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Das Flüstern der Schuld

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
528 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.12.2017
Die junge Köchin Gracie hat alles, wovon andere nur träumen können: eine vielversprechende Karriere, ein hübsches Haus, einen attraktiven Ehemann sowie eine süße Tochter. Als sie eines Tages ihre Tochter zur Tanzschule bringt, begegnet sie Juliet. Gracie reagiert zunächst zurückhaltend, denn die mittellose Alleinerziehende ist ganz anders als sie und steckt ständig in Schwierigkeiten. Doch Juliet setzt alles daran, mit Gracie befreundet und Teil ihres perfekten Lebens zu sein. Allmählich vertraut Gracie sich Juliet an, gesteht ihr die erschütternden Geheimnisse, die sich hinter ihrer glänzenden Fassade verbergen. Geheimnisse, die drohen, beiden Frauen zum Verhängnis zu werden ...

Sam Hepburn arbeitete für die BBC als Produzentin und Regisseurin von Dokumentarfilmen und veröffentlichte bereits mehrere erfolgreiche Jugendbücher. »Das Flüstern der Schuld« ist ihr erster Spannungsroman für ein erwachsenes Publikum. Sam Hepburn lebt mit ihrer Familie in London.
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Produkt

KlappentextDie junge Köchin Gracie hat alles, wovon andere nur träumen können: eine vielversprechende Karriere, ein hübsches Haus, einen attraktiven Ehemann sowie eine süße Tochter. Als sie eines Tages ihre Tochter zur Tanzschule bringt, begegnet sie Juliet. Gracie reagiert zunächst zurückhaltend, denn die mittellose Alleinerziehende ist ganz anders als sie und steckt ständig in Schwierigkeiten. Doch Juliet setzt alles daran, mit Gracie befreundet und Teil ihres perfekten Lebens zu sein. Allmählich vertraut Gracie sich Juliet an, gesteht ihr die erschütternden Geheimnisse, die sich hinter ihrer glänzenden Fassade verbergen. Geheimnisse, die drohen, beiden Frauen zum Verhängnis zu werden ...

Sam Hepburn arbeitete für die BBC als Produzentin und Regisseurin von Dokumentarfilmen und veröffentlichte bereits mehrere erfolgreiche Jugendbücher. »Das Flüstern der Schuld« ist ihr erster Spannungsroman für ein erwachsenes Publikum. Sam Hepburn lebt mit ihrer Familie in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641205478
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum18.12.2017
Seiten528 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse982 Kbytes
Artikel-Nr.2363531
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Gracie zählt nach. Sie kann nicht anders. Während die Passagiere um sie herum an ihren Getränken nippen und durch die Programme zappen, überfliegt sie die Daten in ihrem Kalender. Es ist fast fünf Monate her - einhundertdreiundvierzig Tage, um genau zu sein -, seit sie zuletzt ein anonymes Päckchen, eine höhnische Nachricht oder einen stummen Anruf erhalten hat. Schnell blättert sie die Seiten durch, fügt ihrer To-do-Liste noch einige Punkte hinzu und streicht durch, was sie erledigt hat, als sich plötzlich ihre Wangen kräuseln, weil sie vor Aufregung lächeln muss - das erste echte Lächeln seit Tagen. Sie ist unterwegs nach Hause. Kein Aufstehen mehr im Morgengrauen, um ihre Anweisungen für die Filmaufnahmen durchzugehen. Keine verpassten Anrufe mehr von Tom. Kein Jonglieren mehr mit Zeitzonen und Zeitplänen für die Filmaufnahmen, um zur Schlafenszeit mit Elsie skypen, ihr zuwinken und alberne Witze erzählen zu können, wo sie sich doch nur eines wünscht: ihre Lunge mit dem Duft von Elsies frisch gebadeter Haut zu füllen. Sie spannt das Gummiband um ihren Kalender, legt den Stift hin und heftet den Blick auf das kitschig anmutende Himmelsoval, das vom Kabinenfenster eingerahmt wird, fast atemlos bei dem Gedanken daran, wie sich Elsies kleiner feuchter Körper gegen ihren presst.

Doch sie hat auch Schuldgefühle, weil es ein so gutes Gefühl ist, in New York zu sein, von ihrem Hotel im Stadtzentrum zu den Fernsehstudios zu gehen, sich unter die Leute zu mischen, um einen Kaffee zu trinken oder ohne die Blicke von Fremden oder das Schlurfen von Schritten hinter sich einen Lippenstift auszuprobieren. Falls die Amerikaner ihre Show kaufen, ist sie dann so verrückt zu glauben, dass das Leben zumindest in den Staaten wieder so sein könnte wie vor den Drohungen? Als sie es genoss, auf der Straße erkannt zu werden, und die Bitten von Passanten, ihnen Chipstüten, Gipsverbände und Körperteile zu signieren, sie zum Lachen brachten und gern nach einem Filzstift greifen ließen.

