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Zwei Leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
340 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am13.06.2017Deutsche Erstausgabe
Brigitte hat zwei Leben gelebt. Im ersten Leben war sie Tabledancer, Model, ein bisschen Anschaffen, ein bisschen Drogen, und mit einem fatalen Händchen für böse Jungs. Mit einem von ihnen, einem Musikproduzenten, Dealer und Zuhälter, lebte sie damals zusammen. Als er ermordet wurde, geriet sie unter Verdacht, aber der Fall wurde nie aufgeklärt. Das war in den Zeiten des Grunge und ihres Idols Kurt Cobain.
Ihr zweites Leben heute: Sie hat einen Polizisten geheiratet, hat Kinder, versucht ein bürgerliches Leben in Melbourne zu leben. Dann nimmt eine Cold Case Unit den Fall von damals wieder auf, viel Verdrängtes kommt mit der Zeit nach oben. Der Cop, der die neue Untersuchung leitet, scheint alles andere als ein Gentleman zu sein. Kleine Irritationen drohen zur Katastrophe zu werden. Brigittes neues Leben beginnt, aus den Fugen zu geraten - höchste Zeit, sich zu wehren.



Tania Chandler, geboren in Melbourne, wo sie auch lebt, als Redakteurin arbeitet und schreibt. Zur Unterstützung ihres Debütromans bekam sie eine Empfehlung der »2013 Writers Victoria Crime Writing Competition«. Das Sequel, Dead in the Water, erscheint im Herbst 2017.
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Produkt

KlappentextBrigitte hat zwei Leben gelebt. Im ersten Leben war sie Tabledancer, Model, ein bisschen Anschaffen, ein bisschen Drogen, und mit einem fatalen Händchen für böse Jungs. Mit einem von ihnen, einem Musikproduzenten, Dealer und Zuhälter, lebte sie damals zusammen. Als er ermordet wurde, geriet sie unter Verdacht, aber der Fall wurde nie aufgeklärt. Das war in den Zeiten des Grunge und ihres Idols Kurt Cobain.
Ihr zweites Leben heute: Sie hat einen Polizisten geheiratet, hat Kinder, versucht ein bürgerliches Leben in Melbourne zu leben. Dann nimmt eine Cold Case Unit den Fall von damals wieder auf, viel Verdrängtes kommt mit der Zeit nach oben. Der Cop, der die neue Untersuchung leitet, scheint alles andere als ein Gentleman zu sein. Kleine Irritationen drohen zur Katastrophe zu werden. Brigittes neues Leben beginnt, aus den Fugen zu geraten - höchste Zeit, sich zu wehren.



Tania Chandler, geboren in Melbourne, wo sie auch lebt, als Redakteurin arbeitet und schreibt. Zur Unterstützung ihres Debütromans bekam sie eine Empfehlung der »2013 Writers Victoria Crime Writing Competition«. Das Sequel, Dead in the Water, erscheint im Herbst 2017.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518751237
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum13.06.2017
AuflageDeutsche Erstausgabe
Reihen-Nr.4774
Seiten340 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2393644
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Teil 2  1994: About a Girl
22

Sie öffnet die traumschweren Augen und weiß einen Moment lang nicht, wo sie ist. Durch hölzerne Lamellen fällt Licht herein und wirft Muster auf die weiße Bettwäsche.

Sie quält sich aus dem Bett, folgt den Lichtstreifen zu den Flügelfenstern und hantiert am Griff herum. Der Verkehr rauscht, in der Gartenanlage auf der anderen Straßenseite summt ein Rasenmäher, der Geruch von frisch gemähtem Gras weht in die Wohnung.

Eric hat im Wohnzimmer den Fernseher angelassen. Blödes, amerikanisches Tagesprogramm - Entertainment Tonight. Wieso läuft das überhaupt tagsüber? Während sie Kaffee kocht, hat sie von der Küche aus über die Frühstücksbar hinweg den Bildschirm im Blick.

Als ein News Flash verkündet, dass Kurt Cobain sich erschossen hat und tot aufgefunden wurde, rutscht sie mit dem Pressstempel ab und verbrüht sich die Hand. Scheiße! Das kann nicht sein! Sie umrundet die Frühstücksbar und starrt mit der Tasse in der Hand und offenem Mund den Fernseher an. Zu sehen sind Aufnahmen eines Polizeiwagens, der vor einem grauen, regenverschleierten Haus in Seattle steht.

Sie kehrt in die Küche zurück und lässt kaltes Wasser über die verbrannte Hand laufen. Was war so schlimm, dass Cobain das Gefühl hatte, keine andere Wahl zu haben? Es ist ihr nicht wirklich wichtig, aber heute wird einer dieser Tage werden, an die sich alle für immer erinnern - wie alte Leute, wenn sie von JFK oder John Lennon reden.

