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Der Schattengarten

von
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am22.01.2018
Nach einigen Jahren in London kehrt Lucy Briar wieder nach Melbourne zurück. Sie möchte ein ruhiges Leben führen, doch als ihr Vater Ron einen Unfall hat, holt sie ihre Vergangenheit ein. Lucys Vater bittet sie, in Bitterwood Park, dem mittlerweile halb verfallenen Anwesen der Familie, nach einem alten Fotoalbum zu suchen. Mit Bitterwood verbindet Lucy böse Erinnerungen und düstere Träume, die sie seit ihrer Kindheit quälen. Auf der Suche nach dem Album entdeckt sie schließlich ein schreckliches Geheimnis. Und sie muss sich endlich ihren Dämonen stellen ...

Anna Romer wuchs in New South Wales in einer Familie von Büchernarren und Geschichtenerzählern auf, weshalb sie sich schon früh für Literatur zu interessieren begann. Sie arbeitet als Grafikerin und hat lange Reisen ins australische Outback, nach Asien, Neuseeland, Europa und Amerika unternommen, wo sie viel Stoff sammelte, den sie in ihren Bildern und Texten verarbeitet. Bereits ihr erster Roman »Das Rosenholzzimmer« lebte von ihrer Faszination für vergessene Tagebücher und Briefe, dunkle Familiengeheimnisse und alte Häuser und ihrer Liebe zur einzigartig schönen australischen Landschaft. Die Autorin lebt in einem abgelegenen Landsitz im nördlichen New South Wales, wo sie an ihrem nächsten Roman schreibt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextNach einigen Jahren in London kehrt Lucy Briar wieder nach Melbourne zurück. Sie möchte ein ruhiges Leben führen, doch als ihr Vater Ron einen Unfall hat, holt sie ihre Vergangenheit ein. Lucys Vater bittet sie, in Bitterwood Park, dem mittlerweile halb verfallenen Anwesen der Familie, nach einem alten Fotoalbum zu suchen. Mit Bitterwood verbindet Lucy böse Erinnerungen und düstere Träume, die sie seit ihrer Kindheit quälen. Auf der Suche nach dem Album entdeckt sie schließlich ein schreckliches Geheimnis. Und sie muss sich endlich ihren Dämonen stellen ...

Anna Romer wuchs in New South Wales in einer Familie von Büchernarren und Geschichtenerzählern auf, weshalb sie sich schon früh für Literatur zu interessieren begann. Sie arbeitet als Grafikerin und hat lange Reisen ins australische Outback, nach Asien, Neuseeland, Europa und Amerika unternommen, wo sie viel Stoff sammelte, den sie in ihren Bildern und Texten verarbeitet. Bereits ihr erster Roman »Das Rosenholzzimmer« lebte von ihrer Faszination für vergessene Tagebücher und Briefe, dunkle Familiengeheimnisse und alte Häuser und ihrer Liebe zur einzigartig schönen australischen Landschaft. Die Autorin lebt in einem abgelegenen Landsitz im nördlichen New South Wales, wo sie an ihrem nächsten Roman schreibt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641212377
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum22.01.2018
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2949 Kbytes
Artikel-Nr.2363720
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Melbourne, Juni 1993

Der Winter hatte früh eingesetzt. Es war erst fünf Uhr nachmittags, und schon hatte sich der nächt­liche Himmel wieder über die Stadt gesenkt. Die Straßenbahnen ratterten kreischend über die Kreuzungen und wirbelten leere Chipstüten und Staub auf. Die Luft roch nach Dieselabgasen und schwach nach Meer.

Während die Straßenlaternen auf der Dandenong Road aufflackerten, lief ich über den Bürgersteig in Richtung Astor Theatre. Auf dem Programm standen zwei Hitchcock-Filme. Fenster zum Hof hatte ich schon unzählige Male gesehen, anders als Cocktail für eine Leiche. Die Kritik hielt den Film für sein Meisterwerk, und ich konnte es kaum erwarten, ihn zu erleben.

Ganz am Ende der Schlange vor dem Eingang stand ein kleiner, etwa sechzigjähriger Mann mit schütterem Haar und struppigem Bart. Er trug Jeans, eine Wolljacke und hatte eine abgewetzte Aktentasche unter dem Arm. Seine Ohren waren gerötet von der kalten Abendluft. Am liebsten wäre ich auf ihn zugelaufen und hätte mich ihm in die Arme geworfen, um seine runden Bäckchen mit Küssen zu überschütten, so wie ich es als Kind immer gemacht hatte. Stattdessen schlich ich mich von hinten an und tippte ihm auf die Schulter.

