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Das rote Kleid

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am12.03.2018
Anascha ist ein wunderschönes rotes Kleid aus Seide. Sie hängt an einem Filmset in der Garderobe und wartet gespannt auf ihren Auftritt. Aber Anascha ist noch ein junges Textil, und so ist sie froh, dass sie in guter Gesellschaft ist: Da gibt es Eric, den alten Mantel, der bald ihr engster Vertrauter wird, ein liebenswertes Nachthemdchen, das immer vom Bügel stürzt, oder Lulu, das charmante Revuekleid aus Las Vegas. Nur gut, dass sie alle zusammenhalten wie aus einem Garn genäht, denn bald müssen sie so manche Herausforderung meistern. Und vielleicht gelingt es Anascha am Ende sogar, ihren großen Traum zu erfüllen - ein richtiges Zuhause zu haben und einen Menschen, der sie wirklich liebt, für immer ...

Guido Maria Kretschmer gehört zu den renommiertesten deutschen Modedesignern. Seit 2012 begeistert er ein Millionenpublikum in diversen TV-Sendungen, allen voran dem Kultformat »Shopping Queen«. Er wurde u.a. mit der »Goldenen Kamera«, dem »Deutschen Fernsehpreis« und dem österreichischen Film- und Fernsehpreis »Romy« ausgezeichnet. Aber auch als Autor ist Guido erfolgreich: Seine beiden Stilratgeber standen monatelang auf den obersten Rängen der SPIEGEL-Bestsellerliste. Zuletzt erschien 2018 der Roman »Das rote Kleid«. Nach mehreren Jahren in Berlin lebt Guido Maria Kretschmer heute in Hamburg.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR8,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextAnascha ist ein wunderschönes rotes Kleid aus Seide. Sie hängt an einem Filmset in der Garderobe und wartet gespannt auf ihren Auftritt. Aber Anascha ist noch ein junges Textil, und so ist sie froh, dass sie in guter Gesellschaft ist: Da gibt es Eric, den alten Mantel, der bald ihr engster Vertrauter wird, ein liebenswertes Nachthemdchen, das immer vom Bügel stürzt, oder Lulu, das charmante Revuekleid aus Las Vegas. Nur gut, dass sie alle zusammenhalten wie aus einem Garn genäht, denn bald müssen sie so manche Herausforderung meistern. Und vielleicht gelingt es Anascha am Ende sogar, ihren großen Traum zu erfüllen - ein richtiges Zuhause zu haben und einen Menschen, der sie wirklich liebt, für immer ...

Guido Maria Kretschmer gehört zu den renommiertesten deutschen Modedesignern. Seit 2012 begeistert er ein Millionenpublikum in diversen TV-Sendungen, allen voran dem Kultformat »Shopping Queen«. Er wurde u.a. mit der »Goldenen Kamera«, dem »Deutschen Fernsehpreis« und dem österreichischen Film- und Fernsehpreis »Romy« ausgezeichnet. Aber auch als Autor ist Guido erfolgreich: Seine beiden Stilratgeber standen monatelang auf den obersten Rängen der SPIEGEL-Bestsellerliste. Zuletzt erschien 2018 der Roman »Das rote Kleid«. Nach mehreren Jahren in Berlin lebt Guido Maria Kretschmer heute in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641225308
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum12.03.2018
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3836 Kbytes
Illustrationen8 farbige Abbildungen
Artikel-Nr.2512924
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erst jetzt bemerkte ich die vielen anderen Kleider, die auch da waren, und ihre bewundernden Blicke. Sie applaudierten und ließen mich hochleben. Es ist so wichtig, willkommen geheißen zu werden!

Veronika war ein Abendmantel. Ein bestickter Traum aus Samt und Seide. Als sie Samt sagte, spürte ich gleich, wie begeistert sie von sich war. Sie sagte: »Ya, prekrasno«, was so etwas wie »ach, ich bin wunderbar« auf Russisch bedeutet. Und das war sie auch. Schwarz wie die Nacht, ein Seidensamt mit einem cremefarbenen Futter, über und über bestickt mit kleinen Glasperlen in Grau und zimtfarbenen Kristallen.

