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Der Tag, an dem Hope verschwand

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
636 Seiten
Deutsch
beBEYONDerschienen am26.10.20171. Aufl. 2017
GEWINNER DES WORLD FANTASY AWARDS 2017 in der Kategorie 'Bestes Buch'! ICH BIN DAS MÄDCHEN, DAS DIE WELT VERGISST ... Mein Name ist Hope Arden. Und ich bin die wohl beste Diebin der Welt. Der Grund dafür ist einfach, wenn auch erstaunlich: Niemand kann sich an mich erinnern. Seit meinem sechzehnten Lebensjahr bin ich für andere Menschen nicht mehr als ein Schatten, ein namenloses Gesicht. Ich habe keine Freunde außer Reina, mit der ich mich immer wieder anfreunde. Doch nun ist sie tot. Es heißt, sie habe sich umgebracht, aber ich glaube, dass mehr dahintersteckt. Ich werde die Wahrheit herausfinden - und wenn ich sie erst mal ans Licht gebracht habe, wird sie niemand vergessen ... eBooks von beBEYOND - fremde Welten und fantastische Reisen.mehr

Produkt

KlappentextGEWINNER DES WORLD FANTASY AWARDS 2017 in der Kategorie 'Bestes Buch'! ICH BIN DAS MÄDCHEN, DAS DIE WELT VERGISST ... Mein Name ist Hope Arden. Und ich bin die wohl beste Diebin der Welt. Der Grund dafür ist einfach, wenn auch erstaunlich: Niemand kann sich an mich erinnern. Seit meinem sechzehnten Lebensjahr bin ich für andere Menschen nicht mehr als ein Schatten, ein namenloses Gesicht. Ich habe keine Freunde außer Reina, mit der ich mich immer wieder anfreunde. Doch nun ist sie tot. Es heißt, sie habe sich umgebracht, aber ich glaube, dass mehr dahintersteckt. Ich werde die Wahrheit herausfinden - und wenn ich sie erst mal ans Licht gebracht habe, wird sie niemand vergessen ... eBooks von beBEYOND - fremde Welten und fantastische Reisen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732549436
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Verlag
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum26.10.2017
Auflage1. Aufl. 2017
Seiten636 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2388052
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

16

Hellwach in der heißen Dunkelheit eines Sommers in Maskat.

Kein Gedanke an Schlaf.

Diebe neigen zu Verfolgungswahn. Das Auto in der Nacht, die Schritte in der Dunkelheit. Vertrauen. Wem kann man vertrauen? Im Milieu der Kleinkriminalität ist Hass ein ebenso gutes Wort wie Ehre. Hass auf die Bullen, Hass auf das Gesetz, Hass auf die Welt. Aus diesem Grund wird ein besserer Handtaschenräuber, der in Pentonville seine drei Jahre abreißt, seine Kumpels nicht verpfeifen, denn, mögen sie auch allesamt hinterhältige Bastarde sein, sie sind nicht die Cops, die Bullen, die Polypen, und nur darauf kommt es an.

Je schwerer die Verbrechen, je mehr auf dem Spiel steht, desto größer ist die Bereitschaft, andere ans Messer zu liefern.

Eine nächtliche Joggingrunde durch Maskat, und drei Männer in Weiß rufen: »He, schöne Frau, du heiß, du machen Liebe, du heiß?«

Diese Männer sind womöglich verheiratet und würden es einem anderen Mann nicht nachsehen, rufe er ihren Frauen, ihren Schwestern, ihren Kindern derlei nach, aber wenn eine westliche Frau allein durch die Straßen Omans geht, ist sie willig, denn westliche Frauen sind so, nicht wahr? Schamlos, immer zu haben, sie müssen es sein, so wie sie sich kleiden, so wie sie reden.

Du heiß, du Liebe machen?

Flüchtig empfinde ich die Angst einer Frau in einem fremden Land.

Ich bin die Königin der Schnupperkurse: Selbstverteidigung, drei verschiedene Kampfkünste, Pistolenschießen in Nebraska, Langwaffen in Kentucky. In der Tasche eine Stablampe als ständiger Begleiter, mit der sich, wenn es darauf ankommt, wirkungsvoll zuschlagen lässt, und ich bin willens und bereit, jemandem wehzutun, richtig wehzutun, falls ich mich bedroht fühle.

Ich laufe weiter und zähle meine Schritte, siebenundzwanzig, bis die Männer außer Sicht sind.

Drei Mal in meiner Karriere bin ich verhaftet worden.

