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Die Sterndeuterin

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
479 Seiten
Deutsch
beHEARTBEATerschienen am01.03.20171. Aufl. 2017
Augsburg, 1509. Die Leidenschaft der jungen Katrin, Tochter des Instrumentenbauers Buschmann, sind Horoskope. Auch ihr Vater will die Zukunft aus den Sternen lesen und arbeitet im Geheimen an einer Maschine dafür. Da tritt der junge Geselle Florint in ihr Leben. Er ist auf der Suche nach seinem verschollenen Vater, der in der Werkstatt des Instrumentenbauers gearbeitet hat. Gibt es eine Verbindung zwischen seinem Verschwinden, der geheimnisvollen Sphärenmaschine und jenem alten Dokument in griechischer Sprache, an dem nicht nur die Stadt Venedig, sondern auch die Heilige Inquisition ein Interesse hat?mehr

Produkt

KlappentextAugsburg, 1509. Die Leidenschaft der jungen Katrin, Tochter des Instrumentenbauers Buschmann, sind Horoskope. Auch ihr Vater will die Zukunft aus den Sternen lesen und arbeitet im Geheimen an einer Maschine dafür. Da tritt der junge Geselle Florint in ihr Leben. Er ist auf der Suche nach seinem verschollenen Vater, der in der Werkstatt des Instrumentenbauers gearbeitet hat. Gibt es eine Verbindung zwischen seinem Verschwinden, der geheimnisvollen Sphärenmaschine und jenem alten Dokument in griechischer Sprache, an dem nicht nur die Stadt Venedig, sondern auch die Heilige Inquisition ein Interesse hat?
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732533671
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum01.03.2017
Auflage1. Aufl. 2017
Seiten479 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2272176
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Katrin hatte den jungen Burschen längst bemerkt, der sich in der Märzsonne vor dem Haus ihres Vaters herumdrückte. Sie strich ihr Horoskopblatt glatt, das sie für diese Woche errechnet hatte: Mars und Jupiter standen im Quadranten und verhießen größere Spannungen.

Durch die Lamellen der Fensteröffnung spitzelte sie nach draußen und beobachtete, wie sich der Blondschopf mit den leuchtend blauen Augen dem Haus näherte, am Klingelzug vorbeistrich. Dann fuhr er mit der Hand über dessen Kugelgriff, betrachtete ihn verstohlen und zog doch nicht daran. Als wollte er dessen Temperatur spüren, strich er abermals mit den Fingerspitzen darüber, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand ihn beobachtete, und richtete sich schließlich auf.

Katrin lächelte. Mit dieser Spannung wäre sie zufrieden. Sie warf einen flüchtigen Blick auf ihre Zeichnung. Venus störte in diesem Bild und brachte eine unbestimmte Unruhe hinein.

Rasch wechselte der Junge die Straßenseite, ging zwei Häuser weiter, blieb stehen, machte kehrt und kam auf der gegenüber liegenden Seite zurück. Er schielte erneut zu ihnen hinüber. Katrin hätte am liebsten laut losgelacht und den Burschen gehänselt, wenn nicht etwas an ihm gewesen wäre, das sie gleichzeitig beunruhigte. Er war kein Augsburger, das war unschwer an der Kleidung zu erkennen. Ein Geselle auf Walz vermutlich, ein Zünftling, der bei ihrem Vater Brot und Übernachtung erbitten wollte. Die Unsicherheit des Jungen war dennoch nicht die der üblichen Gesellen, wenn sie vor der Türschwelle standen. Etwas Lauerndes schwang in der Art mit, mit der er wohl zehnmal auf und ab lief und das Haus in Augenschein nahm, als suche er darin etwas.

Katrin beschloss, dem Spiel ein Ende zu bereiten. Dies war kein Haus, das man ausspionierte, sondern die Werkstatt eines ehrbaren Instrumentenbauers. Außerdem konnte Mars im aufsteigenden neunten Haus ja auch bedeuten, dass sie die Dinge in die Hand nehmen musste.

Sie legte die Wäsche, die sie falten musste, aus der Hand und band sich ein Tuch um den Kopf, während sie die Treppe hinabeilte und vor die Tür trat. In der engen Häuserschlucht war es heller als im Haus, sodass sie kurz die Augen schließen musste. Als sie sich an das Licht gewöhnt hatte, das aus Süden direkt in die Zeile einfiel, war der Junge verschwunden.

