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Der Meisterkoch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Atlantik Verlagerschienen am05.10.2017
Ein farbenprächtiger Roman über köstliche Speisen, gefährliche Rezepte und eine Liebe in Istanbul Istanbul um 1600, Blütezeit des Osmanischen Reichs: Im Topkapi-Palast kommt ein außergewöhnliches Kind zur Welt, der junge Pascha verfügt über einen absoluten Geschmackssinn. Als der Sultan all seine männlichen Verwandten ermorden lässt, überlebt der Junge das grausame Massaker mithilfe des Küchenchefs. Ihm gelingt die Flucht, und er beginnt seine Lehrjahre.  Im Tempel der Genüsse, wo er sein Handwerk erlernt, verliebt er sich in die schöne Kamer, eine begnadete Tänzerin. Doch Kamer ist hinter Haremsmauern unerreichbar für ihn. Um sie zu vergessen, studiert er in Bagdad Sternen- und Naturheilkunde, auf der Insel Hormus unterweist ihn die Herrin der Aromen in Gewürzkunde, und den symbolischen Meisterschlag verleiht ihm ein Bibliothekar in Alexandria. Als Meisterkoch kehrt er zurück nach Istanbul, wo er seine große Liebe Kamer wiederfinden möchte.  

Sayg?n Ersin, 1975 in Manisa/Westanatolien geboren, studierte Soziologie und arbeitete anschließend als Journalist. Heute lebt er als Drehbuchautor und Schriftsteller in Izmir.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEin farbenprächtiger Roman über köstliche Speisen, gefährliche Rezepte und eine Liebe in Istanbul Istanbul um 1600, Blütezeit des Osmanischen Reichs: Im Topkapi-Palast kommt ein außergewöhnliches Kind zur Welt, der junge Pascha verfügt über einen absoluten Geschmackssinn. Als der Sultan all seine männlichen Verwandten ermorden lässt, überlebt der Junge das grausame Massaker mithilfe des Küchenchefs. Ihm gelingt die Flucht, und er beginnt seine Lehrjahre.  Im Tempel der Genüsse, wo er sein Handwerk erlernt, verliebt er sich in die schöne Kamer, eine begnadete Tänzerin. Doch Kamer ist hinter Haremsmauern unerreichbar für ihn. Um sie zu vergessen, studiert er in Bagdad Sternen- und Naturheilkunde, auf der Insel Hormus unterweist ihn die Herrin der Aromen in Gewürzkunde, und den symbolischen Meisterschlag verleiht ihm ein Bibliothekar in Alexandria. Als Meisterkoch kehrt er zurück nach Istanbul, wo er seine große Liebe Kamer wiederfinden möchte.  

Sayg?n Ersin, 1975 in Manisa/Westanatolien geboren, studierte Soziologie und arbeitete anschließend als Journalist. Heute lebt er als Drehbuchautor und Schriftsteller in Izmir.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455002225
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum05.10.2017
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1215 Kbytes
Artikel-Nr.2398919
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseiteKapitel 1 Der HausherrKapitel 2 Die größte Küche der WeltKapitel 3 Die Nacht war taub, die Dämmerung stummKapitel 4 Der Tempel der GenüsseKapitel 5 Der Arzt und der SterndeuterKapitel 6 Die Herrin der AromenKapitel 7 NamenPrologÜber Saygin ErsinImpressummehr
Leseprobe
Kapitel 2 Die größte Küche der Welt

Als der Küchenmeister vor den Gardisten und hinter dem Kammerjunker in Richtung Hippodrom ging, umspielte noch immer ein sanftes Lächeln seine Lippen. Er freute sich, den ersten Schritt getan zu haben. Doch mit dem Wind, der ihm ins Gesicht blies, sobald sie den Platz betraten, verflog auch sein Lächeln. Obwohl es nicht kalt war, fröstelte es ihn.

Er hob den Kopf. Die Hagia Sophia sah überwältigend aus mit ihrer prächtigen Kuppel und ihren Minaretten, und gleich hinter ihr erhob sich der »Turm der Gerechtigkeit« in den Himmel, einer mächtigen weißen Lanze gleich. Der Küchenmeister hörte sein Herz schlagen. Nur wenigen Dingen maß er so viel Bedeutung bei, dass sie ihn aus der Ruhe zu bringen vermochten. Überhaupt konnte ihn nur ein einziges Gefühl wirklich in Erregung versetzen, aber dann klopfte sein Herz nicht, sondern schien im Gegenteil stehen zu bleiben.

Während sie auf die Hagia Sophia zugingen, versuchte er sein pochendes Herz zu beruhigen. Doch als er zu seiner Rechten das »Tor des Sultans« erblickte, begann es nur noch heftiger zu schlagen. Der Küchenmeister atmete tief ein und verlangsamte seinen Schritt, sodass die hinter ihm gehenden Gardesoldaten ebenfalls abbremsen mussten. Der Junker sah sich um und lächelte milde. Vermutlich dachte er, der Küchenmeister sei deshalb aufgeregt, weil er gleich das Serail betreten würde. Unrecht hatte er damit nicht. Doch wenn er geahnt hätte, was der tiefere Grund dafür war, wäre er wohl nicht so ruhig geblieben.

