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Jeden Tag ein bisschen Meer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.06.2018
Das Meer heilt alle Wunden
Linda liebt ihren Verlobten Markus, ihre Heimat Rügen, das Meer und ihre kleine Pension 'Nordwind', die sie mit viel Leidenschaft führt. Eigentlich könnte alles perfekt sein und trotzdem spürt Linda, dass irgendetwas fehlt. Als der Schriftsteller Paul, der früher immer mit seiner Frau Paula zusammen in der Pension Urlaub machte, plötzlich alleine auftaucht, ist er völlig verändert. Seit dem Verlust seiner geliebten Frau ist Paul ein gezeichneter Mann. Lindas Helfersyndrom ist geweckt. Dass sie sich in den tieftraurigen Paul verliebt, ist nicht vorgesehen und als es trotzdem passiert, hebt das nicht nur ihre Welt völlig aus den Angeln ...

Katharina Jensen, geboren 1984, verbrachte ihre Kindheit und Jugend an der Ostseeküste in Stralsund und auf der Insel Rügen, bevor sie zum Psychologiestudium und arbeiten nach Berlin zog. An die Ostsee, vor allem auf die Insel Rügen, zieht es sie nach wie vor mehrmals im Jahr: Denn was gibt es schöneres, als dort das leichte Wiegen der Dünen im Wind zu beobachten und den Sand zwischen den Zehen zu spüren?
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Produkt

KlappentextDas Meer heilt alle Wunden
Linda liebt ihren Verlobten Markus, ihre Heimat Rügen, das Meer und ihre kleine Pension 'Nordwind', die sie mit viel Leidenschaft führt. Eigentlich könnte alles perfekt sein und trotzdem spürt Linda, dass irgendetwas fehlt. Als der Schriftsteller Paul, der früher immer mit seiner Frau Paula zusammen in der Pension Urlaub machte, plötzlich alleine auftaucht, ist er völlig verändert. Seit dem Verlust seiner geliebten Frau ist Paul ein gezeichneter Mann. Lindas Helfersyndrom ist geweckt. Dass sie sich in den tieftraurigen Paul verliebt, ist nicht vorgesehen und als es trotzdem passiert, hebt das nicht nur ihre Welt völlig aus den Angeln ...

Katharina Jensen, geboren 1984, verbrachte ihre Kindheit und Jugend an der Ostseeküste in Stralsund und auf der Insel Rügen, bevor sie zum Psychologiestudium und arbeiten nach Berlin zog. An die Ostsee, vor allem auf die Insel Rügen, zieht es sie nach wie vor mehrmals im Jahr: Denn was gibt es schöneres, als dort das leichte Wiegen der Dünen im Wind zu beobachten und den Sand zwischen den Zehen zu spüren?
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641216030
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum11.06.2018
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2822 Kbytes
Artikel-Nr.2512935
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1

Ich glaube, mein größtes Talent ist, dass ich den Gästen in meiner Pension »Nordwind« ein Gefühl der Geborgenheit gebe, ohne aufdringlich zu wirken. Wenn zum Beispiel ihre Kaffeetasse leer ist, dann versuche ich, sie so schnell wie möglich aufzufüllen, ohne den Gästen den Eindruck zu vermitteln, ich würde sie die ganze Zeit beobachten oder ihnen hinter dem kleinen Frühstücksbüfett geradezu auflauern.

Auch das richtige Frühstücksbüfett gehört zu den Kunststücken meiner Arbeit: Natürlich ist es ganz entscheidend, was dort angeboten wird. Bei mir gibt es zuallererst einmal Brötchen und Brot, jeden Morgen frisch von meiner Mama gebacken, die gleich nebenan ihre Bäckerei hat und mich auch sonst stets unterstützt. Die Marmeladen dazu koche ich selbst ein, je nach Saison mit Erdbeeren, Pflaumen oder Birnen (Rezepte stammen ebenfalls von meiner Mutti). Das Geschirr mit den zarten blauen Wellen am Rand, auf dem alles serviert wird, hat der Töpfermeister in Middelhagen entworfen und hergestellt. Die Wurst stammt von der Rügener Landschlachterei in Gademow. Und natürlich ist das Obst saisonal und kommt, soweit möglich, aus der Region. Die Verwendung von lokalen Produkten ist mir besonders wichtig, selbst wenn das meist etwas mehr Geld kostet.

Aber wenn wir Rüganer hier auf unserer Insel nicht zusammenhalten, wer denn dann? Immerhin sind wir eine verschworene Gemeinschaft, die im Winter schon mal gemeinsam vom Festland abgeschnitten sein kann, wenn die Straßen nicht schnell genug geräumt werden (der Winter überrascht den Winterdienst ja bekanntermaßen jedes Jahr).

