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Der Sohn des Donnergottes

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
302 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am17.01.20141. Aufl. 2014
Der finnische Himmel und seine Götter sind älter als die ganze Welt. Sie sehen mit großer Besorgnis, dass die Finnen seit vielen Jahren abtrünnig sind und an den christlichen Gott glauben. Höchste Zeit also, dass jemand zur Erde niederfährt, Menschengestalt annimmt und die Finnen wieder zu ihrem alten Glauben bekehrt. Und wer könnte dafür besser geeignet sein, als der junge, tollkühne Rutja, der Sohn des Donnergottes?



Der stille Antiquitätenhändler Sampsa Ronkainen ist der von ihm auserkorene Mensch für den Rollentausch. Nachdem der Sohn des Donnergottes zwar Sampsas Gestalt, nicht jedoch seinen Charakter annimmt und sich auf der Erde auch nicht besonders gut auskennt, ist für viel Wirbel und Aufregung gesorgt ...
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Produkt

KlappentextDer finnische Himmel und seine Götter sind älter als die ganze Welt. Sie sehen mit großer Besorgnis, dass die Finnen seit vielen Jahren abtrünnig sind und an den christlichen Gott glauben. Höchste Zeit also, dass jemand zur Erde niederfährt, Menschengestalt annimmt und die Finnen wieder zu ihrem alten Glauben bekehrt. Und wer könnte dafür besser geeignet sein, als der junge, tollkühne Rutja, der Sohn des Donnergottes?



Der stille Antiquitätenhändler Sampsa Ronkainen ist der von ihm auserkorene Mensch für den Rollentausch. Nachdem der Sohn des Donnergottes zwar Sampsas Gestalt, nicht jedoch seinen Charakter annimmt und sich auf der Erde auch nicht besonders gut auskennt, ist für viel Wirbel und Aufregung gesorgt ...
Details
Weitere ISBN/GTIN9783838750910
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum17.01.2014
Auflage1. Aufl. 2014
Seiten302 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2189037
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Vorrede

Der Himmel der Finnen wird von einem Weltnagel an Ort und Stelle gehalten, dessen Fixpunkt der Polarstern ist. Der Himmel an sich ist ein Schwindel erregend weitläufiges Firmament, erleuchtet von Tausenden von Sternen. Dort regieren die finnischen Götter und Schutzgeister, und dort wohnen die verstorbenen guten Finnen. Die größte Macht liegt in den Händen von Obergott Ukko, dem Donnergott.

Der Himmel der Finnen ist älter als die ganze restliche Welt, und die Götter der Finnen sind noch älter. Es gibt keine anderen Götter, die so alt sind. Der älteste von allen ist der Donnergott. Er ist so alt, dass noch nichts fertig und noch kein einziger Gott geboren war, als er sein jetziges Alter schon fast erreicht hatte. Der Donnergott ist nicht nur der älteste, sondern auch der strengste und stärkste. Er ist der beste.

Manchmal gibt der Donnergott im Sommer den Befehl, den Himmel mit einem Regenbogen zu verzieren, und zum winterlichen Himmelsfest wird das Firmament mit flackernden Nordlichtern garniert. Der Donnergott kann die Erde beben lassen, Orkane und Sintfluten hervorrufen, glühende Lava aus Vulkanen ausbrechen lassen, er kann explodierende Meteoriten auf die Erde schleudern, Satelliten aus ihren Umlaufbahnen bringen und Mond und Sonne verfinstern. Mit Blitz und Donner sendet er seine Botschaften auf die Erde. Dann fürchten die Menschen um ihr Leben.

Die toten Finnen, die in ihrem Leben böse Taten begangen haben, kommen in die Hexenküche. Dort kochen ihnen Lempo und Turja das böse Blut ab. Wenn die Verstorbenen das aushalten, dürfen sie auf einem Kiefernbrett den glühenden Unterweltfluss hinabfahren, durch viele siedend heiße Stromschnellen hindurch, bis sie in die Unterwelt Tuonela oder ins Totenreich Manala gelangen. Wer dabei in die heißen Fluten stürzt, ist nicht mehr zu retten. Der Hund von Tuonela zieht den jämmerlichen Leib ans Ufer, um ihn dort zu verschlingen. Nur die bleichen Knochen bleiben auf dem Uferkies zurück und erzählen vom Ende des Unglücklichen.

Vor langer Zeit, als nur Finnen auf der Welt lebten und es noch keine anderen Völker gab, herrschte der Donnergott über alles Lebende, im Himmel wie auf der Erde. Er war der König des großen Firmaments, der Herr des Wassers und des Landes. Und es war gut so.