Er drehte sich um und strahlte mich an, verzog dann aber gleich wieder das Gesicht. »Lucy, du siehst ja furchtbar aus.«

Ich umarmte ihn hastig. »Danke, Dad. Ich finde es auch schön, dich wiederzusehen.«

Er starrte mich an. »Hast du nicht geschlafen?«

»Es ist nur der Jetlag. Morgen geht es wieder besser.«

»Und Adam?«

Ich versuchte, fröhlich zu wirken. »Er hat gestern Abend angerufen, es geht ihm gut.«

»Hat er es sich inzwischen anders überlegt und kommt doch noch nach?«

Ich warf einen Blick über die Straße und zwang mich zu lächeln. »Er hat zu viel zu tun, sonst wäre er hier. Keine Bange, er will dich nach wie vor unbedingt kennenlernen.«

Dad schüttelte den Kopf und seufzte. »Wieso habe ich dann das Gefühl, dass du mir nicht die ganze Wahrheit sagst?«

Ich vergrub die Hände in den Taschen und dachte an den Brief. Seit ich ihn einen Monat zuvor in London erhalten hatte, ging er mir nicht aus dem Kopf. Es war mehr eine kryptische Botschaft, hastig hingekritzelt in der zittrigen Handschrift meines Großvaters. Ich habe etwas für dich, hatte er geschrieben. Es wird alles erklären, aber ich kann es dir nicht mit der Post schicken ... Besteht die Möglichkeit eines Besuchs?

Doch jetzt war nicht der richtige Augenblick, meinem Vater davon zu erzählen. Es gäbe nur Streit, und er würde versuchen, mich davon abzuhalten, den alten Mann zu besuchen. Deshalb beschloss ich, ihm erst später davon zu erzählen, nachdem ich bei meinem Großvater gewesen war und mehr über dieses rätselhafte Etwas in Erfahrung gebracht hatte.

»Du vermisst ihn bereits, stimmt´s?«, fragte Dad.

Da wurde mir bewusst, dass er immer noch von Adam sprach. »Hmmm«, antwortete ich unverbindlich und hakte mich bei ihm ein, während wir in der Schlange vorrückten. »Ganz schön voll, hoffentlich kriegen wir noch gute Plätze.«

Dad kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Geht es dir wirklich gut?«

»Hör auf damit.« Im gleichen Augenblick bereute ich meine Grobheit und fragte versöhnlich: »Was macht das neue Buch?«

Dads Gesicht hellte sich auf. Er zog einen Stapel Papier aus der Aktentasche und reichte ihn mir. »Fertig, endlich. Ich habe heute den ganzen Tag die Ohren vor Wilmas Nörgelei verschlossen und den Schluss geschrieben. Hoffentlich gefällt es dir.«

»Wow, Dad.« Sowohl der Brief als auch Adam waren vergessen, als ich in dem Manuskript blätterte. Plötzlich sehnte ich mich danach, wieder zu Hause zu sein, mit einem heißen Tee in meinem gemüt­lichen Sessel zu sitzen und in die neue fantastische Welt einzutauchen, die mein Vater erschaffen hatte. »Lass mich raten? Rumpelstilzchen?«

Dad nickte, während er seine Aktentasche wieder verschloss. »Ich konnte der Verlockung, ihn zum Helden zu machen, einfach nicht widerstehen. Im Original hat man ihm ziemlich übel mitgespielt. Er steht einer jungen Dame in Not bei, und anschließend verweigert man ihm den Lohn.«

»Na ja, immerhin verlangte er ihr erstgeborenes Kind«, entgegnete ich.

Dad schüttelte den Kopf. »Eine Abmachung ist eine Abmachung, Luce. Wenn man nicht verlieren kann, darf man nicht spielen.«

»Immer beschäftigst du dich mit der düsteren Seite der Geschichte!«

Mit funkelnden Augen kratzte er sich den Bart. »Die Außenseiter ziehen immer den Kürzeren. Die sogenannten bösen Stiefmütter, die Hexen, die Trolle unter der Brücke - dabei tun sie nur das, was sie für das Beste halten. Kannst du mir verraten, warum die Bösen immer so missverstanden werden?«

»Hm.« Ich unterdrückte ein Lächeln. »Vielleicht, weil sie tatsächlich böse sind?«

Dads runde Wangen glühten. »In der eigenen Geschichte ist man immer der Held, sogar wenn man ein Schlitzohr ist. Jeder kämpft, um im Leben voranzukommen und ein Stück vom Glück abzukriegen, so wie alle anderen auch.«

Ich musste grinsen, während wir die Treppen des Kinos zum Foyer hinaufstiegen. Ich hatte unsere Gespräche vermisst. London lag am anderen Ende der Welt, und obwohl wir fast jede Woche telefonierten, hatte die physische Entfernung die feinen Risse in unserer Verbundenheit aufs Neue zum Vorschein gebracht.