Sie beugt sich vor und reibt sich die Arme. Zwei Wochen in New York haben sie nachlässig und unvorsichtig werden lassen, doch jetzt spürt sie, wie die Vorsicht wieder in ihre Knochen sickert und ihre Wirbelsäule steif wird, Wirbel für Wirbel. Wie schnell sie wieder da ist, denkt sie, und ein Teil von ihr akzeptiert ihre Rückkehr, heißt sie sogar willkommen: der Teil, der immer noch an dem Kindheitsglauben festhält, dass sie mit Schmerzen dafür bezahlen kann, die kostbaren Dinge zu schützen.

Der Schluckauf des Babys auf der anderen Seite des Gangs lässt sie aufblicken. Es ist ein kleiner Junge mit eckigem Gesicht, der ein winziges kariertes Hemd und eine Jeanslatzhose trägt. Er windet sich in den Armen seiner Mutter und schlägt die Flasche weg, die sie ihm an den Mund hält, genau wie Elsie in jenem ersten Sommer, in dem Tom und sie mit ihr in Urlaub gefahren waren, auf dem gesamten Nachhauseweg von St. Lucia. Gracie erinnert sich an ihre hilflosen Versuche, ihr Kind zu trösten, an die Verärgerung der anderen Passagiere und ihre eigene wachsende Angst, dass sie als Mutter nie gut genug sein würde. Die Frau überlässt ihrem Mann das Baby und die Flasche, steht auf und streicht ihr milchbeflecktes T-Shirt und den zerknitterten Rock glatt. Gracie wirft ihr ein mitfühlendes Lächeln zu. Die Frau ist wieder schwanger, im zweiten, vielleicht dritten Monat, kaum lange genug, um sichtbar zu sein, aber es reicht, um die Hände auf die Rundung des Bauchs legen zu können. Der Anblick dieser schützenden Finger weckt andere Erinnerungen in ihr. Gracies Gedanken schweifen ab, suchen Ruhe, nehmen Zuflucht zu ihren Plänen für das Wochenende: Park mit Elsie, Bett mit Tom.

Ihr Herz rast, während sie die überfreundlichen Abschiedsgrüße des Bordpersonals erwidert und von der Wärme des Flugzeugs in die Kühle des überdachten Gangs tritt. Jetzt ist es gleich so weit. Tom wird in der Ankunftshalle stehen, Elsies Hand halten und auf das aufleuchtende »Gelandet«-Zeichen neben ihrer Flugnummer deuten.

In der Gepäckhalle ist viel los, selbst für einen Freitagabend. Quengelige Kinder schlurfen hinter bissigen Eltern her, hohläugige Touristen halten ihre Trolleys fest und blicken sich verloren um. Gracie steht neben dem Gepäckförderband, den Kopf gesenkt, und gibt vor, etwas in ihrer Tasche zu suchen. Sobald ihre Koffer in Sicht kommen, packt sie sie auf ihren Trolley und eilt davon.

»Gracie! Gracie Dwyer! Wären Sie so nett?«

Verdammt! Köpfe werden gereckt. Gracie spürt es. Sie holt Luft, bleibt stehen und dreht sich um. Eine Frau mittleren Alters in einem blassblauen Regenmantel flattert mit hochgehaltenem Handy auf sie zu, während ihr groß gewachsener, kahl werdender Ehemann dasteht und entschuldigend die Hände zusammenpresst. »Ich liebe Ihre Show«, haucht die Frau voller Entzücken. Sie hält das Handy schräg, drückt ihre gepuderte Wange gegen Gracies und knipst. »Ihre Zitronen-Walnuss-Torte ist die einzige Möglichkeit, meinen Sohn nach Hause zu locken.«

»In der neuen Serie wird es noch viele andere Desserts geben, Sie sollten sie also nicht verpassen.« Gracies Lächeln ist warm.

Die Frau strahlt und sagt scheu: »Wissen Sie, Sie sehen in natura sogar noch hübscher aus als im Fernsehen.«

»Das ist sehr lieb von Ihnen, aber nach sechs Stunden in der Luft fühle ich mich ganz kaputt.«

Mit einem weiteren Lächeln macht sich Gracie davon und eilt durch »Nichts zu verzollen«.

Die Glastüren gleiten auf. Ihr Blick huscht über die wartenden Gesichter. Als sie die beiden hinter der Absperrung entdeckt, eingeklemmt zwischen einer Gruppe gelangweilter Fahrer mit Namensschildern, erfasst sie eine Woge der Freude. Den dunklen Haarschopf von Tom, der den Kopf geneigt hat, um etwas auf seinem Handy zu checken, und Elsie, ihr wunderschönes Mädchen, das die Arme ausstreckt und »Mummy, Mummy!« ruft.

