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Alltagskultur: sakral - profan. Ausgewählte Aufsätze

Waxmann Verlag GmbHerschienen am01.07.2011
Ich bin Lebensforscherin - Leben und Alltag auf dem Lande, Glaube und Frömmigkeit, Religion und Rituale sind meine Forschungsfelder.
Dieser Satz fokussiert nicht nur das umfangreiche und breite Åuvre von Christel Köhle-Hezinger, sondern könnte auch als Motto über ihrer wissenschaftlichen Vita stehen.
Der 65. Geburtstag von Christel Köhle-Hezinger gibt Anlass, Leistung und Werk der Jubilarin mit dem vorliegenden Buch zu würdigen und zu ehren. Die Publikation enthält ausgewählte Schriften, die zum Teil an entlegenen Orten erschienen und daher nur schwer greifbar oder vergriffen sind. Es soll ein Einblick in die Vielgestaltigkeit der Forschungen von Christel Köhle-Hezinger gegeben werden, deren virtuose Ansätze und Ideen aktuell und erfrischend im Fach und universitären Alltag sind.
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Produkt

KlappentextIch bin Lebensforscherin - Leben und Alltag auf dem Lande, Glaube und Frömmigkeit, Religion und Rituale sind meine Forschungsfelder.
Dieser Satz fokussiert nicht nur das umfangreiche und breite Åuvre von Christel Köhle-Hezinger, sondern könnte auch als Motto über ihrer wissenschaftlichen Vita stehen.
Der 65. Geburtstag von Christel Köhle-Hezinger gibt Anlass, Leistung und Werk der Jubilarin mit dem vorliegenden Buch zu würdigen und zu ehren. Die Publikation enthält ausgewählte Schriften, die zum Teil an entlegenen Orten erschienen und daher nur schwer greifbar oder vergriffen sind. Es soll ein Einblick in die Vielgestaltigkeit der Forschungen von Christel Köhle-Hezinger gegeben werden, deren virtuose Ansätze und Ideen aktuell und erfrischend im Fach und universitären Alltag sind.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783830974253
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum01.07.2011
Seiten292 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse10703
Artikel-Nr.2747727
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Inhalt;6
2;Vorwort;8
3;Willkommen und Abschied. Zur Kultur der Übergänge in der Gegenwart;12
3.1;I. Abschiedswelten;12
3.2;II. Willkommen und Abschied, dialektisch verbunden;13
3.3;III. Stand und Geschlecht;14
3.4;IV. Well-come and well-go;15
3.5;V. Trennung und Übergang;16
3.6;VI. Stufen, Schwellen, Rituale;18
3.7;VII. Zum Beispiel Lichtmeß;20
3.8;VIII. Übergänge in die Moderne;21
3.9;IX. Revisionen;23
3.10;X. Übergänge als Dauer;24
3.11;Literatur;26
4;Abendmahl als Gesetz. Beiträge aus der Volkskunde;30
4.1;THESE 1: Abendmahl ist - ab origine - Gesetz, Zwang.;33
4.2;THESE 2: Abendmahl bedeutet nicht Ersatz (für die Messe), sondern ein Weniger an religiöser Norm.;34
4.3;THESE 3: Abendmahl ist dem gemeinen Volk unverständlich, ist Tabuzone.;35
4.4;THESE 4: Abendmahl ist kein Fest fürs Volk, allenfalls Feier, religiöses Ritual.;37
5;Pfarrvolk und Pfarrersleut;42
5.1;I. Von den Verflechtungen in den Alltag (M. Weber);42
5.2;II. Der große, ehrwürdige Teil des Publikums, der Volk heißt Der Pfarrer als Volks- und Landeskundler;56
5.3;Literatur;66
6;Gemischtkonfessionelle Dörfer in Württemberg;68
6.1;Nähe und Ferne;69
6.2;Dörfliche Parität: Die Zeit bis 1848;71
6.3;Konfessionelle Zuspitzung;75
7;Treuezeichen. Zur kulturellen Kodierung industrieller Identifikation und Gratifikation;80
7.1;Quellen;93
7.2;Literatur;93
8;Das Dino-Abenteuer. Anmerkungen zu Archaik und Aktualität eines Phänomens der Gegenwartskultur;96
8.1;Vorbemerkung;96
8.2;I. Prolog: Zum Thema;96
8.3;II. Zugänge: Dino-Futter ;101
8.4;III. Merkmale;106
8.5;Insel statt Höhle? Nachgedanken;112
8.6;Dank;112
9;Fromme Frauen, fromme Bilder;114
9.1;Sind fromm und heilig gleichzusetzen?;116
9.2; lustus: gerecht, frum ;116
9.3;Geistliche Hausmagd als Mahnbild ;118
