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Der neunte Tod

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
310 Seiten
Deutsch
KBV Verlags- & Medien GmbHerschienen am15.07.2013
Der Auftrag klingt wirklich einfach: Über die Weihnachtstage soll Herbie Feldmann das Haus seiner reichen Tante Hetti hüten. Doch dann begeht er einen folgenschweren Fehler, von dem ihn auch sein allgegenwärtiger Begleiter Julius nicht abhalten kann. Beseelt vom Geist des Weihnachtsfestes, gewährt er einem Obdachlosen Unterschlupf und Schutz vor dem frostigen Eifelwinter. Der geheimnisvolle Fremde nennt sich Mikesch. 'So, wie der Kater', lacht er, und genau so wie ein Kater glaubt er auch neun Leben zu haben. Aber irgendwann sind auch diese neun Leben einmal verbraucht. Und plötzlich sehen sich Herbie und Julius erneut einer Leiche gegenüber ...

Ralf Kramp, geb. 1963 in Euskirchen, lebt in einem alten Bauernhaus in der Eifel. Für sein Debüt »Tief unterm Laub« erhielt er 1996 den Förderpreis des Eifel--Literatur-Festivals. Seither erschienen zahlreiche Kriminalromane und Kurzgeschichten. In Hillesheim in der Eifel unterhält er zusammen mit seiner Frau Monika das »Kriminalhaus« mit dem »Deutschen Krimi-Archiv« (30.000 Bände), dem »Café Sherlock«, einem Krimi-Antiquariat und der »Buchhandlung Lesezeichen«. Im Jahr 2023 wurde er mit dem Ehren--Glauser für »herausragendes Engagement für die deutschsprachige Krimiszene« ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
HörbuchCompact Disc
EUR14,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextDer Auftrag klingt wirklich einfach: Über die Weihnachtstage soll Herbie Feldmann das Haus seiner reichen Tante Hetti hüten. Doch dann begeht er einen folgenschweren Fehler, von dem ihn auch sein allgegenwärtiger Begleiter Julius nicht abhalten kann. Beseelt vom Geist des Weihnachtsfestes, gewährt er einem Obdachlosen Unterschlupf und Schutz vor dem frostigen Eifelwinter. Der geheimnisvolle Fremde nennt sich Mikesch. 'So, wie der Kater', lacht er, und genau so wie ein Kater glaubt er auch neun Leben zu haben. Aber irgendwann sind auch diese neun Leben einmal verbraucht. Und plötzlich sehen sich Herbie und Julius erneut einer Leiche gegenüber ...

Ralf Kramp, geb. 1963 in Euskirchen, lebt in einem alten Bauernhaus in der Eifel. Für sein Debüt »Tief unterm Laub« erhielt er 1996 den Förderpreis des Eifel--Literatur-Festivals. Seither erschienen zahlreiche Kriminalromane und Kurzgeschichten. In Hillesheim in der Eifel unterhält er zusammen mit seiner Frau Monika das »Kriminalhaus« mit dem »Deutschen Krimi-Archiv« (30.000 Bände), dem »Café Sherlock«, einem Krimi-Antiquariat und der »Buchhandlung Lesezeichen«. Im Jahr 2023 wurde er mit dem Ehren--Glauser für »herausragendes Engagement für die deutschsprachige Krimiszene« ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783954410590
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum15.07.2013
Reihen-Nr.3
Seiten310 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1653 Kbytes
Artikel-Nr.2882879
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erstes Kapitel

Harry kippte die grün schimmernde Flasche ein paar Zentimeter vor seiner blau durchäderten Nase mit dem Hals nach unten. Ein letzter Tropfen Rotwein bildete sich an der Flaschenöffnung, aber bevor sein zittriger Finger ihn auffangen konnte, tropfte er zu Boden und verschwand im Schnee. Der entstandene kleine Tupfer zu seinen Füßen sah im Dämmerlicht des Winterabends aus wie Blut.

Er war unterwegs nach Trier. Die letzte Nacht hatte er im Vellerhof bei Blankenheim verbracht, und jetzt standen ihm ein paar gemütliche Nachtstunden unter der Brücke der B51 über die Kyll bevor. Er seufzte und schleuderte die leere Ein-Liter-Flasche linker Hand in den Fluß. Während er weiter auf seine zukünftige Behausung zustolperte, knackte er beiläufig den Drehverschluß einer weiteren Weinflasche. An der nächsten Wegkehre setzte er an und tat ein paar kräftige Schlucke. Zufrieden rülpste er in den Abendhimmel hinein. Eine weiße Dampffahne bildete sich und wurde, als Harry sich wieder in Bewegung setzte, auseinandergewirbelt.