Sie sah die Straße hinauf und hinunter, konnte den blonden Lockenkopf jedoch nirgends mehr entdecken. Missgestimmt zog Katrin die Stirn kraus. Wo hatte sich der Kerl versteckt? Katrin ging die beiden Stufen zur Straße hinab und wandte sich nach rechts. Sie hätte gern gesehen, ob die Ebenmäßigkeit seiner Gesichtszüge der Wirklichkeit entsprach oder ob die Entfernung täuschte. Wie oft war sie schon vom garstigen Aussehen der Gesellen enttäuscht gewesen.

»Sucht Ihr mich, Jungfer?«

Wie aus dem Boden gewachsen stand der Geselle plötzlich vor ihr. Katrin machte einen Sprung zurück, weil sie sonst unweigerlich mit ihm zusammengestoßen wäre. Dabei knickte sie um und strauchelte. Eine kräftige Hand packte zu und verhinderte, dass sie in die Gosse fiel.

»Äh ja. Nein. Ich meine ⦠Danke. Entschuldigt.«

Katrin stotterte vor sich hin, während der Jüngling weiter ihren Arm gefasst hielt, bis sie wieder ihr Gleichgewicht gefunden hatte. Jetzt erst wurde ihr bewusst, was geschehen war.

»Was fällt Euch ein, so vor mir aufzutauchen, dass ich mich beinahe zu Tode erschrecke?«, fauchte sie. »Lasst endlich los!«

Sie befreite sich mit einer ungestümen Handbewegung von ihm, was ihr sofort leidtat. Schließlich hatte er ihr geholfen. Der Geselle ignorierte ihren Wutausbruch.

»Ihr beobachtet mich schon eine ganze Weile, Jungfer. Und ich frage mich, warum. Weil ich ein Fremder bin?«

Unwillkürlich nickte Katrin. Ihr gefiel die Art, wie der Junge sprach. Es klang weich und melodisch. Allerdings hörte man deutlich, dass er nicht aus der Gegend stammte. Trotzdem verstand sie beinahe alles, was er sagte.

»Fremde sind Feinde. Man kann nicht vorsichtig genug sein, wenn man ihnen begegnet.«

Jetzt lachte der Junge kehlig und wirkte dadurch reifer, als sie gedacht hatte, beinahe erwachsen. In seinem Lachen lagen Erfahrung und Weltklugheit.

»Dann müssen wir die Fremdheit überwinden. Am besten beginne ich damit, denn ich bin hier der Eindringling. Ich bin Florint.« Er streckte ihr seine Hand entgegen, die fein geschnitten und doch kräftig war. »Aus Straßburg. Geselle auf Wanderschaft und Instrumentenbauer.«

»Wie Papa!«, sagte Katrin und hielt sich sofort die Hand vor den Mund. Sie war zu rasch mit ihrem Mundwerk. Vorsichtig, als berührte sie eine Ofenplatte und wollte testen, ob sie heiß sei, schlug sie in die dargebotene Hand ein.

»Jetzt müsst Ihr mir nur noch sagen, wir Ihr heißt. Das gehört sich so«, grinste Florint sie an.

»Ka-Katrin«, stotterte Katrin, die völlig überrascht war und sich für einen Augenblick ganz vom Zauber seiner weichen Stimme einhüllen ließ.

»Gut«, antwortete er. »Damit wäre das geklärt. Jetzt seid ehrlich zu mir: Ist dies die Werkstatt Meister Buschmanns?«

Katrin, der plötzlich bewusst wurde, dass sich der Geselle nicht für sie, sondern für ihren Vater interessierte, öffnete bereits den Mund für eine spöttische Erwiderung, doch der Ausdruck auf dem Gesicht des Jungen verhinderte dies. Es war ein gespieltes oberflächliches Interesse, doch dahinter lauerte eine gewisse Spannung.

»Was wollt Ihr von Meister Buschmann?«

Die Frage stellte sie, ohne darüber nachgedacht zu haben. Ihre Gedanken gingen in eine ganz andere Richtung. Sie wollte ihn einen Spionierer heißen, einen Herumschleicher, doch sie brachte die Worte nicht auf die Zunge. Diese war wie gelähmt für ihren Spott.

