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Die Psychologie des Schuleschwänzens

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
220 Seiten
Deutsch
Hogrefe AGerschienen am05.09.20081., Auflage 2008
Warum gehen Kinder und Jugendliche manchmal einfach nicht in die Schule? Wie viele Schuleschwänzer sind das überhaupt? Welche Merkmale zeichnen Sie aus? Und vor allem: Was kann man dagegen tun? Auf der Grundlage eines groß angelegten Forschungsprojektes beantwortet die Professorin Margrit Stamm diese wichtigen Fragen: Sie zeigt, dass sich hinter schulabsentem Verhalten komplexe Fragen verbergen und Schuleschwänzen nicht nur eine, sondern viele verschiedene Ursachen hat, die eng miteinander verschränkt sind. Kinder und Jugendliche, die die Schule schwänzen, sind in den seltensten Fällen ausschließlich allein für ihr Tun verantwortlich. Vielmehr kann auch die Schule erheblich dazu beitragen, das Schuleschwänzen noch weiter zu fördern oder aber es in den Griff zu bekommen. Dies ist besonders wichtig vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es eine beachtliche Gruppe massiver Schuleschwänzer gibt, die zwar zu den risikogefährdeten, nicht jedoch immer nur zu den leistungsschwachen Jugendlichen gehören. Auch Hochbegabte können massive Schwänzer sein! Um mit Schuleschwänzern wirksam umgehen zu können, müssen Lehrkräfte, Eltern und Behörden nicht nur Kenntnisse, sondern auch fundierte Handlungsstrategien zur Verfügung haben. Deshalb richtet die Autorin den Blick auf die Strategien, wie das Absentismusproblem präventiv und interventiv angegangen werden kann. Das Buch gibt einen für den deutschen Sprachraum einzigartigen Gesamtüberblick über die aktuelle Forschungslandschaft, und scheut sich nicht, bildungspolitische Argumente vorzutragen, die in unserer Gesellschaft bisher kaum diskutiert wurden.mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextWarum gehen Kinder und Jugendliche manchmal einfach nicht in die Schule? Wie viele Schuleschwänzer sind das überhaupt? Welche Merkmale zeichnen Sie aus? Und vor allem: Was kann man dagegen tun? Auf der Grundlage eines groß angelegten Forschungsprojektes beantwortet die Professorin Margrit Stamm diese wichtigen Fragen: Sie zeigt, dass sich hinter schulabsentem Verhalten komplexe Fragen verbergen und Schuleschwänzen nicht nur eine, sondern viele verschiedene Ursachen hat, die eng miteinander verschränkt sind. Kinder und Jugendliche, die die Schule schwänzen, sind in den seltensten Fällen ausschließlich allein für ihr Tun verantwortlich. Vielmehr kann auch die Schule erheblich dazu beitragen, das Schuleschwänzen noch weiter zu fördern oder aber es in den Griff zu bekommen. Dies ist besonders wichtig vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es eine beachtliche Gruppe massiver Schuleschwänzer gibt, die zwar zu den risikogefährdeten, nicht jedoch immer nur zu den leistungsschwachen Jugendlichen gehören. Auch Hochbegabte können massive Schwänzer sein! Um mit Schuleschwänzern wirksam umgehen zu können, müssen Lehrkräfte, Eltern und Behörden nicht nur Kenntnisse, sondern auch fundierte Handlungsstrategien zur Verfügung haben. Deshalb richtet die Autorin den Blick auf die Strategien, wie das Absentismusproblem präventiv und interventiv angegangen werden kann. Das Buch gibt einen für den deutschen Sprachraum einzigartigen Gesamtüberblick über die aktuelle Forschungslandschaft, und scheut sich nicht, bildungspolitische Argumente vorzutragen, die in unserer Gesellschaft bisher kaum diskutiert wurden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783456746098
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2008
Erscheinungsdatum05.09.2008
Auflage1., Auflage 2008
Seiten220 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1918 Kbytes
Artikel-Nr.2709776
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Vorwort