Gracie läuft schneller, lässt ihren Trolley wegrollen, als sie Elsie in die Arme nimmt, sie hochhebt und die Nase in ihr Haar drückt. Sie hebt Tom das Gesicht entgegen, ungeduldig, den gierigen Druck seiner Lippen zu spüren. Doch er bückt sich, hebt schnell Brown Bear vom Boden auf, legt ihn in Elsie ausgestreckte Hand, und sein Kuss - als er endlich kommt - geht in ihrer beider erleichtertem Augenrollen über die abgewendete Katastrophe beinahe unter.

Tom nimmt ihr Gepäck. Sie folgt ihm zum Parkplatz, Hand in Hand mit Elsie, die springt und hüpft und mit Geschichten über die Schule und Pyjamapartys und die Hunde anderer Leute herausplatzt. Als das Gepäck verstaut ist und die Sicherheitsgurte angelegt sind, sitzt Tom einen Moment lang da und hält das Lenkrad umfasst, bevor er den Zündschlüssel dreht. Sie entdeckt eine winzige Stelle mit Stoppeln, die er beim Rasieren übersehen hat, sechs oder sieben ledrige Haare, die aufrecht und trotzig von seinem Kinn abstehen.

»Alles okay mit dir?«, murmelt sie.

»Ja, alles gut.«

»Du wirkst ... müde.«

»Oh, na ja.« Er stellt den Spiegel ein und fährt rückwärts aus der Parklücke. »Und wie ist es gelaufen?«

»Die Führungskräfte schienen zufrieden zu sein. Doch letztlich kommt es auf die Fokusgruppen an.«

»Wann kriegst du Bescheid?«

»Könnte Wochen oder auch Monate dauern. Aber wenn sie sich dafür entscheiden, warum kommst du dann nicht mit Elsie für die letzte Woche der Aufnahmen rüber? Wir könnten ein paar Tage dranhängen, Urlaub machen.«

»Hängt von meinen Terminen ab.« Er schiebt den Parkschein in den Automaten. »Bei der Arbeit ist alles ein bisschen ... in der Schwebe.«

Das Auto ruckelt leicht, als er beschleunigt und die Rampe hoch und hinaus in die graue Heathrower Dämmerung fährt. Heftiger Regen trommelt gegen den Wagen. Sie legt ihm die Hand auf die Schulter. »Probleme mit Bristow´s?«

Er rammt den Schaltknüppel in einen höheren Gang und fädelt sich in den Verkehr ein. »Wenn sie Mist haben wollen, dann haben sie sich für die Richtigen entschieden.«

Sie dreht sich um, will Elsies Geschichte über den Kater der echten Hexe hören, die sie an Halloween gesehen hatte, als sie »Süßes oder Saures« spielte. »Er hatte einen kleinen spitzen Hut und alles.« Gracie sieht wieder zu Tom hin, sucht sein Lächeln. Die nasse Straße erfordert seine volle Aufmerksamkeit. Die Regentropfen auf den Fenstern glitzern blau und grün und rot, erhellen die Dunkelheit, während er von der M40 auf die regenglatten Straßen von Hammersmith abbiegt. Die Scheibenwischer rubbeln über die Windschutzscheibe. »War da irgendwas ... in der Post?«, murmelt sie leise.

Er schüttelt den Kopf, ohne sie anzusehen. »Gott, nein.«

Gracie wartet darauf, dass er ihre Erleichterung zur Kenntnis nimmt, die Hand durch ihr Haar gleiten lässt und ihr sagt, wie sehr er sich freut, dass sie wieder zu Hause ist. Doch er schaltet die Nachrichten ein - Syrien, Irak, die Wirtschaft. Sie versucht, es ihm nicht übel zu nehmen. Die Ausschreibung von Bristow´s zu verlieren wird ihn hart getroffen haben. All die Arbeit. Die ganze Vorbereitung. Die Enttäuschung. Am besten sagt sie nichts. Sie werden später darüber reden. Wenn sie allein sind und sie ihn richtig trösten kann. Einen Moment lang pulsiert Wärme zwischen ihren Oberschenkeln.

Als sie Deptford hinter sich gelassen haben und Greenwich erreichen, starrt sie hinaus auf die gespenstischen Kuppeln der alten Gebäude der Admiralität, die Lichtreflexe von Pubs und Cafés, die enger werdenden Straßen und den Fluss, der immer wieder zwischen den neuen Wohnblöcken auftaucht. Tom biegt von der Straße auf einen Feldweg ein, der sich an...

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Autor

Sam Hepburn arbeitete für die BBC als Produzentin und Regisseurin von Dokumentarfilmen und veröffentlichte bereits mehrere erfolgreiche Jugendbücher. »Das Flüstern der Schuld« ist ihr erster Spannungsroman für ein erwachsenes Publikum. Sam Hepburn lebt mit ihrer Familie in London.