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Im Schatten von San Marco

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am16.04.2018
Venedig, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs: Eines Nachts entdeckt der junge Fischer Cenzo in der Lagune eine junge Frau, die scheinbar leblos im Wasser treibt. Doch Giulia Silber ist nicht tot, sie schwimmt um ihr Leben, denn das Versteck, in das sich ihre Familie mit anderen Juden geflüchtet hatte, wurde verraten, und sie hat als einzige überlebt. Cenzo entscheidet sich, Giulia zu helfen. Doch nachdem er versucht hat, sie in Sicherheit zu bringen, verliert sich von ihr jede Spur. Cenzo macht sich auf die Suche, es ist ein Rennen gegen die Zeit, denn nicht nur er will das schöne eigenwillige Mädchen finden...
»Im Schatten von San Marco« ist ein spannender Liebesroman und eine mitreißende Schilderung der letzten Kriegstage in Norditalien.


Martin Cruz Smith, 1942 in Philadelphia geboren, gelang mit dem Thriller 'Gorki Park' ein Welterfolg, der auch in der Verfilmung mit William Hurt und Lee Marvin ein Millionenpublikum begeisterte. Seither hat der russische Ermittler Arkadi Renko eine große Fan-Gemeinde. Martin Cruz Smiths Romane wurden bereits in 14 Sprachen übersetzt.
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Produkt

KlappentextVenedig, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs: Eines Nachts entdeckt der junge Fischer Cenzo in der Lagune eine junge Frau, die scheinbar leblos im Wasser treibt. Doch Giulia Silber ist nicht tot, sie schwimmt um ihr Leben, denn das Versteck, in das sich ihre Familie mit anderen Juden geflüchtet hatte, wurde verraten, und sie hat als einzige überlebt. Cenzo entscheidet sich, Giulia zu helfen. Doch nachdem er versucht hat, sie in Sicherheit zu bringen, verliert sich von ihr jede Spur. Cenzo macht sich auf die Suche, es ist ein Rennen gegen die Zeit, denn nicht nur er will das schöne eigenwillige Mädchen finden...
»Im Schatten von San Marco« ist ein spannender Liebesroman und eine mitreißende Schilderung der letzten Kriegstage in Norditalien.


Martin Cruz Smith, 1942 in Philadelphia geboren, gelang mit dem Thriller 'Gorki Park' ein Welterfolg, der auch in der Verfilmung mit William Hurt und Lee Marvin ein Millionenpublikum begeisterte. Seither hat der russische Ermittler Arkadi Renko eine große Fan-Gemeinde. Martin Cruz Smiths Romane wurden bereits in 14 Sprachen übersetzt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641212636
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum16.04.2018
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1364 Kbytes
Artikel-Nr.2514780
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Starrend von Maschinengewehren zu beiden Seiten und auf der Brücke, beherrschte das Kanonenboot die Lagune. Die entspannten »Kameraden«, die ursprünglich in Venedig stationiert gewesen waren, hatte man durch Veteranen von der Ostfront ersetzt, und die gute Laune angesichts der frühen Siege der Wehrmacht war jetzt, im Frühling 1945, der Erschöpfung eines aussichtslosen Krieges gewichen.

Das Gehirn eines Soldaten war ein einfaches Ding, ein Verbündeter, der bis zum bitteren Ende an seiner Seite kämpfte. Es warf nicht mitten im Krieg das Handtuch und brauchte nicht gerettet zu werden, und es begrüßte den Gegner auch nicht mit Wein und Rosen. Was war Mussolini jetzt - il Duce oder ein Clown? Und was waren die Italiener anderes als Verräter?

Die Soldaten warfen eine Leine zur Fatima hinüber, zogen sie längsseits zu sich heran und winkten Cenzo, er solle sein Segel einholen und herüberkommen. Auf dem Kanonenboot stießen sie ihn grob in die Kabine, wo zwei Offiziere in grauen Uniformen im Licht einer abgeschirmten Verdunklungslampe eine Seekarte studierten. Auch wenn das Kanonenboot die Lagune beherrschte, war es nur ein Insekt im Vergleich zu einem Kampfflugzeug der Alliierten. Der ältere der beiden wirkte abgespannt, während der jüngere, sicherlich von der SS, Frustration ausstrahlte. Um seine Würde zu bewahren, stülpte Cenzo sich seine formlose Mütze auf den Kopf. Soldaten lachten über seine bloßen Füße.

