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Touch - Dein Leben gehört mir

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am11.11.20161. Aufl. 2016
REICH MIR DEINE HAND - UND DEIN LEBEN GEHÖRT MIR ... Ihr könnt mich Kepler nennen. Der Name ist so gut wie jeder andere. Ich bin seit Jahrhunderten kein Mensch mehr, ich bin ein Geist. Ich kann durch eine Berührung - Haut an Haut - von einem Körper in den nächsten wechseln. Menschen sind für mich nur Hüllen. Gefäße, die ich mit einer Berührung in Besitz nehmen kann. Ich könnte dieser alte Mann dort sein oder die Frau mit dem Kinderwagen. Und eine Sekunde später das Kind, das ihre Hand hält.



Doch jemand kennt mein Geheimnis. Jemand hat einen Killer auf mich angesetzt, und ich werde herausfinden, wer dahintersteckt. Was wäre einfacher, als dies im Körper meines Mörders zu tun?


Claire North, geboren 1986, ist das Pseudonym der britischen Autorin Catherine Webb, die bereits mit 14 Jahren entdeckt wurde. Sie hat seitdem diverse Romane geschrieben und für ihr Werk Die vielen Leben des Harry August den John W. Campbell Memorial Award verliehen bekommen. Auch Touch wurde mit positiven Rezensionen überhäuft, weil North hier einmal mehr ihr Gespür für originelle Geschichten unter Beweis stellt.
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Produkt

KlappentextREICH MIR DEINE HAND - UND DEIN LEBEN GEHÖRT MIR ... Ihr könnt mich Kepler nennen. Der Name ist so gut wie jeder andere. Ich bin seit Jahrhunderten kein Mensch mehr, ich bin ein Geist. Ich kann durch eine Berührung - Haut an Haut - von einem Körper in den nächsten wechseln. Menschen sind für mich nur Hüllen. Gefäße, die ich mit einer Berührung in Besitz nehmen kann. Ich könnte dieser alte Mann dort sein oder die Frau mit dem Kinderwagen. Und eine Sekunde später das Kind, das ihre Hand hält.



Doch jemand kennt mein Geheimnis. Jemand hat einen Killer auf mich angesetzt, und ich werde herausfinden, wer dahintersteckt. Was wäre einfacher, als dies im Körper meines Mörders zu tun?


Claire North, geboren 1986, ist das Pseudonym der britischen Autorin Catherine Webb, die bereits mit 14 Jahren entdeckt wurde. Sie hat seitdem diverse Romane geschrieben und für ihr Werk Die vielen Leben des Harry August den John W. Campbell Memorial Award verliehen bekommen. Auch Touch wurde mit positiven Rezensionen überhäuft, weil North hier einmal mehr ihr Gespür für originelle Geschichten unter Beweis stellt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732530311
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum11.11.2016
Auflage1. Aufl. 2016
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2193935
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

20

Ich würde Horst Gubler einen Besuch abstatten.

Nicht aus Sympathie für den Mann, sondern weil zu irgendeinem Zeitpunkt derjenige, der die Kepler-Akte angelegt hatte, ebenfalls bei ihm gewesen war. Wenn ich Glück hatte, trug ich sogar das richtige Gesicht für den Besuch.

So habe ich Horst Gubler kennengelernt:

Sie sagte: »Er soll büßen.«

Ihre Hände umklammerten das Whiskyglas, ihre Miene war versteinert, die Schultern verkrampft. Sie saß auf der Terrasse ihres Hauses aus hellem Holz, die Sonne sank hinter die Trauerweiden, und sie sagte in dem gedehnten Dialekt Alabamas: »Ich will, dass er leidet.«

Ich ließ den Zeigefinger um den Rand meines Glases kreisen und schwieg. Der Abend bettete sich in rosigen Streifen auf den Horizont, Schichten aus Wolken und Sonne, Wolken und Sonne. Vor dem nächsten Haus die Straße hinunter wehte die amerikanische Fahne, zwei Türen weiter stand ein Ehepaar mit Kinderwagen und plauderte mit der Nachbarin über dies und das. Obama war Präsident und die Wirtschaft stagnierte, aber in dieser kleinen Nische der Vereinigten Staaten von Amerika schien sich niemand dafür zu interessieren.

Nur sie.

