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Quicksand: Im Traum kannst du nicht lügen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
461 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am26.10.20171. Aufl. 2017
Stockholm: Nach einem Blutbad an einem Gymnasium steht die Schülerin Maja Norberg als Schuldige vor Gericht. Ihre Freunde Dennis, Amanda und Sebastian, der Lehrer Christer, alle erschossen, von Maja. Wie konnte es dazu kommen, dass dieses einstmals so beliebte Mädchen zur Mörderin und zur meist gehassten Person Schwedens wurde? Und ist sie überhaupt schuldig?

Aus Majas Sicht wird in diesem faszinierenden Roman die Vorgeschichte des Verbrechens erzählt. Eine aufwühlende Lektüre.

Im Traum kannst du nicht lügen wurde 2017 mit dem namhaften Glass Key Award (Skandinavischer Krimipreis) ausgezeichnet - der prestigeträchtigsten Auszeichnung für nordische Kriminalromane. Die Autorin Malin Persson Giolito reiht sich damit in die Liste der erfolgreichsten und berühmtesten Schriftsteller Skandinaviens ein. Ebenfalls Preisträger waren u.a.: Henning Mankell, Stieg Larsson, Jussi Adler-Olsen, Jo Nesbø, Arnaldur Indridason, Leif G. W. Persson


Malin Persson Giolito, 1969 geboren, wuchs in Stockholms Vorort Danderyd auf, dem Schauplatz des vorliegenden Romans. Sie hat Jura studiert und arbeitet seit einigen Jahren bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Dort lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern. IM TRAUM KANNST DU NICHT LÜGEN ist ihr dritter Roman und ihr Durchbruch. Kritiker und Leser waren gleichermaßen beeindruckt von dieser fesselnden Geschichte.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextStockholm: Nach einem Blutbad an einem Gymnasium steht die Schülerin Maja Norberg als Schuldige vor Gericht. Ihre Freunde Dennis, Amanda und Sebastian, der Lehrer Christer, alle erschossen, von Maja. Wie konnte es dazu kommen, dass dieses einstmals so beliebte Mädchen zur Mörderin und zur meist gehassten Person Schwedens wurde? Und ist sie überhaupt schuldig?

Aus Majas Sicht wird in diesem faszinierenden Roman die Vorgeschichte des Verbrechens erzählt. Eine aufwühlende Lektüre.

Im Traum kannst du nicht lügen wurde 2017 mit dem namhaften Glass Key Award (Skandinavischer Krimipreis) ausgezeichnet - der prestigeträchtigsten Auszeichnung für nordische Kriminalromane. Die Autorin Malin Persson Giolito reiht sich damit in die Liste der erfolgreichsten und berühmtesten Schriftsteller Skandinaviens ein. Ebenfalls Preisträger waren u.a.: Henning Mankell, Stieg Larsson, Jussi Adler-Olsen, Jo Nesbø, Arnaldur Indridason, Leif G. W. Persson


Malin Persson Giolito, 1969 geboren, wuchs in Stockholms Vorort Danderyd auf, dem Schauplatz des vorliegenden Romans. Sie hat Jura studiert und arbeitet seit einigen Jahren bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Dort lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern. IM TRAUM KANNST DU NICHT LÜGEN ist ihr dritter Roman und ihr Durchbruch. Kritiker und Leser waren gleichermaßen beeindruckt von dieser fesselnden Geschichte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732549863
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum26.10.2017
Auflage1. Aufl. 2017
Seiten461 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1602 Kbytes
Artikel-Nr.2388065
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erste Verhandlungswoche, Montag
1.
Als ich das erste Mal einen Gerichtssaal von innen sah, war ich enttäuscht. Wir waren auf Exkursion mit der Klasse, und klar, ich wusste, dass Richter keine alten Knacker mit Lockenperücke und rotem Umhang waren und der Angeklagte kein Verrückter im Streifenanzug mit Schaum vor dem Mund und Ketten an den Füßen, aber trotzdem. Die Räumlichkeiten wirkten wie eine Mischung aus Krankenhaus und Konferenzzentrum. Wir fuhren in einem Reisebus dorthin, in dem es nach Kaugummi und Schweißfüßen roch. Der Angeklagte hatte Schuppen und Bügelfalten, und ihm wurde Steuerbetrug vorgeworfen. Abgesehen von unserer Klasse (und Christer natürlich) waren nur vier weitere Personen auf den Zuschauerplätzen. Es gab dort so wenige Plätze, dass Christer einen zusätzlichen Stuhl aus dem Flur holen musste, damit er sitzen konnte.

