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Nordlicht, Elch und Tannengrün

Die schönsten Weihnachtsgeschichten aus Skandinavien
Verlagsgruppe Droemer Knaurerschienen am01.07.2017
Wo wohnt eigentlich der Weihnachtsmann? Der Weihnachtsmann kommt aus dem hohen Norden, soviel ist sicher. Und ob es tatsächlich nur einen gibt, ist nicht gewiss. Die Isländer haben nämlich sogar sieben Weihnachtsmänner, die mit den Menschen so allerlei Schabernack treiben. Unfug will diese unterhaltsame Sammlung skandinavischer Weihnachtsgeschichten mit ihren Lesern aber nicht anstellen. Die klassische Weihnachtsgeschichte eines Hans Christian Andersen ist ebenso vertreten wie die Kriminalgeschichte. Auch humoristische Szenen und Geschichten aus dem Familienleben gehören dazu, ebenso wie auf Deutsch bisher noch unveröffentlichte Geschichten. Und nicht zu vergessen: Als Geschenk passt sie unter jeden Weihnachtsbaum. God Jul!

Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann, die beiden Herausgeber, sind renommierte Übersetzer aus den skandinavischen Sprachen.
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Produkt

KlappentextWo wohnt eigentlich der Weihnachtsmann? Der Weihnachtsmann kommt aus dem hohen Norden, soviel ist sicher. Und ob es tatsächlich nur einen gibt, ist nicht gewiss. Die Isländer haben nämlich sogar sieben Weihnachtsmänner, die mit den Menschen so allerlei Schabernack treiben. Unfug will diese unterhaltsame Sammlung skandinavischer Weihnachtsgeschichten mit ihren Lesern aber nicht anstellen. Die klassische Weihnachtsgeschichte eines Hans Christian Andersen ist ebenso vertreten wie die Kriminalgeschichte. Auch humoristische Szenen und Geschichten aus dem Familienleben gehören dazu, ebenso wie auf Deutsch bisher noch unveröffentlichte Geschichten. Und nicht zu vergessen: Als Geschenk passt sie unter jeden Weihnachtsbaum. God Jul!

Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann, die beiden Herausgeber, sind renommierte Übersetzer aus den skandinavischen Sprachen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426442876
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum01.07.2017
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse713
Artikel-Nr.2359014
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Peder Christen Asbjørnsen
Ein altmodischer Weihnachtsabend


Draußen vor meinen Fenstern heulte der Wind in den alten Linden und Ahornbäumen, der Schnee fegte durch die Straßen, und der Himmel war so düster, wie es ein Dezemberhimmel hier in Kristiania nur eben sein kann. Meine Stimmung war ebenso düster. Es war Heiligabend, der erste, den ich nicht in heimischen Gefilden zubringen sollte. Vor einiger Zeit war ich Offizier geworden und hatte geplant, meine alten Eltern mit meiner Anwesenheit zu beglücken, hatte darauf gehofft, mich den Damen meiner Heimatstadt in Glanz und Herrlichkeit zeigen zu können. Doch ein Nervenfieber hatte mich auf das Krankenbett geworfen. Erst vor einer Woche war ich aus dem Hospital entlassen worden und befand mich nun in dem vielgepriesenen Zustand eines Rekonvaleszenten. Ich hatte einen Brief geschickt und nach Storborken, unserem Pferd, und Vaters Pelz gefragt, aber der Brief würde mein Heimattal nicht vor dem zweiten Weihnachtstag erreichen, und somit war erst zu Neujahr mit dem Pferd zu rechnen. Meine Kameraden hatten die Stadt verlassen, und ich hatte keine Familie, bei der ich es mir hätte gemütlich machen können. Die beiden alten Jungfern, bei denen ich Quartier bezogen hatte, waren ohne Zweifel gute und freundliche Menschen, die sich zu Beginn meiner Erkrankung fürsorglich um mich gekümmert hatten. Ihre ganze Wesensart war indes viel zu sehr der alten Welt verhaftet, als dass ein junger Mann, wie ich es war, Gefallen daran gefunden hätte. Ihre Gedanken weilten am liebsten in der Vergangenheit, und wenn sie mir - was häufig geschah - Geschichten über die Stadt und ihre Bewohner erzählten, ließen diese, wiewohl durch Inhalt als auch aufgrund der naiven Betrachtungsweise, verträumte Erinnerungen an eine längst verloschene Zeit wachwerden. Auch das Haus, in dem sie lebten, stimmte mit dem altmodischen Wesen der Frauen bestens überein. Es war eines dieser alten Häuser in der Tollbodgate, mit tiefliegenden Fenstern, langen, unheimlichen Gängen und Treppen sowie dunklen Zimmern und Kammern, wo man unwillkürlich an Wichtel und Spukgeschichten denken musste, ein Haus also - vielleicht war es sogar dasselbe -, das Mauritz Hansen in seiner Erzählung »Die Alte mit dem Häubchen« geschildert hat. Der Umgang meiner Wirtinnen mit anderen Menschen war darüber hinaus recht begrenzt; neben einer verheirateten Schwester kamen lediglich zwei langweilige Damen manchmal zu Besuch. Das einzig Erfrischende waren eine hübsche Nichte und ein paar muntere, lebhafte Neffen, denen ich stets Märchen und Wichtelgeschichten vorlesen musste.