Aber die Zeiten ändern sich, im Himmel wie auf Erden. Heutzutage gibt es auf der Welt Tausende von Völkern und Rassen, Tausende neue Religionen und Millionen von Göttern. Das finnische Volk, der finnische Himmel und die finnischen Götter sind nur ein geringer Bestandteil dieses unvorstellbar großen Ganzen.

Das Schlimmste ist, dass das Volk Finnlands seine Götter nicht mehr ehrt und ihnen nicht mehr opfert. Die Finnen haben sich dem christlichen Glauben zugewandt und verleugnen ihre eigenen Götter. Viele wissen nicht einmal, dass die Finnen immer noch einen eigenen Himmel und eigene Götter haben. Es gibt nur noch ungefähr fünfhundert Verehrer der alten Götter in Finnland, die aber trauen sich nicht, sich öffentlich zu ihrem Glauben zu bekennen, denn das würde ihnen ernsthafte Schwierigkeiten bereiten. Ruft ein Finne heutzutage den Donnergott um Hilfe, kann er wegen Götzenverehrung oder Verunglimpfung des christlichen Gottes verklagt werden. Er verliert seinen Arbeitsplatz, wird unter Umständen zu Gefängnis oder Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt verurteilt, und seine Kinder und die Gattin werden zum Ziel von Hohn und Spott.

Einer der wenigen, die noch den alten Göttern huldigen, ist Sampsa Ronkainen, ein vierzigjähriger Landwirt und Antiquitätenhändler. Er besitzt eine heruntergekommene Landwirtschaft in der Provinz Uusimaa, in der Gemeinde Suntio, und betreibt einen Antiquitätenladen im Helsinkier Stadtteil Punavuori in einer Straße namens Iso Roobertinkatu.

Seit kammkeramischer Zeit hat Ronkainens Familie an die wahren finnischen Götter geglaubt, ihnen gehuldigt und Opfergaben dargebracht. Sampsa ist geimpft, aber nicht konfirmiert. Er gehört nicht der evangelisch-lutherischen Kirche an und besucht auch nicht den Gottesdienst. Er hat die Angewohnheit, wenn es die Umstände erfordern, zu Ukko Obergott zu beten, denn er glaubt an die alten Götter, so wie seine Väter und Vorväter zu ihrer Zeit. Dennoch verheimlicht Sampsa seinen Glauben. Kein Mensch weiß davon, und darum kann Sampsa Ronkainen in Finnland seinem Broterwerb nachkommen, ohne von der Inquisition verfolgt zu werden.

Weil Sampsa Ronkainen ein gläubiger Mensch ist, fürchtet er sich bei Gewittern.

Im Himmel der Finnen herrscht neben Ukko Obergott dessen Frau Rauni, die auch Erdenmutter genannt wird. Einst verlieh sie den urfinnischen Menschen Kraft im Kampf gegen die Bergkobolde. Die Bergkobolde sind langschwänzige Kerlchen, die sich nicht die Zähne putzen und auch sonst schlechte Manieren haben. Wäre Rauni nicht gewesen, hätten die Kobolde Himmel und Erde erobert.

Von Zeit zu Zeit ist das Verhältnis zwischen Ukko und Rauni ein wenig durch Zänkereien getrübt. Rauni hat gelegentlich die schlechte Angewohnheit, zu schnauben und zu fauchen. Dann wird sogar auf der Erde das Klima drückend, und die Menschen sagen, es liegt ein Gewitter in der Luft.

Außer Ukko und Rauni haben die Finnen eine ganze Reihe weiterer einflussreicher Götter. Der bedeutendste von ihnen ist Ilmarinen, der Gott des Friedens und der Sonne. Ihm darf man für schönes Wetter und goldene Tage danken. Er freut sich über Werke des Friedens und ist traurig bei Kriegen. Im Jahr 1956 war es Ilmarinen, der am Ufer des Totenflusses bereitstand, um den Präsidenten der Republik Finnland, Juho Kusti Paasikivi, nach dessen Tod in Empfang zu nehmen. Ilmarinen sorgte dafür, dass Paasikivi nicht in die Hexenküche musste, sondern direkt in den Himmel gelangte, der extra für ihn mit Nord- und Irrlichtern beleuchtet war. Paasikivi, der kräftig fluchen konnte, stellte fest, das sei ja nun wirklich von einer verdammt höllischen Pracht. Als Erstes erkundigte er sich, ob es möglich sei, den sowjetischen Generaloberst Zdanov zu treffen, der nach dem Krieg als Vorsitzender der Kontrollkommission der Alliierten in Helsinki fungiert hatte. Zdanov war 1948 gestorben, erläuterte Paasikivi, und es sei nun interessant zu wissen, wie es dem alten Verhandlungskumpan anschließend ergangen war.