9.4;Fromme Anwartschaften: evangelisch - fromm;120
9.5;Frömmigkeit ins Gesicht geschrieben: pietistisch - fromm;124
9.6;Mystikerinnen, Heilige, Nonnen: katholisch - fromm;125
10;Schwester Maria Benedikta Ströle ( Gertrud Ströle, geboren 1918);128
10.1;Literatur;141
11;Wie kam das Grün ins Haus? Anmerkungen zum Verhältnis Mensch - Haus - Pflanze;142
11.1;I.;142
11.2;II.;145
11.3;III.;146
11.4;IV.;149
11.5;V.;151
11.6;VI.;152
11.7;VII.;154
11.8;Literatur;158
12;Der Weihnachtsbär. Verbärung der Weihnacht - Verbärung der Welt?;162
12.1;1. Vorbemerkung: Forschungsneugier;162
12.2;2. Der Mensch und sein Tier;163
12.3;3. Wilder Bär, Teddy und Bärle;165
12.4;4. Bären im Advent;167
12.5;5. Verbärung der Weihnacht: Bärenweihnacht?;168
12.6;6. Bärenfeldforschung;170
12.7;7. Nachgedanken: Schleckbär und Maibär;172
13;Fortschreiten - fortgehen - fortlaufen. Fortschritt als kulturelles Handeln;174
13.1;Fort und daheim;174
13.2;Fortgehen oder Daheimbleiben;174
13.3;Fortschritt in den Köpfen;176
13.4; Fort von Hunger und Not ;178
13.5;Fort in ausländische Fabriken;179
13.6;Heraus aus dem Haus, weiblich;181
14;Das Harmonium oder: Frommes Schwellen, sanfte Bewegung;184
14.1;1. Kinderstunden;184
14.2;2. Mutterstunden;186
14.3;3. Salonstunden;187
14.4;4. Musikstunden;189
14.5;5. Stubenstunden;190
14.6;6. Geschwisterstunden;193
14.7;7. Englische Stunden;194
14.8;8. Wegstunden;197
14.9;Literatur zum Thema;198
15;Heimatinszenierungen. Beobachtungen zur ländlichen Geschichtskultur in der Gegenwart;204
15.1;I. Das Exempel;204
15.2;II. Der Spielplan;205
15.3;III. Das Repertoire;206
15.4;IV. Die Requisite;207
15.5;V. Volksszenen;208
15.6;VI. Volkstheater ?;209
15.7;Literatur zum Thema;210
16;Protestantische Volkskultur;212
16.1;1. Begriff und Sache;212
16.2;2. Suchen, Lesen, Schreiben: Das Bild des erweckten Handwerkers;213
16.3;3. Beobachten, Malen, Dichten: Die Welt des barocken Pfarrers;215
16.4;4. Hören, Lesen, Zweifeln: Ein Pietist als Erfinder;216
16.5;Literatur;220
17;Ritual - Brauch - Tradition: volkskundlich- kulturwissenschaftliche Blicke auf den Gottesdienst;222
17.1;Zu Wort und Bedeutung;223
17.2;1. Bild: Gottesdienst-Räume, oder: Orte und ihre Zu-Ordnungen als Bräuche und Gebräuche;224
17.3;2. Bild: Gottesdienst und Sonntag, oder: Die Zeit;225
17.4;3. Bild: Das andere Ritual, oder: Alterität erleben, lernen, reden;226
17.5;4. Bild: Gottesdienst, traditional, oder: die Einheit von Ort, Zeit, Handlung;227
17.6;Literatur;233
18;Die Welt der frommen Dinge. Wege des popularen Pietismus ins 20. Jahrhundert;236
19; Guter Tod und schöne Leich Sterben, Tod und Bestattung in Traditionen und Ritualen;246
19.1;1. Sterben, ländlich-katholisch-traditional im 19. Jahrhundert;249
19.2;2. Sterben, katholisch-ländlich, Anfang des 20. Jahrhunderts;252
19.3;3. Sterben, evangelisch-städtisch, Ende des 19. Jahrhunderts;253
19.4;4. Sterben, ländlich-katholisch im 20. Jahrhundert;254
19.5;Fazit I: Alles ist Regel und Ordnung;255
19.6;Fazit II: Alles ist Tradition oder: Die Kultur des Ansehens;256
19.7;Fazit III: Tod als Teil des Lebens oder: mediae in vitae? ... ;257
19.8;Fazit IV: Statt guter Tod und schöner Leich der glückliche Tod ?;258
19.9;Literatur;260
20; Zu Späth? Von Landsmannschaften, Seilschaften und Netzwerken;262
20.1;1. Military look oder Ethno look?;263
20.2;2. In der Fremde sein - Wanderer und Ausländer;265
20.3;3. Raumorientierung und Raumerfahrung;269
20.4;4. Netz und Seil, Band und Geflecht;271
20.5;5. Männerbünde adieu?;273
20.6;Literatur;274
21;Schriftenverzeichnis Christel Köhle-Hezinger;276
21.1;I. Selbständig erschienene und herausgegebene Veröffentlichungen und Aufsätze;276
21.2;II. Publikationen als Herausgeberin;291
22;Drucknachweise;292
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Leseprobe
Protestantische Volkskultur (S. 211-212)