Ich versuchte, meine Einsamkeit und meine missmutige Stimmung zu zerstreuen, indem ich die vielen Menschen betrachtete, die in Wind und Schneegestöber, mit rotblauen Nasen und zusammengekniffenen Augen die Straße unter meinem Fenster entlangliefen. Es machte mir Spaß, das Leben und das eilige Hin und Her zu beobachten, das drüben in der Apotheke herrschte; die Tür stand nicht eine Sekunde still, Dienstleute und Bauern strömten ein und aus, und wenn sie wieder auf die Straße traten, waren sie bemüht, die Signaturen der ausgehändigten Arznei zu studieren. Einige schienen sie deuten zu können, während andere lange dastanden, überlegten und nachdenklich den Kopf schüttelten; die Aufgabe war wohl zu schwer für sie. Es dämmerte, ich konnte die Gesichter nicht länger ausmachen, starrte aber weiter zu dem alten Gebäude hinüber. Wie die Apotheke dort stand, mit ihren dunklen, rotbraunen Wänden, mit spitzen Giebeln und dem Turm, der von Wetterhahn und Bleiglasfenstern geziert wurde, erinnerte sie an die Baukunst, die zu Zeiten Kristians des Vierten üblich war. Nur der Schwan schien damals wie heute ein wenig zu gesetzt, mit einem Goldring um den Hals, Reitstiefeln an den Füßen und ausgespannten, zur Flucht bereiten Schwingen. Ich war kurz davor, mich in meine Betrachtungen über gefangene Vögel zu vertiefen, als ich von Kinderlachen und Lärm im Nebenzimmer unterbrochen wurde und ein schwaches, jungfernalisches Klopfen an der Tür ertönte.

Auf mein »Herein« trat die ältere meiner Wirtinnen, Jungfer Mette, mit einem altmodischen Knicks ein, fragte, wie es mir gehe, und bat mich unter vielen Umschweifen, ich möge ihnen am Abend Gesellschaft leisten. »Es bekommt Ihnen doch ganz gewiss nicht, hier allein im Dunkeln zu sitzen, lieber Herr Leutnant«, sagte sie und fügte hinzu: »Wollen Sie sich nicht lieber gleich zu uns gesellen? Die alte Mutter Skau und die Kinder meines Bruders sind gekommen, vielleicht wird Sie das ein wenig zerstreuen. Sie mögen die fröhlichen Kinderchen doch so gern.«

Ich folgte der freundlichen Aufforderung. Als ich das Zimmer betrat, glühte in einem großen, rechteckigen Kachelofen ein Feuer und warf durch die weit geöffneten Ofentüren ein rotes, flackerndes Licht ins Zimmer. Es war ein recht großes Zimmer, in altmodischem Stil möbliert, darin standen mit russischem Leder überzogene Stühle mit hohen Rückenlehnen und eines dieser Kanapees, die wohl am ehesten für Fischbeinröcke und Storchschnabelstellung gedacht sind. Die Wände waren mit Ölgemälden geschmückt, worauf steife Damen mit gepuderten Perücken zu sehen waren, außerdem Oldenburger und weitere Berühmtheiten in gepanzerter Rüstung oder in roten Röcken.

 

»Sie müssen entschuldigen, Herr Leutnant, dass wir noch keine Kerzen angezündet haben«, sagte Jungfer Cecilie, die jüngere Schwester, die für gewöhnlich Sillemor genannt wurde, und begrüßte mich mit einem Knicks, der dem ihrer Schwester gleichkam. »Aber die Kinder tummeln sich im Dunkeln so gern am Feuer, und auch Mutter Skau führt gern ein kleines Schwätzchen im Ofenwinkel.«

»Schwätzchen hier, Schwätzchen da, du liebst doch selbst ein hübsches Geplauder in der Dämmerung, und dann sollen wir die Schuld bekommen?«, erwiderte die alte, engbrüstige Frau, die Mutter Skau genannt wurde. »Nein, sieh an, guten Abend, Gevatter! Kommt, setzt Euch zu uns und erzählt, wie es Euch ergangen ist. Ihr seht mir wahrlich ein wenig gerupft aus«, sagte sie zu mir und warf ob ihrer eigenen aufgedunsenen Molligkeit stolz den Kopf in den Nacken.