Beim ersten Mal war ich siebzehn und wurde in einem Supermarkt in Birmingham auf frischer Tat beim Ladendiebstahl ertappt. Der Mann vom Security Service hielt mich am Arm fest, bis die Polizei eintraf. Die Beamten notierten meinen Namen (falsch), meine Anschrift (falsch), und als sie feststellten, dass ich sie belogen hatte, schaute mir der Sergeant in die Augen und sagte: »Das war dumm von dir, Kleine, jetzt müssen wir dich mitnehmen und erkennungsdienstlich behandeln und von da an bist du im System.«

Sie verfrachteten mich in den Fond des Streifenwagens und fuhren gemächlich zum Revier. Ich hockte zusammengekauert auf der Rückbank und hörte zu, wie man sich vorn über das letzte Spiel unterhielt und den Krach mit der Ehefrau. Der eine wünschte, er hätte mehr Zeit für die Kinder, der andere machte sich Sorgen um seinen Vater. Am Revier angekommen, fragte der eine: »Happen essen?«

»Klaro-jaro«, erwiderte der andere munter, dann stiegen sie aus, ohne einen Blick nach hinten zu werfen, schlugen die Türen zu und verschwanden im Gebäude. Ich blieb zurück, vergessen, und wusste nicht, was ich tun sollte.

Etwas später entdeckte mich ein Constable und erkundigte sich drinnen, was das zu bedeuten habe. Meine beiden Polizisten waren ratlos; sie erinnerten sich, dass man sie zu einem Ladendiebstahl gerufen hatte, aber jemanden verhaftet? Nein.

»Wieso zur Hölle sitzt dann dieses Mädchen bei euch hinten im Wagen?«, fuhr der Revierleiter sie an. »Wer ist das?«

Ich sagte: »Diese Typen haben mich von der Straße weg ins Auto gezerrt und gesagt, sie würden sich einen Spaß mit mir erlauben, und ich weiß nicht, warum sie das getan haben, und sie redeten so komisch, dass ich gedacht habe, sie wären vielleicht betrunken.«

Dann brach ich in Tränen aus, was mir in Anbetracht der Situation nicht schwerfiel, und die Polizisten ließen mich gehen, mit der Bitte, von einer Beschwerde abzusehen.

Beim zweiten Mal erwischten sie mich durch das Darknet.

Ich war vierundzwanzig Jahre alt und der Mode und des Essens wegen nach Mailand gekommen. Der erste Eindruck ist entscheidend, in meinem Leben spielt er die Hauptrolle. Wenn ein Versuch scheitert, ziehe ich mich zurück, erfinde mich neu und versuche es wieder. Der erste Eindruck mag mein einziger Trumpf sein, aber wenigstens bin ich in der glücklichen Lage, üben zu können, bis jedes Detail stimmt.

Mailand ist während der Modewoche voller kunterbunter Menschenansammlungen an unerwarteten Orten. Man biegt um eine Ecke und da sind sie, die Jungen und die Alten, ausstaffiert mit unglaublichen Schuhen und absurden Hüten, die ihr Lebensglück davon abhängig machen, dass sie live dabei sind, wenn Jemand-der-jemanden-kennt-der-mit-jemandem-befreundet-ist über den roten Teppich flaniert. Die Stadt wimmelt von Models, aber auf der Straße sind sie erstaunlich schwer auszumachen: Ohne Make-up und Schmollmund und Glamour gehen sie in der Menge unter, gewöhnliche Sterbliche mit ungelenken Beinen, ohne Hüften. Diese Verwandlungskunst möchte ich zu meinem Studienobjekt machen.

Auf die After-Show-Party von Dolce & Gabbana zu gelangen war leicht. Man kommt durch die Hintertür als Kellnerin herein, verschwindet dann auf der Toilette und wirft sich in Gala. In diesem Jahr waren die Kragen hoch, die Röcke kurz, der Look am ehesten als Paisley trifft Star Trek zu beschreiben. Ich registrierte jede Frau mit Einfluss, jedes Model mit Aufwärtstrend und kopierte ihre Art zu lächeln, ihre Art zu gehen, einen Fuß vor den anderen, in einer schnurgeraden Linie, Zehen an Ferse.

Es war eine Anwandlung lustvoller Niedertracht, die mich veranlasste, Salvatore Rizzo zu bestehlen, 69 Jahre alt und der King of Beauty.