Vielleicht, so dachte er, würde er schon in zwei oder drei Tagen bei Mutti sein. In Trier, im Warmen, mit richtigem Essen und mit Muttis ollem Plastikweihnachtsbaum. Vielleicht sogar mit Spekulatius und Printen. Eigentlich hatte er die Sachen heute selber an der Tanke in Stadtkyll kaufen wollen, nachdem er zuvor sein spartanisches Nachtlager hoch oben auf dem Brückenpfeiler, direkt unter dem Brückenkopf, aufgeschlagen hatte. Mutti wäre bestimmt ganz jeck vor Freude gewesen. Oder vielleicht auch ganz traurig. Printen konnte sie nämlich schon ewig nicht mehr beißen.

Das Problem hatte sich von selber gelöst, da ihm plötzlich, angesichts der beiden preiswerten Weinflaschen, das Gebäck vollkommen unnütz erschienen war. So war das, wenn man schon so lange auf Achse war. Da wertete man Nahrungsmittel nur noch nach ihrem Alkoholgehalt. Wer im Freien übernachtete, der mußte sich wärmen, und wer derart, gewissermaßen lebendig in Alkohol eingelegt, durch die Gegend wankte, vergaß die Kälte für ein paar Stunden.

Als er durch Hammerhütte, eine idyllische kleine Ansammlung alter Bauernhäuser, torkelte, betrachtete er versonnen die winzigen Lichterketten, die die Bewohner von innen an den Fensterrahmen entlang drapiert hatten.

Nur noch ein paar Wochen , dachte Harry und rülpste erneut heftig. Dann bin ich bei Mutti. Und dann ist Weihnachten. Und dann bin ich weg. Da findet mich keiner.

Er erinnerte sich an einen alten Weihnachtsschlager von Roy Black und lallte: »Weihnachten, Weihnachten bin ich zu Haus ...«, während er die Häuser von Hammerhütte hinter sich ließ und auf die Brücke zuwankte, die sich schwarz und drohend gegen den klaren Abendhimmel abzeichnete.

Als er wenige Meter vor der Brücke erneut stehenblieb, um einen weiteren Schluck aus der Flasche zu nehmen, sah er das gelbe Fahrzeug zum ersten Mal. Zuerst glaubte er, es handele sich um eine Wahnvorstellung. Es geschah häufig, daß er Dinge sah, die gar nicht da waren. Wirklich nichts Ungewöhnliches, wenn plötzlich Scharen von Mäusen durch das Vorzimmer des Sozialamts flitzten oder wenn irgendwelche Käfer durchs Zimmer surrten, aber das hier ...

Ein kadmiumgelber Dreier-BMW, das war die Zuhälterkarre schlechthin. Das paßte zu ihnen.

Seine Rechte verkrampfte sich um den Hals der Flasche, und instinktiv machte er die ersten zaghaften Schritte rückwärts. Sie hatten ihn gefunden! Und wenn sie ihn hier aufgetrieben hatten, dann hatten sie ihn lange und gründlich gesucht. Es war nicht klug gewesen, sich mit ihnen anzulegen. Er hätte es besser wissen müssen. Er hätte wissen müssen, daß diese Typen sich nicht auf der Nase rumtanzen ließen.

»Harry, alte Filzlaus!« ertönte eine dunkle Stimme hinter ihm, und eine Pranke klopfte ihm donnernd auf die Schulter. Entsetzt fuhr er herum. Die Flasche entglitt seiner Hand und zersplitterte auf dem verschneiten Asphaltweg. Der Rotwein verspritzte ringsherum. Wenn er eben noch über einen einzelnen Blutstropfen nachgesonnen hatte, dann war das jetzt ...

Eine Reihe schiefer Zähne grinste ihn breit an. Sie leuchtete ihn gelblich aus einer unrasierten Gesichtslandschaft an, die zu einem affenähnlichen Grinsen verzogen war.

Harry war stumm. Alles, was er jetzt sagen würde, würde das Grinsen nur noch wachsen lassen, bis es das häßliche Gesicht zu einer angsteinflößenden Maske verzerren würde. Der Kerl steckte zwei Finger in den Mund und schickte einen grellen Pfiff zur Brücke, wo sich daraufhin am Auto etwas regte. Eine weitere Gestalt schälte sich aus dem Dunkel und kam auf sie zu.

»Wir haben dich vermißt, mein Schatz«, säuselte Harrys Gegenüber. »Warum bist du nur so schnell abgehauen? Wir wollten dich doch zu unserer Weihnachtsfeier einladen. Dich und ... Oder bist du etwa allein?« Er grinste wieder. Dieser Kerl würde grinsen, bis die ersten Schmerzen kamen und weit darüber hinaus. Erst wenn Harry die ersten heißen Tränen aus den Augen schossen, würde es zu seiner vollen Größe herangewachsen sein.

So lange wollte er nicht warten.

Harry versuchte, an ihm vorbei in den kleinen Ort zurückzulaufen, aber der massige Kerl machte nur eine müde Bewegung zur Seite und versperrte ihm den Weg. Er beschloß, es über das Feld zu versuchen. Seine Schritte in das schneebedeckte, kniehohe Gras am Wegesrand waren ungelenk, er strauchelte und war froh, nicht sofort der Länge nach in den Schnee zu fallen.

