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Der dunkle Grenzbezirk

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Atlantik Verlagerschienen am20.01.2017
England, 1935: Professor Henry Barstow, Atomphysiker auf Erholungsurlaub in Cornwall, richtet sich in seinem Hotel ein, isst zu Mittag und unterhält sich nach dem Lunch mit einem weißhaarigen Herrn in der Hotelbar. Nur wenige Stunden später betritt ein Mann das Hotel, der äußerlich dem zerstreuten Professor Barstow aufs Haar gleicht, und trägt sich unter dem Namen Conway Carruthers ein. Barstows Auto wird kurz darauf als ausgebranntes Wrack im Moor gefunden, er selber als vermisst gemeldet. Wer ist nun aber dieser Carruthers, der bis nach Bukarest reist, um die Menschheit vor der Bedrohung durch Atomwaffen zu retten?

Eric Ambler, geboren 1909, gehört zu den Begründern des klassischen Noir- und Spionagethrillers und wurde für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Order of the British Empire, der ihm 1981 von Königin Elisabeth II. verliehen wurde. Eric Ambler starb 1998 in London.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextEngland, 1935: Professor Henry Barstow, Atomphysiker auf Erholungsurlaub in Cornwall, richtet sich in seinem Hotel ein, isst zu Mittag und unterhält sich nach dem Lunch mit einem weißhaarigen Herrn in der Hotelbar. Nur wenige Stunden später betritt ein Mann das Hotel, der äußerlich dem zerstreuten Professor Barstow aufs Haar gleicht, und trägt sich unter dem Namen Conway Carruthers ein. Barstows Auto wird kurz darauf als ausgebranntes Wrack im Moor gefunden, er selber als vermisst gemeldet. Wer ist nun aber dieser Carruthers, der bis nach Bukarest reist, um die Menschheit vor der Bedrohung durch Atomwaffen zu retten?

Eric Ambler, geboren 1909, gehört zu den Begründern des klassischen Noir- und Spionagethrillers und wurde für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Order of the British Empire, der ihm 1981 von Königin Elisabeth II. verliehen wurde. Eric Ambler starb 1998 in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455170986
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum20.01.2017
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2185826
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseiteFür Betty DysonBemerkung des VerfassersErklärung von Henry Barstow, Esq.Erster Teil Ein Mann ändert seine AnsichtZweiter Teil Revolution Fortsetzung der Erzählung durch CaseyFußnotenÜber Eric AmblerImpressummehr
Leseprobe

Erster Teil Ein Mann ändert seine Ansicht



1. Kapitel

17. April


Gegen halb eins wurde Professor Barstow müde. Er war an diesem Tag schon 180 Meilen gefahren, und er seufzte erleichtert auf, als er ungefähr eine Dreiviertelstunde später in den Hof des Hotels Royal Crown in Launceston einbog.

Er stieg aus, streckte sich, drehte mit methodischer Sorgfalt die Zündung ab und schloss auf die gleiche Weise die Türen.

Professor Barstow tat alles, was er tat, mit methodischer Sorgfalt, ob er nun elektrodynamische Gesetze auf einen Fall elektronischer Abweichung anwendete oder seine Blaue Perserkatze bürstete. Er war die Ordnung in Person. Sein mageres, blasses Gesicht, seine leicht geschürzten Lippen und sein sauberer, dunkelgrauer Anzug waren die stummen Zeugen seiner Pedanterie. Seine Vorträge vor der Royal Society waren berühmt und geschätzt für ihre zuverlässige und trockene Sachlichkeit, ihre zurückhaltende Beurteilung von Theorien und die Skepsis gegenüber neuen Erkenntnissen. »Barstow«, so sagte ein berühmter Biologe einmal, »wäre ein wissenschaftliches Genie, wenn er nicht so verflucht wissenschaftlich wäre.« Diese Bemerkung, die kurz nach der Publikation von Professor Barstows kritischer Studie der Lorentz-Transformationen gemacht wurde, war, um es milde auszudrücken, erstaunlich. Die Wahrheit ist wohl die, dass er seiner Phantasie mit tiefem Misstrauen begegnete, was, ganz wie man s nimmt, eine gute oder eine schlechte Eigenschaft ist.

In diesem Moment aber misstraute er seiner Phantasie noch mehr als gewöhnlich, und zwar, weil sie ihm etwas sagte, was er sich nur ungern eingestand, nämlich, dass er ein kranker Mann war und besser daran täte, ruhig und friedlich in einem Badekurort auf einer Hotelveranda zu sitzen, anstatt am Steuer seines Wagens, und dass Berg- und Talfahrten in rasendem Tempo auf jeden Fall unsinnig seien.