Das Wandtelefon klingelt. Sie dreht das Wasser ab und streckt sich nach dem Hörer. Es ist Nana, in Tränen aufgelöst - dieser gutaussehende Grunge-Sänger habe sich erschossen. Woher weiß sie überhaupt, wer Kurt Cobain ist? Ein Klopfen an der Tür. Warum funktioniert die Gegensprechanlage nicht? Sie verspricht, Nana später zurückzurufen.

Sie steigt über eine Umzugskiste, zerkratzt sich das Schienbein, schließt auf und öffnet die Tür einen Spalt.

»Hi, ich bin Sean, der Hausmeister. Wollte nur mal hören, ob Sie sich gut einleben.«

Eric hat nie etwas von einem Hausmeister gesagt. Er sieht ziemlich alt aus - nicht so alt wie Eric, aber Ende zwanzig, vielleicht um die dreißig. Er trägt eine schwarze Hose und ein weißes Hemd, dem ein Bügeleisen nicht geschadet hätte. Sein rotblondes Haar steht auf einer Seite ab. Die grünen Augen sind traurig, rot gerändert, als hätte er geweint. Sie öffnet die Tür ein bisschen weiter, und ein Grinsen wischt einen Teil der Traurigkeit beiseite - es ist Nachmittag und sie immer noch in ihrem Minnie-Maus-Schlafanzug.

»Ich wollte gerade einkaufen gehen. Soll ich Ihnen etwas mitbringen?«

Sie schüttelt den Kopf.

»Ich bringe Ihnen einen Kaffee mit.«

»Nein, ich mache gerade ...« Sie wirft einen Seitenblick auf die Kaffeepfütze in der Küche. »Okay, gut, wenn Sie wollen.« Hör auf, meinen Schlafanzug anzustarren, und geh einfach.

Sie schließt die Tür ab, duscht rasch und zieht sich Klamotten über, bevor er mit dem Kaffee zurückkommt. Einer für sie, einer für ihn. Seltsam, aber er scheint okay zu sein, harmlos.

»Kaffee mit Milch. Richtig so?«

»Perfekt. Danke. Was bin ich Ihnen schuldig?«

»Geht auf mich.« Er blickt auf seine Schuhe - die Spitzen sind abgestoßen.

»Ist alles in Ordnung?« Sie nippt an ihrem heißen Kaffee, verbrennt sich die Lippe und zuckt zusammen, doch er scheint nichts zu merken.

Er seufzt. »Tut mir leid, normalerweise lasse ich die Mieter in Ruhe, aber ich bin total durcheinander. Haben Sie gehört? Das von Kurt?«

»Kurt Cobain?«

Er nickt. »Er war mein Held. Seine Songs waren, irgendwie, na, mein Leben, meine Gefühle - keine Ahnung. Er hat einfach immer die richtigen Worte gefunden. Ich kann nicht fassen, dass er tot ist. Mochten Sie ihn?«

Sie macht doch bestimmt nicht den Eindruck, als wäre Grunge ihr Ding. Obwohl, heute vielleicht schon - alte Jeans und T-Shirt, ungeschminkt. »Ich habe seine Songs nie so richtig gehört ...«

»Das müssen Sie. Ich bringe Ihnen ein paar Nirvana-CDs.«

Toll. Sie kann es kaum erwarten.

»Sorry, wie heißen Sie?«

»Brigitte.«

»Alles klar. Ich geh besser wieder an die Arbeit, Brigitte. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie was brauchen.«

Sie nickt.

»Eins noch, Brigitte.«

»Ja, Sean.«

»Zünden Sie eine Kerze an. Für Kurt. Okay?«

»Klar.« Sie schließt hinter ihm ab.

Zur Arbeit braucht sie zu Fuß zehn Minuten. Die kühle Dunkelheit der Gold Bar wickelt sich wie eine Kuscheldecke um sie. Sie zieht die Schultern zurück, schiebt die Brüste vor und schwingt die Hüften, und aus der dummen, linkischen Brigitte wird die selbstsichere, sexy Pagan.

Unten bereitet sich ihre Pseudofamilie auf die Nachtschicht vor: auf das Warten auf alte Männer, deren Frauen kein Verständnis für sie haben. Hannah, die Hausmutter - Ex-Tänzerin, blond, teuer herausgeputzt -, läuft mit dem Clipboard herum und geht den Dienstplan durch. Al, der Manager - Ex-Boxer, fast kahl, schwarzer italienischer Anzug -, sieht Hannah über die Schulter und hat wie immer etwas zu meckern. Brigitte gibt ihm von Eric eine Einkaufstüte mit einem ziegelsteingroßen Päckchen, was ihn aufmuntert.

Ember - alias Jennifer, Brigittes frühere Mitbewohnerin - tanzt neben der Bar um den Billardtisch herum und singt lautstark »I Believe in Malcolm« zu dem Hot-Chocolate-Song, der aus den Lautsprechern dröhnt. Wie oft muss Brigitte ihr noch sagen, dass es miracles heißt?