»Ich bin zur Reparatur hier«, sagte sie, »ein Irrer ist mir auf die Schleppe getreten.« Bevor ich die anderen im Raum richtig wahrnehmen und begrüßen konnte, erwartete sie meine ganze Aufmerksamkeit.

»Nicht dass du jetzt denkst, ich wäre nicht mehr modern, Kleines«, flüsterte sie mir zu. »Weißt du«, sagte sie, »Couture«, und jetzt wurde ihre Stimme lauter, damit sie auch bis in den letzten Winkel des Ateliers verstanden werden konnte, »ist etwas Besonderes, ich bin etwas Besonderes.«

Als ein aufgeregtes Raunen durch den Raum ging, wurde sie für einen kleinen Moment nachdenklich, und ihre Ärmel hingen für einen Wimpernschlag etwas müde an ihr herunter. »Ja«, sagte sie dann mit großer Geste, »es ist nicht immer leicht, ein textiler Traum zu sein, mein liebes Kind.«

Ich sagte so etwas wie: »Ach ja, und ist ja sicher auch nicht einfach mit defekter Schleppe«, obwohl ich nicht einmal genau wusste, was eine Schleppe war.

Veronika konnte anscheinend zwischen meinen Fasern lesen und drückte wohlwollend ihr Gesticktes an meine Seite. »Kleines«, sagte sie, »du musst noch so einiges lernen, ich kann nur hoffen, dass du in einem guten Kleiderschrank ein Zuhause findest.«

Ein Zuhause, dachte ich, aber ist mein Zuhause denn nicht hier?

»Und glaube mir«, sagte Veronika noch, »bei mir zu Hause ist kein Patz für dich. Ich bin eine schmale Größe 36«, und dabei erhob sie ihre Stimme zu einem Krächzen. »Du bist locker eine 40! Hübsch, aber dick. Ja«, sagte sie, »wie gut, dass du mich bei deiner Geburt an der Seite hattest, es hätte nicht jeder gleich die Wahrheit gesagt.« Dann zuckte ihr ganzes Gewebe vor Glück, dass ihre Kristalle nur so klimperten.

Sie erzählte mir von all den Kleidern und Hosen, den Röcken und Abendkleidern, die sie bereits getroffen hatte, um dann unvermittelt etwas leiser zu werden. »Weißt du«, sagte sie mit etwas Wehmut in der Stimme, »dass wir von der gleichen Hand geschaffen sind, ist etwas Besonderes, wir Russinnen sind immer etwas eleganter als der Rest. Wir lassen uns einfach besser tragen. Sage aber bloß den Parisern nichts, die sind doch so von sich eingenommen. Ich kenne ein Chanel-Kostüm, das sich so darüber geärgert hat, dass es nicht mehr getragen wurde, dass es anfing, selbst seine Fasern zu zerstören. Es ist böse mit ihm ausgegangen. Es wurde entsorgt und von Motten zerfressen«, sagte sie mit pikierter Stimme. Und dann wieder etwas nachdenklicher: »Übrigens wird uns Russinnen auch immer der Hang zur Melancholie nachgesagt. Ich glaube nicht, dass wir trauriger und gedankenverlorener sind als der Rest der Welt. Vielleicht hat es mit dem Licht zu tun, das in unserem Land herrscht, oder mit der Weite oder dem Schnee oder einfach nur, weil es so ist, wie es nun mal ist.«

Rechts neben mir hing ein Wollkostüm. Es hatte noch nicht ein Wort gesprochen, und ich erschrak, als es sich plötzlich leise bei mir vorstellte. »Mein Name ist Johanna«, sagte es, »wir sind zwei, mein Rock und ich.«

Erst da bemerkte ich den Rock, der sich unter dem Blazer zu verstecken versuchte.