Kurz entschlossen verjagte er diesen Gedanken, betrat das Hotel und bestellte sich ein gut durchgebratenes Steak. Während er darauf wartete, trank er langsam ein Glas Sherry.

Es war wirklich schon lange her, seit er das letzte Mal Ferien gemacht hatte. Und dann kamen ihm völlig grundlos längst vergangene Tage in Cambridge in den Sinn und ein anderer Frühling, als er drauf und dran gewesen war, seine vielversprechende Karriere als Physiker aufzugeben und Diplomat zu werden.

Komisch, dass er gerade jetzt daran dachte! Damals hatte er sich ganz ähnlich gefühlt wie jetzt. In jenem Jahr hatte er wie besessen für die letzte Mathematik-Prüfung gebüffelt. Fünfzehn Stunden am Tag, viel zu viel für einen jungen Menschen. Kein Wunder, dass er fast zusammengebrochen war, kein Wunder, dass ihm der diplomatische Dienst plötzlich so begehrenswert erschienen war. Aber er hatte ja schon seit Kindesbeinen ein Faible dafür gehabt, und in seinen Tagträumen hatte er sich als graue Eminenz hinter der Szene gesehen, er hatte von Geheimverträgen, der Herstellung freundschaftlicher Beziehungen und bühnenreifen Intrigen zur Musik von Mozart, Gluck und Strauss geträumt, alle unter seiner Führung mit Metternich und Talleyrand im Hintergrund. Merkwürdig auch, wie solche Träume einen hartnäckig verfolgten. Ein Teil des Gehirns wurde zu einer perfekten Verstandesmaschine, der andere aber wanderte durch dunkle Grenzbezirke in geheimnisvolle Länder, wo Abenteuer, romantische Liebe und plötzlicher Tod den Reisenden erwarteten.

Die diplomatische Karriere, das hatte er unterdessen erfahren, brachte wenig Abenteuer und selten einen plötzlichen Tod mit sich, und die romantische Liebe in Gestalt einer reifen Frau, der Frau des Juniorpartners seines Vaters, hatte ihn zurück an die Arbeit geschickt. Seine unerklärte Leidenschaft war hoffnungslos und dauerte, wie er sich erinnerte, nicht ganz eine Woche. Er seufzte.

Er dachte immer noch darüber nach, wie unrealistisch seine jugendlichen Torheiten gewesen waren, als er sich im Speisesaal zu Tisch setzte. Langsam verzehrte er sein Steak. Er war allein bis auf einen rundlichen, weißhaarigen Mann, dem er keine Beachtung schenkte. Als er jedoch von seinem Teller aufsah, bemerkte er zu seinem Erstaunen, dass er angestarrt wurde.

»Schöner Tag heute«, bemerkte der Weißhaarige, als sich ihre Blicke trafen.

»Ja«, sagte Professor Barstow, und um nicht unhöflich zu erscheinen, fügte er hinzu, »ein sehr schöner Tag.«

Er fühlte sich immer ein wenig unbehaglich, wenn Fremde ihn ansprachen, und machte keinen Versuch, das Gespräch fortzusetzen. Aber der Weißhaarige ließ nicht locker.

»Bleiben Sie in Launceston, Sir?«

Professor Barstow schüttelte den Kopf.

»Ich fahre weiter nach Truro«, gab er zur Antwort und fragte höflich: »Und Sie? Bleiben Sie in diesem Hotel?«

Der Weißhaarige nickte geistesabwesend. Dann schien er einen Entschluss zu fassen, rückte seinen Stuhl näher an Professor Barstows Tisch und beugte sich mit ernster Miene vor.

»Vor sechs Monaten war ich in China. Davor war ich in Südamerika. Und davor war ich in der Türkei. Sechs Jahre bin ich nun im Ausland gewesen und habe mich sechs Jahre darauf gefreut, heimzukommen und mich hier niederzulassen. Jetzt bin ich zu Hause, und was finde ich?«

Professor Barstow, den das nur mäßig interessierte, nickte ernst. Wahrscheinlich hatte er hier irgendeinen Verwaltungsbeamten aus den Kolonien vor sich. All diese Leute waren notorische Schwätzer.

Der Weißhaarige hob seufzend die Kaffeetasse.

»Nichts«, sagte er dann, »ganz einfach nichts. Ich bin jetzt einen Monat zu Hause. Die ersten drei Tage entzückte mich der Anblick grüner Felder und gestutzter Hecken. Jetzt langweilt er mich. Alles, was ich finde, ist eine besonders gefährliche Spezies des ägyptischen Moskitos und eine Landschaft voller Tanksäulen.«

»Übertreiben Sie da nicht ein wenig?«

»Vielleicht«, antwortete der andere düster, »aber wenn man seine Seele mit Erwartungen genährt hat, ist die Wirklichkeit oft enttäuschend.«

Der Professor, der befürchtete, dass das Gespräch eine Wendung ins Sentimentale nehmen könnte, lenkte ab.

