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Der Sommer der blauen Nächte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am18.05.20181. Auflage
Eine Geschichte so hoffnungsvoll wie das Leben.

Bilder in den Farben des Südens - das ist alles, was Jule nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter Marie von ihr bleibt. Das und eine ganze Reihe Fragen. Und so beschließt Jule an die Orte zu reisen, an denen ihre Mutter so oft alleine gemalt hat, um dort nach dem Leben zu suchen, das Marie offensichtlich nicht mit ihrer Familie teilen wollte. Dann taucht überraschend Jules Freund Ben auf, und ihr wird klar: Man muss die Vergangenheit loslassen können, um das Leben neu zu beginnen ...

»Stefanie Gregg kurbelt mit schnellen, knackigen Gedanken und Szenen das Kopfkino an.« Süddeutsche Zeitung.



Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften, worin sie auch promovierte. Nach Stationen in Medienunternehmen und als Unternehmensberaterin widmet sich die Autorin dem Schreiben. Mit ihrer Familie wohnt sie in der Nähe von München.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane 'Mein schlimmster schöner Sommer', 'Der Sommer der blauen Nächte' sowie 'Nebelkinder' und 'Die Stunde der Nebelkinder' erschienen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextEine Geschichte so hoffnungsvoll wie das Leben.

Bilder in den Farben des Südens - das ist alles, was Jule nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter Marie von ihr bleibt. Das und eine ganze Reihe Fragen. Und so beschließt Jule an die Orte zu reisen, an denen ihre Mutter so oft alleine gemalt hat, um dort nach dem Leben zu suchen, das Marie offensichtlich nicht mit ihrer Familie teilen wollte. Dann taucht überraschend Jules Freund Ben auf, und ihr wird klar: Man muss die Vergangenheit loslassen können, um das Leben neu zu beginnen ...

»Stefanie Gregg kurbelt mit schnellen, knackigen Gedanken und Szenen das Kopfkino an.« Süddeutsche Zeitung.



Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften, worin sie auch promovierte. Nach Stationen in Medienunternehmen und als Unternehmensberaterin widmet sich die Autorin dem Schreiben. Mit ihrer Familie wohnt sie in der Nähe von München.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane 'Mein schlimmster schöner Sommer', 'Der Sommer der blauen Nächte' sowie 'Nebelkinder' und 'Die Stunde der Nebelkinder' erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841214744
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum18.05.2018
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2349 Kbytes
Artikel-Nr.2512707
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
2. Kapitel

»Hier kommt Mister Es-geht-gar-nichts-mehr.« Mit diesen Worten hatte Jules frühmorgendlicher Patient am ersten Arbeitstag nach dem Tod ihrer Mutter sich mit einem Seufzer auf den Sessel vor Jule fallen lassen.

Du sprichst mir aus dem Herzen, hatte Jule sich gedacht. Genau so fühle ich mich auch gerade. Warum muss ich schon wieder arbeiten? Pflichtbewusstsein? Oder der krampfhafte Versuch, sich abzulenken?

Sie lächelte ihn an. »Heißt das, es geht Ihnen nicht gut?«

»Das heißt, dass ich das mache, was Sie mir in der letzten Sitzung nahegelegt haben. Ich akzeptiere die Situation und meine Gefühle dazu.«

»Hm«, Jule sah ihn fragend an, »und das tun Sie, um meinem Ratschlag zu folgen oder weil Sie es auch so fühlen?«

»Ja, Frau Psychologin, weil ich es mir jetzt wirklich zugestanden habe.« Er grinste sie frech, aber freundlich an. Und sie lächelte zurück.

Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab, zu ihrer Mutter, zu der Beerdigung, zu diesem Mann mit Hut. Sie hatte ihre Arbeit immer geliebt, aber jetzt im Moment, nach dem Tod ihrer Mutter, fühlte sie sich genauso, wie dieser Patient, der soeben gegangen war. Leer, ausgebrannt. Verdammt alleine. Müde und traurig. Genau in der Stimmung, alles am liebsten hinzuschmeißen.

Trotzdem vervollständigte sie jetzt ihre Notizen zum Patientengespräch, dann klappte sie den Ordner zu und lehnte sich zurück. Vom Flur hörte sie die leisen Stimmen ihrer Kollegen. Sie arbeitete in einer Praxis mit fünf anderen Psychologen und Psychotherapeuten. Mit manchen tauschte sie sich sehr gerne aus. Mit ihnen konnte man die Fälle der Patienten besprechen, sich selbst und die eigenen Therapien in Frage stellen, neue Ansätze finden, gemeinsam überlegen. Mit anderen, wie Meike und Annegret, tat Jule sich schwer. Vielleicht war sie auch einfach nicht gut in Smalltalk«. Ihre Stärke war es, zuzuhören wie Momo. Jules Lieblingsgestalt in der Kindheit war Michael Endes Momo, das Mädchen, das zuhören und fragen konnte und dadurch die Menschen glücklich machte. Erst in ihrem Studium war ihr klar geworden, dass Momo das Idealbild einer guten Psychologin war.

