeit über die Banken oder die Preis- und Lohnkontrollen im Dritten Reich wie auch über die Entwicklung wichtiger Wirtschaftszweige auf Reichs- und Regionalebenen.[1]

Immerhin können die grundlegenden Veränderungen im Aufbau und Ablauf der deutschen Wirtschaft während unserer Forschungsperiode nicht übersehen werden: der unmittelbare Regierungseingriff auf allen Gebieten und das Gewicht der öffentlichen Aufträge; die institutionelle Lenkung des Außenhandels, der Preise und der Löhne; die Steuerung der Investitions- und Kartellpolitik u.a. m. Im allgemeinen ist sich die Forschung darüber einig, daß die deutsche Wirtschaft damals keine freie Marktwirtschaft war, auch wenn man einschränkt, daß »pure competition« auch anderswo damals nur noch als rein theoretisches Modell existierte. Der staatliche Eingriff in die Wirtschaft war in Deutschland schon in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft nach Ausmaß und Tiefe mit keinem anderen kapitalistischen Land einschließlich des faschistischen Italiens vergleichbar.[2]

Nichts lag, zumindest während der dreißiger und vierziger Jahre, näher, als diesen Zustand durch die Kriegsvorbereitung zu erklären. Westlichen Beobachtern erschien die deutsche Wirtschaft als eine bis ins einzelne vorgeplante und disziplinierte Kriegswirtschaft, die von den Nazis sofort nach deren Machtergreifung zielbewußt und konsequent errichtet wurde. So schrieb z.B. der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Otto Nathan im Jahre 1943:

»Nachdem die Nazis an der Macht waren, unterstellten sie die Wirtschaft einem einheitlichem Prinzip. Ihre vorgefaßte Absicht war die Errichtung einer Kriegsmaschine. Das Wirtschaftssystem diesem Ziele unterordnend, ersetzten sie den autonomen Marktmechanismus durch allumfassende Direktiven ..., durch ein totalitäres System von Regierungskontrollen innerhalb des Rahmens privaten Eigentums und privater Profite ... Ein riesiges Organisationennetz umfaßte im ganzen Lande jeden Faktor der Produktion, der Verteilung und des Verbrauchs. Durch die Beherrschung dieser Organisationsstruktur, über die jedem kleinen oder großen Unternehmer im Lande Befehle übermittelt werden konnten, und durch die Forderung unbedingten Gehorsams erreichte die Regierung eine vollkommene Kontrolle der Wirtschaft, ohne selbst die Produktionsmittel in Besitz zu nehmen ... Dabei muß vorläufig ungeklärt bleiben, in welcher spezifischen Institution die verschiedenen Wirtschaftszweige und -sektoren koordiniert wurden. Eine solche Institution war sicherlich vorhanden, doch wird sie in der bisherigen Literatur nicht ausdrücklich erwähnt.«[5]

Aufgrund seiner sehr ausführlichen Untersuchung des institutionellen Aufbaus der deutschen Wirtschaft war Nathan überzeugt, daß diese nur nach den Richtlinien einer zentralen, alles umfassenden Planungsinstanz funktionieren könne, obwohl die Existenz einer solchen Instanz nicht erwiesen werden konnte. Die militärischen Erfolge Deutschlands während der ersten Kriegsjahre verstärkten ihrerseits den Eindruck einer exakt vorgeplanten, straff organisierten Kriegswirtschaftsmaschine - eine Vorstellung, die erst durch viel spätere Forschungsanalysen revidiert werden mußte. So ist es verständlich, daß Otto Nathan, der zudem seine Ergebnisse hauptsächlich auf die Zustände der Jahre 1936-1939 stützte, die Kriegsvorbereitungen als die fast einzige Erklärung für die wirtschaftspolitischen und institutionellen Veränderungen in der deutschen Wirtschaft und für die Überwindung der Beschäftigungskrise ansah.[3]

Ganz ähnlich schilderte die Dinge Charles Bettelheim in einer 1946 erschienenen Arbeit[6]. Merkwürdigerweise findet sich hier eine orthodoxmarxistische Rechtfertigung des nationalsozialistischen »Lebensraum«-Anspruchs: Nach Bettelheim blieb dem deutschen Monopolkapital angesichts des natürlich beschränkten inneren Marktes und versperrter Exportmöglichkeiten als einziger Ausweg nur die Erweiterung des europäischen Marktes durch den imperialistischen Eroberungskrieg offen. Eine erweiterte Produktion ziviler Bedarfsartikel wäre ohne Preissenkungen und verminderte Profite in Deutschland nicht möglich gewesen....
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Autor

Avraham Barkai, geboren 1921, Mitglied des Kibbuz Lehavoth Habashan/Israel, studierte Geschichte und Ökonomie an der Hebräischen Universität Jerusalem und an der Universität Tel Aviv; Dr. phil.Veröffentlichungen u.a.: »Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus« (1977) und »Vom Boykott zur >EntjudungReichskristallnacht