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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Residenz Verlagerschienen am02.09.2013
Der ideale Einstieg in die wunderbar wunderliche Welt des Fritz von Herzmanovsky-Orlando: kurz, kurios, klassisch, komisch! Kakanien in kleinen Dosen. DIE WELT DES FRITZ VON HERZMANOVSKY-ORLANDO ist ein Kabinett von Kuriositäten, ein Sammelalbum des Sonderbaren, ein Bilderbogen des Bizarren. Sie ist bevölkert von Figuren, weniger von Menschen - von Exemplaren, Gestalten und Ausgeburten. Was ihm einfällt, ist unbedingt ausgefallen. Was er beschreibt, ist Karikatur. Kurz und gut, seine Welt gleicht einem wunderlichen Tiergarten: Treten Sie ein, schauen Sie sich um! Sie werden staunen, wenn Sie sich plötzlich selbst gegenüberstehen. Band 2 der 'konzentrierten Werkausgabe' enthält eine Auswahl von Erzählungen und kürzeren Prosastücken. Viele davon zählen zu Herzmanovskys beliebtesten Werken und sind längst klassisch: 'Der Kommandant von Kalymnos', 'Apoll von Nichts', 'Onkel Tonis verpatzter Heiliger Abend', 'Die Wurstmaschine' und viele andere mehr. Hier haben Sie die Welt von von Herzmanovsky-Orlando im Kleinen, ein Käfig voller Narren: Freuen Sie sich auf Pater Kniakal, Cavaliere Huscher und Chinesius von Schluck!

Fritz von Herzmanovsky-Orlando geboren 1877 in Wien; war nach dem Studium einige Zeit als Architekt tätig, bevor er sich ganz dem zeichnerischen und literarischen Schaffen zuwandte. Übersiedelte 1916 nach Meran, wo er bis zu seinem Tod im Mai 1954 seinen ständigen Wohnsitz hatte.
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Produkt

KlappentextDer ideale Einstieg in die wunderbar wunderliche Welt des Fritz von Herzmanovsky-Orlando: kurz, kurios, klassisch, komisch! Kakanien in kleinen Dosen. DIE WELT DES FRITZ VON HERZMANOVSKY-ORLANDO ist ein Kabinett von Kuriositäten, ein Sammelalbum des Sonderbaren, ein Bilderbogen des Bizarren. Sie ist bevölkert von Figuren, weniger von Menschen - von Exemplaren, Gestalten und Ausgeburten. Was ihm einfällt, ist unbedingt ausgefallen. Was er beschreibt, ist Karikatur. Kurz und gut, seine Welt gleicht einem wunderlichen Tiergarten: Treten Sie ein, schauen Sie sich um! Sie werden staunen, wenn Sie sich plötzlich selbst gegenüberstehen. Band 2 der 'konzentrierten Werkausgabe' enthält eine Auswahl von Erzählungen und kürzeren Prosastücken. Viele davon zählen zu Herzmanovskys beliebtesten Werken und sind längst klassisch: 'Der Kommandant von Kalymnos', 'Apoll von Nichts', 'Onkel Tonis verpatzter Heiliger Abend', 'Die Wurstmaschine' und viele andere mehr. Hier haben Sie die Welt von von Herzmanovsky-Orlando im Kleinen, ein Käfig voller Narren: Freuen Sie sich auf Pater Kniakal, Cavaliere Huscher und Chinesius von Schluck!

Fritz von Herzmanovsky-Orlando geboren 1877 in Wien; war nach dem Studium einige Zeit als Architekt tätig, bevor er sich ganz dem zeichnerischen und literarischen Schaffen zuwandte. Übersiedelte 1916 nach Meran, wo er bis zu seinem Tod im Mai 1954 seinen ständigen Wohnsitz hatte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783701743650
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum02.09.2013
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1361 Kbytes
Artikel-Nr.2886723
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Apoll von Nichts

Der bevollmächtigte Minister Franz Georg Karl Fürst von Metternich, des noch berühmteren Staatskanzlers Vater, hatte mit dem Erzeuger Apolls dieselbe Amme gemein. So konnte es nicht fehlen, dass später auch der Milchbruder zu hohen Ehren und Würden gedieh und im Sonnenglanze der barocken Exzellenz Ordensstern auf Ordensstern ansetzte, einen bunter und farbensprühender als den andren.

Natürlich wurde auch er mit schönen Titeln bedacht und in wohldotierte Ämter eingewickelt wie in ein Federbett, mollig gefüllt mit den Daunen des Reichsadlers, der dräuend seine Häupter nach Aufgang und Untergang wendet, ein Schreck seiner Feinde. Doch wem es wohl wollte, auf den blickte dieses goldene Vieh gar gnädig herab; so auch auf den pflichttreuen jungen Beamten, dessen Leistungen seinem angesehenen Namen alle Ehre machten und der bei Hoch und Nieder im gleichen Maße beliebt war. Auf dem Pfade der Liebe blühte dem Sonntagskinde nicht minder das Glück.

