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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
288 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am21.06.20131. Aufl. 2013
Im Juli ist Schweden ein Märchen: magisches Licht, überbordende Natur und fröhliche Menschen. Stella sucht hier Zuflucht, weil daheim alles den Bach runter geht: Job, Mann und Wohnung. Als sie ihrer Gastwirtin erzählt, dass sie bis zum Winter eine neue Bleibe gefunden haben muss, bietet die Schwedin ihr ein kleines Strandhaus an. Damit verändert sich Stellas Leben für immer. Denn sie verliebt sich in das skandinavische Land - und in Joakim, der ganz in der Nähe wohnt. Doch bis beide zueinander finden, muss noch einiges geklärt werden. Etwa warum das Reißverschlussverfahren den Schweden gegen die Ehre geht. Aber vor allem, warum sie sich zur Paarungszeit so merkwürdig verhalten -mehr

Produkt

KlappentextIm Juli ist Schweden ein Märchen: magisches Licht, überbordende Natur und fröhliche Menschen. Stella sucht hier Zuflucht, weil daheim alles den Bach runter geht: Job, Mann und Wohnung. Als sie ihrer Gastwirtin erzählt, dass sie bis zum Winter eine neue Bleibe gefunden haben muss, bietet die Schwedin ihr ein kleines Strandhaus an. Damit verändert sich Stellas Leben für immer. Denn sie verliebt sich in das skandinavische Land - und in Joakim, der ganz in der Nähe wohnt. Doch bis beide zueinander finden, muss noch einiges geklärt werden. Etwa warum das Reißverschlussverfahren den Schweden gegen die Ehre geht. Aber vor allem, warum sie sich zur Paarungszeit so merkwürdig verhalten -
Details
Weitere ISBN/GTIN9783838726694
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum21.06.2013
Auflage1. Aufl. 2013
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2188370
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog
KNAPP VORBEI IST AUCH DANEBEN

Stella | Es war in der ersten Hälfte der Neunziger, ein ausgesprochen sonniger Juni. Auf 19 Studentinnen der Kunstwissenschaft und eine junge Lehrbeauftragte namens Anja kamen bei unserer Exkursion nur zwei Vertreter männlichen Geschlechts. Das war einmal der sommersprossige Poldi, ein guter Freund meiner ebenfalls zur Reisegruppe gehörenden Freundin Julia. Poldi war extrem schüchtern und verbrachte die meiste Zeit damit, aus in der Regel unerfindlichen Gründen knallrot anzulaufen. Außerdem war Professor Kubitschek mit von der Partie. Kubitschek war ein liebenswerter älterer Herr, der vor spannenden Anekdoten nur so überschäumte. Das einzige Problem an ihm war, dass er, wenn er einmal anfing zu erzählen, nicht mehr aufhörte.

Die Exkursion drehte sich fachgerecht um den hohen Norden und dessen Kunstpreziosen. Als Hauptquartier sollte Kopenhagen dienen, von wo aus wir zu diversen Ausflügen aufbrechen wollten. Zu Wikingerausgrabungen und vor allem dem weltberühmten Louisiana-Museum für Moderne Kunst.

Das Ganze fing schon mal gut an: In Kopenhagen waren wir in einer Jugendherberge untergebracht, die durch ihre exklusive Lage am Wasser und ein sensationelles Frühstücksbuffet positiv auffiel. Ich weiß noch, wie ich mit Julia den massiven Käseklotz bestaunte, von dem man sich mittels einer Art drehender Drahtkonstruktion hauchfeine Scheiben abhobeln konnte, im Geruch allerdings etwas streng. Schon merkwürdig, an welche Kleinigkeiten man sich nach so langer Zeit noch erinnern kann.

Am ersten Tag ging es direkt nach dem Frühstück ins Louisiana. Das Museum liegt etwa 40 Kilometer nördlich der dänischen Hauptstadt im Örtchen Humlebæk, wo es auf einer Anhöhe am Meer thront.

Julia, Poldi und ich hatten schon im Bus verabredet, uns nach der Ankunft schnell aus dem Staub zu machen. Kubitschek hatte nämlich Julia und mich im Laufe der Fahrt als sein liebstes Publikum auserkoren. So gern wir ihm lauschten, das Museum wollten wir gern in Ruhe genießen.

