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Die Starrs aus Texas

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
412 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am23.02.20181. Auflage
Dies ist die weitgespannte Saga einer legendären Familie, ein brillant gestalteter Roman aus der Welt des großen Busineß: ein weltbekanntes Handelsimperium aus Texas als glänzender Hintergrund, eine stolze Familie mit ihren facettenreichen Beziehungen untereinander, Ehrgeiz, Machtstreben, Liebe, Haß, Leidenschaft, Rachsucht und Opfermut. Packend, intrigant, dramatisch - von einem Insider gekonnt erzählt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Warren Leslie (1927-2011) war Journalist, Schriftsteller und Geschäftsmann.
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Produkt

KlappentextDies ist die weitgespannte Saga einer legendären Familie, ein brillant gestalteter Roman aus der Welt des großen Busineß: ein weltbekanntes Handelsimperium aus Texas als glänzender Hintergrund, eine stolze Familie mit ihren facettenreichen Beziehungen untereinander, Ehrgeiz, Machtstreben, Liebe, Haß, Leidenschaft, Rachsucht und Opfermut. Packend, intrigant, dramatisch - von einem Insider gekonnt erzählt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Warren Leslie (1927-2011) war Journalist, Schriftsteller und Geschäftsmann.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105620090
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum23.02.2018
Auflage1. Auflage
Seiten412 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2702233
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog

Ramsey in Texas war Ende der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts eine Stadt mit einem Sinfonieorchester, einem Opernhaus, einer Baseballmannschaft, einer Footballmannschaft, einem Kunstmuseum, einer Universität und anderen Attraktionen. Was aber den meisten Leuten als erstes einfiel, wenn irgendwo in Amerika die Rede auf Ramsey kam, war eine andere Institution: «Ramsey ... ach ja, Starr´s.» Menschen, die nie in Ramsey, nie bei Starr´s gewesen waren, kannten die Legende dieses Kaufhauses. Nach allem, was sie davon gehört hatten, mußte es das schickste, teuerste, luxuriöseste Kaufhaus der Welt sein, ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Diese Legende war das Werk des Gründers sowie seiner Frau und der drei Söhne, die alle im väterlichen Geschäft arbeiteten. Hohe Qualität und hohe Preise hatten zu ihrer Entstehung beigetragen, aber auch Geschäftstüchtigkeit, Phantasie und Gespür für das Extravagante, und nicht zuletzt der Ort; denn Ramsey liegt wie gesagt in Texas, dem Land der phantastischen Erfolgsgeschichten, dem Land, in dem Träume wahr werden. In Nebraska oder New Jersey wäre Starr´s ein anderes Kaufhaus gewesen, in New York eines unter vielen auf der Fifth Avenue. Starr´s gehörte zu Texas.

An einem noch nicht sehr lange zurückliegenden, glühend heißen Augusttag geschahen Dinge, die für Starr´s nicht ohne Folgen bleiben sollten. Danach wurde es nie mehr so, wie es vorher gewesen war.

 

Morgens um halb sieben lag ein attraktives schwarzes Mädchen knapp über Zwanzig auf einer Couch in der zweiten Etage von Starr´s. Die Couch war mit hellem Wildleder bezogen, was für die Behandlung, die sie erfuhr, nicht eben das ideale Material war. Sie stand direkt unter einer zwei Meter hohen antiken Statue der Kuan-yin, der chinesischen Göttin der Barmherzigkeit. Da auf der zweiten Etage die teuersten Artikel verkauft wurden, beglückwünschten Besucher bisweilen die Starrs zu dem aparten Einfall, gerade dort eine Göttin der Barmherzigkeit aufzustellen.