»Er ist am Bund gerissen, und jetzt wird er von innen verstärkt, es ist ihm peinlich«, sagte der Blazer mit einem Knopflochzwinkern. »Wir kommen aus Fulda. Wir sind eine gute alte Maßanfertigung.«

Sie wohnten in einem Schrank bei einer Dame, die sonntags immer in die Kirche ging, und der Rock war auch bei der Sonntagsmesse gerissen. »Unsere Besitzerin lebt allein, und bei uns ist auch nicht die Welt los«, bemerkte der Rock.

»Wir kommen sicher einmal in den Himmel«, fügte der Blazer hinzu.

»Wenn ihr mal nicht in einer Altkleider-Sammlung landet«, meldete sich Veronika mit einem arroganten Grinsen im Gewebe. »Es ist doch unerträglich, wie die riechen, der Weihrauch ist denen aber auch wirklich in die Fasern gekrochen«, sagte Veronika. Sie drehte sich leicht zur Seite, um mir mit einer Geste anzudeuten: nicht unser Umgang!

Veronika war ein großartiges Stückchen Stoff und verfügte über einen so reichen Erfahrungsschatz, dass ich jedes Wort ihrer Geschichten in meine Fasern zog. Hätte ich in dieser meiner ersten Nacht vielleicht neben einem anderen Textil gehangen, wären meine Erwartungen an mein zukünftiges Kleiderleben anders verlaufen. Aber in dieser Nacht führte mich Veronika in unsere Welt ein, und ich glaubte ihr jedes Wort. Ich war noch ein junges Gewebe und Veronika der Abendmantel von Welt. Sie lebte in Belgien - und so war dieses Belgien von Anfang an mein Traumland.

»Ich bin Couture«, brach es immer wieder aus ihr heraus. Als einige Röcke aufstöhnten, setzte sie noch einen drauf und erklärte mir: »Ich bin etwas ganz Besonderes. Auch du, mein Kleines, hast Potential. Du bist von meinem Schlag, lass dir das gesagt sein«, säuselte sie. Dabei war sie so begeistert von sich, dass vor lauter Freude eine Perle von ihrer Schulter sprang. Alle lachten, und sie ignorierte den Verlust. Sie war zu elegant, um einer Perle nachzuweinen.

»Weißt du«, sagte sie, »ich habe schon vor Tagen gesehen, dass du etwas Besonderes wirst. Gestern hat uns leider Claire verlassen.« Als sie den Namen aussprach, lehnte sie ihre Schulter in meine Richtung, um etwas vertraulicher zu wirken. »Auch eine Halbschwester, zarter Chiffontraum mit Federkragen, eine Augenweide. Wir waren damals zusammen in der Show, ein tolles Mädchen. Chic und modern, lebt jetzt in Baden-Baden und ist seit letzter Woche mit einem Sakko zusammen«, sagte sie. »Na ja, die Cocktailkleider bilden sich immer gleich ein, dass es Liebe ist, aber sie ist rumgekommen. Die fliegt durch die Welt. Eines ist uns natürlich allen klar, so ein Leben kann schnell vorbei sein. Ein Loch einer brennenden Zigarette in irgendeinem Nachtclub kann ihr Ende bedeuten. Wenn es gut für sie läuft, endet sie in einem Designer-Secondhand in Malibu, und dann kann sie sich glücklich schätzen, wenn sie noch auf zweitklassigen Partys getragen wird. Na ja, die Federdinger«, sagte Veronika, »immer das Partyleben, das hält auf Dauer kein Stoff aus.«

Der Blazer bekreuzigte sich im Futter, und der Rock hielt sich den Schlitz zu, vom Partyleben wollte dieses Wollkostüm nichts wissen. »Ach, was sind wir froh, wenn wir wieder zurück in Fulda sind«, sagte Johanna. Ihr Rock drückte sich noch enger an den Blazer und flüsterte: »Nur dass wir zusammenbleiben, das ist mein einziger Wunsch.«