Schon nach den ersten Ausstellungsräumen war klar: Dass das Louisiana als eines der bedeutendsten Museen der Welt gilt, ist berechtigt. Mit großen Augen wanderten wir vorbei an Giacometti-Skulpturen, Gemälden von Yves Klein, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Picasso und Werken zahlloser weiterer internationaler Kunst-VIPs des 20. Jahrhunderts.

So viel stille Bewunderung und das Entziffern von Texttafeln, deren Schrift eigentlich nur unter der Lupe einwandfrei zu erkennen gewesen wäre, erwies sich allerdings als unerwartet anstrengend. Umso dankbarer waren wir, als uns mit einem Mal Kaffeeduft in die Nase stieg: Wir hatten das Museumscafé erreicht. Mit je einem dampfenden Becher in der Hand ließen wir uns kurze Zeit später auf den Rasen im sanft zum Meer abfallenden Park sinken, irgendwo zwischen Rhododendren, im Wind rauschenden alten Rotbuchen und Skulpturen von Joan Miró und Henry Moore. So saßen wir da, ließen die Kunst nachwirken und versanken im Anblick des Panoramas. Und wie jedes Mal irgendwo am Meer, begann ich mir auszumalen, wie es wohl wäre, hier zu wohnen. Jeden Tag diese Weite sehen, Meerluft schnuppern ...

»Unglaublich, oder?«, sagte Julia plötzlich in meine Gedanken hinein. »Da drüben ist schon Schweden.«

Sie zeigte in die Ferne, wo weit draußen ein grüner Streifen den wolkenlosen Himmel vom tiefblauen Meer trennte.

»Mhmmm«, erwiderte ich und verlor mich in der Aussicht.

Eigentlich war mit unserem Besuch im Louisiana das Tagessoll an Kunstgenuss erfüllt. Doch als wir uns wieder vollständig am Bus eingefunden hatten, eröffnete uns Anja: »Wir machen noch einen kleinen Abstecher!«

Das Ziel desselben lag zwölf Kilometer nördlich: das Hamlet-Schloss Kronborg in Helsingør. Jenes Schloss, das Shakespeare 1603 zum Schauplatz seines Hamlet gemacht hatte, frei nach einer dänischen Heldengeschichte. Das jedenfalls referierte Anja über das Busmikrofon, während auf unserer rechten Seite das tiefblaue, mit weißen Segelbötchen übersäte Meer vorbeizog und auf der anderen so unglaubliche Villen, dass jedem Architektur-heute-Abonnenten die Tränen in die Augen gestiegen wären. Streng genommen fielen Hamlet-Schlösser ja eher ins Fach Anglistik. Aber man musste ja nicht übertrieben kleinlich sein, für eine solche Aussicht hätte ich auch eine Currywurst-Bude als kunstrelevantes Ausflugsziel akzeptiert.

»Helsingør«, erklärte Anja, und die Lautsprecher knisterten, »liegt an der schmalsten Stelle des Öresunds. Shakespeare ist mit ziemlicher Sicherheit nie dort gewesen, genau wie sein Held Hamlet.«

Es stellte sich heraus, dass das Schloss seinem Namen alle Ehre machte: Es hatte geschlossen. Wir liefen einmal um den alten Kasten direkt am Wasser herum und reckten unsere Hälse in Richtung der Türme und Fenster. Als wir alles gesehen hatten, was es auf diese Weise zu sehen gab, fassten Julia, Poldi und ich den Beschluss, das Städtchen ein wenig in Augenschein zu nehmen. Die Gelegenheit war günstig, der Professor war gerade hinter einer Ecke des Gemäuers verschwunden.

»Schön hier!«, meinte Julia lakonisch.

Ich konnte nicht anders, als ihr zuzustimmen. Der Platz, auf dem wir standen, war auf einer Seite von einem Bahnhof gesäumt, der selbst fast wie ein Schlösschen aussah. Schräg gegenüber folgte ein buntes Dänenhäuschen auf das andere, als wollte Helsingør den Preis fürs schönste Postkartenmotiv gewinnen.

In einer kopfsteingepflasterten Seitenstraße machten wir uns auf die Suche nach einer Eisdiele. Stattdessen stießen wir allerdings erst mal auf einen riesigen Käseladen. Aus der geöffneten Eingangstür wehte uns ein infernalischer Geruch entgegen, der stark an den Käseklotz vom Frühstücksbuffet erinnerte.

