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Zwei Nummern zu groß

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
142 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am29.12.20171. Auflage
Ein Mord, eine Vergewaltigung, Einbrüche, schwere Körperverletzung - Fälle wie diese füllen Inspektor Kenyon's Tagesablauf, und viele seiner Nächte. Für Frauen bleibt da wenig Zeit. Doch dann funkt es. Er verliebt sich in die hübsche Sarah. Sie arbeitet im Außenministerium. Und sie zieht Kenyon in einen mörderischen Agentenkrieg hinein, eine gigantische Verschwörung, die selbst für einen fähigen Londoner Inspektor mindestens zwei Nummern zu groß sein dürfte. Und zu tödlich ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

N. J. Crisp (1923-2005) war ein britischer Autor, der vor allem fürs Fernsehen schrieb.
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Produkt

KlappentextEin Mord, eine Vergewaltigung, Einbrüche, schwere Körperverletzung - Fälle wie diese füllen Inspektor Kenyon's Tagesablauf, und viele seiner Nächte. Für Frauen bleibt da wenig Zeit. Doch dann funkt es. Er verliebt sich in die hübsche Sarah. Sie arbeitet im Außenministerium. Und sie zieht Kenyon in einen mörderischen Agentenkrieg hinein, eine gigantische Verschwörung, die selbst für einen fähigen Londoner Inspektor mindestens zwei Nummern zu groß sein dürfte. Und zu tödlich ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

N. J. Crisp (1923-2005) war ein britischer Autor, der vor allem fürs Fernsehen schrieb.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105618202
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum29.12.2017
Auflage1. Auflage
Seiten142 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2545918
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Das Mädchen aus Westindien lag auf dem Rücken und starrte mit blicklosen Augen zum Himmel auf. Der Londoner Nieselregen ließ ihr schmales Gesicht schimmern. Die Bluse war zerrissen und befleckt. Blut rann dick an ihrem Körper herab; es kam aus einer Wunde an der linken Brust.

Es war ein kalter grauer Novembernachmittag. Erschaudernd trat Inspektor Sidney Kenyon über die ausgebreiteten Beine der Toten, stieg die Metalltreppe zum Bürgersteig empor, überquerte die Straße und setzte sich hinter das Steuer seines Wagens. Dort zündete er sich eine Zigarette an und starrte müde durch die verregnete Windschutzscheibe.

Auf der anderen Straßenseite standen zwei Streifenwagen mit kreisendem Blaulicht. Die hastig aufgestellten Scheinwerfer beleuchteten die Souterraintreppe und ließen riesige Schatten an der Hausfront entlanghuschen - Polizeiarzt, Fotograf, Kriminalbeamte, uniformierte Polizisten, Fingerabdruckexperten: Vertreter jener Berufe, die aktiv werden, wenn ein Mord geschehen ist. Kenyon hätte schon mit ihnen sprechen und sich dabei vollregnen lassen können, aber das hielt er für sinnlos. Er wollte sich später einschalten, wenn alle verfügbaren Informationen gesammelt worden waren. Bis dahin war es im Wagen trockener, wenn auch nicht viel wärmer.

Drei Zigaretten später kam sein Sergeant, Len Mallory, über die Straße, öffnete die Beifahrertür und stieg ein. »Ich bin naß bis auf die Haut«, sagte er überflüssigerweise.

Mallory war ein guter Assistent. Er arbeitete sorgfältig und fleißig. Kenyon kam mit ihm aus; sie bildeten ein gutes Team.

Kenyon hatte zwar gewisse Vorbehalte gegenüber dem Charakter des jungen Mannes, doch im Hinblick auf Mut, Treue, Härte und Verläßlichkeit im Notfall war nichts gegen Mallory zu sagen.

Der Sergeant war allerdings erst Mitte Zwanzig; die nächsten Jahre im Dienst würden ihn endgültig formen. Oder ihn zerbrechen lassen. Kenyon war nur fünf Jahre älter, eine Zeit, die bei der Kriminalpolizei sehr viel bedeutete. Sein morgendliches Gesicht im Spiegel wirkte durchaus jung, doch diese Äußerlichkeit vermochte nur wenige seiner Kunden zu täuschen, und das auch nicht lange.