Das schwarze Mädchen lag auf dem Rücken. Sie hatte ein Bein am Boden und das andere etwas verdreht über die Hinterbacken eines Weißen namens Bart Struther gelegt, der in sie hineinpumpte, was er hatte. Er war Hausinspektor bei Starr´s, ein Posten, den er jetzt seit achtzehn Jahren innehatte. Er hatte für den reibungslosen Ablauf der Routinearbeiten zu sorgen, die zum Betrieb eines großen Kaufhauses nun einmal dazugehören. Sein Aufgabenbereich umfaßte die Lagerverwaltung, die Verpackung, den Einsatz des Wagenparks, die Auszeichnung der Waren und eine Vielzahl ähnlich banaler Obliegenheiten, darunter auch die Gebäudereinigung. Die Schwarze war als Putzfrau beschäftigt. Es war nicht das erstemal, daß er so etwas mit einem der Mädchen aus seiner Putzkolonne machte. Sie kamen und gingen, und es war immer wieder eine dabei, die für einen bescheidenen Beitrag an ihre Miete bereit war, sich ab und zu frühmorgens unter die Statue der Kuanyin zu legen. Das hatte sich im Laufe der Jahre so eingespielt, und es bestand nicht die geringste Gefahr, daß er erwischt wurde. Er wußte genau, wo sich jeder der wenigen Angestellten befand, die zu dieser frühen Stunde schon im Hause waren, denn er teilte sie alle zur Arbeit ein. An diesem Morgen wurde er doch erwischt.

Eli Goldstein, Direktor bei Starr´s, hatte nicht schlafen können und war deshalb zum erstenmal in seinem Leben so zeitig ins Geschäft gefahren. Er wollte sich in der zweiten Etage ein paar Vorhänge ansehen, die erneuert werden mußten. Struther war gerade fertig geworden und saß auf dem Rand der Couch, als er über eine Entfernung von fast zwanzig Metern Goldstein sah, der zu ihm herschaute. Ein paar Sekunden starrten sie einander an. Dann wandte sich der vornehme, weißhaarige, elegante Direktor langsam ab, ging zur Rolltreppe und fuhr in sein Büro hinauf. Struther sah ihm mit offenem Mund nach, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt. Er konnte es noch nicht fassen. Achtzehn Jahre, in denen er sich zwölf bis vierzehn Stunden am Tag in diesem Kaufhaus buchstäblich um jeden Dreck gekümmert hatte, ausgelöscht wie eine heruntergebrannte Zigarette. Er blieb sitzen, den Hosenschlitz noch offen. Die junge Negerin stand auf, zog ihre Uniform zurecht und strich sich mit beiden Händen den Rock glatt. Sie hatte eine gute Figur.

«Mach deinen Reißverschluß zu, Süßer. Oder willst du hier mit offenem Hosenschlitz rumlaufen?»

Er zog den Reißverschluß hoch. «Und wenn schon», sagte er. «Ich glaube kaum, daß wir beide noch lange hier rumlaufen.»

Der Gesichtsausdruck des Mädchens veränderte sich jäh. Ihre Unbefangenheit war wie weggeblasen, ihre Augen verengten sich, und die Lippen wurden schmal.

«Was willst du damit sagen, Bart?» Als er nicht antwortete, packte sie ihn am Jackenaufschlag. «Was hast du denn, Bart Struther? Jetzt mach schon das Maul auf!»

Der scharfe Tonfall riß ihn aus seiner Lethargie. Er wandte sich ihr zu, ein hart arbeitender, nicht mehr ganz junger Mann mit einem Bierbauch, ein Mann, der eines in- und auswendig kannte, dieses Kaufhaus, aber sonst kaum etwas.

«Was ich habe? Ganz einfach, vorhin, als wir hier zusammen waren, hat uns einer beobachtet. Er heißt Eli Goldstein und ist Direktor in diesem Laden. Und du und ich, wir sitzen spätestens in drei Stunden auf der Straße, sobald nämlich Eli mit Adam Starr gesprochen und ihm gesteckt hat, was er hier gesehen hat ...»

«Soll das heißen, Mr. Adam wirft uns raus?»

«Mr. Adam», sagte er gedehnt, «wird uns so blitzartig rauswerfen, daß du dich am besten beeilst, wenn du noch mal für kleine Mädchen mußt, weil nämlich nachher keine Zeit mehr sein wird.»

Sie sprach leise, aber ihr Gesicht war gefährlich. «Wieso denn? Wir haben nichts geklaut. Wir haben keinem was getan.»

Die Wut übermannte ihn.

«Also schön, du blöde Kuh, ich erklär´s dir. Ich bin in diesem Laden eine sogenannte mittlere Führungskraft. Und die haben hier was dagegen, wenn ihre mittleren Führungskräfte in der Arbeitszeit Niggerschlampen aufs Kreuz legen. Noch dazu auf der zweiten Etage. Geht das endlich ...»