Sie fragt Ember, wo Crystal und Angelique sind. Sie hat gedacht, die beiden hätten heute Nachtschicht.

»Sind in die King Street gewechselt«, sagt Ember. »Wahrscheinlich verdienen die Mädels da besser als hier.«

»Ja, aber sie tanzen auch nicht nur. Al sagt, sie geben den Gästen im Hinterzimmer vom Platinum Club Blowjobs.«

»Keine Ahnung. Kann sein.« Ember zuckt mit den Schultern und tänzelt davon.

Tim, der Barmann, schenkt Brigitte ein Glas Champagner mit einem Schuss Himbeersirup ein.

»Danke. Ich hab dich in der Burger-King-Werbung gesehen.«

»Das ist erst der Anfang. Mein Agent hat mir ein Vorsprechen für eine Filmrolle besorgt.« Lächelnd schneidet er eine Zitrone in Scheiben.

»Viel Glück.«

»Man sagt Hals-und Beinbruch, Pagan.«

»Das müsste ich eigentlich wissen. Mein Bruder ist Schauspieler.«

»Echt?« Tim sieht auf. »Wer ist sein Agent?«

»Er ist am NIDA.«

»Glückspilz.« Tim runzelt die Stirn und schnippelt weiter Zitronen.

Sie nimmt das Getränk mit in die Garderobe, in der es immer eiskalt ist. Die Tänzerinnen wärmen sich mit Alkohol und dem Fön auf. Scarlett schminkt sich; Paris, die Neue, hat sich in die Ecke verkrochen, um sich einen Schuss zu setzen. Sie wird nicht lange hier sein. Brigitte lässt ihre Tasche auf die Bank unter dem alten Theaterspiegel mit den Glühbirnen im Rahmen fallen. Sie zieht sich aus, streift dann ein mit silbernen Pailletten besetztes Kostüm aus BH und String-Tanga über und zwängt sich in ein weißes Kleid, das ihr kaum bis zu den Oberschenkeln reicht.

Scarlett schaut von ihrem Lippenstift auf und erzählt, Al habe gestern Nacht wieder Rita gesehen. Nachdem der Club zugemacht hatte. Rita ist der Hausgeist - angeblich eine Tänzerin, die in der Gold Bar ermordet wurde, als diese noch ein Cabaret war. »Er meint, der Zigarettenautomat wäre von allein zum Leben erwacht. Eine Schachtel ist rausgefallen, dann hat er auf dem Boden einen Schatten gesehen.«

»Al trinkt vor Feierabend zu viel.« Brigitte macht ein Geistergeräusch und zieht sich lachend die silbernen Stöckelschuhe an.

Ihrem ersten Auftritt an diesem Abend sehen nur wenige Gäste zu. »Raspberry Beret«: Der DJ kennt ihre Begeisterung für Prince. Ihr Kostüm glüht im Schwarzlicht. Ein Typ - im Anzug - stellt sich an die Bühne und schaut zu. Er zieht den Mantel aus und hält ihn vor sein Geschlecht. Der Rauch seiner Zigarette hängt als graue Wolke in der abgestandenen Luft. Er wedelt mit einem Fünf-Dollar-Schein, aber der wird nun ganz und gar nicht reichen. Sie schwingt sich um die Stange, ihre Muskeln spannen sich, die Musik pulsiert durch ihren Körper. Als der Typ einen Fünfziger hochhält, lächelt sie ihn von oben herab an und blinzelt langsam, ihre Wimpern sind ein sich senkender Bühnenvorhang. Hier oben hat sie alles unter Kontrolle, ist stark, sicher, niemand darf sie berühren. Sie kniet sich vor ihn, nimmt den Schein, faltet ihn zusammen und steckt ihn unter ihr Strumpfband. Nicht, wer am Schönsten ist, verdient das meiste Geld. Sondern wer die Kunst der Verführung beherrscht. Mit langsamen, gleitenden Bewegungen hypnotisieren - bis er sich vorstellt, er wäre die Stange und hätte Sex mit ihr. Alles hängt von den Augen ab. Das Ablegen der Kleider ist nebensächlich. Wenn man ihn mit dem Blick einfängt, steckt er einem den halben Wochenlohn ins Strumpfband. Dann beendet man seinen Zehn-Minuten-Auftritt und lässt ihn am Bühnenrand sitzen. Leer. Bis die nächste Tänzerin kommt.

***

Erics Kollege Ian aus Sydney ist da - als Brigitte um halb fünf morgens von der Arbeit kommt, sitzen zwei schrumpelige Kröten auf dem neuen weißen Sofa und spielen Nintendo. Auf dem Sofatisch...
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Autor

Tania Chandler, geboren in Melbourne, wo sie auch lebt, als Redakteurin arbeitet und schreibt. Zur Unterstützung ihres Debütromans bekam sie eine Empfehlung der »2013 Writers Victoria Crime Writing Competition«. Das Sequel, Dead in the Water, erscheint im Herbst 2017.