Heute aber war es ihr wirklich schwergefallen, sich auf ihren Patienten zu konzentrieren. Mehrmals hatte sie sich dabei ertappt, dass sie mehr auf sein blaues Jeanshemd als auf seine Ausführungen achtete. Blau. Wie die Lieblingsbilder ihrer Mutter. Blau, wie der Himmel heute auch war, als ob er nicht registriert hätte, dass Jule keine Mutter mehr hatte. Ein tiefes, schönes Blau. Marie nannte manche Farben in der Steigerungsform: Gelb und das gelbere Gelb, Rot und das rötere Rot. Ihre schönsten Bilder waren blau und blauer, alle Blautöne dieser Welt aufnehmend und verbindend.

Jule war geradezu im blauen Jeanshemd ihres Patienten versunken, als er aus der Tür hinausging.

Seufzend legte sie den Ordner auf ihren Schreibtisch. Vielleicht hätte sie sich ein paar Tage frei nehmen sollen nach dem Tod ihrer Mutter. Plötzlich klopfte es, und Thomas steckte seine Nase ins Zimmer.

»Schwesterchen, der Typ ist fort - kommst du?«

Die Verabredung mit ihrem Bruder hatte Jule fast vergessen.

»Ja, sofort.«

***

»Also, ich mache das nicht.« Thomas verschränkte demonstrativ seine Arme.

Jule lehnte sich zurück und nahm einen Schluck von ihrem Cappuccino.

»Aber wir müssen ihre Wohnung doch ausräumen. Wir können das doch nicht einfach so lassen.«

»Wir gehen ein, zwei Stunden durch die Wohnung und sehen nach Wertsachen. Aber ich sortiere nicht Maries Kleidung aus. Ich krame nicht in ihren Sachen rum, ich will den ganzen Müll nicht sortieren. Ich mag es nicht und habe auch keine Zeit dazu. Wir holen uns so eine Organisation, ich habe schon nachgesehen, die räumen dir alles aus, gegen einen Pauschalpreis.«

Jule schloss kurz die Augen. Es war ihr nicht wohl dabei, die Sachen ihrer Mutter fremden Menschen zu überlassen. Aber sie hatte ja auch keine Zeit dazu. Konnte sie wirklich die gesamten materiellen Überreste des Lebens ihrer Mutter einfach so von fremden Menschen eliminieren lassen? Wollte sie nicht wenigstens alles Persönliche aufheben? Aber sie hatte doch gar keinen Platz in ihrer kleinen Wohnung.

Eigentlich wollte sie selbst auch nicht in Maries Sachen kramen. Sie wusste ebenso wie Thomas, dass ihre Mutter das nicht gern gehabt hätte. Jeder in der Familie hatte eine Privatsphäre, die alle anderen respektierten. Marie hätte auch niemals in ihrem Schrank gestöbert, oder ihr Tagebuch gelesen, wie sie es von der Mutter ihrer Freundin wusste. Nein, undenkbar. Es war selbstverständlich, dass jeder anklopfte, bevor er das Zimmer des anderen betrat. Jeder in der Familie Jansen akzeptierte den anderen mit all seinen Problemen, den inneren Zwisten, beispielsweise als die Kinder mitten in der Pubertät waren, den Eigensinnigkeiten und den Liebenswürdigkeiten. Wenn man etwas erzählen wollte, hatten alle ein offenes Ohr. Wenn nicht, bekam man eben einen stützenden Arm, nie aber bohrendes Nachfragen.

»Also?« Thomas sah sie herausfordernd an und blickte dann auf seine Uhr. Ein überdeutliches Signal, dass er nach der Mittagspause zurück zur Arbeit musste.

»Okay. Aber morgen gehen wir zusammen zwei Stunden durch die Wohnung und sehen durch, was wir noch mitnehmen wollen.«

Jule stand gebeugt über einem Umzugs-Karton.

»Na, was hast du jetzt alles drin, in deiner Erinnerungskiste?«, fragte Thomas lächelnd, der selbst ausschließlich die Wertsachen ihrer Mutter aussortiert hatte: Geld, Sparbücher, Akten, Schmuck und alles auf den großen Esstisch gelegt hatte.

