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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.11.2017
Wir schreiben das Jahr 2027, und seit einer mysteriösen Katastrophe vor zehn Jahren, ist Dunkelheit über die Welt hereingebrochen: Auferstandene, sogenannte Quazis, leben nun Seite an Seite mit den Menschen. Eine Tatsache, die dem Moskauer Polizisten Denis Simonow überhaupt nicht gefällt, schließlich wurden seine Frau und sein wenige Monate alter Sohn einst von den Auferstandenen getötet. Als ihm dann auch noch der Quazi Michail Bedrenez als Partner zugeteilt wird, hat Simonow zunächst die Nase voll. Doch dann kommen er und Bedrenez einer Verschwörung auf die Spur, die das Leben von Menschen und Quazis gleichermaßen bedroht. Ein Fall, den sie nur gemeinsam lösen können ...

Sergej Lukianenko, 1968 in Kasachstan geboren, studierte in Alma-Ata Medizin, war als Psychiater tätig und lebt nun als freier Schriftsteller in Moskau. Er ist der populärste russische Fantasy- und Science-Fiction-Autor der Gegenwart, seine Romane und Erzählungen wurden mehrfach preisgekrönt. Die Verfilmung von 'Wächter der Nacht' war der erfolgreichste russische Film aller Zeiten.
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Produkt

KlappentextWir schreiben das Jahr 2027, und seit einer mysteriösen Katastrophe vor zehn Jahren, ist Dunkelheit über die Welt hereingebrochen: Auferstandene, sogenannte Quazis, leben nun Seite an Seite mit den Menschen. Eine Tatsache, die dem Moskauer Polizisten Denis Simonow überhaupt nicht gefällt, schließlich wurden seine Frau und sein wenige Monate alter Sohn einst von den Auferstandenen getötet. Als ihm dann auch noch der Quazi Michail Bedrenez als Partner zugeteilt wird, hat Simonow zunächst die Nase voll. Doch dann kommen er und Bedrenez einer Verschwörung auf die Spur, die das Leben von Menschen und Quazis gleichermaßen bedroht. Ein Fall, den sie nur gemeinsam lösen können ...

Sergej Lukianenko, 1968 in Kasachstan geboren, studierte in Alma-Ata Medizin, war als Psychiater tätig und lebt nun als freier Schriftsteller in Moskau. Er ist der populärste russische Fantasy- und Science-Fiction-Autor der Gegenwart, seine Romane und Erzählungen wurden mehrfach preisgekrönt. Die Verfilmung von 'Wächter der Nacht' war der erfolgreichste russische Film aller Zeiten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641206253
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum13.11.2017
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2165 Kbytes
Artikel-Nr.2363545
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Zweites Kapitel

Himmel und Wind

Im Juli erlebte Moskau regelmäßig Stürme. Oft rückten sie auf die Stadt zu, die Meteorologen gaben Sturmwarnungen aus, und dann lösten sie sich wieder auf.

Aber manchmal brachen sie auch mit voller Kraft auf die Stadt herein.

Ich hatte keine Ahnung, ob der Sturm sich heute Nacht so richtig austoben würde oder nur sein Spielchen mit uns trieb. Aber der Wind war kein Spaß mehr. Massive, regenschwangere Wolken rasten über den Himmel, ohne dass bisher auch nur ein Tropfen gefallen war.

»Ich gehe alleine«, sagte ich zu Michail.

»Soll ich nicht mitkommen?«, wollte er wissen.

»Ich komme schon klar.«

Wir standen vor dem Müllschacht, neben dem eine Tür auf einen kleinen ungenutzten Balkon führte. Im zwanzigsten Stockwerk, sechzig Meter über dem Boden.

»Ich gehe wenigstens nicht kaputt, wenn was schiefgeht«, erinnerte mich Michail und hielt mich am Ärmel fest.

Ich zeigte ihm einen Vogel.

»Das heißt, ich gehe natürlich kaputt«, gab Michail zu. »Aber ich überlebe es, will heißen, ich regeneriere mich. Mit der Zeit.«

»Und wovor sollte ich Angst haben?«, fragte ich. »Wenn ich kaputtgehe, stehe ich auf und werde erhöht. So einfach ist das.«

»In deinem Testament ist Verbrennung vermerkt«, sagte Michail. »Du stehst nicht auf.«

»Dann passiert mir auch nichts. Lass mich durch!«

»Warum gerade du? Du hast gestern viel getrunken. Ich rieche das.«

»Du hast die falsche Hautfarbe«, erklärte ich. »Sie sollten dich jetzt nicht sehen.«

Michail überlegte, dann ließ er mich los.

»Auch wieder wahr. Na gut, geh.«

Ich drückte die Tür auf und trat langsam auf den Balkon.