1. Begriff und Sache

"Von der protestantischen Volkskultur", so Richard Weiss in seiner "Volkskunde der Schweiz" von 1946, "sieht und greift man objektiv wenig. Im Gegensatz dazu ist die katholische Volksreligiosität reich an Schaubarem und Zeigbarem, an sinnennahen Gegenständen, welche man als Äußerung volkskundlicher Sinnenfreude, zugleich aber auch als Zeichen und Gradmesser volkstümlicher Frömmigkeit aufzufassen gewohnt ist."

Dieser Satz war der Volkskunde Konsens, Credo und Dogma. Und auch, so meine Eingangsthese, Schutzschild und Alibi, sieht man von Karl Sigismund-Kramers umfassenden und grundlegenden Arbeiten zur Volkskultur seit den 1950er Jahren ab. Weiss' Satz bündelte das frühe volkskundliche 'Faszinosum Konfession' - von Wilhelm Heinrich Riehls Augsburger "Paritätskuriosa" der Trachten, Kopfbedeckungen und Kaffeehäuser bis hin zu den evangelischen und katholischen Schweineställen, die für Riehl eine nicht zu erschöpfende Fundgrube der Komik darstellten.

"Katholische Überlebsel beim evangelischen Volk" - dieser Titel von Richard Andree (1911 in der Zeitschrift für Volkskunde publiziert) trug ins 20. Jahrhundert den Glauben vom katholischen Relikt, von Reliquie, Derivat und Surrogat: vom Festhalten und der "zähen Ausdauer, die altkatholische Bräuche und Anschauungen im evangelischen Volke besitzen". Die Volkskultur, so die Botschaft von Andree, überdauere eine "kaum 400 Jahre alte" neue Kirche. Die Gewichtungen, genauer die gleichgewichtige Betrachtung von protestantischer und katholischer Volkskultur bereitet bis heute - nicht nur in meinem Fach - Probleme.

Im monumentalen Band "Volksfrömmigkeit in der Schweiz", erschienen im Jahre 1999, kommt dem explizit Protestantischen bei einem Gesamtumfang von 548 Seiten kaum zehn Seiten zu: Thomas Hengartner setzt in seinem schmalen Beitrag der katholischen Volkskultur als ein gleichsam sonderkulturelles Fallbeispiel das protestantische Emmental entgegen. Angesichts der "Visibilität" der katholischen Volksfrömmigkeit falle es "schwer, Elemente einer eigenständigen protestantischen Volkskultur zu erkennen; es seien - nach Weiss - negative Traditionen": ein Weniger, ein Weglassen, "Verneinung und Leugnung".

"Das konfessionelle Zeitalter war zu Ende gegangen"5: Sätze wie dieser von Christof Dipper, in solchen und ähnlichen Formulierungen die Konfessionsforschungen der Frühneuzeit durchziehend, wollen zäsieren und phrasieren. Der volkskundliche Blick sucht nach Anderem. Er sieht - um mit Victor Turner zu sprechen - das Flüssige eher als das Feste; die Unterströmung, die bleibt - bei und trotz allem Wandel. So ist "das Dorf als Verteidigungsgemeinschaft", auch und gerade in Konfessionsdingen, weder neu noch "das Ende des konfessionellen Zeitalters"6. Es geht vielmehr um das andere Zeitmaß, um den eigenen Sinn - etwa im Kampf gegen die "tanz- und feiersüchtigen Landleute", die Zahl der Festtage im Jahreslauf und im Zyklus des menschlichen Lebens oder um das "Hochzeitsschenken". Es geht um andere Blicke und Grenzen, weniger um andere Quellen, Ansichten, Fragen.
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