»Er hat sie vergewaltigt«, fuhr sie fort. »Er hat sie vergewaltigt und nicht nur sie, und mir ist scheißegal, was das Gesetz dazu meint. Er hat es getan, weil er die Macht hat, weil er weiß, dass ihm nichts passiert und er wieder ungestraft davonkommt. Ich will, dass Gubler bezahlt.«

»Mit seinem Leben?«

Sie schüttelte den Kopf, die dicken schwarzen Locken verhakten sich an ihrer Bluse. »Töten ist eine Sünde, so steht es in der Bibel. Aber die Heilige Schrift verbietet nicht, seine Konten leerzuräumen, ihm das Haus wegzunehmen, dafür zu sorgen, dass seine Freunde ihn fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, und ihn in Sack und Asche in die Wüste zu jagen. Man hat mir versichert, Sie könnten dafür sorgen, dass das passiert. Man hat mir gesagt, Sie wären früher Immobilienmakler gewesen.«

Ich trank einen Schluck Whisky. Es war mieser amerikanischer Stoff, Erzeugnis von Destillerien, die größer sind als eine durchschnittliche englische Grafschaft, und vermarktet als transzendente Offenbarung für Männer, die glauben, das Tragen einer flachen Schirmmütze führe automatisch zur Erkenntnis universeller Wahrheiten. Mir gegenüber saß, in weißer Bluse und vanillefarbenem Bleistiftrock, Maria Anna Celeste Jones, Nachfahrin von Sklaven aus Sierra Leone, in Alabama zu Hause und von brennendem Rachedurst erfüllt.

»Wer hat Ihnen von mir erzählt?«, fragte ich.

»Ich wurde getragen.« Ihre Stimme war ausdruckslos, sachlich. »Als Hülle. So nennt ihr das, stimmt´s? Ich war siebzehn und ganz unten, da kommt dieser Typ auf mich zu. Du hast wunderschöne Augen , sagt er zu mir und fasst mich an und ich schlafe ein und als ich wieder aufwache, sind sechs Monate vergangen. Ein Mädchen sitzt neben mir auf dem Bett und sagt: Danke fürs Leihen. Unter dem Bett liegen fünfzehntausend US-Dollar und ein Brief von der NYU: He, Glückwunsch, Sie sind drin.«

»Und, haben Sie studiert?«

»Ich habe den Brief verbrannt. Zwei Wochen später habe ich denen geschrieben, der Brief wäre in der Post verloren gegangen, ob sie ihn mir noch einmal zuschicken können, und das haben sie getan, und ich bin hingegangen und habe Jura studiert. Nebenbei lernte ich noch andere Dinge. Zum Beispiel, dass Leute, die von Körper zu Körper springen, sehr oft dieselbe E-Mail-Adresse verwenden. Derjenige, der mich getragen hat, nannte sich Guanyin und ließ, als er aus meiner Haut schlüpfte, seine Kontaktdaten im Hotelcomputer zurück.«

»Ich kenne Guanyin«, murmelte ich. »Sie ist - als wir uns das letzte Mal über den Weg gelaufen sind, war sie eine Frau - etwas nachlässig. Viele von uns sind so. Hat sie ...« Ich probierte verschiedene Formulierungen, versuchte, die richtige zu finden. »Waren Sie unverändert, danach?«

Maria Anna Celeste Jones schaute mir in die Augen und ihr Blick war stählern wie ihr Wille. »Er - sie - hat mit meinem Körper herumgevögelt. Hat getrunken, gegessen, mir sechs Monate meines Lebens gestohlen, ging mit meinen Händen zur Maniküre, mit meinen Haaren zum Friseur, hat mich in eine Stadt verfrachtet, die ich nicht kannte. Durch Guanyin hatte ich plötzlich mehr Geld als je zuvor in meinem Leben, war an der Uni immatrikuliert, und ich habe nie zurückgeschaut. Also nein. Ich war danach nicht mehr dieselbe wie vorher. Eine dumme Frage, finden Sie nicht?«

Ich schlürfte Whisky, ließ den Augenblick dauern, räusperte mich. »Aber Sie wollen sich nicht rächen?«

»Nein, nicht an ihr. Nicht mehr.« Ihre Finger, die das Glas umklammerten, wurden weiß. »An Gubler. Guanyin hat Sie empfohlen. Sagte, Sie wären gut in solchen Dingen. Sagte, Sie wären Immobilienmakler.«

Das Glas summte unter meinem auf dem Rand kreisenden Finger. Ich vermied es, Anna Maria in die Augen zu schauen. »Hat sie erklärt, was damit gemeint ist?«

»Sie hat mir genug gesagt. Gubler, er ist reich, erfolgreich, er will für den Kongress kandidieren und er wird gewählt werden, denn was er mit Geld nicht kaufen kann, verkauft er mit Lügen. Seinetwegen stehen die Sponsoren Schlange, und er vergewaltigt schwarze Mädchen, weil er weiß, dass er nichts zu befürchten hat, weil wir ihn damit durchkommen lassen. Wir. Das Gesetz. Vor dem Gesetz sollen alle Bürger gleich sein, aber manche sind eben gleicher als andere. Wenn ich eins in dem Leben tun möchte, das nun wieder mir gehört, ist es das: Gubler vernichten. Tun Sie´s für Geld, für einen Vorteil, tun Sie´s, weil es Ihnen Spaß macht oder Sie einen neuen verdammten Körper brauchen - mir egal. Hauptsache, Sie tun´s.«

Sie erhob nicht die Stimme, ihre Miene blieb unverändert. Ihre Worte waren Bandaufzeichnungen, wie man sie bei Bestattungsfeierlichkeiten abspielt, eine Nachricht aus dem Jenseits, bei der alles Weiche vor langer Zeit sechs Fuß tief unter feuchter Erde begraben worden war.