Heute ist das anders. Wir befinden uns in Schwedens größtem Gerichtssaal. Hier sitzen die Richter auf dunklen Mahagonistühlen mit hohen, samtbezogenen Rückenlehnen. Die Lehne des mittleren Stuhls ist höher als die der anderen. Es ist der Platz des Chefrichters, der Vorsitzender genannt wird. Vor ihm auf dem Tisch liegt ein Holzhammer mit lederbezogenem Griff. An jedem Platz schauen kleine Mikrofone aus dem Tisch. Die Wandverkleidung scheint aus Eiche zu sein und mehrere Hundert Jahre alt, also alt im positiven Sinn. Auf dem Boden zwischen den Sitzplätzen liegt ein dunkelroter Teppich.

Publikum ist nicht so mein Ding. Ich wollte nie die Lucia spielen oder an einem Talentwettbewerb teilnehmen. Aber dieser Saal ist voll besetzt. Und alle sind nur wegen mir hier, ich bin die Hauptattraktion.

Neben mir sitzen meine Anwälte aus der Kanzlei Sander & Laestadius. Ich weiß, Sander & Laestadius klingt wie der Name eines Antiquariats, in dem zwei verschwitzte Schwule in Seidenkimonos und Monokeln mit Petroleumlampen durch die Regale huschen und verschimmelte Bücher und ausgestopfte Tiere abstauben, aber in Wirklichkeit ist es Schwedens renommierteste Anwaltskanzlei, die sich auf Strafverteidigung spezialisiert hat. Normale Verbrecher haben einen einsamen, müden Pflichtverteidiger, mein Pflichtverteidiger dagegen wird von einem ganzen Stab aufgeregter Wannabes begleitet, die bis tief in die Nacht in einem superschicken Büro an der Skeppsbron arbeiten. Jeder von ihnen hat mindestens zwei Handys, und bis auf Sander selbst glauben sie alle, sie würden in einer amerikanischen Fernsehserie mitspielen, in der man chinesisches Essen aus Pappkartons schaufelt, weil man so wichtig und so beschäftigt ist. Keiner der insgesamt zweiundzwanzig Angestellten bei Sander & Laestadius heißt Laestadius. Derjenige, der so hieß, ist gestorben, wahrscheinlich an einem Herzinfarkt, weil er so wichtig und beschäftigt war.

Drei meiner Anwälte sind heute hier: Peder Sander, der Starjurist, und zwei seiner Mitarbeiter. Die jüngste von ihnen ist eine Tussi mit hässlichem Haarschnitt und einem leeren Loch in der Nase. Wahrscheinlich hat Sander ihr verboten, einen Ring in der Nase zu tragen (»dieses Altmetall kommt sofort weg«). Ich nenne sie Ferdinand. Ferdinand hält »liberal« für ein Schimpfwort und Atomenergie für lebensgefährlich. Sie trägt eine schreckliche Brille, mit der sie zeigen will, dass sie die Geschlechterordnung durchschaut hat, und sie verabscheut mich, weil sie glaubt, dass ich schuld am Kapitalismus bin. Bei unseren ersten Begegnungen hat sie mich behandelt, als wäre ich eine durchgeknallte Modebloggerin mit einer ungesicherten Handgranate in einem Flugzeug. Natürlich, natürlich!, sagte sie und wagte mich nicht anzuschauen, natürlich, natürlich! Mach dir keine Sorgen, wir sind hier, um dir zu helfen. Als hätte ich gedroht, alle in die Luft zu sprengen, wenn ich nicht sofort meinen biologisch-dynamischen Tomatensaft ohne Eiswürfel bekomme.

