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Alicia verschwindet

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
244 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am07.05.2018Originalausgabe
Alicia und Robert sind beste Freunde. Eines Tages jedoch ist Alicia plötzlich verschwunden, ohne ein Wort der Erklärung. Die einzigen Hinweise, die sie hinterlassen hat, sind drei Fotos und ihr Lieblingsbuch »Sturmhöhe«.

Roberts Nachforschungen in London verlaufen im Nichts. So begibt er sich auf eine abenteuerlichen Reise, die ihn nicht nur quer durch England führt, sondern auch zurück in seine eigene Vergangenheit ... Die Suche nach der Freundin wird immer mehr zur Suche nach sich selbst. Erst wenn er sich seinen wahren Gefühlen stellt, kann er Alicia finden. Und ihre Liebe.

Ein spannender Roman über unausgesprochene Gefühle und die Hürden, die auf dem Weg zum großen Glück manchmal genommen werden müssen.



Matthias Sachau, geboren 1969, begann nach einer kurzen Karriere als Architekt zu schreiben. Er veröffentlichte mit großem Erfolg einige heitere Romane, unter anderem Wir tun es für Geld, Kaltduscher: Ein Männer-WG-Roman und Linksaufsteher: Ein Montagsroman. Matthias Sachau lebt und arbeitet in Berlin und Regensburg.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAlicia und Robert sind beste Freunde. Eines Tages jedoch ist Alicia plötzlich verschwunden, ohne ein Wort der Erklärung. Die einzigen Hinweise, die sie hinterlassen hat, sind drei Fotos und ihr Lieblingsbuch »Sturmhöhe«.

Roberts Nachforschungen in London verlaufen im Nichts. So begibt er sich auf eine abenteuerlichen Reise, die ihn nicht nur quer durch England führt, sondern auch zurück in seine eigene Vergangenheit ... Die Suche nach der Freundin wird immer mehr zur Suche nach sich selbst. Erst wenn er sich seinen wahren Gefühlen stellt, kann er Alicia finden. Und ihre Liebe.

Ein spannender Roman über unausgesprochene Gefühle und die Hürden, die auf dem Weg zum großen Glück manchmal genommen werden müssen.



Matthias Sachau, geboren 1969, begann nach einer kurzen Karriere als Architekt zu schreiben. Er veröffentlichte mit großem Erfolg einige heitere Romane, unter anderem Wir tun es für Geld, Kaltduscher: Ein Männer-WG-Roman und Linksaufsteher: Ein Montagsroman. Matthias Sachau lebt und arbeitet in Berlin und Regensburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458758358
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum07.05.2018
AuflageOriginalausgabe
Reihen-Nr.4642
Seiten244 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2508650
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1


Die alten Ledersessel in der Bibliothek des Blander's Club wirkten so ausladend, dass kleinere Männer befürchten mussten, von ihnen verschluckt zu werden. Zum Glück waren Robert Arlington-Stockwell und ich stattlich genug, um uns sicher zu fühlen. Ob die Bücher in den mächtigen viktorianischen Regalen um uns herum jemals gelesen wurden oder nur verhindern sollten, dass jemand fragte, warum der Raum Bibliothek hieß, war schwer zu sagen. Ich dachte kurz an meine eigene, zum Bersten gefüllte Bücherwand zu Hause. Eine wilde Ansammlung unterschiedlichster Werke, halbwegs korrekt nach Autorennamen sortiert. Wahrscheinlich wäre eine andere Ordnung sinnvoller. Musste man überhaupt alle Bücher aufheben? Sollte man sich nicht lieber auf einige Lieblingswerke beschränken? Ich tröstete mich damit, dass wohl jeder, der gerne las, diese Entscheidung sein Leben lang vor sich herschob.

Wir warteten auf unsere Drinks und plauderten. Ich fragte mich, ob sich Roberts Gesichtszüge seit unserer letzten Begegnung verändert hatten, oder ob nur das weiße Pflaster, das Teile seiner linken Stirnhälfte verdeckte, die gewohnten Proportionen durcheinanderbrachte. Natürlich erkundigte ich mich nicht danach. Im fünftältesten Londoner Gentlemen's Club wäre so ein Verhalten unangemessen gewesen. Ich durfte ohnehin nur hier sein, weil ich Roberts Gast war und zur vereinbarten Zeit an einer geheimnisvollen großen blauen Tür in der St James's Street mit dem richtigen Codewort hatte glänzen können.