Ich stürzte den letzten Schluck Whisky hinunter, stellte das Glas auf den Tisch zwischen uns und sagte: »Okay.«

Vier Tage darauf trug sie ein blaues Abendkleid, das ihre schmale Taille betonte, den runden Po, die weiche Linie ihrer Schenkel, und ich trug einen Mann ohne Kinn, aber mit einem neuen Smoking, der in seinem Alltag gutgläubigen Menschen Schrott auf vier Rädern aufschwatzte und das auch bei mir versucht hatte. Wir standen auf der Eingangstreppe eines Museums, das einer bedeutenden Schlacht des Sezessionskriegs gewidmet war, in der Männer mit Überzeugung und Männer, die man dort hingeschickt hatte, aufeinanderprallten. Ungeachtet der jeweiligen Motivation wurde auf beiden Seiten gleich erbittert gekämpft. Aus der Tür strömte gefällige Musik, fabriziert von einem gefälligen Quartett, das banale Geplauder satter Stimmen, das Klingeln der Gläser, das geschäftige Raunen von Geld, das von Mündern in Ohren floss, wenn Absprachen besiegelt und Vorvereinbarungen für Projekte getroffen wurden, die lediglich als Idee im Raum standen.

Maria Anna zückte ihre Einladungskarte mit Silberrand. Ich streckte ihr die Hand hin wie bei einer Aufforderung zum Tanz und fragte: »Darf ich?«

Ihre Miene verriet nicht, was in ihr vorging, doch als ihre Fingerspitzen die meinen berührten, spürte ich, dass sie zitterten. Ich sah ihr Zaudern und strich beruhigend über ihre Handfläche.

Dann sprang ich.

Der Autohändler taumelte und ächzte verstört, ich aber schwebte bereits die Stufen hinauf, eingehüllt in Wolken aus Taft und Rosenparfüm. Mein Haar war zu straff am Kopf festgesteckt und mein Herz schlug so schnell, dass mir für einen kurzen Moment schwindlig wurde, nicht aufgrund meiner Präsenz, sondern weil meine Anwesenheit in ihrem Körper Marias letzter Gedanke gewesen war.

Trotzdem hatte sie meine Hand ergriffen.

Ich überreichte meine Einladung, ohne den Jüngling anzusehen, der sie entgegennahm. Er hingegen sandte dem Körper, den ich mir ausgeliehen hatte, mehr als einen Blick hinterher. Maria Anna, hochgewachsen und graziös, eine einzelne Perle in der Kehlgrube betonte die Eleganz des schlanken Halses, doch ihre Hände waren feucht, physiologischer Ausdruck einer rigoros unterdrückten Anspannung. In der Hauptgalerie des Museums kreisten die Gäste in Frack und Robe um gusseiserne Kanonen, Gedenktafeln für die Gefallenen, Vitrinen mit der Pistole eines Generals, der Uniform eines beim Angriff gefallenen Colonels, der Fahne eines bis zum letzten Mann aufgeriebenen Regiments. Zu all dem schnatterte und parlierte die Menge, wurde Historie durchgehechelt wie das Fernsehprogramm des vorigen Abends.

Ich eroberte mir ein Glas Champagner vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners und ließ mich zu einer Ausstellung körniger und sepiafarbener Regimentsfotografien drängen, nippte an meinem Glas und wartete darauf, dass mein Pulsschlag sich im Normalbereich einpendelte. Nach und nach löste sich die Spannung, lockerten sich die Muskeln, die so verhärtet waren, dass die Signale der eigenen Nervenzellen sie nicht mehr zu durchdringen vermochten. Ich ließ meinen Blick über die Gesichter wandern, suchte das von Horst Gubler inmitten seiner um ihn gescharten Bewunderer.

Er war leicht zu finden. Was sich in seinem Dunstkreis abspielte, war ein Tornado inmitten lauer Winde. Anders als seine weniger faszinierenden Gäste musste er nicht die Party suchen, sondern die Party verrenkte sich, um ihn zu finden. Ich schlenderte zwischen den Gruppen und Grüppchen hindurch, schenkte allen und jedem ein strahlendes Lächeln, bis ich...

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Autor

Claire North, geboren 1986, ist das Pseudonym der britischen Autorin Catherine Webb, die bereits mit 14 Jahren entdeckt wurde. Sie hat seitdem diverse Romane geschrieben und für ihr Werk Die vielen Leben des Harry August den John W. Campbell Memorial Award verliehen bekommen. Auch Touch wurde mit positiven Rezensionen überhäuft, weil North hier einmal mehr ihr Gespür für originelle Geschichten unter Beweis stellt.
Touch - Dein Leben gehört mir