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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am23.04.2018
Eine Frau hat gewisse Routinen beim Sex mit ihrem zweiten Ehemann, teilt dabei aber das Bett mit den Geistern ihrer sexuellen Vergangenheit. Eine schöne, junge Studentin beginnt eine Affäre mit einem älteren verheirateten Mann und Künstler. Ein Sohn weiß nicht, was er mit der Leiche seines Vaters tun soll, den der Tod beim Sex mit seiner außerehelichen Affäre ereilt hat. Arlene Heymans literarisches Debüt über Sex, Beziehungen und Liebesgefühle in fortgeschrittenem Alter kennt keine Scham. Aber ihr Blick, so genau er auch sein mag, ist immer zutiefst menschlich und bisweilen sehr komisch. »Voller Sinnlichkeit schreibt Heyman über tabuisierte Begierde. Diese Geschichten sind alles andere als prüde und stellen unsere üblichen Vorstellungen vom Älterwerden auf den Kopf.« The Independent


Arlene Heyman ist Psychiaterin und Psychoanalytikerin. Mit über 70 Jahren veröffentlichte sie ihr Debüt, den Erzählband SCARY OLD SEX. Sie lebt mit ihrem Ehemann in New York.
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Produkt

KlappentextEine Frau hat gewisse Routinen beim Sex mit ihrem zweiten Ehemann, teilt dabei aber das Bett mit den Geistern ihrer sexuellen Vergangenheit. Eine schöne, junge Studentin beginnt eine Affäre mit einem älteren verheirateten Mann und Künstler. Ein Sohn weiß nicht, was er mit der Leiche seines Vaters tun soll, den der Tod beim Sex mit seiner außerehelichen Affäre ereilt hat. Arlene Heymans literarisches Debüt über Sex, Beziehungen und Liebesgefühle in fortgeschrittenem Alter kennt keine Scham. Aber ihr Blick, so genau er auch sein mag, ist immer zutiefst menschlich und bisweilen sehr komisch. »Voller Sinnlichkeit schreibt Heyman über tabuisierte Begierde. Diese Geschichten sind alles andere als prüde und stellen unsere üblichen Vorstellungen vom Älterwerden auf den Kopf.« The Independent


Arlene Heyman ist Psychiaterin und Psychoanalytikerin. Mit über 70 Jahren veröffentlichte sie ihr Debüt, den Erzählband SCARY OLD SEX. Sie lebt mit ihrem Ehemann in New York.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641210939
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum23.04.2018
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse999 Kbytes
Artikel-Nr.2514902
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Die Lieben ihres Lebens

»Hast du Lust, mit mir zu schlafen?«, rief Stu, als Marianne die Wohnung betrat. Sie ging zu seinem Arbeitszimmer. Es war Samstagnachmittag, und Stu saß noch immer in seinem lila Schlafanzug am Computer, mit einem Becher Kaffee vor sich auf dem vollen Schreibtisch. Unter der Lippe hatte er einen Klecks Mochaccino im Bart, und seine grauen Haare standen wie dünne Drähte um die große kahle Stelle herum. Er sah sie einen Moment scheu an, blickte dann wieder auf den Bildschirm. Sein Arbeitszimmer war ein kleiner Raum, der von der Diele abging; auf dem glanzversiegelten Parkett lagen überall unordentliche Stapel von Zeitungen und Zeitschriften, sie erkannte Dissent, MIT Technology Review, The Hightower Lowdown; außerdem standen da prall gefüllte Stofftragetaschen, eine weiße mit dem schwarzen Aufdruck SCHLEPPEN, eine knallblaue mit bunten Blumen über den Worten GREENPEACE RAINBOW WARRIOR. Ungerahmte Kinder- und Enkelfotos lagen verstreut auf der marmornen Abdeckung des Heizkörpers.

Marianne kam gerade von einem anstrengenden Brunch mit ihrem Sohn Billy in einem Bistro an der Madison Avenue und hatte noch nicht mal den Mantel abgelegt. Da seine Frau sich gerade von ihm scheiden ließ, war Billy todunglücklich. Aus Sicht einer Ex-Sozialarbeiterin hielt Marianne ihre Schwiegertochter schon immer für eine Borderline-Persönlichkeit, rein menschlich gesehen für ein komplettes Aas. Und über die Scheidung hätte Marianne frohlockt, wenn Billy nicht so unglücklich gewesen wäre. Sie hatte ihn zu trösten versucht und gleichzeitig auf ihn eingewirkt, sich den unverschämten Forderungen seiner Frau nicht zu beugen: Lyria wollte die Wohnung und das Haus auf dem Land und die Hälfte von Billys Firma. »Bloß die Hälfte?«, hatte Marianne gefragt, aber Billy war taub für ihren Sarkasmus. Er kippte einen Grey Goose nach dem anderen, während die verlorenen Eier, die er bestellt hatte, zu harten gelben Augen wurden, und räusperte sich die ganze Zeit halb würgend, wie manchmal als Kind, wenn er verunsichert war; sie hatte diese Laute seit bestimmt fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gehört. Einen Grey Goose hatte sie mitgetrunken, gegen die Gereiztheit, und da sie kaum je Alkohol trank, war sie immer noch beschwipst. Marianne wollte entweder ins Fitnessstudio, um es alles auszuschwitzen, oder zu einem Spontantermin bei ihrem Friseur, wo sie verwöhnt würde. Sie konnte es brauchen, ein bisschen verwöhnt zu werden.