Neben den Lebensmitteln habe ich kleine, selbst bemalte Schilder aufgestellt, auf denen steht, woher sie stammen (meine Kalligrafiefähigkeiten habe ich mir dank Internetvideos angeeignet - und ich bin mächtig stolz darauf!). Ich bin mir sicher, dass meine Gäste das besonders zu schätzen wissen. Immerhin schmeckt doch die Marmelade gleich noch viel besser, wenn man weiß, wer sie eingekocht hat und wenn sie in einem originellen kleinen Krug präsentiert wird. In der Mitte des Büfetts prangt, als i-Tüpfelchen sozusagen, immer ein großer Strauß bunter Feldblumen - da bekommt man morgens gleich gute Laune! Sowohl beim Pflücken als auch beim Angucken.

Es sind diese kleinen aber feinen Details, die mir an meiner Arbeit besonders viel Spaß machen. Vor allem aber liebe ich die Vielseitigkeit. Und dass ich in meiner Pension mein eigener Herr bin. Ich entscheide, was wichtig ist - gemeinsam mit meinen Gästen natürlich. Zwar habe ich vielleicht nicht die gleichen Profite wie die Bettenburgen in Binz oder Göhren, aber eben auch nicht den gleichen Druck, ständig noch mehr und mehr zu verdienen. Zu optimieren und dann noch ein bisschen mehr zu optimieren und alles bis ins letzte Detail auf Effizienz zu trimmen. Ich möchte jeden Tag etwas Besonderes schaffen, um Menschen damit glücklich zu machen. Das mag etwas hochgegriffen klingen ... und damit genau richtig. Denn wenn meine Ziele schon zu klein sind, wie soll denn erst die Realität sein?

Mir fällt auf, dass die Käseplatte etwas Verstärkung gut gebrauchen könnte und laufe darum kurz in die Küche, um noch etwas mehr von unserem Inselkäse, dem Rügener Badejunge, zu holen. Wie so oft hänge ich weiter meinen Gedanken nach. Ja, es stimmt, so richtig viel Gewinn mache ich mit der Pension nicht. Mein Freund Markus meint ja öfter, dass ich wirtschaftlicher denken soll. Aber Markus - so viele positive Eigenschaften er sonst auch haben mag - ist wirklich kein guter Gastgeber. Er ist eher jemand, der die Dinge mit kühler Sachlichkeit auf Kosten und Nutzen abklopft, während ich mit dem Bauch entscheide. Und den Augen und dem Herzen. Ich möchte, dass Dinge schön aussehen und sich gut anfühlen. Deshalb würde ich zum Beispiel lieber einen Pullover kaufen, der besonders hübsch aussieht und meinetwegen etwas teurer ist, als zwei weniger schöne für den gleichen Preis. Für Markus zählen dagegen Funktionalität und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wie das schon klingt: Preis-Leistungs-Verhältnis. Brrr! So technisch - da läuft es mir kalt den Rücken herunter. Wo das Preis-Leistungs-Verhältnis regiert, gibt es doch keinen Platz für Träume oder Visionen. Andererseits: vielleicht braucht jeder Träumer den Realisten in seinem Leben, um vollkommen zu sein? Schließlich findet Markus praktische Lösungen, wenn ich mal wieder den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen kann. Im Gegensatz zu mir braucht er keine hundert To-do-Liste-Listen, um durch den Alltag zu kommen - er weiß immer, was als Nächstes passieren soll, und lässt sich bei Weitem nicht so leicht ablenken wie ich. Insofern glaube ich schon, dass Markus und ich ein gutes Team sind. Er ist hundertprozentig für mich da, und ich kann mich immer voll und ganz auf ihn verlassen. Markus ist ebenfalls ein Fischkopf wie ich. Ich kenne ihn seit Kindertagen, denn er stammt aus dem Nachbarort. Wir beide sind Rüganer durch und durch, unsere Herzen schlagen im Takt der Wellen. Das sollte man niemals unterschätzen! Außerdem kommt er hervorragend mit meiner Mutter zurecht, und meine Mutter mag ihn auch sehr - was von großer Bedeutung für mich ist, denn meine Mutter ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ihr Haus kann ich von der Pension aus sehen, und ich gehöre zu den »Kindern«, die auch mit Mitte dreißig immer noch gerne ihre Freizeit mit ihrer Mama verbringen.

