Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Legende der Wächter

Die Entführung / Die Wanderschaft / Die Rettung
Ravensburger Buchverlagerschienen am01.07.2017
Der junge Eulerich Soren ist fasziniert von den Geschichten seines Vaters über die Wächter von Ga'Hoole. Die geflügelten Krieger zogen einst in eine gewaltige Schlacht, um ihr Volk vor einer Schreckensherrschaft der 'reinen' Schleiereulen zu bewahren. Als Soren und sein Bruder Kludd aus dem Nest direkt in die Klauen der Reinsten fallen, wagt Soren die tollkühne Flucht - der Beginn eines wahrhaft fantastischen Abenteuers.mehr

Produkt

KlappentextDer junge Eulerich Soren ist fasziniert von den Geschichten seines Vaters über die Wächter von Ga'Hoole. Die geflügelten Krieger zogen einst in eine gewaltige Schlacht, um ihr Volk vor einer Schreckensherrschaft der 'reinen' Schleiereulen zu bewahren. Als Soren und sein Bruder Kludd aus dem Nest direkt in die Klauen der Reinsten fallen, wagt Soren die tollkühne Flucht - der Beginn eines wahrhaft fantastischen Abenteuers.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783473478583
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum01.07.2017
Seiten800 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6750
Artikel-Nr.2393548
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kannst du noch ein paar Flaumfedern erübrigen, Noctus, mein Schatz? Ich glaube, unser drittes Küken ist gleich da. Die Eierschale bekommt schon Risse.

Nicht schon wieder! , murrte Kludd.

Was soll das heißen, Kludd: Nicht schon wieder ? Möchtest du denn nicht noch ein Brüderchen haben? , fragte sein Vater ein wenig gereizt.

Oder ein Schwesterchen? Kludds Mutter seufzte mit dem leisen Pfeifen, das typisch für Schleiereulen ist.

Also ich hätte gern ein Schwesterchen! , piepste Soren dazwischen.

Kludd drehte sich nach seinem kleinen Bruder um. Du bist doch selber erst vor zwei Wochen geschlüpft. Was verstehst du schon von Schwestern?

Vielleicht, dachte Soren bei sich, sind sie ja netter als Brüder. Schon seit er geschlüpft war, schien Kludd etwas gegen ihn zu haben.

Wenn du bald Ästling würdest, dann würde es dir auch nicht passen, ausgerechnet jetzt ein Schwesterchen zu kriegen , fuhr Kludd mürrisch fort.

Die Bruthöhle zu verlassen und sich auf einen benachbarten Ast hinauszuwagen, war der erste Schritt in Richtung Fliegen. Als Ästlinge hüpften die Jungvögel von Ast zu Ast und übten sich im Flügelschlagen.

Na, na, Kludd! , mahnte sein Vater. Nun sei mal nicht so ungeduldig. Schließlich wachsen dir frühestens in einem Monat die ersten Flugfedern. Mit den Ästlingsabenteuern hat es noch Zeit.

Soren wollte eben fragen, wie lange ein Monat dauerte, da machte es Knack. Die ganze Eulenfamilie fuhr zusammen. Ein anderer Waldbewohner hätte das feine Geräusch gar nicht wahrgenommen, aber Schleiereulen waren mit einem außergewöhnlich guten Gehör ausgestattet.

Sorens Mutter rief: Es kommt! Bin ich aufgeregt! Abermals stieß sie einen Seufzer aus und beobachtete gespannt das makellos weiße Ei, das nun hin und her rollte. In der Schale entstand ein winziges Loch, ein kleiner Hornzapfen kam zum Vorschein.

Beim Glaux, da ist ja schon die Eischwiele! , rief Sorens Vater aus.

Meine war größer, stimmt s, Papa? Um besser sehen zu können, schubste Kludd Soren beiseite, aber Soren verzog sich einfach unter den Flügel seines Vaters.

Das weiß ich nicht mehr, mein Sohn, aber ist das hier nicht eine wunderhübsche Eischwiele? Bei diesem Anblick bin ich jedes Mal ganz aufgeregt. So ein kleines Dingelchen, und pickt sich so tapfer den Weg in die große weite Welt frei⦠Bei meinem Muskelmagen, es ist doch immer wieder ein Wunder!

Auch Soren kam es wie ein Wunder vor. Gebannt beobachtete er, wie sich jetzt von der kleinen Öffnung in der Schale ausgehend zwei, drei Risse bildeten. Das Ei schaukelte sacht, die Risse wurden länger und breiter. Nicht anders hatte Soren selbst es vor nur zwei Wochen gemacht. War das spannend!

Wo ist denn meine Eischwiele geblieben, Mama?

Die ist abgefallen, Dummkopf , sagte Kludd.

Sorens Eltern waren vom Schlüpfen ihres dritten Kükens so in Anspruch genommen, dass sie vergaßen, Kludd für seine Grobheit zu rügen.

Wo ist MrsP.? MrsP.? , fragte seine Mutter ungeduldig.

Bin schon da, gnädige Frau. MrsPlithiver, die alte Blindschlange, die schon viele, viele Jahre im Dienst der Eulenfamilie stand, kam in die Bruthöhle gekrochen. Blindschlangen, die augenlos zur Welt kamen, verdingten sich bei vielen Eulenfamilien als Nesthälterinnen. Sie hielten das Nest sauber und Raupen und andere Insekten daraus fern.

MrsP., bitte sorgen Sie dafür, dass der Winkel, den Noctus mit neuen Flaumfedern ausgepolstert hat, frei von Raupen und Ungeziefer bleibt.

