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Mandalay Moon

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
380 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am22.09.20171. Auflage
TÖDLICHES SPIEL IM GOLDENEN DREIECK Traumstadt Bangkok: Die Erfüllung aller Wünsche ist hier käuflich, aber der Journalist Tom hat kein Geld. Da lernt er Chris und Victor kennen: schön, reich und gelangweilt. Sie wollen nach Burma, um einen Film über die legendäre Opiumprinzessin Olive Yang zu drehen. Tom wittert eine Story - und verliebt sich in Chris. Doch das Pärchen scheint etwas zu verschweigen. Zu spät erkennt Tom, was wirklich auf dem Spiel steht.

Martin Schacht, geboren 1965 in Rendsburg, lebt als Autor, Journalist und Regisseur in Berlin und Bangkok. Bei Rowohlt erschienen die Romane «Mittendrin», «Straßen der Sehnsucht» und «Mandalay Moon».
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Produkt

KlappentextTÖDLICHES SPIEL IM GOLDENEN DREIECK Traumstadt Bangkok: Die Erfüllung aller Wünsche ist hier käuflich, aber der Journalist Tom hat kein Geld. Da lernt er Chris und Victor kennen: schön, reich und gelangweilt. Sie wollen nach Burma, um einen Film über die legendäre Opiumprinzessin Olive Yang zu drehen. Tom wittert eine Story - und verliebt sich in Chris. Doch das Pärchen scheint etwas zu verschweigen. Zu spät erkennt Tom, was wirklich auf dem Spiel steht.

Martin Schacht, geboren 1965 in Rendsburg, lebt als Autor, Journalist und Regisseur in Berlin und Bangkok. Bei Rowohlt erschienen die Romane «Mittendrin», «Straßen der Sehnsucht» und «Mandalay Moon».
Details
Weitere ISBN/GTIN9783688105960
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum22.09.2017
Auflage1. Auflage
Seiten380 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse833 Kbytes
Artikel-Nr.2454150
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Teil 1

Kapitel 1

Burma, 1. März 1962


Die chinesischen Tänzerinnen werden ihn unterhalten. Das Ballett gibt Das rote Frauenbataillon. Der Große Vorsitzende persönlich hat eine Grußbotschaft telegraphiert, in der er der jahrhundertealten Freundschaft ihrer beiden Völker gedenkt - eine glatte Lüge übrigens, China und Burma waren immer Rivalen. Beijing gibt sich Mühe, sie hofieren ihn, die Kommunisten, und sie liefern ihm Waffen.

Die lästigen Nadelstiche der Kuomintang, die sich in ihrem Hauptquartier Möng Hsat verschanzt haben und aus ihren Verstecken in den Bergen der Wa über die Grenze in die Provinz Yunnan eindringen, können sie nicht ernsthaft gefährden. Chiang Kai-shek, der Generalissimus, ist ein zahnloser alter Tiger, aber die Angriffe tun ihre Wirkung. Sie schmerzen, und sie machen ihn für Beijing zu einem wichtigen Verbündeten. Beijing wünscht, dass der General das Problem für sie löst.

Es ist neunzehn Minuten vor sieben. Das Thermometer zeigt dreiunddreißig Grad im Schatten. Vor genau fünfzig Minuten ist die Sonne untergegangen, noch wirft sie einen schwachen goldenen Schein auf die Schwedagon-Pagode, deren schimmernde Kuppel auf einem Hügel über der Stadt thront. Es sind noch fünfundachtzig Minuten bis zum Beginn der Ballettaufführung, die natürlich erst dann beginnen wird, wenn der General in seiner Loge Platz genommen hat, und es sind sieben Stunden und fünf Minuten, bis Streitkräfte ausrücken werden.

General Ne Win, die Sonne des Ruhmes, wie er sich jetzt nennt, Oberbefehlshaber der burmesischen Streitkräfte, hat keinen Blick für den exquisiten Farbverlauf am Himmel, den er von seinem Fenster aus im fünften Stock des Regierungspalastes genießen könnte. Über den Dächern und den scherenschnitthaften Silhouetten der Palmen schwebt ein purpurner Streifen, der in ein glühendes Orange übergeht, das die Schleierwolken von unten anstrahlt. Und dann, innerhalb von Minuten, bricht die Nacht herein.