Der Küchenmeister sollte sich später nicht mehr daran erinnern, wie er die Strecke zwischen der Hagia Sophia und dem Tor des Sultans zurückgelegt hatte. Angst, Todesangst geradezu, bemächtigte sich seines Herzens, und sein Körper wurde lahm. Er spürte den Boden unter seinen Füßen nicht mehr. Als er die Janitscharen sah, die zu beiden Seiten des Tores Wache standen, brach ihm der Schweiß aus, und er rang nach Luft. Sein Bündel, so kam es ihm vor, war um Okkas schwerer geworden. Schließlich versagten seine Beine ihm den Dienst, und er blieb stehen. Er glaubte, laut schreien zu müssen, brachte aber keinen Ton hervor. Eine Hand auf die Brust gedrückt, die sich wie ein Blasebalg hob und senkte, stützte er sich mit der anderen auf seinem Knie ab. Einer der beiden Gardisten eilte zu ihm, um ihn aufzurichten. Der Junker gebot dem Soldaten mit einer Geste innezuhalten, beugte sich zum Küchenmeister hinunter und flüsterte: »Geht es Euch gut, Meister?«

 

Der Küchenmeister brachte nicht mehr als ein Röcheln hervor. Er versuchte, sich von den tausend Gedanken und Erinnerungen loszureißen, die ihm mit lautem Dröhnen durch den Kopf schwirrten, und sich des Wortes zu entsinnen, das er letzte Nacht geflüstert hatte. Der Geruch von Apfel und Nelken würde ihm neuen Mut geben. Doch es schien hoffnungslos. Das fürchterliche Dröhnen wurde von Sekunde zu Sekunde stärker und erfüllte bald seinen gesamten Geist.

Gerade als er die Besinnung zu verlieren drohte, erhaschte er einen unendlich schwachen Apfelgeruch, der sich in den hintersten Windungen seines Gehirns versteckt hatte, und klammerte sich daran fest. Da lichteten sich seine Gedanken. »Es geht mir gut«, sagte er mit klarer Stimme. Er richtete sich auf und schaute den Kammerjunker an, als wäre er nicht gerade noch fast in Ohnmacht gefallen. »Beeilen wir uns«, sagte der Junker. »Der Waffenmeister erwartet uns sicherlich schon.«

Sie setzten ihren Weg fort. Der Küchenmeister bemühte sich, den erhaschten Geruch nicht wieder loszulassen, und konnte so das Klopfen seines Herzens und das Zittern seiner Knie unter Kontrolle halten. Sie erreichten das Tor des Sultans. Bevor der Küchenmeister ins Innere des Tores trat, das einer großen Halle glich, holte er tief Luft und hielt den Atem an. Das Geräusch ihrer Schritte wurde von der hohen Kuppel zurückgeworfen und verschmolz mit dem Flüstern der Janitscharen, die unter ihren an der Wand hängenden Krummsäbeln Dienst schoben.

Der Torwächter stand in der Nähe des Eingangs zum Serail und wies zwei Jungen zurecht, doch als er die Schritte hörte, blickte er sich um und befahl den Jungen, gerade zu stehen. Der Kammerjunker salutierte, und sie gingen weiter.

 

Als sie wieder ins Sonnenlicht traten, atmete der Küchenmeister auf, und erleichtert bemerkte er, dass sein Herz schon viel ruhiger schlug. Er schaute sich um. Gut dreihundert Schritte vor ihnen erhob sich das zweite Tor: das von zwei Spitztürmen flankierte »Tor der Begrüßung«. Gerade tauchten ein halbes Dutzend Holzträger daraus auf, die auf dem Rücken riesige Kiepen trugen und in geordneter Reihe auf das Holzlager zuliefen.

Als der Küchenmeister und seine Begleiter beim Hospital ankamen, stieg ihnen der Duft frisch gebackenen Brots in die Nasen. Der Küchenmeister, der genau wusste, wie dieser Geruch sich auf die menschliche Seele auswirkt, sog ihn tief in sich auf. Anders als andere Gerüche ließ dieser einem nämlich nicht das Wasser im Mund zusammenlaufen, er löste keine Gefühle aus, die, wie Appetit oder Begierde, jeden Moment außer Kontrolle geraten konnten. Nicht umsonst sagten die Sufis über den Geruch von Brot, er gleiche dem Geruch des Propheten. Und das Brot machte der ihm zugeschriebenen Heiligkeit alle Ehre, indem es Selbstvertrauen und Ruhe einflößte und allein durch seinen Geruch das Gefühl von Sättigung vermittelte. Jetzt trug es den letzten Rest von Bedrückung hinweg, die der Küchenmeister noch empfunden hatte. Als sie beim Tor der Begrüßung anlangten, hielt sich der junge Koch so kerzengerade wie die zwei Türme, die das von Süleyman dem Prächtigen in Auftrag gegebene Bauwerk flankierten.

