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Das Lied des Paradiesvogels 2

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
80 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am05.07.20181. Auflage
Hamburg, 1890. Die Zwillinge Thea und Daniel sind unzertrennlich. Als Daniel vom Vater auf eine Expedition in die deutschen Südseegebiete geschickt werden soll, erscheint allein der Gedanke an Trennung den Geschwistern kaum vorstellbar. Sie fassen einen Entschluss: Wenn sie gehen, dann nur gemeinsam und so schmieden sie einen gefährlichen Plan ... Auch der junge Hamburger Reeder Leopold Saarner macht sich mit dem Schiff auf den Weg nach Polynesien. Er muss auf der fernen Insel seinen unehelichen Halbbruder finden und zu seinem Vater bringen. Aber er hat eigentlich kein Interesse daran, sein Erbe zu teilen... Der in Richtung Südsee fahrende Dreimaster beherbergt die Hoffnungen, Wünsche und Ängste der Hamburger - es beginnt eine lange Fahrt in eine ungewisse Zukunft.

Rebecca Maly, geboren 1978, arbeitete als Archäologin und Lektorin, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Die Kultur der Maori lernte sie bereits im Studium kennen, eine Faszination, die bis heute geblieben ist. Die Autorin kann sich nichts Schöneres vorstellen, als ferne Länder zu bereisen und deren Kultur kennen zu lernen. Unter ihrem realen Namen Rebekka Pax hat sie bereits erfolgreich mehrere Romane veröffentlicht.
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Produkt

KlappentextHamburg, 1890. Die Zwillinge Thea und Daniel sind unzertrennlich. Als Daniel vom Vater auf eine Expedition in die deutschen Südseegebiete geschickt werden soll, erscheint allein der Gedanke an Trennung den Geschwistern kaum vorstellbar. Sie fassen einen Entschluss: Wenn sie gehen, dann nur gemeinsam und so schmieden sie einen gefährlichen Plan ... Auch der junge Hamburger Reeder Leopold Saarner macht sich mit dem Schiff auf den Weg nach Polynesien. Er muss auf der fernen Insel seinen unehelichen Halbbruder finden und zu seinem Vater bringen. Aber er hat eigentlich kein Interesse daran, sein Erbe zu teilen... Der in Richtung Südsee fahrende Dreimaster beherbergt die Hoffnungen, Wünsche und Ängste der Hamburger - es beginnt eine lange Fahrt in eine ungewisse Zukunft.

Rebecca Maly, geboren 1978, arbeitete als Archäologin und Lektorin, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Die Kultur der Maori lernte sie bereits im Studium kennen, eine Faszination, die bis heute geblieben ist. Die Autorin kann sich nichts Schöneres vorstellen, als ferne Länder zu bereisen und deren Kultur kennen zu lernen. Unter ihrem realen Namen Rebekka Pax hat sie bereits erfolgreich mehrere Romane veröffentlicht.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783955309923
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum05.07.2018
Auflage1. Auflage
Seiten80 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2414209
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
KAPITEL 6

Die Nordstern legte an einem Regentag ab.

Wie ein düsteres Omen hingen schwarzgraue Wolken über dem Hafen. Daniel stierte von seinem Platz an Deck hinunter auf die Pier, wo sich knapp zwei Dutzend Menschen versammelt hatten. Darunter waren auch seine Eltern, die ihm diese Reise eingebrockt hatten.

Behände lösten zwei Hafenarbeiter die letzten Leinen. Neben ihm zog ein Matrose eines der schweren Taue ein und rollte es sorgfältig auf. Daniel musterte dessen sehnigen Körper verstohlen, dann wandte er schnell den Blick ab. Dass er den Mann kannte, war ein noch größeres Geheimnis als seine Schwester Thea, die als blinde Passagierin mit an Bord gelangt war.

Wie war er am Vortag erschrocken, als er sie ohnmächtig in ihrem Versteck, einer großen Holzkiste, vorgefunden hatte. Doch sie war schnell wieder zu sich gekommen und hatte ihn vor Freude umarmt. Ihre Flucht war gelungen. Die Nacht hatte sie alleine in der Kabine zubringen müssen und es tapfer durchgestanden.

Daniel hatte noch vor einer halben Stunde bühnenreif den exzentrischen Künstler gemimt, der es niemandem erlaubte, seine Kabine zu betreten, auch dem Reinigungspersonal nicht.

Damit sollte Thea sicher sein.

Gerüstet mit einem großen Vorrat Bücher, würde sie für die nächsten neun Wochen an den winzigen Raum gefesselt sein. Sie würde sich fühlen wie in einer Gefängniszelle. Doch er war sich sicher, dass sie auch das meistern würde, genau wie sie bislang für jedes Problem eine Lösung gefunden hatte. Sie war eine beeindruckend starke Persönlichkeit, oft stärker als er.