Der General verreibt zwischen den Handflächen eine haselnussgroße Menge nach Tuberose duftender Brillantine und verteilt sie gleichmäßig in seinem Haar. Sorgfältig setzt er den Kamm am Haaransatz in der Mitte über der Stirn an und zieht ihn mit einer tausendmal geübten Bewegung nach hinten, einmal über den ganzen Kopf. Dann schiebt er die glatte Fläche fettig glänzenden schwarzen Haares - er muss es immer noch nicht tönen - zwischen den beiden Händen zusammen, und die Haarfläche hebt sich um ein paar Zentimeter. Das lässt ihn noch größer erscheinen, als er mit seinen eins neunundachtzig ohnehin schon ist, zumal für einen Asiaten. Fast schlaksig wirkt er, beinahe jungenhaft, und die Frisur streckt sein weiches, eher rundliches Gesicht mit dem fleischigen Mund. Der Künstler, der ihn für das Wandbild im Treppenhaus des Regierungspalastes porträtiert hat, hat ihm geraten, immer auf die Proportionen zu achten. Sein Gesicht müsse optisch nur ein wenig verlängert werden, dann sei es perfekt in seiner Harmonie.

Der Rand des Spiegels ist in Facetten geschliffen, und das venezianische Kristall reflektiert das Gesicht des Generals in endloser Wiederholung, so wie es später die Geldscheine, die Titelseiten und Wochenschauen tun werden. Er hat ein Faible für Dinge aus Europa - der Spiegel hat ein Vermögen gekostet, englische Stoffe mag er auch, er lässt seine Uniformen in der Savile Row schneidern und fährt regelmäßig nach Ascot, auch wenn er die Englischschulen schließen lassen und Pferdewetten verbieten wird. Waffen aus den USA, die schätzt er besonders. Er wird sieben Mal heiraten, darunter eine italienische Filmschauspielerin und eine Urenkelin des letzten burmesischen Königs, vier Kinder in diesen Ehen zeugen und noch ein paar mehr außerhalb, und er wird sein Land in den vierzig Jahren bis zu seinem Tod völlig isolieren.

Der General trägt eine schwarze Hose mit einer Ripspaspel und eine weiße Uniformjacke mit Epauletten und goldbesticktem Stehkragen, elegant, dem Anlass angemessen und zugleich seinen militärischen Rang betonend, ein bisschen operettenhaft vielleicht, aber sein Faible für das Theatralische hat seine Feinde ihn schon häufig unterschätzen lassen. Nach der Aufführung wird er noch die Zeit finden, mit der Ballerina für ein Foto zu posieren, und sich dann unauffällig absetzen. Niemand wird Verdacht schöpfen. Und hat nicht das Parlament selbst ihn ermächtigt, ihn förmlich gedrängt, die Ordnung im Staat wiederherzustellen?

Die Frau ist schon wieder angezogen, sie hat die Lippen nachgezogen und raucht. Sie trägt ein Kostüm im westlichen Stil, hat die Haare unter einem Kopftuch zusammengefasst, aber trotz Sonnenbrille wird man sie erkennen, wenn sie das Gebäude verlässt. Ihr Gesicht ist zu bekannt, als dass sie sich verstecken könnte in Rangun, es lächelt riesenhaft von den gemalten Kinowerbungen, und es ist zu schön, als dass ein Burmese es vergessen könnte. Sie schiebt eine neue Zigarette in das Mundstück aus Jade und lächelt dem Spiegelbild des Generals zu, der gerade mit einer kleinen Bürste seine Augenbrauen in Form bringt.

«Ich hoffe», sagt sie, «du wirst dir auch bei meiner Premiere eine solche Mühe geben.»

«Welche Premiere?» Der General löst sich von seinem Spiegelbild und dreht sich zu ihr.

«Mandalay Moon», sagt sie, «der Film. Die Premiere ist morgen. Du wirst es hoffentlich nicht vergessen haben.»

Sie wirkt verstimmt, dann entspannen sich ihre Züge. Versöhnlich fügt sie hinzu: «Immerhin bist du der Ehrengast. Der Astrologe hat den Termin bestätigt, wir haben die Premiere nur deshalb verschoben, du erinnerst dich. Alle haben zugesagt, der Premierminister, die Botschafter und die Fürsten.»

«Bitte mach meine Manschettenknöpfe zu.»

Der General streckt ihr die Arme entgegen, ohne auch nur einen Schritt auf sie zuzukommen. Unwillig drückt sie die Zigarette aus. Sie muss aufstehen und einmal quer durch den Raum gehen: eine kleine Demonstration dessen, wer hier das Sagen hat.

