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Schwester Melisse

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Brunnen Verlag Gießenerschienen am04.03.20141. Auflage
Als unter Napoleon alle Klöster säkularisiert werden, verlässt sie den Orden. In der Schlacht von Waterloo pflegt sie unter größtem Einsatz Verwundete. 1825 kommt sie nach Köln und nutzt ihre guten Kenntnisse aus der Klosterapotheke und Pflanzenheilkunde, um ihr 'Melissenwasser' als Arznei herzustellen. Je erfolgreicher ihre Firma ist, umso lauter stellt sich ihr die Frage: Darf sie als Frau, die einmal das Gelübde der Armut abgelegt hat, ein profitables Geschäft betreiben? Wie sieht Gottes Weg für ihr Leben aus? Die Firmengründerin von Klosterfrau Melissengeist war eine ungewöhnliche Frau. Tanja Schurkus erzählt die packende Geschichte der Ordensfrau Maria Clementine Martin.

Tanja Schurkus ist ausgebildete Buchhändlerin und studierte Literaturwissenschaftlerin. Sie lebt und arbeitet in Köln. Im Brunnen Verlag erschien bereits ihre Romanbiografie über Matthias Claudius.
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Produkt

KlappentextAls unter Napoleon alle Klöster säkularisiert werden, verlässt sie den Orden. In der Schlacht von Waterloo pflegt sie unter größtem Einsatz Verwundete. 1825 kommt sie nach Köln und nutzt ihre guten Kenntnisse aus der Klosterapotheke und Pflanzenheilkunde, um ihr 'Melissenwasser' als Arznei herzustellen. Je erfolgreicher ihre Firma ist, umso lauter stellt sich ihr die Frage: Darf sie als Frau, die einmal das Gelübde der Armut abgelegt hat, ein profitables Geschäft betreiben? Wie sieht Gottes Weg für ihr Leben aus? Die Firmengründerin von Klosterfrau Melissengeist war eine ungewöhnliche Frau. Tanja Schurkus erzählt die packende Geschichte der Ordensfrau Maria Clementine Martin.

Tanja Schurkus ist ausgebildete Buchhändlerin und studierte Literaturwissenschaftlerin. Sie lebt und arbeitet in Köln. Im Brunnen Verlag erschien bereits ihre Romanbiografie über Matthias Claudius.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783765571664
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum04.03.2014
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1362 Kbytes
Artikel-Nr.2975621
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
ZWISCHEN KREUZ UND ADLER
1

Die drei Jungen drängten sich dicht aneinander, jeder fasste den anderen am Ärmel, an der Weste. Sie bestärkten sich so darin, dass sie das Bevorstehende nur gemeinsam tun würden. Die Angst teilten sie ebenso wie den Mut.

Sie nutzten den Schutz der Hausecke an der Olivengasse, ihre Blicke auf das Kasernentor gerichtet. Die Kompanie, die auf dem Neumarkt exerziert hatte, trampelte mit genagelten Stiefeln über das Pflaster, übertönt vom Spiel der Regimentsmusiker. Die Soldaten erhielten den Befehl zu einem Schwenk und passierten das Tor.

"Jetzt!", feuerte einer der Jungen seine Freunde an.

"Nein, noch nicht!" Der Älteste hielt die beiden anderen mit einer Geste zurück.

Schaulustige waren am Kasernentor stehen geblieben, manche wippten im Takt der Marschmusik. Zwei Hunde bellten. Nun hatten alle Soldaten dem Platz den Rücken zugedreht.

"Los!" Die drei stürmten hinter der Hausecke hervor und riefen lauthals im Chor, der selbst die Musik übertönte: "Rote Kragen, nix im Magen! Goldne Tressen, nix zu fressen! Stinkpreußen!"

Und dann warfen sie die Pferdeäpfel, die sie gesammelt hatten. Markus schleuderte den ersten ziellos. Er wollte sich beweisen, dass er es wagte; doch dann sah er, dass Gustav sich einen Moment Zeit ließ, Maß nahm. Der Pferdeapfel, den er warf, traf einen der Marschierenden am Stiefel.