Ein Beben ging durch das Schiff, als die Dampfmaschinen im Inneren auf höhere Leistung gingen. Schwarzer Ruß mischte sich in den Regen und verschluckte zuerst einige Möwen, dann die winkenden Angehörigen auf dem Kai. Hin und wieder blitzte die Helligkeit eines Taschentuchs auf wie ein Morsezeichen.

Daniel wusste, wo seine Eltern standen. Er musste sie nicht genau erkennen, um zu wissen, welche Regenschirme zu ihnen gehörten. Zum Abschied hob er noch einmal die Hand, dann zog er seine Mütze tiefer in die Stirn und verließ seinen geschützten Platz neben dem abgetakelten Hauptmast. Gegen Regen und Wind gebeugt, hastete er zur Luke. Das Metallschott sah beinahe aus wie eine normale Tür, doch es konnte nicht verhehlen, dass es für Stärkeres gebaut war als für ein laues Lüftchen im Hamburger Hafen.

Im Inneren schlug ihm schon jetzt stickige Luft entgegen. Ein Vorgeschmack auf das, was ihn, aber vor allem Thea, in den kommenden Wochen erwartete.

***

Immer, wenn Thea auf dem Flur vor der Kabine Schritte hörte, beschleunigte sich ihr Puls. Nach dem ersten Schreckmoment erkannte sie aber, dass es dieses Mal Daniel war. Trotzdem stellte sie sich so hin, dass sie bei einem zufälligen Blick aus dem Flur nicht zu sehen war.

Er schloss auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund, wortlos trat er ein und drückte die Tür zu. Erst dann wagte Thea, das Schweigen zu brechen. Wie war es? , fragte sie leise und versuchte, die Traurigkeit nicht an sich heranzulassen. Ich hätte mich so gerne richtig von Mama verabschiedet.

Daniel nickte. Sie hat sehr geweint. Aber glaub mir, Thea, sie hätten dich niemals gehen lassen. Und du hättest es dann auch nicht über dich gebracht.

Ich weiß , seufzte sie und trat vorsichtig an das winzige Bullauge. Draußen zogen die Kaimauern entlang. Reihe um Reihe von Hölzern, bedeckt mit schmierigen braun-grünen Belägen. Der Regen malte Streifen auf das dicke Glas des Bullauges.

Das Wetter versucht, uns den Abschied leichter zu machen , sagte sie und versuchte, das würgende Gefühl in ihrer Kehle zu ignorieren. Sie wollte nicht weinen.

Als Daniel hinter sie trat und mit den Armen umschlang, rollte trotzdem die erste Träne über ihre Wange. Wir haben noch uns , sagte er sanft. Nun müssen wir einander Familie sein, denn sonst haben wir keine mehr.

Thea wischte sich über die Augen. Sie werden uns wirklich nicht mehr wiederhaben wollen, oder?

Ich denke nicht.

Ich kann gar nicht mehr wütend auf Vater sein, dabei war ich es die ganze Zeit, bis jetzt. Irgendwie ist nun aber alles verflogen.

Ich weiß genau, was du meinst. Jetzt brauchst du die Wut nicht mehr. Sie hat uns die Kraft gegeben, diesen verrückten Plan auszuhecken. Nun ist es geschafft.

Dann lassen wir unsere schlechten Gefühle also in Hamburg zurück , sagte sie entschlossen.

Die Tage verschwammen ineinander. Sie krochen nur so dahin.

War es anfangs nur langweilig, plagte sie mittlerweile fürchterliche Übelkeit. Seit sie den Atlantik befuhren, lag sie eigentlich bloß noch auf der schmalen Pritsche und litt. Das Essen blieb nur drin, wenn der Wind nachließ und das Schiff sich fast ausschließlich mit Motorkraft fortbewegte.

Ans Lesen der mitgebrachten Bücher war kaum zu denken.

Daniel verbrachte viel Zeit bei ihr. Er stand mitten in der Kabine, als seien seine Füße mit dem Boden verwachsen, federte die Schiffsbewegungen mit den Knien ab und malte. Die Staffelei keilte er mit Koffern und Kisten so ein, dass sie nicht verrutschen konnte.

Thea sagte ihm nicht, dass die Farbdämpfe es für sie noch unangenehmer machten, denn sie genoss es, ihm zuzusehen. Sein Gesicht nahm dann immer diesen verklärten Ausdruck an, als würde er ganz in seiner Bestimmung aufgehen. Genauso fühlte sie sich, wenn sie ein Porträt plante und schließlich aufnahm. Es gab nichts Schöneres als den Moment des Erschaffens, dann trat alles andere dahinter zurück. Es gab keine Sorgen mehr und keinen Kummer, weder Gestern noch Morgen, nur das Jetzt.