Aber sie wusste, wie schwer es ihrem Mann fiel, den Wunsch nach Sex zu äußern, auch nach drei Ehefrauen noch. Marianne war seine vierte. Warum fiel es ihm so schwer? Das Äußerste, was Stu dazu einfiel, war »Angst vor Zurückweisung«. Das verstand sie nicht. Wenn man heute abblitzte, klappte es ja vielleicht morgen. Aber er scheute sich sogar, an der Mitnahmetheke im Chirping Chicken um ausschließlich dunkles Fleisch zu bitten, und wenn er irgendetwas kaufen musste, nahm er gleich das erste Exemplar, das ihm der Verkäufer oder die Verkäuferin zeigte. Seine Schüchternheit ärgerte sie. Er selbst hielt sich schlicht für einen unkomplizierten, netten Kerl. Kooperativ. Und viele Leute teilten seine Meinung.

Es gab noch andere Sachen, die sie an ihm ärgerten, zum Teil nur Kleinigkeiten. Zum Beispiel brachte er ihr nie Blumen mit, obwohl sie Blumen liebte. »Ich kaufe dir Druckerpatronen«, hatte er gesagt, »und USB-Sticks.«

Manches ärgerte sie aber auch gewaltig. Er verdiente nicht genug Geld, und was er verdiente, gab er immer irgendwelchen obskuren Organisationen, die sich für »soziale Gerechtigkeit« einsetzten, oder einem seiner zahlreichen erwachsenen Kinder, die ihn permanent anschnorrten - und die testamentarischen Haupterben seines bescheidenen Nachlasses waren.

Und er kleidete sich fürchterlich und erklärte sie für oberflächlich, wenn sie sich darüber beschwerte, wobei er ihr allerdings kürzlich erlaubt hatte, mit ihm shoppen zu gehen. Sie hatte Freude an schöner Kleidung. Groß und schlank, mit ausgeprägten Wangenknochen, mandelförmigen blauen Augen und spektakulär silbrig-weißem Haar, erregte Marianne Bewunderung. Sie modelte ein bisschen für Eileen Fisher, eine der wenigen Designer-Marken, in deren Werbung gelegentlich ältere Frauen vorkamen. Sie war stolz darauf, eindeutig die bestaussehende seiner Ehefrauen zu sein. Er liebte sie, das wusste sie, auch wegen ihres Aussehens, darum war es nicht fair, ihr vorzuwerfen, dass ihr nicht egal war, wie er aussah.

Und hätte er nicht ein bisschen Verführung ins Spiel bringen können, statt einfach nur zu fragen, ob sie mit ihm schlafen wolle, als ginge es um eine Partie Tennis?

Trotz alledem, oder vielleicht auch deswegen, versuchte sie, ihn nie zurückzuweisen, wenn er fragte. Sex stimmte sie ihm gegenüber weicher. Und Sex holte ihn von seinem Computer weg und ließ ihn Kontakt zu einem anderen menschlichen Wesen aufnehmen - nämlich zu ihr. Sie bemühte sich, mindestens einmal die Woche mit ihm zu schlafen.

Das klang nicht gerade üppig. Mit ihrem ersten Mann, der jünger als sie gewesen und vor elf Jahren gestorben war, hatte sie drei-, viermal die Woche geschlafen, aber jetzt, da sie fünfundsechzig war und Stu siebzig, war es mit der Spontaneität schwierig. Sie litt unter Säurereflux und musste deshalb nach jeder Mahlzeit zwei, drei Stunden in aufrechter Position bleiben, wenn sie kein schmerzhaftes Brennen im Brustkorb haben wollte. Und sie musste sich zweimal die Woche Vagifem, niedrig dosierte Östrogen-Vaginaltabletten, in die Scheide einführen, damit die Schleimhaut nicht zu dünn wurde. Er nahm eine halbe Stunde vor dem Sex Viagra, und weil er dazu neigte, zu früh zu kommen, wenn sie nicht oft Sex hatten, und einmal die Woche war nicht oft, nahm er auch noch eine Dosis Clomipramin, ein Antidepressivum, das als Nebenwirkung die Ejakulation verzögerte. Von dem Viagra hatte er den ganzen restlichen Tag das Gefühl, dass sein Gesicht glühte, und das Clomipramin benebelte ihn. Deshalb schliefen sie gewöhnlich gegen Abend miteinander, wenn nicht erst nachts.