Noch einmal riefen sie: "Rote Kragen, nix im Magen! Goldne Tressen, nix zu fressen! Stinkpreußen!" Einige Kinder, die der Musik gefolgt waren, fielen in den Spottvers ein, sprangen übermütig hinter den Soldaten herum.

"Ihr Janhagels!", mahnte einer der Zuschauer, aber es klang gutmütig. Die Kinder sprachen aus, was die Erwachsenen nicht zu sagen wagten.

Gustav hatte sein zweites Geschoss geworfen und das Scheppern eines Metallteils vermeldete seinen Erfolg. Markus wollte ihn noch übertreffen. Also begnügte er sich nicht damit, aus der Entfernung auf gut Glück zu werfen, sondern näherte sich dem Kasernentor. Die Hand, in der er den getrockneten Pferdeapfel hielt, war vor Aufregung eiskalt. Er hatte den Unteroffizier ins Auge gefasst, der den Vorbeimarsch seiner Soldaten begutachtete. Wie nah musste er ihm kommen, um die Hand zu treffen, die am Seitschwert lag?

"Markus, komm!", riefen die anderen, die ihre Munition schon verschossen hatten.

Seine Holzschuhe schienen plötzlich unförmig geworden zu sein, bei jedem Schritt stießen sie gegeneinander. Es fiel ihm schwer, sie zu heben, aber er war entschlossen. Der Unteroffizier wandte sich plötzlich in seine Richtung. Markus nutzte diesen letzten Moment und warf. Er traf nicht die Hand - der Pferdeapfel zerplatzte an der Schulter, am Schulterstück, zersprang in viele braune Teile, die Hals und Gesicht trafen.

"Habt ihr's gesehen? Dem Preußen mitten ins Gesicht!" Markus war stolz auf seinen Erfolg. Aber von seinen Kameraden kam keine Antwort, sie hatten das Weite gesucht. Der Unteroffizier klopfte sich unwillig über den Ärmel und warf einen drohenden Blick auf ihn. Markus fuhr herum, wollte weglaufen, prallte aber gegen einen menschlichen Berg.

Durch die Sonne in seinem Rücken wurde der Offizier übergroß. Er fasste ihn roh am Arm. "Na, warte, Bürschchen! Dir fütter ich heut noch Pferdeäppel!"

Markus versuchte sich loszureißen, aber er war gepackt wie eine Holzpuppe. Er schrie. Der Offizier schüttelte ihn. Markus schrie lauter. Leute murrten. Dass den Preußen das Recht zu prügeln gegeben war, sorgte in den Gassen Kölns immer wieder für Schreckgeschichten. "Lass den Kleinen doch", sagte einer und wurde zurechtgewiesen.

"Packt euch!", befahl der Offizier. "Und du kommst mit!"

"Hier find ich dich also, du nutzloser Bengel!" Markus wurde plötzlich am anderen Arm gefasst und dem Offizier entrissen. "Solltest du nicht am Rhein beim Netzeflicken sein?"

Markus erkannte die Frau sofort, die ihn gepackt hatte. Er wusste, sie war seine Rettung. Er wagte ein Grinsen, wurde aber gleich wieder geschüttelt und von Maria am Ohr gezogen.

"Au, au!"

Der Offizier ließ einen zufriedenen Laut hören. "Ist das Ihr Bengel?"

"Nein, aber ich weiß, wo er hingehört. - Bürschchen, wenn ich deinem Vater erzähle, was für Flausen du im Kopf hast, dann setzt es was!"

"Recht so!", kommentierte der Offizier.

Markus ließ sich mitziehen, wusste er doch, dass ihn keine der angedrohten Strafen erwartete. Erst als sie in der Cäcilienstraße den Blicken des Offiziers entzogen waren, lockerte Maria ihren Griff.

"Was sollte der Unfug?", fragte sie streng. Markus jedoch fand, dass die Sache nicht besser hätte laufen können. Davon würden sich die Jungs in den Gassen noch lange erzählen. Besser noch: Sie würden ihn von seiner Heldentat erzählen lassen.

"Gab heut keine Netze zu flicken."