Ich musste von meiner Erkrankung erzählen und erduldete zum Ausgleich einen recht langen und umständlichen Bericht über ihre Gicht und ihre asthmatischen Qualen; glücklicherweise wurde dieser unterbrochen, als die Kinder lärmend aus der Küche hereinstürzten, wo sie dem alten Hausinventar Stine einen Besuch abgestattet hatten.

»Tante, weißt du, was Stine sagt?«, rief ein kleines, schmächtiges braunäugiges Dingelchen. »Sie sagt, ich soll heute Abend mit auf den Heuboden kommen und dem Wichtel seinen Weihnachtsbrei geben. Aber ich will nicht, ich habe Angst vor dem Wichtel!«

»Ach, das sagt Stine bloß, um euch loszuwerden. Eigentlich traut sie sich selbst nicht im Dunkeln auf den Heuboden, das dumme Ding, denn sie weiß wohl noch, dass sie einmal vom Wichtel erschreckt wurde«, sagte Jungfer Mette. »Aber wollt ihr denn nicht den Leutnant begrüßen, Kinder?«

»Ach nein, du bist das, Leutnant, ich hab dich gar nicht erkannt! Wie blass du bist! Schon so lang hab ich dich nicht mehr gesehen!«, riefen die Kinder wild durcheinander und scharten sich um mich. »Nun musst du uns etwas Lustiges erzählen, du hast uns schon seit Ewigkeiten nichts mehr erzählt! Erzähl von Butterbock, lieber Leutnant, erzähl von Butterbock und Goldzahn!« Ich musste also vom Jungen Butterbock und dem Hund Goldzahn erzählen und noch zwei Wichtelgeschichten zum Besten geben, über Schönwichtel und Brüllwichtel, die einander Heu stibitzt hatten, sich dann mit dem Heustapel auf dem Rücken begegneten und aufeinander einschlugen, bis sie in einer Wolke aus Heu verschwunden waren. Ich musste vom Wichtel auf Hesselberg erzählen, der den Hofhund so lange triezte, bis der Bauer ihn schließlich die Scheunenbrücke hinunterwarf. Die Kinder klatschten in die Hände und lachten. »Das geschah ihm recht, dem hässlichen Wichtel«, riefen sie und verlangten nach mehr.

»Nein, Kinder, jetzt quält ihr den Leutnant aber allzu sehr«, sagte Jungfer Cecilie. »Nun soll Tante Mette eine Geschichte erzählen.«

»Ja, erzähl, Tante Mette«, riefen alle zusammen.

»Ich weiß gar nicht, was ich erzählen soll«, erwiderte Tante Mette, »aber da wir nun schon einmal vom Wichtel sprechen, werde auch ich etwas über ihn erzählen. Ihr kennt doch noch die alte Kari Gausdal, nicht wahr, Kinder? Die früher hier war und Fladenbrot und Flachbrot buk und immer so viele Märchen wusste?«

»Ja, ja!«, riefen die Kinder.

»Also, die alte Kari erzählte, dass sie vor langer Zeit im hiesigen Waisenhaus gedient hatte. Damals war es dort am Stadtrand noch einsamer und trauriger, als es heute ist, und das Waisenhaus ist ein düsteres und unheimliches Gebäude. Als Kari dorthin kam, sollte sie als Köchin arbeiten, und sie war ein ziemlich tüchtiges und kluges Mädchen. Eines Nachts wollte sie aufstehen und brauen, und da sagten die anderen Bediensteten zu ihr: Gib acht, dass du nicht zu früh aufstehst, vor zwei Uhr darfst du die Maische nicht aufs Feuer stellen.

Wieso nicht? , fragte sie.

Du weißt doch wohl, dass hier ein Wichtel wohnt, und dann weißt du vielleicht auch, dass er so früh nicht gestört werden will. Vor zwei Uhr darfst du die Maische nicht aufs Feuer stellen , sagten sie wieder.

Egal, wenn s weiter nichts ist , erwiderte Kari frisch von der Leber weg, wie man so sagt, ich hab mit dem Wichtel nichts zu schaffen, und wenn er mir was will, dann werd ich ihn, ob ihr s glaubt oder nicht, zur Tür hinauswerfen.

Die anderen sagten, sie solle sich in Acht nehmen, aber Kari kümmerte sich nicht...
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