«Natürlich», sagt der General zufrieden, «der Astrologe hat den Termin bestätigt. Ich erinnere mich. Aber ob sie wirklich alle kommen können? Fast möchte ich es bezweifeln. Vor allem der Premierminister. Vielleicht sieht die Welt morgen schon ganz anders aus.»

Eine Anspielung, überlegt sie, aber worauf? Jeder weiß, dass Präsident U Nu in der Windermere-Residenz mit den Abgesandten der Shan und Karen verhandelt. Eine politische Lösung der Stammeskrise an der Ostgrenze scheint in Sicht.

«Ich muss gehen», sagt die Frau, «Olive wartet.»

«Sie wird noch oft und lange warten müssen.»

Eine Wache bringt die Frau nach unten.

 

In den frühen Morgenstunden des 2. März 1962 besetzen Truppen die strategischen Positionen der Hauptstadt Rangun. Soldaten auf Militärlastern fordern die Bevölkerung mit Megaphonen auf, Ruhe zu bewahren. Es fallen Schüsse. Wie eine gespannte Metallfeder schnellt Olive aus dem Bett. Sie schüttelt ihren Kopf und ist sofort hellwach. Sie hat im Hof einen Schuss gehört. Da, noch einer, vorne am Tor. Wa Wa braucht länger als sie, um wach zu werden, Olive steigt schon in ihre Reithosen und Stiefel. Während sie aus dem Zimmer läuft, knöpft sie ihr Hemd zu und hängt sich den Pistolengürtel um. Sie hört Schreie und aufgebrachte Stimmen. Es hämmert gegen die Eingangstür, das Hämmern gipfelt in einem gewaltigen Krachen, als die Tür aus ihren Angeln splittert. Mittlerweile ist das Haus hell erleuchtet, die Diener schreien durcheinander. Eine Einheit des Militärgeheimdienstes stürmt in die Eingangshalle.

Olive fühlt, wie die Wut in ihr hochsteigt. Was soll das? Sie hat einen Deal mit Ne Win. Das Haus hat den Status einer diplomatischen Vertretung, sie ist das Staatsoberhaupt von Kokang. Aber was ist ein Deal wert, wenn man über die Macht verfügt? Die Macht tut immer, was sie will, nicht, was sie verspricht. Gerade Olive hätte das wissen sollen. Wie hatte sie so unvorsichtig sein können? Was ist passiert? Wer hat sie verraten? Wo sind die Wachen? Warum haben sie nicht geschossen? Und was will Colonel Lwin, der Chef des Militärgeheimdienstes, hier, in ihrem Haus, mitten in der Nacht?

«Was fällt Ihnen ein?», fährt Olive ihn an. «Hier herumzuschießen und meine Haustür aufzubrechen?»

Colonel Lwin zieht die Oberlippe hoch und schnaubt verächtlich. Arrogant ist dieser dreckige kleine ehemalige Steuereintreiber auch noch.

«Wir haben einen Spion bis zu Ihrem Grundstück verfolgt, Hoheit. Er hat uns gestanden, dass er hier Unterschlupf gefunden hat.»

«Blödsinn», blafft Olive ihn an, «bringen Sie mir den Mann her. Dann werden wir ja sehen, was er zu gestehen hat.»

«Leider hat er versucht zu fliehen.» Ein angedeutetes Lächeln huscht über das Gesicht von Colonel Lwin. «Er ist auf der Flucht erschossen worden. Und jetzt müssen wir dieses Haus untersuchen. Wir müssen es durchsuchen, um genau zu sein. Wir können nicht zulassen, dass sich Verräter hier aufhalten.»

Er gibt seinen Männern ein Zeichen. Olive weiß nicht, ob sie laut loslachen soll, doch Soldaten umstellen sie. Aufgerichtete Gewehrläufe halten sie in Schach.

«Hoheit», sagt der Colonel und betont das Wort mit hörbarer Ironie, «Ihre Waffen bitte.»

Olive überlegt, sich den Weg freizuschießen, als Wa Wa verschlafen und desorientiert im Morgenmantel in die Halle kommt. Wa Was Augen weiten sich angstvoll, als sie sieht, was vor sich geht. Bei einer Schießerei könnte eine verirrte Kugel sie treffen, es ist zu gefährlich, niemals würde Olive das Risiko eingehen, dass Wa Wa etwas geschieht. Olive lässt die Hand, die sie eben noch am...


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