»Pfui Teufel!«, brach es angesichts dessen sogar aus dem sonst so schweigsamen Poldi heraus. »Kann es jemanden geben, der bei so einem Gestank Appetit entwickelt?«

Das kam so unerwartet und leidenschaftlich, dass wir uns richtig erschraken - am meisten Poldi über sich selbst. Dann bekamen wir uns alle drei vor Lachen nicht mehr ein. Hätte ich damals schon gewusst, was ich heute weiß, vermutlich wäre ich - der olfaktorischen Herausforderung zum Trotz - sofort in den Laden gestürmt.

Stattdessen fanden wir ein paar Häuser weiter einen Kiosk, an dem herrlich cremiges dänisches Eis verkauft wurde. Mit je einer großen Portion in der Hand ließen wir uns auf einer Bank an der Kaiseite des Marktplatzes nieder. Von hier aus war Schweden nicht mehr nur eine grüne Linie, sondern zum Greifen nah. Ich schaute blinzelnd übers glitzernde Wasser, auf dem sich eine dickbauchige Fähre einer Stadt auf der anderen Seite des Öresunds langsam entgegenschob, die mich mit ihren Türmchen entfernt an Venedig erinnerte.

Ich zeigte hinüber und sagte zu Julia: »Da drüben sieht´s aber auch ganz schön aus. Weißt du, wie die Stadt heißt?«

Julia zog eine Landkarte aus ihrer Tasche und faltete sie mit einiger Mühe auseinander, denn gerade frischte die Brise etwas auf. Dann sagte sie: »Helsingborg ist das.«

»Schade, dass wir nicht mehr Zeit haben, dann könnten wir ...«

Doch bevor ich meinen Gedanken zu Ende spinnen konnte, hörten wir Anja vom Bus aus zum Aufbruch rufen.

Joakim | Wie gewöhnlich in diesem unbarmherzig schönen Frühsommer kehrte ich mit größtem Widerwillen in mein Kellerloch unter dem Käsegeschäft in der Mögelstræde zurück, nachdem ich in der Sonne, die von einem unbekümmert blauen Himmel herabschien, zu Mittag gegessen hatte.

Auf dem Marktplatz irrte eine Gruppe Bustouristen umher. Das war nichts Ungewöhnliches, Helsingør ist pittoresk wie eine dänische Version von Brügge und obendrein das geografische Bindeglied zwischen Europa und Skandinavien. Touristenbusse aus ganz Europa machten hier jeden Tag halt.

Die Reisenden suchten vermutlich nach Hamlets berühmtem Schädel. Das war ungefähr so erfolgversprechend wie der Versuch, echte dänische hygge zu erleben, die dänische Version der Gemütlichkeit. Beides ist nämlich eine reine Erfindung. Hamlet hat nie auf Kronborg gelebt, weil es das Schloss zu Hamlets Zeiten noch gar nicht gab, und die Dänen sind ungefähr so gemütliche Zeitgenossen wie Judas in Gethsemane. Zumindest konnte man zu diesem Schluss kommen, wenn man wie ich Schwede war und als Käsemann in Helsingør arbeitete!

Ich bekam in den Semesterferien kein Studentendarlehen, hatte Miete zu bezahlen und schlecht vorgesorgt. Das konnte - wie in meinem Fall - damit enden, dass man tagein, tagaus Käse schneiden musste, einsam, in einem gekachelten Keller. Dabei behandelten mich meine Vorgesetzten, als stünde ich auf derselben Evolutionsstufe wie die Schnecken. Wenn ich darauf hinwies, dass der Käse von Schimmel befallen war und ihn wegwerfen wollte, starrten sie mich an, als wollte ich einen Zuchthengst von unschätzbarem Wert umbringen, und riefen: »Du dummer Schwede, dann wäschst du den Schimmel natürlich mit Chlorin ab!«

»Bitte, was?«, antwortete ich, unsicher, ob das eine neue perfide Masche war, meine intellektuelle Unterlegenheit unter Beweis zu stellen. Andererseits: Was konnte man schon von einem Käse erwarten, der »Alter Ole« hieß und roch, als ob einige Mäuse in ihn hineingekrochen und darin gestorben wären? Aber »Alter Ole« hin oder her, ich weigerte mich, und somit wusch jemand anders den Käse mit Chlorin ab und beschriftete ihn mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum.

Die dänisch-schwedische Rivalität ist eine...

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