Auf dem blankpolierten Holztischlein vor uns standen eine Karaffe Wasser, zwei Gläser auf ledernen Untersetzern und eine Kristallschale mit einer Auswahl Salzgebäck. Davor drei Fotos, die Robert mit der Bildseite nach unten akkurat nebeneinandergelegt hatte.

»Entschuldigen Sie die Geheimniskrämerei, Doktor«, sagte er, während er uns Wasser einschenkte. »Aber was ich Ihnen erzählen möchte, erfordert, dass ich diese Fotos erst nach und nach aufdecke. Sie werden bald verstehen, warum.«

Ich kannte Robert nicht gut, aber gut genug, um ihn zu mögen. Obwohl ich Anfang fünfzig und damit fast zwanzig Jahre älter war als er, hatten wir das, was man »einen guten Draht zueinander« nennt. Als wir uns vor ein paar Jahren zum ersten Mal auf dem East Course des Wentworth Golf Clubs begegneten - genauer gesagt in dem vermaledeiten Waldstück zwischen dem fünften und neunten Loch, in dem wir beide nach unseren hoffnungslos verzogenen Bällen suchten und sie beinahe verwechselten -, brauchten wir nur wenige Sätze, um das festzustellen. Und auch wenn wir uns danach nur gelegentlich und zufällig trafen, unser Draht hatte Bestand. Sobald wir uns bei einer der zahlreichen langweiligen Zusammenkünfte der British Season von Weitem erkannten, zwinkerten wir uns über die Köpfe und Hutfedern hinweg zu, und ich genoss ab diesem Moment die angenehme Gewissheit, dass wenigstens eines der Gespräche an diesem Abend unterhaltsam sein würde.

Sicher, Robert war das Musterbild eines Sloane Rangers, eines jener jungen Briten, die gleich mit einem ganzen Dutzend goldener Löffel im Mund geboren wurden. Die Arlington-Stockwells waren eine vollendete Mischung aus Adel, altem Geld, neuem Geld, Firmenanteilen, Immobilien und Beziehungen bis hinauf zu den Grosvenors. Bemerkenswert war aber, dass er trotz intensiver Dauerverwöhnung keine nennenswerten charakterlichen Schäden davongetragen hatte. Er war sich - im Gegensatz zu den meisten anderen Söhnchen, die sich im Guards Polo Club, im Boujis und in den Logenplätzen der Royal Opera tummelten - der Absurdität seiner Lebensumstände vollauf bewusst. Und mein Bauchgefühl sagte mir, dass er tief im Inneren unzufrieden war, allerdings ohne genau zu wissen, womit. Vielleicht war nur diese Unsicherheit der Grund, warum er keinerlei Ambitionen zeigte, aus dem Klammergriff der Familie Arlington-Stockwell auszubrechen.

Lediglich eine einzige Fluchttür nutzte er gerne und oft. Sie führte in die relative Freiheit einer zwar streng umzäunten, aber in ihren Ausmaßen doch sehr annehmbaren Spielwiese: Gespräche. Ich muss voller Neid zugeben, dass Robert ein Meister darin war. Jeder noch so langweiligen Runde konnte er mühelos mit ein paar Sätzen Leben einhauchen. Er beachtete dabei penibel die Grenzen der Konventionen, tänzelte aber bisweilen so dicht an ihnen entlang, dass man den Atem anhielt. Gleichzeitig hatte er die wunderbare Angewohnheit, sein eigenes Leben nicht zum Thema zu machen. Und wenn andere dafür sorgten, gelang es ihm schnell, das Gespräch wieder in neue Bahnen zu lenken. Wahrscheinlich hatte es weniger mit gutem Stil zu tun als mit seinem Bewusstsein dafür, dass seine Vita tatsächlich nichts hergab, was einer Vertiefung wert gewesen wäre.

