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Die schlichte Wahrheit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am26.06.20181. Auflage
Politik ist ein schmutziges Geschäft. Manchmal ein tödliches. Für Schwedens Ministerpräsidenten steht es schlecht um die Wiederwahl, doch Anders Ekholm will die Wende schaffen: mit einer weltweiten Energierevolution. Die Formel, mit der das möglich wäre, befindet sich im Besitz der Beraterfirma Lionshare. Deren Kunden: mächtige Lobbyisten, die andere Interessen verfolgen. Daher schleust Ekholm seinen jungen Umweltreferenten Jonatan Stark bei Lionshare ein. Zur gleichen Zeit spielt man Ekholms Pressesprecherin Betty Lind eine Liste zu. Zahlreiche Vertraute des Präsidenten erhalten Schmiergelder, sie selbst angeblich auch. Betty folgt der Spur des Geldes - und stößt auf Lionshare. Als sich Bettys und Jonatans Wege kreuzen, wissen sie bereits, dass sich hinter Lionshares Hochglanzfassade Abgründe auftun. Aber sie ahnen nicht, was wirklich auf dem Spiel steht.

Mark Johnson, geboren 1979, hat jahrelang als politischer Berater gearbeitet. Heute ist er im PR-Bereich tätig.
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Produkt

KlappentextPolitik ist ein schmutziges Geschäft. Manchmal ein tödliches. Für Schwedens Ministerpräsidenten steht es schlecht um die Wiederwahl, doch Anders Ekholm will die Wende schaffen: mit einer weltweiten Energierevolution. Die Formel, mit der das möglich wäre, befindet sich im Besitz der Beraterfirma Lionshare. Deren Kunden: mächtige Lobbyisten, die andere Interessen verfolgen. Daher schleust Ekholm seinen jungen Umweltreferenten Jonatan Stark bei Lionshare ein. Zur gleichen Zeit spielt man Ekholms Pressesprecherin Betty Lind eine Liste zu. Zahlreiche Vertraute des Präsidenten erhalten Schmiergelder, sie selbst angeblich auch. Betty folgt der Spur des Geldes - und stößt auf Lionshare. Als sich Bettys und Jonatans Wege kreuzen, wissen sie bereits, dass sich hinter Lionshares Hochglanzfassade Abgründe auftun. Aber sie ahnen nicht, was wirklich auf dem Spiel steht.

Mark Johnson, geboren 1979, hat jahrelang als politischer Berater gearbeitet. Heute ist er im PR-Bereich tätig.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644403543
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum26.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2515549
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Jonatan Stark hatte sich felsenfest vorgenommen, heute pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Allerdings musste er sich noch duschen, rasieren und anziehen, ehe er Åsas Haus in Nysätra in spätestens zehn Minuten verlassen würde, um noch den Acht-Uhr-Bus zu erwischen. Vor dem Treffen mit den Abgeordneten des Finanzministeriums wollte er mit dem Stabschef Stefan Kronberg alles noch einmal Punkt für Punkt durchgehen. Es würde ein stressiger Tag werden, das wusste er jetzt schon. Und dass er mitten in der Nacht eine SMS vom Ministerpräsidenten persönlich erhalten hatte, dass der ihn unbedingt treffen wolle, machte die Sache nicht gerade besser.

«Jonatan?», rief Åsa aus dem Schlafzimmer.

Er streckte den Kopf unter dem Wasserstrahl hervor. «Unter der Dusche!»

Ihre Antwort hörte er nicht. Hastig stieg er aus der Dusche und schnappte sich ein Badetuch. «Was?»

«Machst du den Kindern Frühstück?»

Jonatan seufzte. Manchmal fragte er sich, wie Åsa es schaffte, als Juristin so organisiert und zugleich privat so chaotisch zu sein. Ein Glück, dass sie ihn hatte.

«Muss mich nur kurz anziehen!»

Die Badezimmeruhr zeigte fünf nach halb acht. Verdammt! Åsa kam in ihrem Morgenmantel ins Bad. Obwohl sie gerade erst aufgestanden war, wirkte sie wie aus dem Ei gepellt. Make-up hatte sie mit ihrem olivfarbenen Teint und ihrem pechschwarzen Haar nicht nötig, und der Bademantel schmiegte sich elegant um ihren schlanken Körper.

«Wolltest du gestern nicht früher nach Hause kommen?», fragte sie.

«Ich musste noch mal ins Büro ... was erledigen.» Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. «Entschuldige, ich habe es eilig, ein wichtiges Meeting.»

Åsa stieß einen Seufzer aus und verließ das Bad.

Jonatan griff nach dem Nassrasierer. Kurz darauf hörte er Åsas Stimme aus dem Flur. «Wir müssen uns beeilen, Kinder. Alice! Zieh dir einen Pulli an!»