Der andere juristische Wasserträger ist ein Typ um die vierzig mit Bierbauch, Pfannkuchengesicht und einem Lächeln, das sagt: »Ich habe Filme zu Hause, ich bewahre sie in alphabetischer Ordnung in einem abgeschlossenen Schrank auf.« Pfannkuchen hat kurz geschorene Haare. Papa sagt immer, dass man sich auf Leute ohne Frisur auf keinen Fall verlassen kann, aber das hat er sich bestimmt nicht selbst ausgedacht, sondern aus einem Film geklaut. Mein Vater hat eine Schwäche für One-liner.

Als ich Pfannkuchen das erste Mal begegnete, landete sein Blick direkt unter meinem Schlüsselbein, er konnte seine dicke Zunge kaum im Mund halten und zischelte hingerissen: Mädchen, Mädchen, wie soll das gehen, du siehst viel älter aus als siebzehn. Wenn Sander nicht dabei gewesen wäre, hätte er bestimmt gekeucht. Oder gegeifert. Sein Speichel wäre von seinen Lippen auf die stramme Weste getropft. Ich hatte keine Lust, ihn darauf hinzuweisen, dass ich schon achtzehn war.

Heute sitzt Pfannkuchen an meiner linken Seite. Er hat seine Aktentasche und einen Rollkoffer voller Ordner und Akten mitgebracht. Den Rollkoffer hat er geleert, und die Aktenordner stehen jetzt vor ihm auf dem Tisch. Das Einzige, was er nicht ausgepackt hat, sind ein Buch (Make Your Case - Winning is the Only Option) und eine Zahnbürste, die aus einem der kleinen Fächer hervorschaut. Hinter mir, in der ersten Zuschauerreihe, sitzen Mama und Papa.

Als ich damals vor zwei Jahren auf dieser Exkursion war, hatte unsere Klasse den Stoff vorher durchgenommen, damit wir »den Ernst der Sache« verstanden und »den Erklärungen folgen konnten«. Ich glaube nicht, dass es geholfen hat. Aber wir hätten uns gut benommen, sagte Christer, als wir uns auf den Heimweg machten. Er hatte befürchtet, dass wir vielleicht zu kichern beginnen oder unsere Smartphones herausholen würden. Dass wir anfangen würden, Spiele zu spielen, oder mit dem Kinn auf der Brust einschliefen wie gelangweilte Reichstagsabgeordnete.

Ich erinnere mich an Christers todernste Stimme, als er erklärte (»Hallo, jetzt hört mal zu!«), dass man sich über Gerichtsverfahren nicht lustig mache, immerhin stehe das Wohl und Wehe des Menschen auf dem Spiel. Man sei so lange unschuldig, bis das Gericht verkündet habe, dass man schuldig sei. Das hatte er immer wieder gesagt. Samir lehnte sich zurück, als Christer sprach, wippte ein bisschen auf dem Stuhl und nickte auf diese Art, die der Grund dafür war, dass alle Lehrer ihn liebten. Ein Nicken, das sagte: Ich verstehe vollkommen, wir sind auf derselben Wellenlänge, ich habe dem nichts hinzuzufügen, weil alles, was du sagst, schon so klug ist.

Man ist unschuldig, bis das Gericht sagt, dass man schuldig ist. Was für eine seltsame Behauptung. Entweder ist man die ganze Zeit unschuldig, oder man hat es getan. Das Gericht soll doch herausfinden, wie es war, und nicht irgendetwas zur Wahrheit erklären. Dass die Polizei und die Staatsanwältin und die Richter nicht dabei waren und nicht genau wissen, wer was getan hat, bedeutet doch nicht, dass das Gericht sich im Nachhinein etwas ausdenken kann.