»Sie sind genau der Mann, den wir suchen.« Der ältere Offizier winkte Cenzo heran. »Sie müssen uns helfen, eine Wette unter Ehrenmännern zu entscheiden. Untersturmführer Hoff befürchtet, wir haben uns verirrt.«

Der andere Offizier protestierte. »Nein, Oberst Steiner. Ich habe nur die Meinung geäußert, dass wir uns auf die einheimischen Karten nicht verlassen können. Wir trauen den Leuten hier zu viel zu. Das Fischen in einer Lagune ist wie das Fischen in einer Regentonne.«

»Stimmt das?« Der Oberst sah Cenzo an. »Ist es so einfach wie das Fischen in einer Regentonne?«

»Ja, wenn man weiß, wo die Tonne ist.«

»Genau. Hoff, Sie können selbst von einem schlichten Fischer noch etwas lernen. Es ist bekannt, dass Italiener besser fischen als kämpfen. Meine Frage also: Wo sind wir?«

»Woher soll ich das wissen?«, knurrte der Jüngere. »Es ist stockfinster.«

Der Oberst wandte sich an Cenzo. »Können Sie uns auf dieser Karte zeigen, wo wir sind?«

Seinem Blick auszuweichen war nicht möglich. Die eine Seite seines Gesichts war zerstört und grau, und vom Ohr war nur noch ein Stummel übrig, aber die Augen waren strahlend blau. Er sah aus wie eine edle Büste, an der beim Fall vom Sockel ein Stück abgesplittert war, die aber immer noch beeindruckend wirkte.

Die Maschine des Boots lief im Leerlauf. Alle schauten Cenzo an, als wäre er ein tanzender Hund. »Sie haben es sicher eilig, zum Markt zu kommen. Also zeigen Sie uns auf der Karte, wo wir sind.«

»Das kann ich nicht.«

»Warum nicht?«

»Die Karte ist zu klein. Wir sind weiter im Norden, vor einem Sumpf namens San Spirito.«

»Kommt es darauf an?«, fragte Hoff. »Das hier ist doch alles ein einziger beschissener Sumpf.«

»Wenn man nicht weiß, wohin man fährt, ja«, erwiderte Cenzo.

Hoffs Blick war verschwiemelt wie bei einem Betrunkenen. »Weißt du, warum Italiener auf Händen und Knien fischen? Das ist doch die normale Stellung für einen Italiener. Fischt ihr nicht so?«

Cenzo zuckte die Achseln. »Kommt auf den Fisch an. Manche fängt man mit der Angel, andere mit dem Netz, und bei manchen muss man auf die Knie, um sie unterm Kinn zu kraulen.«

»Untersturmführer Hoff ist neu auf der Lagune. Vielleicht können Sie ihm Unterricht geben«, sagte der Oberst.

»Worin?«, fragte Cenzo.

»In den einfachen Freuden.«

»Es gibt nur eine Freude für einen Soldaten, und das ist der Dienst am Führer«, sagte Hoff.

»Das ist wahr. Habt ihr das gehört?« Der Oberst hob die Stimme, sodass alle an Bord ihn hören konnten. »Sehen Sie das auch so?«, fragte er Cenzo.

»Keine Ahnung. Ich fische nur. Nachts fische ich, und tagsüber schlafe ich.«

»Allein?«, fragte Oberst Steiner.

»Allein.«

»Und abseits der anderen Fischerboote?«

»Kommt drauf an, wo die Fische sind.«

»Und heute Nacht war es wie immer?«

»Normal, ja.«

»Sie haben nichts gesehen, nichts Ungewöhnliches gehört?«

»Ich fische und ich schlafe. Das ist alles.«

»Ein einfaches Leben.«

»Ja.«

»Zeig mir deine Papiere«, befahl Hoff.

»Habe ich nicht bei mir.«

»Du sollst sie aber immer bei dir tragen.«

»Kann ich nicht. Sie werden nass und fallen auseinander.«

»Du könntest ein Partisan sein. Oder mindestens ein Schmuggler.«

»Zeigen Sie mir Ihre Hände«, forderte der Oberst.

Cenzo hielt sie unter die Lampe. Sie waren muskulös und von Narben bedeckt.

»Die Hände sagen die Wahrheit über den Beruf eines Mannes«, erklärte der Oberst. »Und dies sind die Hände eines Fischers. Wie heißen Sie?«

»Innocenzo Vianello.«

»Und für Ihre Freunde?«

»Cenzo.«

»Aus?«

»Pellestrina.«

»Wo ist das?«, fragte Hoff den Oberst.

»Ein Dorf an der Lagune. Hinter dem Nirgendwo.«

Cenzo fiel auf, dass Steiner nicht nur Italienisch sprach, sondern sogar in den venezianischen Dialekt verfiel, der eigentlich noch einmal eine andere Sprache war.

»Nie gehört«, sagte Hoff.

»Natürlich. Zufällig heißt die Hälfte der Einwohner von Pellestrina Vianello«, sagte Oberst Steiner.