»Sie ist mit einem Stich getötet worden«, verkündete Mallory und trocknete sich das Haar mit dem Taschentuch ab. »Wurde dabei vermutlich festgehalten. Druckstellen am Hals.«

»Schon gesehen«, sagte Kenyon und wartete auf Informationen, die er nicht bereits hatte. Er war am Tatort herumgewandert, ehe er zu dem Schluß kam, daß das Wetter zu schlecht war; er hatte sich das tote Mädchen angesehen, hatte den Kellerraum betreten, der ein Doppelbett und einige schmuddelige Möbelstücke enthielt - im Schrank hing Männer- wie auch Frauenkleidung -, außerdem einen ausgefransten Teppich, auf dem nun Blutflecken schimmerten. Diese Dinge hatten sich in seinem Gehirn festgesetzt, nicht als Folge eines bewußten Vorgangs, sondern automatisch, so wie er jede Sekunde seines Lebens registrierte. Die Betrachtung von Dingen und Menschen war sein Beruf, und er konnte nicht mehr anders.

Er hatte sich auch am Ende des kahlen Flurs die Toilette angesehen, die anscheinend von mehreren Mietern benutzt wurde und die ihm nichts verraten hatte, außer daß Toilettenpapier fehlte. Das Badezimmer im zweiten Stock diente offenbar allen Menschen im Haus. Schließlich hatte er sich das Münztelefon im Vorflur angeschaut, hatte die heutige Times bemerkt, die dahintersteckte, und sich gefragt, ob das Blatt hier gelesen wurde oder lediglich für die Toilette bestimmt war.

Kenyon wußte, daß das farbige Mädchen nicht sofort gestorben war. Sie war im Kellerraum angegriffen worden und dann über den Boden gekrochen, während ihr Herz das Blut auf den Teppich und auf den Holzboden neben der Tür pumpte, bis sie schließlich draußen an der Metalltreppe auf den Rücken gerollt war und einen letzten Blick zum Himmel geworfen hatte.

Kenyon wußte dies alles, als wäre er dabeigewesen. Wenn sich der Fall seinen Erwartungen gemäß entwickelte, kannte er den Rest ebenfalls - doch zunächst wartete er auf Mallorys Bericht. Mallory war am Tatort zurückgeblieben, um Fragen zu stellen und sich vollregnen zu lassen - etwas, das Kenyon auch hatte tun müssen, als er noch Sergeant gewesen war. In zwei Stunden würde eine Autopsie stattfinden, die dann weitere Informationen lieferte, Beweise für das Gerichtsverfahren. Aber noch war das nicht wichtig. Kenyon wußte bereits genug. »Jenny Abel heißt sie«, fuhr Mallory fort. »Lebt seit drei Monaten hier mit einem anderen Farbigen - Winston Peters. Offenbar hat sie aber noch anderweitig herumgebumst. Von einer Waffe keine Spur.« Er drehte den Rückspiegel herum und begann sich sorgfältig zu kämmen.

Kenyon nickte. Bis jetzt barg der Fall keine Überraschungen. »Wo dürfte Winston stecken?«

»Drei Möglichkeiten«, sagte Mallory. »Es sei denn, er hat sich dünngemacht.«

»Suchen wir ihn.« Männer wie Winston Peters ergriffen selten die Flucht. Vielleicht ließ sich die Sache relativ bald abschließen.

 

Sie fanden Winston Peters gegen zwanzig Uhr. Er bewegte sich zuckend im Rhythmus von Beat-Musik. Ein starres Lächeln stand auf seinem Gesicht.

Kenyon und Mallory waren die beiden einzigen Weißen in dem schlecht beleuchteten und überfüllten Kellerklub. Wer nicht tanzte, hockte an winzigen Tischen. Man betrachtete Kenyon und Mallory und wußte genau Bescheid; trotzdem wurden die Joints in aller Ruhe von Hand zu Hand gereicht.

Die Musik dröhnte aus einer großen komplizierten Musikbox, die in bunten Farben strahlte. Als einmal die Platte gewechselt wurde und für kurze Zeit wohltuende Stille herrschte, schnappte sich Kenyon den Barmann.

»Sag Winston Peters, wir wollen ihn draußen sprechen.«

»Wen?« fragte der Barmann verwirrt.