»Aber Harry!« ertönte die dunkle Stimme hinter ihm. »Du wirst uns doch keinen Korb geben wollen! Wir sind doch gekommen, um dich abzuholen. Ein nettes Gespräch unter Freunden! Ein Plausch bei Glühwein am Adventskranz. Du weißt doch, wen wir suchen ... Willst du uns denn nicht helfen?«

»Adventskranz«, dachte Harry panisch, während er hechelnd nach vorne stolperte. Er sah vor seinem geistigen Auge, wie sie seine Hände ganz dicht an die Flamme der roten Stumpenkerzen heranführen würden. Sie würden nicht warten bis zum vierten Advent, bevor sie vier Kerzen anzünden würden. Vier Kerzen ... Viermal Schmerzen.

Er stürzte, als sein rechter Fuß an irgend etwas hängenblieb, das unter dem Schnee verborgen lag. Und mit einem Mal hörte er auch das Keuchen seiner Verfolger ganz nah hinter sich. Er rappelte sich auf, rutschte mit der Linken auf dem Schnee weg und vergrub beim erneuten Sturz sein Gesicht in den Schnee. Die Kälte erfrischte ihn, ließ seine Gedanken klarer werden, und seine Panik wuchs.

Als er wieder auf den Beinen war, hatten sie ihn beinahe erreicht. Der dickere von beiden schnaufte angestrengt. Mit einem hektischen Blick über die Schulter erkannte Harry, daß er nun nicht mehr grinste.

Dann übersah er den Zaun und stürzte erneut. »Das ist das Ende!« schoß es ihm durch den Kopf, als sie ihn erreichten. »Ich glaube fast, du magst uns nicht«, sagte der eine keuchend und grinste schon wieder. Der andere sagte gar nichts, sondern hob nur einen Knüppel, den er eben noch nicht in der Hand gehabt hatte. Harry hatte recht behalten. Das war das Ende!

Der Knüppel sauste ein paar Mal auf ihn nieder, und Harry ließ nicht viel mehr vernehmen als das Wimmern eines geprügelten Hundes. Dann war da plötzlich Blut, und es sah in der Tat nicht anders aus als der billige Rotwein von der Tankstelle. Dann war Harry tot.

Sie standen ein wenig ratlos vor dem leblosen, zerlumpten Haufen zu ihren Füßen, von dem eine unangenehme Duftmischung aus warmem Blut und Alkohol in die Winterluft aufstieg. Der eine kratzte sich am Kopf und betrachtete den Knüppel. »Scheiße«, murmelte er. »Das ist irgendwie mit mir durchgegangen.«

»Jetzt haben wir natürlich wieder nix rausgekriegt«, brummelte der andere. »Und überhaupt, Nagolny, du Arsch, jetzt haben wir diese Scheißleiche am Hals.« Sein Gegenüber sagte plötzlich, schon wieder bestialisch grinsend: »Du, ich glaub, ich weiß, was ...« Dann begann er, mit den Händen eine Schneekugel zu formen, und rollte sie schließlich über das schneebedeckte Feld. Sie wuchs und wuchs.

»Ich mach den Bauch, und du machst den Kopf!«

*

Der Schnee zaubert in der Eifel die unterschiedlichsten Szenarien. Er macht Wiesen und Weiden zu blütenweißen Teppichen und deckt, wenn es ihm gefällt, in Minutenschnelle die Spuren von Mord und Totschlag zu. Über Löcher, die warmes Blut in seine kalte Kruste frißt, deckt er im Nu den weißen Mantel der Jungfräulichkeit.

An anderer Stelle, nicht weit entfernt, raubt er hingegen der Landschaft den letzten Rest von Farbe, läßt Grau noch grauer erscheinen und umrahmt die Finsternis dunkler Fenster, so daß sie aussehen wie tote Augen in einem blutleeren Gesicht.

Ein bißchen...
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Autor

Ralf Kramp, geboren am 29. November 1963 in Euskirchen, lebt heute in Flesten in der Vulkaneifel. Für sein Debüt "Tief unterm Laub" erhielt er den Förderpreis des Eifel-Literaturfestivals. Seither erschienen mehrere Kriminalromane, unter anderem auch die Reihe um den kauzigen Helden Herbie Feldmann und seinen unsichtbaren Begleiter Julius, die mittlerweile deutschlandweit eine große Fangemeinde hat. Seit 1998 veranstaltet er mit großem Erfolg unter dem Titel "Blutspur" Krimiwochenenden in der Eifel, bei denen hartgesottene Krimifans ihr angelesenes "Fachwissen" endlich bei einer Live-Mördersuche in die Tat umsetzen können. Im Jahr 2002 erhielt er den Kulturpreis des Kreises Euskirchen. Seit 2007 führt er mit seiner Frau Monika in Hillesheim das "Kriminalhaus" mit dem "Deutschen Krimi-Archiv" mit 26.000 Bänden, dem "Café Sherlock" und der Buchhandlung "Lesezeichen". www.ralfkramp.de www.kriminalhaus.de