Dieses Buch ist dem unerlaubten Fernbleiben von der Schule gewidmet. Der Volksmund nennt dieses Phänomen «Schuleschwänzen», die Fachwelt bezeichnet es als «Schulabsentismus». Zwar ist Schulabsentismus ein pädagogisches Unwort, aber es ist nicht sachlich grob oder unangemessen. Schulabsentismus umfasst weit mehr als nur das traditionelle Schuleschwänzen, nämlich all die vielfältigen Formen unerlaubten Fernbleibens von der Schule. Dazu gehören die Schulverweigerung, das Zurückhalten des Kindes durch die Eltern, das Schwänzen einzelner Lektionen oder das Fehlen mehrerer Tage oder Wochen inklusive dessen gelegentliche Legitimation durch ein Arztzeugnis. Den Schuleschwänzern nehmen sich neuerdings insbesondere die Medien mit teils reißerischen Titeln an. Sie behaupten, dass die Zahl der Schuleschwänzer riesig sei, viele von ihnen in die Kriminalität abdriften würden und Schulabsentismus damit ein direkter Weg ins Abseits sei. Auch viele Publikationen zeichnen ein äußerst düsteres Bild der schwänzenden Kinder und Jugendlichen. Vom zukünftigen Leben in Randständigkeit und sozialer Abhängigkeit ist die Rede, von ihrem äußerst schwierigen Übergang von der Schule in die Berufswelt, von Desintegration und insbesondere auch von ihrem Hang zur Delinquenz. Solchen Behauptungen gelingt es zwar, das öffentliche Bewusstsein für diese bislang wenig beachtete Problematik zu schärfen und auch das Tabu zu brechen, indem Schuleschwänzen nicht mehr verschwiegen wird. Aber solche Behauptungen übermitteln damit der Gesellschaft die verdeckte Botschaft, als seien alle Schuleschwänzer Problemfälle, und eine kriminelle Laufbahn sei vorprogrammiert. Das Schuleschwänzen wird damit zu Unrecht zu einem skandalisierten und kriminalisierten Verhalten einer ganzen Generation emporstilisiert. Gleichzeitig entsteht dadurch der Eindruck, als ob die Zahl der Schuleschwänzer in den letzten Jahren massiv gestiegen sei. Das wissen wir jedoch nicht. Denn dazu liegen keine repräsentativen empirischen Daten vor, welche diesen Sachverhalt bestärken könnten. Gleiches gilt für Präventions- und Interventions-programme. Wir wissen wenig darüber, welche Programme eingesetzt werden und wie erfolgreich sie sind.

Richtig ist, dass das Schuleschwänzen ein falsch eingeschätztes Problem darstellt. Weder in den Schulen noch in den Bildungsverwaltungen wird es als Problem wahrgenommen oder offen diskutiert, und auch Eltern scheinen es über weite Strecken als legitimes Verhalten zu akzeptieren - und wie wir noch sehen werden, manchmal sogar zu unterstützen. Die am häufigsten gehörte Antwort von Schulen auf unsere Frage nach ihrem Umgang mit Schuleschwänzern ist etwa die: «Bei uns ist Schuleschwänzen kein Problem. Wir haben ein klares System und eine gute Schulordnung, die Schwänzen verhindern. Vor Jahren hatten wir einmal einen Schüler, aber das war ein ganz gravierender Fall.» Schuleschwänzen wird somit großenteils als geringfügige Störung des täglichen Schulbetriebs angesehen und nach außen hin tabuisiert. Viele Schulen verstecken sich oft hinter der formalen Schulordnung und hinter der Funktionalität ihrer Institution. Vielleicht ist das Nicht-Hinschauen aber auch eine Möglichkeit, um den Glauben aufrecht zu erhalten, dass es an der eigenen Schule keinen Absentismus gibt und sich deshalb jede präventive oder interventive Aktivität erübrigt.

Tatsache ist, dass Schüler die Schulpräsenz bei weitem nicht so ernst nehmen, wie wir uns dies wünschen würden. Schuleschwänzer führen uns deshalb auf ein Thema, das aus einem anderen Blickwinkel Fragen der Schulqualität aufwirft: Schuleschwänzer ernst nehmen, heißt Schule und Schulpflicht ernst nehmen. Die Schulpflicht wurde für das Wohl des Einzelnen und der Gesellschaft eingeführt. Deshalb muss der Stellenwert der Schule dem einzelnen Schüler auf spezifische Weise ersichtlich gemacht werden. Schulpflicht ernst nehmen heißt aber auch, den sozialen Rechtsstaat ernst nehmen. Eltern, welche das Schwänzen ihrer Kinder tolerieren, und Schüler, welche gegen die Präsenzpflicht verstoßen, verletzen damit eine verbindliche, gesellschaftliche Erwartung. Vor allem diejenigen Kreise, welche den ordnungspolitischen Aspekt betonen, weisen zu Recht immer wieder auf die steigenden sozialen Kosten hin, welche mit Schulversagen und damit auch mit fehlender Schulpräsenz verbunden sind. In diesem Sinne haben Schüler eine Leistungspflicht gegenüber dem Staat. Andererseits hat genau dieser Staat allen Kindern und Jugendlichen zu garantieren, dass er ihnen ausreichende Bildung anbietet.

Das vorliegende Buch versucht, traditionelle Sichtweisen zur Pädagogik und Psychologie des Schuleschwänzens zu korrigieren und die Thematik differenzierter anzugehen, als dies bis anhin in der Medien-Öffentlichkeit getan worden ist. Es beleuchtet Schuleschwänzen sowohl als pädagogische als auch als ordnungspolitisch zu lösende Aufgabe. In seinem Mittelpunkt stehen die nachfolgenden Fragen. Sie sind bislang von der Forschung weitgehend unbeantwortet geblieben. Aber sie sind besonders bedeutsam, wenn man sich praktisch mit der Thematik auseinandersetzen will:

⢠  Wie kommt es, dass Kinder und Jugendliche trotz Schulpflicht die Schule nicht regelmäßig besuchen?