»Keine Mätzchen«, sagte Kenyon müde. »Sagen Sie´s ihm - wie immer er auch heißt.«

Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den jungen Mann auf der Tanzfläche, der der von Mallory erhaltenen Beschreibung entsprach: fünfundzwanzig Jahre alt, einsachtzig groß, gut gebaut, schwarzes Gesicht, kleiner Bart, blauer Sommeranzug und breite Ringe an der linken Hand.

»Ach der«, sagte der Barmixer. »Speedy.«

»Speedy.« Kenyon nickte.

Die Musik setzte erneut ein. Der Barmann ging zu Winston Peters, sprach kurz mit ihm und kehrte hinter die Theke zurück. Winston Peters begann wieder zu tanzen.

»Was hat er gesagt?« erkundigte sich Mallory laut.

Der Barmann zuckte die Achseln. »Nichts.«

Die beiden Beamten beobachteten Peters, der sich schwitzend im Rhythmus der Musik bewegte.

»Der Kerl ist high bis zu den Ohren«, sagte Mallory.

Kenyon antwortete nicht; er versuchte sich von Mallorys Angewohnheit, auf der Hand liegende Dinge zu kommentieren, nicht reizen zu lassen. Nach dem dritten Whisky hatte Kenyon genug. Als die Musik wieder ein paar Sekunden lang verstummte, trat er auf Winston Peters zu. Mallory folgte ihm.

»Polizei«, sagte Kenyon. »Wir ermitteln im Zusammenhang mit dem Tod von Miss Jenny Abel. Wir glauben, daß Sie uns dabei helfen können.«

Peters starrte die beiden Männer schweratmend an; anscheinend begriff er nicht, was Kenyon wollte.

»Wir gehen mal an ein ruhiges Örtchen«, sagte Kenyon und nahm Peters am Arm.

Daraufhin drehte der Dunkelhäutige durch. Kenyon und Mallory hatten damit gerechnet - nur gut, denn Winston Peters zückte ein Messer und begann brüllend damit herumzufuchteln. Bei dröhnender Musik taumelten die drei auf der Tanzfläche herum. Als Peters endlich überwältigt war, schmerzte Kenyon das Kinn und Mallory blutete am Unterarm. Peters lag rücklings auf der Tanzfläche; Kenyon kniete ihm auf der Brust, während Mallory die Beine festhielt. Schließlich spürten sie, wie der muskulöse Körper erschlaffte. Kenyon stand auf und half Winston Peters hoch. Mallory nahm das Messer an sich, während sich Kenyon zum Ausgang umdrehte. Etliche Gestalten versperrten ihm den Weg; trotzdem führte Kenyon den wehrlosen Peters darauf zu. Die Farbigen rührten sich nicht.

Kenyon blieb stehen. »Entschuldigung«, sagte er höflich.

Der Anführer der Gruppe, ein riesiger, düster blickender Mann, reagierte nicht. »Was ist los, Speedy?« fragte er.

Offenbar wollte man die Beamten mit ihrer Beute nicht so ohne weiteres ziehen lassen. Die jungen Burschen suchten nach dem Vorwand für eine Auseinandersetzung.

»Schon gut«, sagte Peters, ohne den Blick von seinen Fußspitzen zu heben.

Langsam wich die Gruppe auseinander.

»Vielen Dank«, sagte Kenyon.

 

Er überlegte, wie viele Monate seines Lebens er schon in diesem kahlen Verhörzimmer verbracht hatte. All die Stunden, in denen Fragen gestellt wurden, in denen man der Wahrheit nachging - manchmal geduldig aushorchend, manchmal aber auch lautstark einen Zorn spielend, den es gar nicht gab. Wenn man all diese Stunden zusammenzählte und sie in Kenyons künftige Karriere projizierte, kamen bestimmt Jahre dabei heraus - vermutlich so viele Jahre, wie manch einer seiner Kunden im Gefängnis verbringen mußte. Der entscheidende Unterschied bestand darin, daß Kenyon jederzeit aufstehen und an die Tür klopfen konnte, woraufhin man ihn hinausließ. Seine Kunden hatten diese Möglichkeit nicht.

Bei Winston Peters war Schauspielerei fehl am Platze. Peters redete sich mit leiser, monotoner Stimme die Geschichte vom Herzen und legte lange Pausen ein, die weder von Kenyon noch von Mallory unterbrochen wurden. Sie wußten, daß sie nur zu warten brauchten. Winston Peters wollte auspacken. Er mußte auspacken.

»Drei Monate waren wir zusammen«, sagte er....
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