Kaum dass er mit der Rasur begonnen hatte, kam die Kleine ins Badezimmer gestürmt. Sie hatte Tränen in den Augen und sah wütend aus. «Jonatan ...», schluchzte sie.

Jonatan legte ihr eine Hand auf die Schulter, während er mit der anderen versuchte, sich weiter zu rasieren.

«Alice, du bist alt genug, um ein bisschen mitzuhelfen!», war Åsas Stimme aus dem Flur zu hören.

«Nein!», plärrte Alice, klammerte sich an Jonatans Bein und weinte noch lauter. Für Jonatan gab es nichts Schlimmeres als ein weinendes Kind.

«Ist schon gut», sagte er. «Jetzt wird erst mal gefrühstückt.»

Er drehte das Wasser ab, zog sich in Rekordgeschwindigkeit an und nahm die Kleine auf den Arm. «Na, komm», sagte er und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht.

Als sie in den Flur traten, saß der zweijährige Aston heulend auf dem Boden. Jonatan hob ihn hoch und setzte ihn auf die andere Hüfte.

«Habt ihr Hunger?»

Aston hörte sofort auf zu weinen und vergrub das Gesicht unter Jonatans Kinn.

«Gib ihnen nicht wieder diese gezuckerten Frühstücksflocken!», rief Åsa aus dem Schlafzimmer. «Mach ihnen Butterbrote. Mit Schinken und Käse. Und Tomate!»

Alice sah mit ernster Miene zu Jonatan hoch. «Wird das heute ein stressiger Tag?»

«Ja, scheint so.»

«Kommst du heute Abend?»

«Na klar.»

«Versprochen?»

«Indianerehrenwort.»

«Super!», jubelte Alice.

Jedes Mal musste er ihr aufs Neue versprechen, dass er wiederkam, und wenn er sein Versprechen brach, strafte sie ihn mit tagelangem Schweigen. Nachdem er Alice an den Küchentisch gesetzt hatte, zog er den Kinderstuhl für Aston heran.

«Was willst du trinken, Alice? Saft oder Milch?»

«Milch.»

Während Aston mit seinem Plastikteller auf dem Kindersitz herumpolterte, holte Jonatan Brot, Käse und eine halbe Tomate, die vom Abendbrot übriggeblieben war. Alice ließ ihn keine Sekunde aus den Augen.

«Jonatan?»

«Ja, Kleine?»

«Du und Mama, ihr habt es gut.»

«Ja, wir haben es gut.»

Jonatan schenkte ein Glas Milch ein und zwinkerte Alice zu.

«Gut so?»

«Jaaa!»

Doch kaum hatte er die Butterbrote auf den Tisch gestellt, heulte Alice los.

«Nein!», brüllte sie. «Ich will kein Brot!»

«Tut mir leid, Alice.»

«Nimm es weg. Nimm das Brot weg! Ich will Schokopops!»

Sie rutschte vom Stuhl, warf sich auf den Boden und strampelte mit den Beinen. «Nimm es weg, nimm das blöde Brot weg!»

«Schokopops gibt´s nur am Wochenende», sagte Jonatan und setzte sich neben Aston, der seine Finger in die Butter gesteckt hatte, um damit den Tisch vollzuschmieren, und ebenfalls in Tränen ausbrach, als Jonatan nach seiner Hand griff.

Rasch holte Jonatan einen Lappen, wischte den Tisch sauber und warf einen Blick auf die Küchenuhr. Zehn vor acht. Er würde in der Regierungskanzlei anrufen müssen, um Bescheid zu geben, dass er sich verspätete. Aber erst musste er Alice beruhigen. Das Mädchen lag nach wie vor am Boden, trat um sich und empörte sich lautstark über das Butterbrot.

«Beruhig dich, Alice. Ist doch alles halb so wild.» Er hielt ihr ein Brot hin.

Das Mädchen verschränkte trotzig die Arme. «Ich mag das nicht!»

«Alice, du isst jetzt dein Frühstück.»

Widerstrebend kletterte Alice auf ihren Stuhl, griff nach ihrem Glas und verschüttete die Milch einmal quer über den Tisch. Erschrocken blickte sie auf.

«Nicht so schlimm.»

Nachdem Jonatan den Tisch erneut abgewischt hatte, zog Alice den Teller mit dem Butterbrot zu sich heran, musterte trotzig den Käse und nahm schließlich den ersten Bissen. Für einen Moment war die Küche von friedlicher Stille erfüllt. Jonatan warf erneut einen Blick auf die Uhr: fünf vor acht. Er musste jetzt wirklich im Büro anrufen.

In dem Moment ließ Aston sein Brot fallen. Jonatan fing es gerade noch auf und gab es dem Jungen zurück.