Er kam nicht im üblichen Sinn zu früh, er kam nie, bevor sie ihren Orgasmus gehabt hatte. Aber ihr bereitete der Geschlechtsverkehr das größte Vergnügen, nachdem sie gekommen war, seltsam vielleicht, aber so war sie nun mal. Sie dachte sehr ungern daran zurück, wie Sex in ihren Zwanzigern für sie gewesen war, als sie sich selbst noch nicht akzeptiert hatte und als einem noch vermittelt wurde, man wäre keine richtige Frau, wenn man keinen vaginalen Orgasmus hatte, sprich: Hände verboten. All das Hecheln und Stöhnen und die Kiekser und Schreie vorgetäuschter orgasmischer Wonne! Und das war die Zeit des feministischen Aufbruchs gewesen! Von einer Nachbarin, einer Highschool-Lehrerin, hatte sie gehört, dass auch jetzt noch Mittelstufenmädchen Oberstufenjungen einen bliesen, ohne irgendetwas dafür zurückzubekommen.

Auch wenn Stu noch weitermachen wollte, nachdem sie ihren Orgasmus gehabt hatte, war es in der Praxis schwierig. Wenn er noch weiter in sie stieß und sie sagte »Gott, ist das schön«, kam er sofort. Wenn sie nichts sagte und nur verzückt wirkte, kam er ebenfalls. Also unterdrückte sie jetzt ironischerweise jeden Laut und schwindelte ihm oft vor, dass sie noch nicht gekommen war, damit er weitermachte. Und wenn klar war, dass sie mit ihm schlafen wollte, masturbierte er zehn Stunden vorher, denn dann konnte er definitiv länger. Kurzum, Liebe zu machen war für sie beide wie Krieg zu führen: Es bedurfte genauer Planung, das Gerät hatte tipptopp in Schuss zu sein, Truppen mussten in Stellung gebracht und minutiös koordiniert werden; da war kein Platz für unorthodoxe Aktionen, wenn nicht am Ende das Land am Boden liegen und sich selbst zerfleischen sollte ...

Also rief sie jetzt: »Ja, Liebling, das wäre schön.« Sie entnahm ihrer Handtasche die Karteikarte, auf der sie notierte, wann sie den letzten Bissen einer Mahlzeit zu sich genommen hatte, sah auf die Uhr und stellte ihre Reflux-Berechnung an. »Gib mir bitte noch eine Dreiviertelstunde.« Sie hängte ihren Mantel auf und lehnte sich, der Nachwirkungen des Alkohols wegen, an die Wand, während sie zusah, wie er aus seinem Arbeitszimmer zum Medizinschränkchen im Bad eilte, um seine Pillen zu nehmen. Er kam zu ihr in die Diele und drückte sie kurz. Dann kehrte er zu seinem Computer zurück, um zu arbeiten, bis die Medikamente wirkten.

»Heute betont schnörkellos, hm?«, rief sie ihm hinterher, enttäuscht, dass er sich wieder an die Arbeit gemacht hatte. Sie hätten doch über Billys Situation reden können oder über sonst irgendetwas.

»Der Server in New Jersey ist zusammengebrochen, und ich habe Hunderte Beschwerde-Mails.« Sein Blick klebte am Bildschirm.

Sie ging durch den langen Flur in ihr schwarz-weißes Eheschlafzimmer, zog sich aus und schlüpfte in einen bequemen Baumwollmorgenrock. Ein paar Kissen zwischen ihrem Rücken und der Wand, setzte sie sich im Lotossitz auf den Kelim und versuchte zu meditieren. Das psychische Elend ihres Sohns schob sich immer wieder dazwischen; sie hatte Visionen, wie sie Lyria ohrfeigte, bis deren Gesicht genauso feuerrot war wie ihr langes Haar. Lyria, die nicht arbeitete, aber auch nicht kochte oder putzte, die Gesangsstunden nahm, aber nie sang, wenn irgendjemand in der Nähe war. Eine verstockte, mürrische Diva. Sie schmollte entweder oder ließ plötzlich eine Tirade gegen Billy vom Stapel, egal, wer mithörte. Ihre Wohnung, wo überall Partituren herumlagen und es nach Katzenpisse roch - sie hatte ein halbes Dutzend Perserkatzen,...

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Arlene Heyman ist Psychiaterin und Psychoanalytikerin. Mit über 70 Jahren veröffentlichte sie ihr Debüt, den Erzählband SCARY OLD SEX. Sie lebt mit ihrem Ehemann in New York.