Ein nicht mehr ganz junges Edelfräulein war es, der der Ordenstrahlende in die trüben Äuglein stach; und wenn auch diese Äuglein trüb waren, so war doch ihr Name voll Glanz. Mariä Heimsuchung schrieb sie sich, Mariä Heimsuchung von Windhuth zu Scheuenpauch. Die sehr energischen alten Windhüthe setzten bei hoher Stelle die Verlobung mit dem noch etwas zögernden Freier durch, und fünfzehn adelige Zeugen besiegelten in steifer Würde den Heiratskontrakt.

Allerdings, das Lächeln Aphroditens umschwebte das Bräutlein nicht; dafür erschien sie am Polterabend von sieben feuchtnasigen Nichtlein neckisch an Perlenketten geführt, deren Glieder Stück für Stück groß waren wie böhmische Erbsen. Da schmunzelte der selige Nichts und zeugte bald darauf Apoll, unseren Helden.

Im prunkvollen Halbdunkel eines Wiener Palastes wuchs das Knäblein heran.

Goldstaubendes Sonnenlicht huschte über chinesisches Porzellan und ließ da den feisten Bauch einer Pagode aufleuchten, zeigte dort auf den Gobelins das bärtige Haupt eines Türken, einen mit Amoretten spielenden Panther oder das bunte Fleisch üppiger Nymphen.

Zwischen ragenden Schornsteinen, die wie kleine Ritterburgen auf den steilen Dächern thronten, sah das Kind das Wundergestein des Stephansturmes einmal durchsichtig wie blauen, fernen Rauch, das andermal rosenrot oder pfirsichfarben, dass dem kleinen Mann der Mund nach dem vermeintlichen Zuckerwerk nur so wässerte. Waren doch die Kinder aus guten Häusern damals fast noch dümmer als sie heute sind und überaus genäschig. So hockte Apollchen auch am liebsten in der schwarzgewölbten Küche, wo die Köchin Bibiana aus goldroten Kupferformen Torten zauberte, üppig wie kleine Grabkapellen, wo es schmorte, rumorte und gar herrlich roch. Ein alter blinder Jagdhund drehte den Bratspieß am Herde jahraus, jahrein; dieser traurige Betrieb stellte sein Gnadenbrot vor. Vom vielen Schleckerwerk ward dem kleinen Hosentrompeter manch Zähnlein schlecht. Dann musste man den grässlichen Gang zum Herrn Hofzahnarzt tun, der im zweiten Stockwerk des vornehmen Hauses wohnte und der sich Gelindus Knacker von Nussheimb schrieb.

Was für schauerliche Stunden im Wartezimmer! Ein lebensgroßer Heiland hing dort und daneben, gleichfalls altersgeschwärzt, ein Ölbild, wo zum Gaudium turbangeschmückter Heidenkönige der heiligen Lucia die Zähne von affenartigen Henkersknechten ausgebrochen wurden. Wenn dann die Türe aufging und der geistliche Assistent erschien - ein schwarzbestoppelter Jesuit - welch ein Schreck! Der führte den Knaben mit vorgehaltenem Kruzifix zum Marterstuhl, wo der kleine Patient mit Gurten umständlich festgeschnallt wurde - welch ein Graus! Der kurzsichtige alte Herr tropfte ihm regelmäßig zuerst mit dem Wachsstock in den Hals, als Vorspiel zu all den Schrecken barocker Zahnheilkunde.

Sonst floss seine Kindheit ruhig dahin. Auch ein Schwesterchen ward ihm später dazubeschert, damit Apollchen eine Gespielin habe. Man nannte sie Radegunde.

Ward da das Leben schön! Wenn nur die irren, verzweifelten Schreie nicht gewesen wären und das gedämpfte wilde Trampeln von Nussheimbs herüber ... Dann klammerten sich die Kinder eng aneinander und schauten zum Fenster hinaus auf die Straße, wo Tag für Tag verschwollene Hoheiten vorfuhren, die man kaum zum Verlassen der Equipagen bringen konnte.

Viele Jahre später, als die alten Nichtse in der bequemen Familiengruft ruhten und mit etwas süffisantem Ausdruck - sie waren balsamiert - dem Jüngsten Gerichte entgegenschlummerten, konnte man noch immer die Geschwister in derselben Wohnung beobachten, freilich bei gründlich veränderter Einrichtung.

Es, war ja durch das emsige Wirken unserer großen Geister der Klassizismus sogar bis Wien gedrungen! Man ersetzte im Zusammenhang damit alles, was man früher aus Silber oder Bronze zu formen pflegte, durch Gips und den neuentdeckten Zinkguss; die Gobelins und die vergoldeten Möbel verschenkte man an arme Leute und sorgte für strenges, möglichst unbeholfenes Mobiliar in öden Zimmern. Die Schalmei des Rokoko wich der nussbaumenen Leier, der bebänderte Hirtenstab dem Spucknapf, und lange Schafsnasen ohne Hinterkopf verkörperten für damals das Schönheitsideal der Antike.