Seit acht Monaten war Jonatan jetzt mit Åsa zusammen, und es verging kaum ein Tag, an dem er die Kinder nicht sah. An den Wochenenden fuhren sie gemeinsam ins Schwimmbad, und ihm gefiel die Rolle des lustigen Ersatzpapas, der für jeden Spaß zu haben war. Åsa war zwar immer dabei, hielt sich aber im Hintergrund.

Jetzt kam sie angezogen in die Küche und blickte ihn dankbar an.

«Vielleicht sollte ich bei euch einziehen», schlug Jonatan vor.

Åsa schüttelte lächelnd den Kopf. «Und was ist mit den reizenden Ministern, die dich rund um die Uhr anrufen?»

«Wen meinst du?», entgegnete er unschuldig.

«Na, wen wohl? Da wären der Ministerpräsident, der Stabschef, die Wirtschaftsministerin, dieser Verrückte vom Wirtschaftsausschuss ...»

«Wer ist denn der Verrückte vom ...?»

«Du weißt schon, der aus Värmland. Der immer so redet ...», sie senkte ihre Stimme um eine Oktave: « Das Land geht noch vor die Hunde, wenn wir zwei den Karren nicht aus der Scheiße ziehen, Stark! , du weißt schon.»

Jonatan lachte. Er mochte es, wenn Åsa Leute imitierte. «Brink?»

«Brink. Genau. Seine Interviews sind legendär.»

«Ein Umzugswagen wäre mir trotzdem lieber.»

«Ich muss erst ein paar Dinge in der Kanzlei regeln. Und bessere Kindergartenplätze organisieren. Dann sehen wir weiter.»

«Klingt, als hätten wir einen Plan», stellte Jonatan fest und schielte erneut zur Küchenuhr hinüber. Bei dem Gedanken an den Stress, der ihn im Büro erwartete, verging ihm jede Lust, das Haus zu verlassen. Das Chaos bei Åsa und den Kindern war ihm bedeutend lieber.

«Wir sollten Urlaub machen», sagte er. «Wir haben doch über Thailand geredet. Lass uns einfach fliegen.»

«Und wann?»

«Nächste Woche.»

«Da hat wohl einer einen Clown gefrühstückt. Und wie erklären wir das unseren Chefs?»

«Nächste Woche ist Ostern, wir könnten eine Last-Minute-Reise buchen.»

Jonatans Handy vibrierte. Auf dem Display erschien eine SMS von Stefan Kronberg. Er musste sich wirklich beeilen. Jonatan ging in den Flur und schlüpfte in seine Jacke.

«Ist eine Bombe über Gotland abgeworfen worden?», fragte Åsa und steckte den Kopf aus der Küchentür.

«Irgendwo wütet doch immer ein dritter Weltkrieg.»

«Musst du heute wieder Überstunden machen?»

«Ich hoffe, nicht.»

«Komm nicht zu spät. Alice vermisst dich jetzt schon.»

Jonatan gab Åsa noch einen Kuss, dann machte er sich auf den Weg. Während er im Laufschritt zur Bushaltestelle marschierte, erschien vor seinem geistigen Auge das Bild eines exotischen Strands in Thailand. Åsa und er unter einem Sonnenschirm, Alice und Aston spielend im Sand. Diese Vorstellung half ihm, die grässliche Kälte zu ignorieren, bis der Bus kam.

Er setzte sich in die hinterste Reihe und blickte aus dem Fenster. Vor dem grauen diesigen Himmel zeichneten sich die Äste der kahlen Bäume ab. Jonatan fröstelte und musste gähnen. Er brauchte dringend einen Kaffee. Jäh wurde er vom Klingeln seines Handys aus den Gedanken gerissen. Der Anruf kam von Gisela Larsson, der Sekretärin des Ministerpräsidenten.

«Hallo, Gisela», grüßte Jonatan.

«Hallo, Jonatan. Du bist spät dran. Sitzt du wenigstens schon im Bus?»

«Ja. In einer Viertelstunde bin ich da.»

«Okay, ich gebe das weiter.» Sie zögerte einen Moment, so als würde sie jedes Wort ganz genau abwiegen. «Hier ... hier ist ziemlich viel los heute. Ekholm hat schon nach dir gefragt, er möchte dich sprechen.»

«Hat er angedeutet, worum es geht?»

«Als wenn er mir so etwas erzählen würde.»

«Ist sonst noch was?»

«Nein, das ist alles.»

«Danke,...
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Autor

Mark Johnson, geboren 1979, hat jahrelang als politischer Berater gearbeitet. Heute ist er im PR-Bereich tätig.Stefan Pluschkat, geb. 1982 in Essen, studierte Komparatistik und Philosophie in Bochum und Göteborg. Er übersetzt Romane, Kinder- und Sachbücher aus dem Schwedischen und Norwegischen und erhielt 2018 den Hamburger Förderpreis für Übersetzung.