Und genau wie meine Mutter sind meine Gäste für mich eben enorm wichtig, angefangen beim Frühstück, bei dem sie alles vorfinden sollen. Als ich das Frühstücksbüfett um Bärlauch- und sahnigen Rügener Käse ergänze, fällt mein Blick auf den gestern neu angekommenen Gast. Er sitzt alleine draußen am Tisch vor dem Fenster und hat mir halb seinen schmalen Rücken zugedreht. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, wenn auch nur sehr schwach. Der Mann, den ich auf etwa Ende dreißig und damit nur ein paar Jahre älter als mich selbst schätzen würde, scheint ganz vertieft in einen Text, den er gerade schreibt. In seiner Hand liegt ein eleganter Füllfederhalter, der gleichmäßig über die weißen Seiten gleitet und dort Worte verfasst, die ich nicht lesen kann. Nicht dass ich sie lesen würde, wenn ich es denn könnte. Wie gesagt, Privatsphäre ist ein heiliges Gut in meinem Haus. Der Mann mit dem dunklen Lockenschopf sieht mit seiner extrem blassen Haut aus, als sei er eine ganze Weile vom Tageslicht abgeschnitten gewesen. Und auch seine dunkle Kleidung hat nichts Sommerliches an sich. Als hätte der Winter bei ihm gerade erst geendet, und als wäre es höchstens März, aber niemals schon Juli. Sein Blick ruht auf dem Papier vor ihm und geht nur hin und wieder scheinbar ziellos ins Weite. Man könnte meinen, er genießt die Aussicht auf den kleinen Hafen und den Bodden, über den Möwen im gleichmäßigen Flug gleiten. Aber sein angespannter Körper verrät, dass ihn irgendetwas von diesem Genuss abhält. Er schaut nicht ins Weite, um den Ausblick zu bewundern, sondern um nur ja keinen Augenkontakt mit irgendjemand anderem aufzunehmen. Vielleicht weil man dann zu viel in seinem Gesicht lesen könnte - es ist offensichtlich, dass er keine Nähe wünscht. So, als würde er in einem Kokon sitzen: Er scheint ganz und gar verschlossen, als hätte er sich komplett abgenabelt vom Rest der Welt. Und wäre da nicht die verblasste Spur von Grübchen in seinem Gesicht, man könnte meinen, der Mann hätte jahrelang nicht gelacht. Oder am Ende noch nie! Ja, er hat etwas Tragisches an sich, als ob er mitten im Sommer erfroren wäre.

»Linda, Fritz ist am Telefon, er fragt, welchen Fisch du diese Woche bestellen möchtest?«, unterbricht unsere Köchin Christa, Gott sei Dank, meine Gedanken, die sich mal wieder (wie so oft) ähnlich einer Spirale immer schneller drehen, ohne wirklich irgendwo anzukommen - darum helfen mir ja auch die ewigen To-do-Listen immer so sehr, die ich jeden Tag in mein schönes Notizheft mit Ledereinband kritzle. Ich nicke ihr zu und übernehme dann das Telefongespräch mit Christas Mann Fritz, unserem »Hausfischer«. Mein Blick ruht jedoch weiterhin auf dem Profil des nun wieder emsig schreibenden Mannes dort draußen. Woher kenne ich ihn nur? Ach, es macht mich wahnsinnig, wenn mir solche Sachen nicht einfallen! Das ist, als wenn man den Namen eines bekannten Schauspielers sucht und dann tagelang an nichts anderes denken kann, bis er einem endlich einfällt und dann förmlich aus einem herausplatzt. Ich starre ihn weiterhin an, als er sich plötzlich in meine Richtung dreht. Kaum sehe ich seine eisblauen Augen, durchfährt es mich auf einmal wie ein Blitz. Das ist doch ... aber das kann doch gar nicht wahr sein! Kann sich dieser Mann wirklich so verändert haben? Ich muss nachher gleich mal im Buchungssystem nachschauen. Als der Mann ankam, bin ich wahrscheinlich gerade unterwegs gewesen, zumindest kann ich mich nicht erinnern, ihn hier persönlich begrüßt zu haben - das muss wohl meine Mutter oder meine Kollegin Tamara übernommen haben.

»Linda?«, fragt Fritz am anderen Ende auf einmal, und meine Gedankenkette, an deren Ende der Name des gesuchten Gastes steht, reißt jäh ab. Schnell konzentriere ich mich nur noch auf das Gespräch. Glücklicherweise ist Fritz wortkarg wie immer - drei Worte am Stück zeugen bei ihm schon von einem angeregten Gespräch -, und gemeinsam beschließen wir ohne störenden Small Talk, dass meine Gäste in dieser Woche Scholle und Steinbutt auf der kleinen Bistrokarte finden werden. Zwei Fische, die Christa gerne und außerordentlich gut zubereitet.

Ich versuche, die Speisekarte jede Woche nach dem, was Fritz ins Netz gegangen ist, auszurichten. Neben Fisch gibt es außerdem immer noch Pasta und Quiche, sodass auch die Vegetarier etwas zu...

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Autor

Katharina Jensen, geboren 1984, verbrachte ihre Kindheit und Jugend an der Ostseeküste in Stralsund und auf der Insel Rügen, bevor sie zum Psychologiestudium und arbeiten nach Berlin zog. An die Ostsee, vor allem auf die Insel Rügen, zieht es sie nach wie vor mehrmals im Jahr: Denn was gibt es schöneres, als dort das leichte Wiegen der Dünen im Wind zu beobachten und den Sand zwischen den Zehen zu spüren?