Wie freute sich Apoll gerade jetzt seines stilvollen Namens und segnete die Eltern, die unter schweren Kämpfen ihm dieses Gut erworben. Hatte sich doch die Geistlichkeit gegen die unerhörte Zumutung eines so götzendienerischen Namens aus Leibeskräften gewehrt, im nie ermüdenden Kampf gegen das immer wieder aufflackernde Heidentum, das wenige Dezennien später den dämonischen Hintergrund zum - scheinbar! - so harmlosen Biedermeiertum abgeben sollte.

Der Taufakt erfolgte auch erst, als man den alle Romantik auslöschenden Namen "Alois" mit in den Kauf nahm. Dieser Name, den wohl das verliebteste Mädchen kaum jemals in den Blumenduft einer Mondnacht haucht oder auf dem Butterbrot isst, wirkte auch in unserem Fall ähnlich wie ein leichter Zusatz von Abschöpffett zu Ambrosia und paralysierte alle Gefahren eines plötzlich ausbrechenden Olympiertums.

Apoll hieß aber nicht nur Apoll, sondern er sah später, als er die Mitesserepoche glücklich überwunden hatte, ganz fabelhaft aus, so gipsern, dass um den Lebendabguss seiner Büste sich jede Glyptothek gerauft haben würde. Besonders stark wirkte sein leeres Auge. Nicht minder wäre er auch die begehrte Zierde jedes bürgerlichen Wohnzimmerofens gewesen, was wir zur Steuer der Wahrheit beifügen müssen. Als Mensch war er feierlich und gemessen, von strengem Lebenswandel und überaus verschlossen. Zuckerwerk naschte der nunmehr ganz erwachsene Apoll wohl nicht mehr; dafür aber trank er Karlsbader Wasser aus steinernen Plutzern. Tag für Tag. Da dran war seine Küche schuld, sicher die schlechteste im damaligen Wien.

Der Urheber dieses Verhängnisses war, um es geradeheraus zu sagen, ein Bruder Metternichs, Prinz Wenzel Hasdrubal, der seinerzeit als Botschafter an den Hof zu Peking geschickt wurde, mit dem strengen Auftrag, den Kaiser Kiakhing zu bekehren und das dortige Polizeiwesen im Sinne Österreichs zu organisieren, was beides misslang. Der hohe Herr wurde aus Langeweile zum leidenschaftlichen Amateurkoch und verfasste ein artiges Büchlein: "Der erbländisch Unterennsische Hof-Koch in Sina", das er mit nach der Heimat brachte. Auf dem Totenbette - er hatte sich den Petschiliwurm eingewirtschaftet - legte er dieses sein Lebenswerk der späteren Erbtante Apolls ans Herz. Sie, eine überspannte alte Jungfer, die den prunkvollen Prinzen Wenzel abgöttisch liebte, kochte nur noch danach, jubilierte aber bald - ein Opfer unbehebbarer Verdauungsstörungen - als buntbeflügeltes Engelein an den Stufen des Thrones Gottes.

Ihr sehr bedeutendes Erbe war durch eine geschickte Testamentsklausel mit einem bitteren Stachel versehen: dass Neffe und Nichte sich verpflichten mussten, ihr Leben lang ausschließlich nach den Rezepten des Kochbuches zu essen.

Murrend, aber gefasst nahmen die Erben die Verpflichtung auf sich, weil ohnedies damals kein Testament als juridisch einwandfrei galt, das nicht irgendwelche peinliche, am liebsten aber unerfüllbare Bestimmungen enthielt.

Man aß nicht nur schlecht; auch Personalmangel machte sich bald fühlbar, denn die weichherzigen Dienstboten von damals konnten die "arme Herrschaft" einfach nicht so leiden sehen und kündigten, einer nach dem anderen.

Was Wunder, wenn die Geschwister reizbar und nach und nach etwas sonderbar wurden?

Ja, Geld allein macht nicht glücklich, das sieht man in unserem Falle besonders deutlich, wenn auch nicht geleugnet werden soll, dass es manche Miseren aus dem Weg räumen hilft. Und so eine Misere kam eines Tages ganz unvermutet.

An einem wundervollen Maienmittag war es.

Radegunde rief Apoll zum Essen. Er klappte den "Wohlinstruierten Salonlöwen" zu, ein...
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Autor

Fritz von Herzmanovsky-Orlando geboren 1877 in Wien; war nach dem Studium einige Zeit als Architekt tätig, bevor er sich ganz dem zeichnerischen und literarischen Schaffen zuwandte. Übersiedelte 1916 nach Meran, wo er bis zu seinem Tod im Mai 1954 seinen ständigen Wohnsitz hatte.