Jule hingegen hatte vor allem persönliche Gegenstände herausgepickt, die ihr einfach unmöglich herzugeben schienen. Den goldenen Weihnachtsengel, den Marie jedes Jahr ab dem ersten Advent auf dem Tisch stehen hatte, ein paar Bücher, von denen sie wusste, dass sie an ihnen gehangen hatte, weil sie mit Widmungen versehen waren, der kleine silberne Taschenaschenbecher, den Jule lange Zeit für eine wunderschöne Dose gehalten hatte, und von der sie nicht einmal mehr wusste, woher sie kam, denn Marie hatte nie geraucht. Das Döschen mit dem Deckel hatte die Form einer Rose, und Jule musste als Kind immer über die geschwungenen Blütenblätter mit dem Finger streichen, wenn sie am Regal vorbeigegangen war, wo es stand. Sie liebte diesen Ascher.

Es war ein seltsames Sammelsurium von persönlichen Gegenständen, die Jule in ihre Kiste gepackt hatte. Das weiße Sommerkleid. Jule hob es noch einmal aus dem Karton, fuhr über den weichen Stoff und legte es sorgsam zusammen. Ihre Mutter hatte das Kleid in dem Sommer getragen, in dem sie so glücklich war. Der Sommer, in dem sie nur mit Jule und ihrem Bruder in die italienischen Cinque Terre gefahren war.

Jule konnte sie vor ihrem inneren Auge damit durch die Weinberge rund um die Villa laufen sehen, die sie gemietet hatten.

Marie hatte damals das Kleid aus dem Koffer geholt und es dann auf einem Bügel an den Schrank gehängt. Danach hatte sie ihre anderen bunten Kleider, weite Hosen, Leinenblusen und ihre vielfarbigen Seidenschals, die sie sich so gerne um Hals oder Schultern warf, ausgepackt und in den Schrank gelegt.

»Mama, das ist das richtige Kleid für hier!«, hatte die kleine Jule bemerkt, als der weite weiße Rock im Wind des offenen Fensters geflattert hatte.

Kurz hatte Marie sie fragend angesehen, dann ihren Hosenanzug abgestreift und das Kleid übergezogen. Vor dem Spiegel drehte sie sich tänzerisch hin und her, dann nahm sie Jules Gesicht zwischen die Hände und küsste sie. »Julchen, du bist so klug! Du hast genau recht.«

Jule wusste noch, wie stolz sie auf dieses Lob gewesen war. Eigentlich konnte sie sich nur noch daran erinnern, dass Marie in diesem Urlaub jenes Kleid getragen hatte. Das weiße Kleid, das immer wie ein Leuchtstrahl schimmerte, wenn sie in den Gassen zwischen den berühmten bunten Häusern der Cinque Terre lief. Nein, irgendwie tanzte sie durch die Straßen des Fischerdörfchens Manarola. Vielleicht hatte Marie das Kleid jeden Abend mit der Hand gewaschen, um es am nächsten Tag wieder anzuziehen. So etwas war typisch für sie. Wenn ihr etwas gerade gefiel, dann genoss sie es eben.

Während Thomas und sie mit den italienischen Kindern der Nachbarschaft spielten, hatte Marie lange Spaziergänge in den Weinbergen unternommen. In Jules Erinnerung war sie immer in diesem ärmellosen, um ihre zierliche Figur flatternden weißen Kleid unterwegs. Nicht gerade ein Wanderkleid. Aber sie war nie besonders praktisch orientiert gewesen. Ihre Kinder hatte sie immer umhegt, geliebt, umsorgt. Aber nie so wie andere Mütter. Manchmal stand kein Mittagessen auf dem Tisch, wenn Thomas und sie von der Schule nach Hause kamen. Dann kochten sie eben das Essen selbst.

Dann wiederum gab es zu Mittag ein Drei-Gänge-Menü mit Artischocken als Vorspeise, die Marie so liebte. Sie saßen um den schön gedeckten Tisch, zupften die Artischocken-Blätter ab, tunkten sie in den großartigen Knoblauch-Dip und zutschelten sie aus. Das liebten sie alle drei.

Eigentlich hatte Marie gesagt, dass sie die Reise unternehmen wollte, um an einer italienischen Serie zu malen. Aber Jule konnte sich nicht erinnern, dass sie außer einigen Skizzen wirklich viel gemalt hatte in diesen Wochen. An was sie sich hingegen gut erinnern konnte, war, dass Thomas mit dem italienischen Nachbarmädchen angebandelt hatte. Und während der Weinbergbesitzer argwöhnisch darüber wachte, dass die Zwei nie allein...
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Autor

Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften, worin sie auch promovierte. Nach Stationen in Medienunternehmen und als Unternehmensberaterin widmet sich die Autorin dem Schreiben. Mit ihrer Familie wohnt sie in der Nähe von München.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane "Mein schlimmster schöner Sommer", "Der Sommer der blauen Nächte" und "Nebelkinder" erschienen.