»Hut ab vor Ihren intimen Kenntnissen der lokalen Gegebenheiten«, sagte Hoff, »aber ich finde, Herr Oberst, Sie sind zu nachsichtig gegen Leute, die uns verraten haben. Es klingt ja, als hätten Sie Venedig gern.«

»Ich liebe Venedig. Meine Familie hatte eine Villa hier auf dem Lido, und meine Brüder und ich verbrachten die Sommer hier am Strand. Meine erste Oper habe ich in La Fenice gesehen. Meine erste Liebe, ein Mädchen vom Lido, habe ich in der Cabana neben unserer erlebt. Nach der Universität hier habe ich Architektur in Verona und Mailand studiert. Was glauben Sie, wie es mir geht, wenn ich die großen Tempel unserer Zivilisation in Schutt und Asche gelegt sehe? Schauen Sie sich Rotterdam an. Oder Berlin. Na los, Vianello, verschwinden Sie. Bringen Sie Ihren Fisch zum Markt, solange Sie noch können.«

Die Soldaten gingen zur Seite und machten Cenzo Platz, aber Hoff war noch nicht fertig. »Vianello, wie alt bist du?«

»Achtundzwanzig.«

»Dann musst du doch beim Militär gewesen sein. Wo?«

»In Abessinien.«

»Gegen Eingeborene mit Musketieren und Speeren. Das nennst du Krieg?«

»Mir kam es vor wie einer.«

Cenzo erinnerte sich an Hütten aus Flechtwerk und Lehm, die sich in Staubwolken auflösten, an schwarze Körper, bedeckt mit den nassen Geschwüren, die das Senfgas hervorrief, an Panzer, die im Sand festsaßen und so nützlich waren wie Teekannen in der Wüste.

Hoff folgte Cenzo an die Reling. »Angenommen, du wärst ein Admiral und würdest feststellen, dass du einen Pestkranken an Bord hast.«

»Ich bin kein Admiral, und ich habe kein Schiff.«

»Aber nehmen wir es an. Wäre es nicht deine Verantwortung gegenüber deiner restlichen Besatzung, diesen Mann zu isolieren?«

»Wahrscheinlich.«

»Und das ist im Wesentlichen die Aufgabe, die man Oberst Steiner und mir hier anvertraut hat. Das ist ein heiliges Vertrauen. Bring dein Boot näher heran.«

»Warum?«

»Weil ich es dir befohlen habe. Segelst du dieses Boot allein?«

»Ja.«

»Das muss schwer sein.«

»Mit zwei Mann geht es besser, aber einer genügt.«

»Lass mich sehen.«

»Sie wollen auf mein Boot kommen?«

»So war das gedacht.«

Cenzo packte die Leine der Fatima und zog das Fischerboot heran. Die Soldaten versammelten sich an der Reling. Cenzo hatte sie kaum beachtet, weil er hoffte, sie würden es dann umgekehrt auch nicht tun. Aber jetzt war ihre Neugier geweckt. Ein Hauch von Alkohol hing in der Luft. Die Männer hatten getrunken, das war ihm bisher nicht aufgefallen. Oberst Steiner war wieder in seine Karte vertieft. Von ihm würde keine Hilfe kommen.

Die Fatima schwankte, als Hoff hinunterstieg. Cenzo folgte ihm, Hoff schaltete eine Taschenlampe ein, und Cenzo hob in ihrem Licht feuchtes Segeltuch von den Kisten, aus denen die erstaunten Augen der Tintenfische blickten, und von anderen Kisten mit Seebrassen und Wolfsbarsch. Das Segel der Fatima war eingeholt, und eine Postkarte mit dem Bild der Jungfrau war an den Mast genagelt. Hoff ließ den Strahl seiner Lampe über Zigarrenkisten mit Haken und Nadeln wandern, über einen Dreizack und einen Kescher, über Anker und Gaff, und das alles führte zu dem Haufen Segeltuch im Bug, dessen Falten sich im Licht der Lampe in Hügel und Täler verwandelten. Was mochte darunter sein? Ein Betrunkener? Ein Hund? Ein totes Mädchen?

»Wenn wir dich schon inspizieren, machen wir es richtig«, sagte Hoff.

Er fing mit den Kisten an, aber statt die Tintenfische zu inspizieren, kippte er sie über Bord und trat die Kisten ein.

Die Soldaten hatten ihren Spaß. Manche schlugen vor, was der Leutnant als Nächstes eintreten sollte, als wäre es ein...

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Autor

Martin Cruz Smith, 1942 in Philadelphia geboren, gelang mit dem Thriller "Gorki Park" ein Welterfolg, der auch in der Verfilmung mit William Hurt und Lee Marvin ein Millionenpublikum begeisterte. Seither hat der russische Ermittler Arkadi Renko eine große Fan-Gemeinde. Martin Cruz Smiths Romane wurden bereits in 14 Sprachen übersetzt.