»Sie leben im Ruhestand?«

Der Weißhaarige schaute ihn einen Moment an, bevor er antwortete. Der Professor war nicht leicht zu beeindrucken, aber es schien ihm nun, dass der erste Eindruck, den er von seinem Gegenüber gehabt hatte, falsch gewesen sein musste. Die plumpe Jovialität war verschwunden, unter buschigen Augenbrauen sahen kühle, berechnende, furchtlose Augen hervor. Der Mann ignorierte die Frage.

Nachdenklich sagte er: »Entschuldigen Sie, Sir, aber mir scheint, als hätte ich Ihr Gesicht schon irgendwo gesehen.«

Der Professor spürte mehr, als er sah, wie ihn die kalten Augen musterten, während er antwortete:

»Vor ungefähr einem Jahr«, sagte er, »war ich zwei Tage lang das, was die Journalisten als Sensation bezeichnen. Ich machte Schlagzeilen. Mein Bild ging durch die Presse. Die Zurschaustellung war mir sehr peinlich.«

Wie durch Zauberei gewann der Weißhaarige seine Jovialität zurück. »Hab ich s doch gewusst!«, rief er aus und schlug sich triumphierend auf den Schenkel. »Namen entfallen mir manchmal, aber ein Gesicht vergesse ich nie. Moment, nicht verraten«, sagte er, als der Professor etwas sagen wollte: »Der Name â¦ warten Sie â¦ der Name ist â¦ Barstow â¦ Professor Barstow.«

»Sie haben ein erstaunliches Gedächtnis, Sir.«

»Training, Herr Professor, alles nur Training.« Der Weißhaarige kicherte. Er betrachtete den Professor mit erneutem Interesse. »Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt«, fuhr er fort, »so haben Sie durch Ihre Ankündigung, dass in naher Zukunft Kernenergie zum Nutzen und zum Schaden der Menschheit eingespannt werden könne, Aufsehen erregt; das war doch ungefähr der Sinn Ihrer Worte, nicht wahr?«

Gereizt protestierte der Professor. »Ich habe nichts dergleichen gesagt. Meine Erklärung vor der British Association ist in grober Weise missdeutet worden. Ich habe bloß gesagt, dass die bedeutsamen Entwicklungen auf dem bislang unerforschten Gebiet angewandter Kernenergie nicht unbedingt ein reiner Segen sein könnten. Eine harmlose Spekulation meinerseits, die zu den wildesten Interpretationen geführt hat.«

Sein Nachbar, der seinen Stuhl an den Tisch des Professors gezogen hatte, hörte ihm interessiert zu.

»Ein erstaunlicher Zufall, wirklich ganz erstaunlich«, murmelte er offenbar zusammenhanglos. »Es wäre mir eine Ehre, Herr Professor, wenn ich Sie zu einem Gläschen einladen dürfte.«

Ohne zu zögern, akzeptierte der Professor. Er hatte sein Erlebnis mit den Zeitungen immer noch nicht verwunden, und es freute ihn, sich einem so verständnisvollen Zuhörer erklären zu können.

Eine Zeit lang plauderten sie einfach dahin. Der Professor erfuhr, dass der Weißhaarige Simon Groom hieß. Er sprach gewandt und wie ein Wasserfall. Seine Kenntnisse der Außenpolitik waren verblüffend. Der Professor, ein begeisterter Leser des Auslandteils der Times, erfuhr von einer Krise, die stattgefunden hatte und die Groom mit so viel Selbstverständlichkeit beschrieb, dass kein Zweifel daran aufkommen konnte. Er begann sich zu fragen, was dieser Simon Groom wohl für einen mysteriösen Beruf ausübte. Er bekam die Antwort sofort. Groom brachte das Gespräch erneut auf die Arbeit des Professors.

»Wissen Sie, Professor«, begann er, während er sorgfältig das Ende seiner Zigarre abschnitt, »wissen Sie, ich habe ganz einfach das Gefühl, dass Ihnen der sensationelle Aspekt des Standpunkts sehr wohl bewusst gewesen...

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Autor

Eric Ambler, geboren 1909, gehört zu den Begründern des klassischen Noir- und Spionagethrillers und wurde für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Order of the British Empire, der ihm 1981 von Königin Elisabeth II. verliehen wurde. Eric Ambler starb 1998 in London.