Selbstverständlich, gnädige Frau. Ich kann die Gelege, die ich mit Ihnen zusammen betreut habe, schon nicht mehr zählen.

So war das nicht gemeint, MrsP. Ich wollte Sie nicht kritisieren. Ich werde nur immer so nervös, wenn wieder eines schlüpft, als wäre es das erste Mal. Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen.

Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, gnädige Frau. Sie glauben doch nicht, dass andere Vögel einen Gedanken darauf verschwenden, ob ihre Unterkunft sauber ist? Was ich über die Möwen gehört habe⦠Meine Güte! Bei denen würde ich nicht mal den Kopf ins Nest stecken!

Blindschlangen waren sehr stolz darauf, für Eulenfamilien zu arbeiten, denn sie hielten Eulen für die vornehmsten Vögel überhaupt. Blindschlangen waren von Natur aus peinlich auf Sauberkeit bedacht. Sie verachteten andere Vogelarten als unsauber, denn diese besaßen eine Verdauung, die glitschig feuchten Kot hervorbrachte statt der reinlichen Ballen, die Eulen auswürgten. Zwar verdauten auch Eulen die weicheren Bestandteile ihrer Nahrung auf ähnliche Weise wie andere Vögel und schieden sie in flüssiger Form aus, trotzdem genossen sie den Ruf, über derlei niedere Verrichtungen erhaben zu sein. Die unverdaulichen Bestandteile ihrer Beute- Fell, Knöchelchen oder Zähne- wurden zu hübschen Bällchen gepresst, die ebenso groß und genauso länglich geformt waren wie der Muskelmagen der jeweiligen Eule. Ein paar Stunden nach der Mahlzeit würgte die Eule das sogenannte Gewölle aus. Schleimpupser schimpften viele als Nesthälterinnen beschäftigte Schlangen die übrigen Vögel. MrsPlithiver benutzte natürlich niemals solche unfeinen Ausdrücke.

Guck mal, Mama! , rief Soren.

Auf einmal schien die ganze Bruthöhle von einem schallenden Knacken widerzuhallen- allerdings nur für das empfindliche Gehör der Schleiereulen. Dann brach das Ei auseinander und ein blasser, feuchter Klumpen glitt heraus.

Es ist ein Mädchen! Shrrriii! , rief Sorens Mama voll überschäumender Freude aus. Ist sie nicht einfach hinreißend? , seufzte die beglückte Mutter.

Bezaubernd! , stimmte ihr der Vater zu.

Kludd gähnte gelangweilt und Soren begaffte das feuchte, nackte Geschöpf, dessen riesige Glupschaugen fest geschlossen waren.

Warum sieht ihr Kopf so komisch aus, Mama? Ist sie krank? , wollte er wissen.

Mit ihr ist alles in Ordnung, Schatz. Alle frisch geschlüpften Küken haben so einen großen Kopf. Es dauert immer eine Weile, bis der Körper den Kopf eingeholt hat.

Vom Verstand ganz zu schweigen , stichelte Kludd.

Die Mutter überhörte die freche Bemerkung. Darum kann deine Schwester auch den Kopf erst einmal nicht heben , fuhr sie fort. Du sahst am Anfang genauso aus.

Wie wollen wir unsere süße Kleine denn nennen? , fragte der Vater.

Die Mutter erwiderte ohne Zögern: Eglantine! Ich habe mir immer eine kleine Eglantine gewünscht.

Das ist aber ein schöner Name, Mama! Soren wiederholte ihn leise: Eglantine⦠Dann trippelte er zu dem zuckenden weißen Knäuel hinüber. Eglantine! , flüsterte er.

Er glaubte zu erkennen, wie sich ein Auge einen winzigen Spaltbreit öffnete, und hatte da nicht eben ein Stimmchen Hallo! erwidert? Soren schloss sein Schwesterchen sogleich ins Herz.

War Eglantine eben noch ein feuchter Klumpen gewesen, so glich sie im Nu einer weißen Flauschkugel. Soren kam es vor, als würde sie ausgesprochen rasch kräftiger. Auch in dieser Hinsicht war er selbst nicht anders gewesen, versicherten ihm seine Eltern.

Schon am selben Abend konnte die Familie Eglantines Erstes Insekt feiern. Ihre Augen waren jetzt offen, sie schrie pausenlos vor Hunger. Sie hielt es kaum aus, bis ihr Vater die traditionelle Willkommensansprache beendet hatte.

Willkommen im Walde von Tyto, kleine Eglantine, willkommen im Wald der Schleiereulen, der Tyto alba, wie unser offizieller Name lautet. Dieser Wald ist unser Königreich. Er gehört uns und unseren nahen Verwandten. Wir Schleiereulen sind selten und unser Königreich ist womöglich das kleinste von allen. Tatsächlich ist es schon sehr, sehr lange her, dass wir einen König hatten. Wenn du größer wirst, Eglantine, wenn du dein zweites Lebensjahr beginnst, wirst auch du dieses Nest auf eigenen Flügeln verlassen und dir eine Bruthöhle suchen, in der du mit deinem Gefährten wohnen kannst.

Dieser Teil der Ansprache brachte Soren mächtig ins Grübeln. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, flügge zu werden und ein eigenes Nest zu bewohnen. Wie könnte er sich je von seinen Eltern trennen?

Und doch verspürte er jetzt schon den Drang zu fliegen, auch wenn er nur kleine Stummelflügel besaß, auf denen sich noch nicht einmal der Ansatz einer richtigen Feder zeigte.

Nun , sprach der Vater weiter, nun wollen...
mehr

Autor