Sie schlug so hart zu, daß er für einen Moment das Bewußtsein verlor. Als er wieder zu sich kam, hatte sie ihm schon von der Stirn bis zum Kragen die Nägel übers Gesicht gezogen, und Blut sickerte ihm auf Hemd und Jacke. Er versetzte ihr einen Fausthieb in den Bauch. Sie sank auf dem Sofa zusammen, und der Kampf war aus. Wie von fern hörte er, daß sie etwas sagte.

«Mein Leben lang», sagte sie langsam, «hab ich mir gewünscht, einmal bei Starr´s zu arbeiten. Ich wollte alle die schönen Kleider aus der Nähe sehen, sie anfühlen, sie mir anhalten. Und eines Tages wollte ich sie den weißen Miezen verkaufen, weil ich genauso werden will wie die. Weil ich lernen will, wie man ja und nein sagt. Und wann. Weil ich nämlich irgendwann mal als Kundin hierherkommen werde.» Sie sah Struther haßerfüllt an. «Wenn mich Adam Starr wegen dir feuert ... dann schneide ich ihm die Eier ab, das schwör ich dir!»

Struther lachte freudlos. «Und mir nicht?»

Ihre Augen glommen. «Hast du denn welche?»

Sie hieß GeorgeAnn Carter, und sie hatte Freunde.

 

Um acht Uhr lief die Maschinerie des Kaufhauses auf Hochtouren. Die beige und braun gestrichenen firmeneigenen Lastwagen waren vom zentralen Lager zu den beiden Geschäften unterwegs, dem Stammhaus in der City und der Zweigstelle in einem nördlichen Vorort. Sie brachten Waren aus aller Welt zu den Annahmestellen in riesigen, häßlichen Kellerräumen, wo die Artikel kontrolliert und mit Größen und Preisen ausgezeichnet wurden, bevor sie in die einzelnen Abteilungen kamen. Die Einkäufer oder ihre Gehilfen fuhren mit dem Kleinbus vom Lager in die City; manche von ihnen waren zufrieden, andere niedergeschlagen, je nachdem, ob ihre Bestellungen eingetroffen waren oder nicht. Kaum jemand ist so niedergeschlagen wie ein Einkäufer, dessen Ware nicht eingetroffen ist.

Das gilt erst recht für die Einkäuferin, die feststellen muß, daß die Artikel, für die sie in den Morgenzeitungen mit Anzeigen wirbt, nicht geliefert wurden. «Der Hersteller hat mir hoch und heilig versprochen ... die Maschine muß abgestürzt sein ... die hatten dort einen Streik ...» Keine dieser Ausreden verfängt. Das Ausbleiben einer Lieferung bedeutet, daß man den Kunden etwas versprochen hat und sein Wort nicht halten kann. Wenn dies in derselben Abteilung mehrmals passiert, ist es ein Kündigungsgrund.

Niemand wußte das besser als Emma Goldman, die Einkäuferin für Damenkleider, zweite Etage, eine füllige, aus der Form geratene Frau Ende Fünfzig mit schmutziggrauem Haar und dem Durchsetzungsvermögen eines mittleren Panzers. Wie ein Panzer rollte Emma durchs Leben, alle Hindernisse auf ihrem schnurgeraden Weg niederwalzend. Arnold Starr hatte einmal zu seiner Frau Jenny gesagt: «Wenn ich ein junges Mädchen und im Einzelhandel beschäftigt wäre, ich würde den ersten halbwegs annehmbaren jungen Mann heiraten und nie mehr einen Laden betreten, außer zum Einkaufen. Oder ich würde mich in Emma Goldman verwandeln. In einem vollbesetzten Flugzeug mit zweihundert Leuten an Bord kann ich innerhalb von fünf Minuten sämtliche Emma Goldmans ausmachen. Natürlich können wir froh sein, daß es so viele alleinstehende Frauen gibt, um die sich keiner kümmert. Wo kämen wir hin ohne unsere Emmas? Unsere Emmas, die zwar in der Weltgeschichte herumfliegen, aber in kein Konzert gehen, sich keinen Film ansehen und keine Zeitschriften lesen, weil sie viel zu beschäftigt sind...
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