Ilmarinen kümmerte sich um die Angelegenheit. Es stellte sich heraus, dass Zdanov nicht anzutreffen war, denn er verbrachte seine Zeit bei minus 70 °C hinter der Hexenküche, in der so genannten russischen Hölle.

»Warum kann der alte Teufel mich nicht empfangen?«, murrte Paasikivi, nahm aber Abstand von dem Besuch, als er erfuhr, dass Zdanov weder ihn noch die Finnen im Allgemeinen gering schätzte, sondern allein aus persönlichen Gründen verhindert war.

Als die Zeit für den späteren finnischen Präsident Kekkonen gekommen war, holte Ilmarinen auch ihn am Totenfluss ab. Wäre Kekkonen allein und ohne Empfang dort angekommen, hätte Lempo ihn auf der Stelle in die Hexenküche gezerrt, und eine solche Behandlung war nach Ilmarinens Ansicht für einen Mann des Friedens keinesfalls angemessen.

Für Landwirtschaft und Viehzucht ist der langmähnige Gott Sampsa Pellervoinen zuständig. Zu seinem Tätigkeitsbereich gehört es auch, gegen die Macht des Winters anzukämpfen, keine leichte Aufgabe in Finnland, wo die Schneewehen zwei Meter hoch werden und die Seen einen Meter tief zufrieren können. Und erst die eisigen Moore und Sümpfe! Da einen Frühling zu organisieren ist Schwerstarbeit. Sampsa erledigt sie, indem er den Himmelsnabel mit aller Kraft so weit zu drehen versucht, dass die Sonne auf das vereiste Finnland scheinen kann und dadurch die Macht des Winters gebrochen wird, der Schnee schmilzt und das Land zu grünen beginnt. Die finnische Agrarpolitik verfolgt Sampsa Pellervoinen mit Besorgnis. Er kann nicht begreifen, dass landwirtschaftliche Überproduktion etwas Schlechtes sein soll, wie es die Finnen behaupten. Sampsa findet, die Menschen sollten umso glücklicher sein, je mehr Getreide und Fleisch sie produzierten. Falls es die Finnen tatsächlich nicht schaffen, alles selbst aufzuessen, müssen sie das, was übrig bleibt, eben in Länder schicken, wo Nahrungsmittelmangel herrscht.

Im Himmel der Finnen halten sich noch viele andere bedeutende Götter auf.

Der Gott des Bieres, Pelto-Pekka, ist der Schutzgeist der Trunkenheit und Zügellosigkeit. Seiner Meinung nach kommt es nicht darauf an, welche Marke man trinkt, Hauptsache man ist fröhlich und die Trinksitten sind einigermaßen anständig. Pelto-Pekka mag Gesang und Spiel, Sprücheklopfen und Armdrücken, und es versetzt ihn immer wieder in Erstaunen, dass man heutzutage in finnischen Wirtshäusern nicht mehr singen darf. Er kann auch nicht verstehen, warum man so ein Aufheben um das so genannte Mittelbier macht. Seiner Ansicht nach ist das Mittelbier derart leicht, dass es am ehesten für Frauen und Kinder taugt. Man könnte es für wenig Geld in Familienberatungsstellen und Kindergärten anbieten. Alleinerziehenden sollte das Mittelbier umsonst frei Haus geliefert werden.

Von den großen finnischen Göttern ist außerdem Ägräs zu nennen, der Gott der Fruchtbarkeit. Ägräs besitzt ein Gemächt in der Form einer Doppelrübe, ein flinkes Pferdchen und eine verführerische Stimme. Er ist für jede Art von Fruchtbarkeit zuständig. Verhütungsmittel kann er nicht ertragen, und Abtreibungen sind ihm ein Graus. Die Alt-Lestadianer, die keine Geburtenregelung akzeptieren, sind ganz nach seinem Geschmack, ungeachtet der Tatsache, dass sie nicht an Ägräs, sondern an einen ernsten christlichen Gott glauben, der nicht mal das Fernsehen erlaubt. Die Lockerung der sexuellen Umgangsformen hält Ägräs für eine großartige Sache. Die Hauptsache...

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