⢠  Wie viele Schuleschwänzer gibt es überhaupt?

⢠  Welche Merkmale kennzeichnen sie?

⢠  Aus welchen Gründen bleiben sie der Schule fern?

⢠  Und vor allem: Was kann man dagegen tun?

Beantwortet werden diese Fragen auf der Basis unserer Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir im Rahmen des Forschungsprojektes «Schulabsentismus in der Schweiz - ein Phänomen und seine Folgen» gewonnen haben. Das vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Projekt ist unter meiner Leitung am Departement für Erziehungswissenschaften der Universität Fribourg/Schweiz zwischen 2005 und 2007 durchgeführt worden. Mit beteiligt war mein Kollege Prof. Marcel Alexander Niggli, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Rechtsphilosophie, Kriminologie und Rechtssoziologie an unserer Universität. Das Besondere an unserer Studie ist, dass wir nicht nur die Schüler selbst zu ihren Schwänzgewohnheiten befragt, sondern auch die Lehrkräfte und die Schulleitungen in die Befragung einbezogen haben. Wir verfügen somit über einen umfassenden Kenntnisstand darüber, wie, warum und wozu geschwänzt wird, wie es gehandhabt, kontrolliert und sanktioniert wird und wie es präventiv angegangen wird. In positiver Wendung liefert das Buch somit einen zeitgenössischen Beitrag zur Frage der Schulpräsenz. Aus dieser Perspektive ist es auch geschrieben worden. Sein Zweck ist ein dreifacher:

⢠  Erstens soll es die wichtigsten Ergebnisse aus unserem Forschungsprojekt bündeln. Damit trägt es dazu bei, unser Wissen über das Schuleschwänzen zu erweitern und auch zu objektivieren. Das Buch zeigt auf, dass sich hinter schulabsentem Verhalten komplexe Fragen verstecken und Schuleschwänzen nicht nur eine, sondern sehr viele verschiedene Ursachen hat, die alle miteinander verschränkt sind. Wenn es gelingen soll, die Schulpräsenz zu stärken und Schuleschwänzer wieder zum regelmäßigen Schulbesuch anzuleiten, dann sind Schulen und Lehrkräfte genötigt, solche Ursachen zu verstehen.

⢠  Zweitens geht es um die Erkenntnis, dass Kinder und Jugendliche, welche die Schule schwänzen, in den seltensten Fällen ausschließlich die erbärmlichen Opfer der Umstände sind. Ich möchte aufzeigen, dass die Schlüsse, die wir aus der Forschung ziehen können, in die entgegengesetzte Richtung gehen: Schuleschwänzen ist kaum das Ergebnis eines persönlichen Defizits der Kinder und Jugendlichen. Auch ist es nicht ausschließlich die Schule, welche für das Schuleschwänzen verantwortlich zu machen ist. Schüler müssen eher als rational denkende Individuen betrachtet werden: Sie bewerten die schulische Situation und fällen dann die Entscheidung für oder gegen die Schulpräsenz. In dieser Hinsicht unterschätzen wir die Fähigkeit heutiger junger Menschen, die Organisation der Schule zu verstehen, sie zu kalkulieren und so zu managen, dass ihr Schwänzverhalten gar nicht entdeckt wird. Viele von ihnen sind dazu fähig, die Risiken zu kalkulieren, die mit der Schulabsenz verbunden sind: Sie wissen, dass sie nichts lernen, wenn sie nicht in der Schule sind und dadurch auch schlechte Noten in Kauf nehmen müssen. Sie wissen aber auch genau, wann sie präsent sein und wie viel sie lernen müssen, dass die Leistungen genügend sind. Vielen jedoch gelingt diese Strategie nicht, und sie geraten in eine Versagensspirale, aus der sie sich ohne Unterstützung nicht befreien können.

⢠  Drittens will ich in diesem Buch darlegen, welche unterschiedlichen Absentismusprofile unsere Gesellschaft produziert. Nicht alle sind dabei gravierender Art und nicht alle führen über einen direkten Weg ins Abseits. Das Verhalten vieler Kinder und Jugendlicher, gelegentlich die Schule zu schwänzen, kann als Aufbegehren gegenüber der Welt der Erwachsenen verstanden werden. Dies ist ein Kennzeichen des Jugendalters. Jugendliche brauchen Möglichkeiten, sich gegenüber Autoritäten aufzulehnen, das Gesetz einmal übertreten zu können oder sich riskant zu verhalten. In diesem Sinne ist gelegentliches Schuleschwänzen ein jugendtypisches Phänomen, das auch einen identitätssteigernden Einzel- oder Gruppeneffekt hat. Aber aus gelegentlichem kann sich leicht massives Schuleschwänzen entwickeln und zu großen Anschlussproblemen führen....
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