Oho!

Was für ein Wind!

Hätte ich einen Hut aufgehabt, wäre der jetzt weg.

Hätte ich Flügel, würde ich selbst wegfliegen.

Und hätte ich Köpfchen, würde ich ruckzuck ins Haus zurückkriechen.

Der Balkon war schmal, aber etwa vier Meter lang und verband den Wartebereich vor dem Aufzug mit der Tür zum Treppenhaus. Was bedeutete, dass die Hausbewohner im Fall eines Brandes eine Schleife drehten: Erst mussten sie auf den Balkon ausweichen und dabei frische Luft in das brennende Gebäude lassen, nur um dann wieder in das Inferno einzutauchen.

Ziemlich dämlich. Aber es brannte ja nicht.

Als Erstes blickte ich nach unten, wo mehrere Polizeifahrzeuge, ein Feuerwehrauto und ein Rettungswagen parkten. Außerdem standen da Gaffer - was würden wir ohne die tun - und Kamerateams, na klar ...

Ich winkte ihnen zu.

Dann drehte ich mich um.

Die Mädchen standen in der Ecke des Balkons auf einer Art Podest, das ich zunächst für eine alte, abgewetzte Truhe hielt. Dann sah ich, dass es sich um eine Singer-Nähmaschine handelte. Uralt. Bestimmt hundert Jahre! Wer warf denn eine solche Antiquität weg?

»Hallo!«, sagte ich laut und freundlich. »Ganz schön windig!«

Ein Mädchen drehte sich ablehnend weg. Das andere nickte unsicher. Die beiden waren fünfzehn, sechzehn. Sie hielten sich an den Händen, so fest, dass ihre Finger ganz weiß waren. Und pressten sich an die Wand.

Die, die genickt hatte, war hübsch und rothaarig und hieß Julia. Sie ging in die zehnte Klasse. Die Abweisende mit dem braunen Kurzhaarschnitt hieß Anja. Sie war im ersten Jahr der technischen Berufsschule. Die beiden waren seit dem Kindergarten befreundet.

Das war schlecht.

»Erst mal muss ich eines wissen, Mädels!«, rief ich. »Seid ihr schwanger?«

Jetzt blickte auch Anja mich an. Völlig perplex.

»Ich erkläre euch den Grund für meine Frage«, sagte ich. »Wenn ihr aufsteht, wenn ihr schwanger seid, bleibt ihr das für immer. Könnt ihr euch vorstellen, was das für ein Horror ist?«

»Wir sind nicht schwanger!«, schrie Julia empört.

»Wir sind keine Prostituierten«, pflichtete Anja ihr bei.

Ich ging in die Hocke. Erstens um mich vor dem Wind zu schützen. Zweitens würde diese Haltung zur Entspannung der Situation beitragen. Und drittens konnte man aus dieser Position am schnellsten losspringen, aber das wussten die Mädchen hoffentlich nicht.

»Gut!«, rief ich. »Zweite Frage, wenn ich darf. Wie heißt das Schwein?«

Die Mädchen tauschten Blicke.

»Warum wollen Sie das wissen?«, kreischte Anja hysterisch.

»Ich muss doch wissen, wer so dämlich ist.«

»Er ist nicht dämlich!«, sagte Julia. Plötzlich blickte sie nach unten und erschrak. Gut so, gut ...

»Er liebt uns beide!«, sprang Anja ihr bei. »Und kann sich nicht entscheiden! Und wir sind Freundinnen, wir wollen uns nicht gegenseitig verraten.«

»Warum verraten?« Ich tat überrascht. »Wenn er euch beiden gefällt und ihr Freundinnen seid, dann lebt doch zu dritt.«

Ich hielt das für einen fantastischen Vorschlag, auch wenn der Jugendpsychologe da möglicherweise anderer Meinung war.

»Er ist verheiratet«, schrie Julia wieder hysterisch. »Er sagt, er liebt uns beide, kann seine Frau aber nicht verlassen.«

»So ein Arsch«, sagte ich geradeheraus. Mal wieder das Übliche: Der Typ versuchte, die verliebten Minderjährigen loszuwerden, ohne sie zu traumatisieren. Aber das hatte er ordentlich verbockt. »Habt ihr vielleicht eine Zigarette, Mädels?«

Die beiden sahen sich an.

Julia holte ein Feuerzeug raus, Anja eine zerdrückte Packung Zigaretten, die man ihr aufgrund ihres Alters nicht hätte verkaufen dürfen.

»Soll ich sie rüberwerfen?«, fragte Anja.