Wie sehr sehnte sie sich danach, das bald wieder zu empfinden, statt mit einem rebellierenden Magen und Kopfschmerzen an eine Schlafkoje in einer winzigen Kabine gefesselt zu sein.

Wie lange noch? , fragte sie und starrte dabei auf die dünne Linie des Horizonts, der in dem kreisrunden Bullauge auf- und abstieg.

Sie sagen, wir kommen gut voran, aber es sind noch sechs Wochen.

Sechs Wochen , stöhnte sie. Das ertrage ich nicht!

***

Baptiste sah auf sein Werk hinab. Vor ihm lag ein perfekt geformtes Kanu. Endlich. Wochen hatte es gedauert, bis er es aus dem Baumstamm herausgeschlagen hatte. Mit Feuer hatte er es gehärtet, mit Sand glattgeschliffen und mit dem Öl der Kokospalme eingefettet. Den Bug zierte eine Schnitzerei. Erst beim dritten Versuch hatte er den Ahnen, der ihn in den Träumen besucht hatte, genau getroffen. Der Kopf des Mannes ging in den eines Krokodils über, und um seine Beine wanden sich Schlangen. Er würde alles Böse von Baptiste und seinem Gefährt fernhalten. Doch noch war das Schutzversprechen dünn, der Geist des Ahnen wankelmütig.

Er musste ihm ein Opfer bringen, das richtige Opfer, groß genug, um dem Ahnen zu beweisen, dass er würdig war.

Baptiste bereitete sich so gut es ging auf die letzte Prüfung vor. Er wusch im nahen Bergbach Schweiß und Holzstaub von der Haut und schmückte seinen Körper mit Bändern und Federn, dann machte er sich auf den Weg landeinwärts. Dort hatte es einst ein Nachbardorf gegeben, weit den Fluss hinauf, das zweimal von seinen eigenen Vorfahren überfallen worden war. Man erzählte sich, dass die Männer jener Siedlung ungewöhnlich tapfer gewesen seien und es daher als besonders ehrenhaft galt, einen ihrer Köpfe zu erbeuten.

Baptiste wollte dorthin, obwohl er den Ort noch nie gesehen hatte. Seine Ahnen riefen ihn auf diesen Pfad.

Jetzt, da er sich darauf eingelassen hatte, war der Sog sehr deutlich zu spüren. Als habe man ihm ein Seil um die Brust geschlungen und zerre ihn daran vorwärts. Er musste nur folgen. Stundenlang lief er über verschlungene Pfade. Das Blätterdach über ihm war so dicht, dass er die Sonne oft kaum sehen konnte. Regen fiel, Wolken hingen schwer bis auf die Äste hinab. Doch er brauchte das Licht nicht, um sich zu orientieren. Er hörte den Flusslauf wie ein stetes Wispern zu seiner Linken.

Seit er der Plantage den Rücken gekehrt hatte, fiel es ihm mit jedem Tag leichter, sich der Kultur seiner Mutter voll und ganz zu öffnen. Der Wald hatte ihn empfangen wie einen Freund. Nun war er eins mit ihm geworden. Baptistes Füße hatten sich daran gewöhnt, ohne Schuhe auszukommen. Er konnte über zugewachsene Pfade rennen, ohne bewusst auf Stolperfallen und Lianen achten zu müssen. Er trank von großen Blättern, in denen sich Regenwasser sammelte, und er aß, was die Natur ihm offerierte. So hätte er leben sollen, als er sein erstes Kanu aus dem Herz eines Baumes geschlagen hatte, genau auf diese Weise.

Als die Sonne ihren Zenit überschritten hatte, war er noch immer unterwegs. Mittlerweile hatte er den Hauptarm des Gewässers erreicht. Es war ein breiter, rauschender Strom, den er durchschwimmen musste, wollte er wirklich ins Nachbardorf und dort Beute machen.

Schon konnte er die Felder erkennen, auf denen früher Bananenstauden und Maniok angebaut worden waren.

An einer Stelle, wo die Strömung das Wasser nur leicht verwirbelte, stieg er in den Fluss. Der Speer war beim Schwimmen hinderlich, verkeilte sich sogar kurz zwischen glatt geschliffenen Felsen. Algen machten sie rutschig. Baptiste wurde hinabgerissen, schluckte Wasser und kam hustend wieder hoch.

Er trat so kräftig mit den Beinen, wie er nur konnte, und ruderte mit einem Arm, mit dem anderen hielt er noch immer seinen Speer. Endlich erreichte er das andere Ufer und bekam die Zweige eines Baums zu fassen, der vor einigen Jahren umgestürzt war und sich in den Uferfelsen verkeilt hatte.

Mit weichen Knien erklomm Baptiste trockenes Land, stützte sich auf seinen Speer und hustete.

Seine...
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