Dass Letzteres so nicht mehr stimmte, sollte mir im Verlauf des Abends klar werden. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich allerdings noch nichts. Im Gegenteil, nachdem Robert seine Fotos ausgebreitet hatte, fürchtete ich im Stillen, dass die wohlige Spannung, die er aufgebaut hatte, nicht annähernd das einlösen würde, was sie im Moment versprach. Gleichzeitig schämte ich mich über meinen primitiven Anspruch, gut amüsiert zu werden. Kaum angemessen für diese Verabredung, immerhin unsere erste nach jahrelangen Zufallsbegegnungen.

Ein Diener mit Tablett trat an den Tisch. Roberts geheimnisvolle Fotoreihe bekam Gesellschaft von einer Cocktailschale und einem Tumbler. Die Cocktailschale war seine Bestellung. Ein Gin Basil Smash, das Rezept eines deutschen Bartenders, für das ich mich bislang nicht erwärmen konnte. Robert hatte eine Vorliebe für alles Deutsche. Er beherrschte die Sprache fließend, zitierte Goethe, Mann und Kafka und zog oft provozierende, bewusst unfaire Vergleiche zwischen deutscher und britischer Kultur. Ein Teil seiner offen gelebten Germanophilie war sicher echter Faszination geschuldet, aber ich bin überzeugt, ein anderer Teil rührte von einem tiefen, uneingestandenen Wunsch nach Auflehnung her.

Ich selbst begnügte mich mit einem schlichten Whisky Sour. Ich ließ die großen Eiswürfel ein paarmal kreisen, dann stießen wir an. Der erste Schluck war, wie immer, ein Fest. Ich ließ mir Zeit und genoss die nie ganz, aber in diesem Fall doch nahezu perfekte Balance zwischen Säure und Süße. Robert hingegen schien es fast gleichgültig, was er in sich hineinkippte. Ungewöhnlich für ihn. Einer Ahnung folgend, fragte ich, ob er nun mit seiner Geschichte anfangen wolle. Und er wollte.

»Wenn Sie erlauben, beginne ich mit einer Frage, Doktor: Kennen Sie Alicia Jensen?«

»Nein«, antwortete ich. »Ich kenne überhaupt keine Jensens.«

Robert winkte ab. »Es hätte mich auch gewundert. Um es kurz zu machen, Alicia Jensen ist mein bester Freund. Ja, Sie haben richtig gehört: bester Freund. Ich wüsste nämlich keinen Mann, mit dem ich mich auch nur ansatzweise so gut verstehe. Einen besseren besten Freund als sie kann ich mir nicht wünschen.«

Roberts Tonfall war anders als sonst. Mir wurde langsam klar, dass er diese Geschichte nicht erzählte, weil er sie für unterhaltsam hielt. Sie lag ihm auf der Seele. Ich konnte mir allerdings nicht erklären, warum er sich damit ausgerechnet an mich wandte, einen Mann, mit dem er - trotz beiderseitiger Sympathie - bisher nur lose verbunden war. Nicht dass ich etwas dagegen hatte. Im Gegenteil, wenn es eine Schwäche gibt, derer ich mich bezichtigen müsste, dann ist es Neugier. Dennoch, warum tat er es? Hoffte er auf meinen Rat? Mir schien diese Option am wahrscheinlichsten und ich fühlte mich geschmeichelt. Wie gründlich ich mich täuschte, sollte ich erst etliche Drinks später erfahren.

Er nahm einen weiteren Schluck, atmete hörbar ein und fuhr fort: »Ich mache mir große Sorgen um Alicia.«

Sein gewohnt wacher, stets leicht verschmitzter Gesichtsausdruck war vollends gewichen. Ich sah einen Mann, der mühsam Haltung bewahrte. Was auch immer er mit »Sorgen um Alicia« gemeint hatte, es schien ernst zu sein. Ich sagte die beiden Sätze, die in meinem Beruf als Psychiater zu den Formalien gehören, die ich jedoch kaum jemals dringlicher ...


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Autor

Matthias Sachau, geboren 1969, begann nach einer kurzen Karriere als Architekt zu schreiben. Er veröffentlichte mit großem Erfolg einige heitere Romane, unter anderem Wir tun es für Geld, Kaltduscher: Ein Männer-WG-Roman und Linksaufsteher: Ein Montagsroman. Matthias Sachau lebt und arbeitet in Berlin und Regensburg.
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Sachau, Matthias