»Sentimentales Geplauder geht mir auf das Futter«, sagte Veronika, »dieses ewige Zusammenhängen, schrecklich. Die Kostüme gehen mir wirklich auf die Nerven. Sie kleben einfach immer aneinander und haben eine unbändige Angst vorm Verlassenwerden. Da sind mir die Hosenanzüge lieber, die sind manchmal richtig modern, und die trennen sich ruck, zuck, sobald mal eine flotte Jeans vorbeikommt, da kann so eine Jacke nicht anders, da wollen die eine schnelle Kombination, mein Kind. Hüte dich vor Hosen, die können mit allen, die machen nicht mal vor Pullovern halt, und glaube mir, so perfekt kann ein Hosenanzug gar nicht sein, dass die ewig zusammenbleiben. Weißt du«, sagte sie, »neulich in Brüssel sind wir einer Einladung gefolgt, so etwas mit gekrönten Häuptern und so, na ja, du weißt schon, eben Politiker. Solltest dich von denen fernhalten. Egal, ich wollte es nur einmal gesagt haben. Also, da war ein Hosenanzug aus Deutschland, er war die erste Wahl der Kanzlerin, so etwas in Rot, eine müde Farbe, mit zwei Knöpfen, die nach meinem Gusto zu plakativ waren, aber egal, dieser Blazer erzählte mir im Vorbeigehen, dass er sich sicher war, mich schon einmal in den Ferien getroffen zu haben. Na, da musste ich aber laut lachen. Wie bitte , sagte ich, was glauben Sie denn, wer ich bin, wir tummeln uns doch nicht wie in den Ferien rum. «

Veronika kam jetzt in Fahrt, und mancher Hosenanzug musste sich die Taschen zuhalten.

»Nein«, sagte sie, »mein liebes Kind. Glaube niemandem, der sich mit einer Hose einlässt. Du bist ein Kleid, du brauchst niemanden, du bist dir selbst genug. Gut«, fügte sie hinzu, »ich weiß, als reich bestickter Abendmantel werde ich immer mit Freundinnen getragen. Die Kleider brauchen mich halt, was kann ich dafür.«

Dann lachte sie wieder etwas zu laut, und ein kleines Nachthemd sprang vor Schreck vom Bügel.

»Selbstmord!«, rief Veronika, um im nächsten Moment zu sagen. »Nein, ich mache nur Spaß, diese billigen Wäschedinger springen immer von den Bügeln, sie wollen Aufmerksamkeit und wieder aufgehängt werden.«

Die ganze Nacht erzählte sie mir Geschichten von großen Erlebnissen, ihrem luxuriösem Leben und von Brüssel und Belgien. Belgien musste das schönste Land auf Erden sein und Veronika ein sehr glückliches Textil.

Später sollte ich erfahren, dass Veronika so überaus lebendig war, weil tagelang an ihr gearbeitet wurde. Aufmerksamkeit und Pflege geben uns Energie. Verlassen und unbeachtet in einem Schrank verlieren wir an Lebensmut und werden still.

Auf der anderen Seite neben mir hing Sonja, ein hübscher kurzer Rock, der, wie ich, erst...

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Autor

Guido Maria Kretschmer gehört zu den renommiertesten deutschen Modedesignern. Seit 2012 begeistert er ein Millionenpublikum in diversen TV-Sendungen, allen voran dem Kultformat »Shopping Queen«. Er wurde u.a. mit der »Goldenen Kamera«, dem »Deutschen Fernsehpreis« und dem österreichischen Film- und Fernsehpreis »Romy« ausgezeichnet. Aber auch als Autor ist Guido erfolgreich: Seine beiden Stilratgeber standen monatelang auf den obersten Rängen der SPIEGEL-Bestsellerliste. Zuletzt erschien 2018 der Roman »Das rote Kleid«. Nach mehreren Jahren in Berlin lebt Guido Maria Kretschmer heute in Hamburg.