»Ich will ⦠ich will mich bei ihm verdingen. Als Geselle«, antwortete der Junge. »Wenn er einen braucht.«

Dabei sah er sie auf so eine durchdringende Art an, dass ihr unheimlich zumute wurde. Sein helles Gesicht leuchtete geradezu, und Falschheit und Verschlagenheit konnte sie in seinen Augen auch nicht finden, eher eine Art Schleier, der sich während ihrer Musterung über seinen Blick legte, als verberge er etwas darunter.

»Könnt Ihr für mich ein gutes Wort bei ihm einlegen?«

Katrin zuckte unter dem Satz zusammen. Etwas stimmte nicht mit diesem Gesellen. Er meinte es nicht ehrlich, so viel spürte sie - und doch log er wieder nicht. Er schwindelte oder versuchte zumindest, die Wahrheit hinter seinen Worten zu verbergen, das spürte sie mit aller Macht ihrer weiblichen Intuition. Dabei lehnte er sich betont lässig gegen die Hauswand und spielte mit der Holzkugel des Klingelzugs, ließ seine Hand darübergleiten, als prüfe er sie.

Dennoch nickte sie und sagte: »Das müsst Ihr meinen Vater schon selbst fragen.«

»Dann frage ich ihn«, sagte der Fremde kurz entschlossen, fasste sie bei den Schultern und drehte sie in Richtung Hauseingang. »Weist Ihr mir den Weg, Jungfer Katrin!«

Katrin wollte so nicht behandelt werden, doch das schöne Gesicht und der angenehme fremde Ton in der Stimme des Gesellen ließen eine Widerrede nicht zu. Sie griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her ins Haus.

Katrin ging in den dunklen Flur voraus, der nach hinten zur Werkstatt führte. Die Arbeitsstätte des Vaters lag über dem Hof auf der anderen Seite. So trat Katrin links in den Tordurchgang hinaus, weil sie ihn nicht durch die Wohnstube führen wollte, und sie gelangten in den Innenhof, der von drei Wänden umstanden war und nach hinten in einen Garten hinauslief, an dessen Ende eine mannshohe Mauer das Grundstück zum Nachbarn hin abschloss.

Während sie noch im Halbdunkel der Durchfahrt standen, trat Meister Buschmann mit einem Mann auf den Hof hinaus. Katrin blieb unwillkürlich stehen. Sie wollte nicht, dass der Geselle die Kunden seines Meisters bereits jetzt kennen lernte. Was sie nicht verhindern konnte, war, dass er das Gespräch mithörte.

»Ich sagte es Euch doch, Gaßner, ich habe das Dokument nicht. Der Kerl hat es mitgenommen!«

Der Mann in einem Mantel mit dichtem Pelzbesatz um den Hals und auf der Brust rieb sich mit dem abgewinkelten Zeigefinger die Nase und zuckte schließlich mit den Schultern.

»Wenn ich wüsste, wie weit Ihr seid, Meister Buschmann, wäre mir wohler. Mit dieser Maschine, meine ich ⦠diesem ⦠ach, ich weiß nicht was.«

»Oh«, nickte Buschmann und legte den Arm um die Schulter des Mannes. »Ein Ich-weiß-nicht-was ist eine gute Umschreibung dessen, was sich darin an Zahnrädern und Scheiben tummelt, Gaßner.«

Gaßner holte tief Atem und gab sich einen Ruck.

»Ich dachte mir ⦠nun, Ihr seid ein vorzüglicher Handwerker ⦫ Er räusperte sich.

»â¦ kurz und gut«, ergänzte Meister Buschmann unbeeindruckt, »Ihr zahlt mir eine erkleckliche Summe dafür, dass ich Euch dieses Gerät baue. Aber ich kann keine Wunder vollbringen.« Der Handwerker senkte die Stimme. »Vor allem seit dieser Kerl auf und davon ist.«

»Wunder verlange ich nicht. Aber die Signoria wird ungeduldig.«

»Die oder Ihr, Gaßner?«, spottete Meister Buschmann. »Ihr Kaufleute habt keine Ahnung.«

Auf der Stirn des Mannes, den Buschmann Gaßner genannt hatte, hatten sich Schweißperlen gebildet. Mit der flachen Hand wischte er sie fort.

Der Instrumentenbauer hatte den Mann nach hinten in den Garten geführt. Zur Hofgrenze hin tummelten sich drei Ziegen in einem Gatter. Kurz davor lehnte eine Leiter. Jetzt nahm er die Leiter von der Wand und ließ den Kaufmann über sie weg in den Nachbarhof...

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