»Die fallen runter!«, wehrte ich ab, stand auf und ging zu den beiden hinüber - die sich augenblicklich anspannten. Ich nahm Zigaretten und Feuerzeug entgegen, trat nur zwei Schritte zurück und ging wieder in die Hocke. »Ich habe auch eine Tochter in eurem Alter, die eine Zeit lang mit einem erwachsenen Mann zusammen war ...«

Das haute eigentlich nicht ganz hin, aber wenn man fünfzehn ist, sehen alle Erwachsenen uralt aus.

»Und?«, fragte Julia misstrauisch.

»Was und? Eine dumme Pute ist sie! Die halbe Klasse war hinter ihr her, und sie verknallt sich ausgerechnet in den Lehrer ... Hat zwei Monate nur geheult ...«

»Und dann?«

»Dann? Hat sie einen anderen Kerl kennengelernt. Zweiundzwanzig Jahre und Student am MIMF.«

»Mimf?«, fragte Anja verwundert.

»Moskauer Institut für Molekulare Forschung.« Ich musste improvisieren. »Ein hochanständiger Wissenschaftler.«

Na also. Die beiden lächelten. Es war wie beim Angeln - erst den Köder am Haken auswerfen, dann im richtigen Moment den Anhieb setzen und rausziehen.

»Könnt ihr da nicht runterkommen, Mädels? Dann hocken wir uns hin, rauchen eine und reden.«

Anja und Julia blickten sich an. Sie wollten nicht mehr springen. Vielleicht hatten sie es von Anfang an nicht vorgehabt, vielleicht hatten sie sich einfach nur gegenseitig in diesen für ihr Alter so typischen explosiven Gefühlszustand hochgeschaukelt.

»Und Sie werden uns nicht festhalten?«, fragte Anja.

»Nein«, versprach ich.

Anja tippelte unbehaglich auf dem Podest herum. Sie versuchte in die Hocke zu gehen, da erfasste sie eine Böe, sie kreischte auf und drückte sich wieder an die Wand.

»Meine Beine sind eingeschlafen«, rief sie panisch. Julia umfasste sie und geriet dabei selbst ins Schwanken.

»Stopp, stopp«, rief ich und stand auf. »Kommt, ich helf euch.«

Sie konnten sich nicht mehr wehren.

Ich fasste beide fest an der Hand und zog sie runter.

Julia sprang einfach auf den Balkon.

Anja hingegen wollte sich am Geländer herunterlassen, geriet aber ins Wanken.

»Scheiße!«, heulte ich auf und umfasste das Mädchen mit beiden Armen.

»Halten Sie mich fest, halten Sie mich«, rief Anja panisch. Halb sitzend balancierte sie auf dem Rand des wackeligen Podests und neigte sich dabei immer mehr dem Geländer zu. Ich hätte sie leicht runterziehen können, aber der Wind peitschte mir in den Rücken und drückte mich gegen das Mädchen ...

Die Tür knallte. Michail war mit zwei Sätzen bei uns. Mit einer Hand riss er Anja zu sich heran, mit der anderen stützte er mich. Dann ließen wir uns allesamt auf den dreckigen, mit Taubenscheiße und zerdrückten Kippen übersäten Balkonboden plumpsen.

Julia weinte. Anja klapperte mit den Augenlidern und schob sich einen Finger in den Mund.

»Dumme Gänse«, sagte ich heftig. »Hier habt ihr euer Gift wieder.«

Anja zog den Finger aus dem Mund und nahm sich eine Zigarette, steckte sie in den Mund und zündete sie postwendend an. Am Filter.

Ich stöhnte auf, zog ihr die Zigarette aus dem Mund und drückte sie aus.

Der Sturm machte an diesem Tag einen Bogen um die Stadt. Die Wolken jagten noch über den Himmel, ab und zu kam es zu kurzen heftigen Regengüssen, aber der Wind war nicht mehr so stark.

»Du hättest das nicht tun müssen«, sagte Michail. Ich fuhr wieder, er saß neben mir. Zu seinem alten Anzug trug er jetzt einen zerdrückten Filzhut, den er vorhin vorsorglich im Wagen gelassen hatte. »Du hättest auf den Psychologen warten sollen. Die Mädchen wären nicht gesprungen.«

»Vielleicht wären sie runtergeweht worden«, sagte ich. »Außerdem waren sie zu zweit. Zwei Mädels in dem Alter können sich gegenseitig ganz schön hochschaukeln, im Guten wie im...

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Sergej Lukianenko, 1968 in Kasachstan geboren, studierte in Alma-Ata Medizin, war als Psychiater tätig und lebt nun als freier Schriftsteller in Moskau. Er ist der populärste russische Fantasy- und Science-Fiction-Autor der Gegenwart, seine Romane und Erzählungen wurden mehrfach preisgekrönt. Die Verfilmung von "Wächter der Nacht" war der erfolgreichste russische Film aller Zeiten.