Einige Schritte vor dem Tor ließ der Kammerjunker die hinter ihm Gehenden anhalten, trat selbst vor und entbot dem wachhabenden Torwächter seinen Gruß.

»Salem Aleikum, Agha«, grüßte der Torwächter zurück. Dann nickte er in Richtung des Küchenmeisters. »Wer ist das?«

»Ein neuer Koch«, sagte der Kammerjunker. »Ich bringe ihn in die Palastküchen.«

»Wozu?«, feixte der Wächter. »Im Serail gibt es bald mehr Köche als Gardisten.«

Die Worte des Torwächters hatten ihr Ziel nicht verfehlt. Während er belustigt registrierte, wie die Gardesoldaten mit den Zähnen knirschten, ergriff der Kammerjunker rasch das Wort, um ja keine Auseinandersetzung aufkommen zu lassen: »So lautet mein Befehl.«

Offenbar war der Tag bisher ohne Zwischenfälle verlaufen, und der Torwächter langweilte sich. »Liegt eine Bescheinigung des Oberkellermeisters vor?«, fragte er.

Der Junker betete um Geduld. »Es wurde noch keine ausgestellt, Agha. Mir wurde aufgetragen, ihn unverzüglich herzubringen, daher â¦«, wollte er fortsetzen, aber der Torwächter unterbrach ihn, indem er nach oben auf den goldgeschmückten Torbogen zeigte: »Was Ihr da seht, Agha, ist das Tor zum Serail. Ohne Bescheinigung kommt hier niemand hindurch.«

Er verstummte, als sei damit alles gesagt, und die Gardisten waren schon drauf und dran, ihre Krummsäbel zu zücken, als der Kammerjunker das Zauberwort sprach: »Es ist ein Befehl des Waffenmeisters.«

»Wie bitte?«, fragte der Torwächter verunsichert. »Es ist ein Befehl des Waffenmeisters«, wiederholte der Junker ruhig.

Im Kopf des Wächters begann es zu arbeiten, und er erkannte immerhin, wie außergewöhnlich die Situation war. Einen Koch ins Serail zu bringen, war in der Regel ein Auftrag für einen Herold. Wenn man jedoch einen Kammerjunker in Begleitung zweier Gardisten geschickt hatte, kam der Befehl vielleicht wirklich von weiter oben. Mit bleichem Gesicht rief er ins Tor hinein: »Heda! Lauft sofort los und holt mir den Obertorwächter herbei!«

Während sie auf das Eintreffen des Obertorwächters warteten, blickte der Küchenmeister zu dem majestätischen Bauwerk empor, das sich vor ihm erhob. Durch dieses Tor das Serail zu betreten, bedeutete meist Glück und Hoffnung, es zu verlassen hingegen Trauer und Verhängnis. Viele stolze und angesehene Menschen hatten schon prächtigen Einzug durch das Tor gehalten, während ihre enthaupteten Leiber meist still und leise wieder hinausgeschafft wurden.

Auch das Tor der Begrüßung erinnerte an eine Halle, war aber viel länger. Das Licht am anderen Ende war so weit entfernt, als wolle es dem Eintretenden sein Schicksal verdeutlichen. Im Serail zu leben, das war, vom kleinsten Pagen bis hin zum Sultan, wie ein Marsch durch das Tor der Begrüßung - ein Marsch von ungewissem Ausgang. Man sah zwar das Licht am Ende des Weges, doch solange man auch darauf zuging - man erreichte es nie. Das Leben verging auf diesem mit kleinen Steinen gepflasterten Weg - Augenblick für Augenblick, Stunde für Stunde und Tag für Tag - in der ständigen Angst, ins Dunkel zu stürzen, und verlor sich zuletzt durch natürlichen Tod oder die Hand des Henkers entweder im Nichts oder verwandelte sich bestenfalls in ein paar Zeilen auf den staubigen Blättern der Geschichte. Das Licht am Ende dieses Tores war das trügerischste der Welt. Nichts als Illusion. Aber das machte dem Küchenmeister keine Angst. Denn das Licht, nach dem er strebte, wartete nicht hinter diesem, sondern hinter einem anderen Tor, an einem Ort, den er noch nicht sah und noch nicht kannte. Aber er würde ihn finden. Er würde ihn finden, was es auch kostete, und das Licht würde die tiefe Dunkelheit, die über seine Welt hereingebrochen war, vertreiben.

Der Küchenmeister schaute auf den hellen Ausschnitt am Ende des Tores. Von dort, wo er nun stand, konnte er die Mauern des »Tores der Glückseligkeit«, die den Harem und das Enderun vom Zweiten...
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Autor

Sayg¿n Ersin, 1975 in Manisa/Westanatolien geboren, studierte Soziologie und arbeitete anschließend als Journalist. Heute lebt er als Drehbuchautor und Schriftsteller in Izmir.