An drei Tagen in der Woche musste er zur Schule, das war bei den Preußen Pflicht. An den anderen Tagen ging er morgens zum Rhein und verdiente ein paar Pfennige damit, Netze auszubessern, Fische auszunehmen und in Körbe zu sortieren. An besseren Tagen konnte er den Holländern auf ihren Schiffen helfen. Die Bootsleute hatten immer etwas zu erzählen, manche waren sogar zur See gefahren. Markus wollte diese Länder sehen, in denen die Menschen Felle und Federn trugen; er wollte in einem Land leben, in dem nicht an jeder Hausecke ein Uniformierter stand.

"Dir kann man wohl nicht damit drohen, dass ich's deinem Vater sage. Wahrscheinlich hat der dich dazu angestiftet!"

Maria kam nicht oft in das Haus seiner Eltern und war doch immer auf irgendeine Weise anwesend. Ihr Rat galt etwas im Haus eines jeden guten Katholiken. Manchmal allerdings wurde über sie im gesenkten Tonfall gesprochen. Es ging dann um Dinge, die eine Nonne nicht tun sollte, oder darum, ob sie überhaupt noch eine Nonne war. Sie hatte zwar ihre Haare verschleiert, trug aber keine Ordenstracht. Einen Mann hatte sie auch nicht, das wusste Markus, stattdessen stellte sie Kölnisch Wasser her und Wundertränke. Sein Freund Gustav hatte einmal mit eigenen Augen gesehen, wie sie eine Kröte aus dem Bauch einer Frau herausholte. Die Kröte war dann nach St. Severin gesprungen und zu Wachs geworden. Für Markus war sie eine der abenteuerlichsten Personen in Köln. Er war sich daher sicher, dass sie für das Husarenstück Verständnis haben würde.

"Angestiftet hat mich der Vater nicht", sagte er, "aber er sagt ja, dass man es den Preußen ungemütlich machen muss …"

Maria fasste ihn noch einmal beim Ärmel und beugte sich zu ihm, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. Markus wusste, dass Frauen mit diesen Fähigkeiten auch den bösen Blick hatten, aber Schwester Maria hatte einmal die ewigen Gelübde abgelegt. Flüche verhängte sie bestimmt nicht.

"Es könnte vor allem für deinen Vater ungemütlich werden", sagte sie. "Hätten die Preußen dich dabehalten, hätte er dich auslösen müssen! Du weißt ja, was das bedeutet!"

Markus nickte. Dafür gab es ein Wort: Spießrutenlaufen. Jeder, der mit der preußischen Armee zu tun gehabt hatte, erzählte davon. Deswegen wollte Markus auch fort aus dem, was sich preußische Rheinprovinz nannte, bevor er alt genug war, um verpflichtet zu werden.

Maria richtete sich wieder auf. "Dein Vater und die Preußen werden das also ungeahndet lassen. Aber beim Herrgott musst du dafür in der Beichte einstehen!"

"Aber welche Sünde habe ich denn gemacht?", fragte Markus mit ehrlicher Verwunderung und wartete einige Schritte lang ehrfürchtig auf die Antwort, die Maria von höchster Stelle einzuholen schien.

"Du hast gegen eins der Zehn Gebote verstoßen. Weißt du, gegen welches?"

Zumindest hatte sie nicht wie der Pfarrer den Rohrstock in der Hand, als sie das fragte.

"Du sollst Vater und Mutter ehren?"

"Jawohl … damit du lange leben wirst in dem Lande, das Gott, der Herr, dir gab. Und Gott, dem Herrn, hat es nun einmal gefallen, dieses Land an den preußischen König zu geben." Markus hörte aus diesen Worten heraus, dass es ihr Gefallen nicht war; wie sollte eine fromme Nonne auch Gefallen an einem nichtkatholischen Herrscher finden? Sie sprach also etwa so wie der Pfarrer in der Schule, der ein wenig eilig leierte, wenn es darum ging, den König von Preußen als Beschützer aller Gottesfürchtigen darzustellen.

"Ein König ist der Vater seiner Untertanen....
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Autor

Tanja Schurkus ist ausgebildete Buchhändlerin und studierte Literaturwissenschaftlerin. Sie lebt und arbeitet in Köln. Im Brunnen Verlag erschien bereits ihre Romanbiografie über Matthias Claudius.
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Schurkus, Tanja

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