Das hatte ich damals auch zu Christer gesagt. Dass sich die Gerichte ständig irren. Dass Vergewaltiger immer wieder freigesprochen werden. Dass es überhaupt keinen Sinn hat, einen sexuellen Übergriff anzuzeigen. Denn selbst wenn die Frau von einem halben Flüchtlingslager vergewaltigt und ihr eine ganze Kiste Pfandflaschen zwischen die Beine geschoben wurde, glauben sie ihr nie. Aber das bedeutet nicht, dass es niemals passiert ist und der Vergewaltiger nicht getan hat, was er getan hat.

»So einfach ist das nicht«, sagte Christer.

Eine typische Lehrerantwort: »Sehr gute Frage ...«, »ich weiß, was du meinst ...«, »es ist nicht alles schwarz-weiß ...«, »so einfach ist das nicht ...«. All diese Antworten bedeuten nur das eine: Sie haben keine Ahnung, wovon sie reden.

Okay, Schwamm drüber. Aber wenn es schwierig ist herauszufinden, was richtig ist und wer lügt, wenn man es nicht sicher weiß, was macht man dann?

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass »die Wahrheit das ist, woran man sich entscheidet zu glauben«. Das klingt womöglich noch bescheuerter. Man kann selbst bestimmen, was die Wahrheit ist und was nicht? Dass dieselben Dinge wahr oder falsch sein können, je nachdem, wen du fragst? Und wenn wir jemandem vertrauen, dann können wir sagen, ja, so ist es, dann können wir »entscheiden, dass es wahr ist«? Wie kann man überhaupt auf eine derart idiotische Idee kommen? Wenn mir jemand sagen würde, dass er »sich entscheidet, mir zu glauben«, dann wäre mir sofort klar, dass er im Grunde alles für erstunken und erlogen hält, aber mir zuliebe das Gegenteil behauptet.

Meinem Anwalt Sander scheint das alles ziemlich egal zu sein. »Ich bin auf deiner Seite«, sagt er nur, und sein Gesicht sieht aus wie ein Thumbnail. Sander ist nicht so der aufgeregte Typ. Bei ihm ist alles entspannt und kontrolliert. Keine Wutanfälle. Keine Gefühle. Kein lautes Lachen. Wahrscheinlich hat er noch nicht einmal bei seiner Geburt geschrien.

Sander ist das Gegenteil von meinem Vater. Papa ist alles andere als der »coole Typ« (seine eigenen Worte), der er gerne wäre. Er knirscht mit den Zähnen, wenn er schläft, und steht auf, wenn er Länderspiele im Fernsehen schaut. Mein Vater wird wütend, regt sich über pedantische Kommunalbeamte auf, über den Nachbarn, der zum vierten Mal in derselben Woche im Parkverbot steht, über unbegreifliche Stromrechnungen oder Telefonverkäufer. Über den Computer, über Opa, den Grill, die Mücken, Schnee auf Bürgersteigen, über Deutsche, die am Skilift anstehen und über französische Kellner. Alles regt ihn auf, lässt ihn brüllen und schreien. Er knallt mit Türen und schickt Leute zum Teufel. Bei Sander dagegen ist das deutlichste...

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Autor

Malin Persson Giolito, 1969 geboren, wuchs in Stockholms Vorort Danderyd auf, dem Schauplatz des vorliegenden Romans. Sie hat Jura studiert und arbeitet seit einigen Jahren bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Dort lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern. IM TRAUM KANNST DU NICHT LÜGEN ist ihr dritter Roman und ihr Durchbruch. Kritiker und Leser waren gleichermaßen beeindruckt von dieser fesselnden Geschichte.
Quicksand: Im Traum kannst du nicht lügen

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