Ich drückte das Manuskript an die Brust. »Es ist gut, wieder hier zu sein.«

Dad drückte mir leicht die Schulter. »Ohne dich ist alles anders, mein Kind. Ich bin froh, dich wieder hier zu haben, aber ein Monat ist schnell vorbei. Ich wünschte mir, ihr beiden, Adam und du, würdet endlich nach Hause kommen.«

»Adam ist in London zu Hause, Dad.«

»Aber du nicht.«

»Jetzt schon«, murmelte ich. Und bereute sofort, wie trostlos sich meine Worte angehört hatten. Dad schien etwas einwenden zu wollen, doch dann schob sich die Schlange auf den Schalter zu, und zu meiner Erleichterung war der Augenblick verpasst. Unser seltsames kleines Schweigen erinnerte mich daran, dass es zwischen uns nicht immer so einträchtig zugegangen war. Es gab Themen, um die wir nach wie vor einen weiten Bogen machten - meinen Großvater zum Beispiel -, und über meinen Entschluss, nach London zu ziehen, stritten wir uns bis heute. Ansonsten waren wir dank Dads Büchern ein Herz und eine Seele. Sein Verleger vermarktete sie als Jugendbücher, aber er hatte Fans in allen Altersgruppen, von fünf bis fünfundneunzig. Er schrieb Märchen um und stellte die Klassiker auf den Kopf. Ein böses Däumelinchen schlich sich in die Ohren von kleinen Jungs und setzte ihnen allerlei Flausen in den Kopf, ein netter Blaubart versteckte sich vor seinen herrschsüchtigen Frauen im Keller, aus Rotkäppchen wurde ein Bösewicht, der seine Gestalt änderte. Ich liebte Dads chaotische Welt und war am glücklichsten, wenn ich seine verqueren Märchen mit Feder und Tinte zum Leben erwecken durfte.

Seit fast einem Jahrzehnt waren wir ein Team, seit ich siebzehn geworden war. Eines Tages hatte ich nach einem unserer üb­lichen Streits eines seiner Manuskripte mit wütenden kleinen Zeichnungen verunstaltet. Als er sie entdeckte, fing er erst an zu kichern und brach schließlich in lautes Gelächter aus.

»Nicht zu fassen«, staunte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Verdammt noch mal, Lucy, du hast den Ausdruck des Scheusals exakt getroffen! Das ist zum Brüllen komisch! Und hier - das kraftlose Kinn des Prinzen, perfekt!«

Ein paar Wochen später rief sein Verleger an und wollte eine Auswahl meiner Zeichnungen sehen. Ich hatte einige aus dem Kunstunterricht in der Schule und andere, die ich an den Rand meiner Schulbücher gekritzelt hatte. Zu meiner Überraschung fand er sie großartig. Als Dads nächstes Buch veröffentlicht wurde, waren die Heerscharen seiner jungen Fans begeistert von den farbigen Illustrationen. Es verkaufte sich so gut, dass sein Verleger mich beauftragte, Dads frühere Bücher ebenfalls zu illustrieren. Über Nacht waren wir beide ein Team geworden. Zum ersten Mal seit Jahren hatten wir etwas Gemeinsames. Die Streitereien ließen nach, unser Schweigen wich Diskussionen über Skizzen der jeweiligen Figuren und Farbpaletten. Offenbar sah mich Dad plötzlich mit anderen Augen.

Wir kauften unsere Eintrittskarten und gingen die große Treppe hinauf. Wir waren früh dran. Der erste Streifen fing erst in zwanzig Minuten an. Also hatten wir noch Zeit, uns etwas zu knabbern zu kaufen und einen guten Platz auszusuchen.

»O je«, flüsterte Dad, als wir den oberen Teil des Foyers erreichten. »Das riecht nach Ärger.«

Ich folgte seinem Blick. Zuerst erkannte ich den gut aussehenden jungen Mann auf der anderen Seite der runden Ba­lustrade gar nicht. Er stand in einer Gruppe unter dem Kronleuchter, und als er sich zu einem seiner Begleiter um­­wandte, fiel das Licht auf eine Hälfte seines Gesichts.

Mein Magen verknotete sich. Coby Roseblade hatte in den letzten fünf Jahren zugenommen. Seine chronische Magerkeit war verschwunden, offensichtlich trieb er inzwischen auch Sport. Der eng anliegende Pullover überließ der Fantasie gerade noch so viel, dass jedem heißblütigen Mädchen das Wasser im Mund zusammengeflossen wäre. Er trug das Haar sehr kurz, sodass die hohen Wangenknochen und das kantige Kinn umso stärker hervortraten.

»Was macht denn der hier?«, fragte Dad.

Ich schluckte. »Na, was wohl, wahrscheinlich will er sich...

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Autor

Anna Romer wuchs in New South Wales in einer Familie von Büchernarren und Geschichtenerzählern auf, weshalb sie sich schon früh für Literatur zu interessieren begann. Sie arbeitet als Grafikerin und hat lange Reisen ins australische Outback, nach Asien, Neuseeland, Europa und Amerika unternommen, wo sie viel Stoff sammelte, den sie in ihren Bildern und Texten verarbeitet. Bereits ihr erster Roman »Das Rosenholzzimmer« lebte von ihrer Faszination für vergessene Tagebücher und Briefe, dunkle Familiengeheimnisse und alte Häuser und ihrer Liebe zur einzigartig schönen australischen Landschaft. Die Autorin lebt in einem abgelegenen Landsitz im nördlichen New South Wales, wo sie an ihrem nächsten Roman schreibt.