»Schade, schade«, äußerte er und musterte mich von oben bis unten. »Du könntest jemand sein, aber du bist es nicht, du hast nicht das Gesicht, die Augen, die Lippen, und wenn du den Ehrgeiz hättest, jemand zu sein, dann wärst du es längst.«

Ich war versucht auszusprechen, was ich dachte, aber ich tat es nicht. Ich war 24 und lernte Professionalität.

»Das«, fuhr er fort, und sein Finger wanderte über das breite Band aus Gold und Saphiren, das den Hals eines Models schmückte, an ihrem Schlüsselbein entlang und ihren Arm hinab, »sind die Tränen der Zarin. Alexandra von Russland trug sie an dem Tag, als der Winterpalast eingenommen wurde. Weißt du, was sie wert sind?«

Grob geschätzt sechs Millionen Dollar, dachte ich und antwortete: »Nein. Was?«

»Geld - für den gewöhnlichen Menschen. Für mich - die Seele: Das Mädchen, das sie trägt, ist nicht nur wunderschön, sie verkörpert ein Ideal, das Ideal dessen, was eine Frau sein sollte. Frauen sollten schön sein, sie sollten Edelsteine sein, wir sollten sie begehren, wir sollten uns danach sehnen, von ihnen begehrt zu werden, wir sollten sie behüten, ihre Schönheit erhalten, das ist es, woran ich glaube, das ist es, wofür ich kämpfe. Ich bin ein Feminist, verstehst du, es ist das Einzige im Leben, das zählt. Frauen. Und Schönheit. Und die Seele.«

Ich lächelte und überlegte, ob das Sicherheitspersonal im Gebäude Schusswaffen trug. In der Bar erzählte mir ein Model aus Riga, siebzehn Jahre alt, mit leiser Stimme: »Man hat mir geraten, mit dem Alten ins Bett zu gehen, aber letzten Monat hat meine Freundin ihm erlaubt, sie zu befummeln, und dann hat man sie nach Hause geschickt, ohne ihre Gage, deshalb mache ich lieber meinen Job, statt mich nach oben zu schlafen.«

»Warum arbeitest du als Model?«, fragte ich.

»Wegen Geld. Wenn ich es klug anstelle, verdiene ich genug, um mein Studium zu finanzieren, aber es ist verdammt hart, es ist ein hartes Leben. Du musst alles an dir verändern, wie du isst, wie du redest, wie du Sport machst, wie du schläfst, wie du gehst, alles. Aber manchmal, wenn ich den Laufsteg hinuntergehe und alle schauen mich an, spüre ich es.«

»Was?«

»Ich spüre, dass ich - leuchte! Ich bin fantastisch, ich bin göttlich. Das machen die Kleider, verstehst du? Wenn sie gut sind, geben sie mir das Gefühl, dass ich mehr bin als nur ich selbst, unbesiegbar!«

Genauso ist es mit dem Lächeln, dachte ich und fühlte es starr auf meinem Gesicht. Ich lächle und sage nicht, was ich denke, denn je weniger ich von mir zeige, desto mächtiger bin ich. Unbesiegbar.

»Was für ein Studium hast du denn im Blick?«

»Stadtsanierung.«

»Nicht Mode?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Mit Mode kenne ich mich schon aus. Aber ich weiß so gut wie nichts über Nahverkehrsverbindungen.«

Für einen kurzen Moment wurde das Lächeln echt. »Du solltest unbedingt studieren«, sagte ich. »Ich denke, es ist eine ausgezeichnete Idee.«

Drei Stunden später fand ich sie bewusstlos hinter dem Tresen. Jemand hatte ihr etwas in den Drink geschüttet und ihr Höschen war zerrissen. Im Krankenhaus sagte man, es gäbe keine Anzeichen für eine erfolgte Penetration, aber das Management entließ sie trotzdem, vorsichtshalber. Zwei Stunden danach waren die Tränen der Zarin aus der Suite von Signore Rizzo verschwunden, entwendet von einer Frau, an deren Gesicht sich niemand erinnern konnte.

Das übliche Vorgehen.

Ich bot die gestohlenen Juwelen zum Kauf an, akzeptierte ein Kaffeehaus in Wien als Ort der Transaktion, kam dort an, bestellte Sachertorte und starrte fünf Minuten später auf einen Haftbefehl und einen kleinen Mann mit beginnender Scheitelglatze, der mich fragte: »Haben Sie einen Mantel?«

Ich war so verwirrt von der Situation, von den Polizeibeamten, die um mich herumwimmelten, und dem Grüppchen Touristen, das sich am Fenster die Nasen...

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