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Sommergarben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Silberburg-Verlagerschienen am30.12.20151. Auflage
Im Jahr 1637 beschließt der junge Allgäuer Melchior Riedmüller, die Schrecken der Pest und des Dreißigjährigen Krieges hinter sich zu lassen und sein Glück in der Schweiz zu suchen. Im aufstrebenden Rorschach gründet er mit der Schweizerin Johanna Stübi eine Familie. Doch als der Krieg sich dem Ende zuneigt, entschließt sich Melchior, mit seiner Familie ins Allgäu zurückzukehren. Ihr Weg durch das entvölkerte und verwüstete Land führt sie auf den verlassenen Unterburkhartshof nahe der Reichsstadt Leutkirch. Schon bald müssen sie feststellen, dass der Hof ein düsteres Geheimnis birgt. Doch Melchior und seine Nachkommen führen mit Zähigkeit und Fleiß das Anwesen zu neuer Blüte - bis sich 1841 für Mathias Riedmüller und seine Familie das Blatt erneut auf dramatische Weise wendet. Eine bewegende Familiensaga aus dem Allgäu, die sich über zwei Jahrhunderte spannt und auf historischen Begebenheiten beruht.

Ines Ebert, geboren 1949 in Heubach im Ostalbkreis, ist Diplom-Museologin (FH) im Ruhestand und arbeitete freiberufl ich für Städte und Gemeinden in den Bereichen Museum und Archiv. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Katze Lilli in Wangen im Allgäu.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextIm Jahr 1637 beschließt der junge Allgäuer Melchior Riedmüller, die Schrecken der Pest und des Dreißigjährigen Krieges hinter sich zu lassen und sein Glück in der Schweiz zu suchen. Im aufstrebenden Rorschach gründet er mit der Schweizerin Johanna Stübi eine Familie. Doch als der Krieg sich dem Ende zuneigt, entschließt sich Melchior, mit seiner Familie ins Allgäu zurückzukehren. Ihr Weg durch das entvölkerte und verwüstete Land führt sie auf den verlassenen Unterburkhartshof nahe der Reichsstadt Leutkirch. Schon bald müssen sie feststellen, dass der Hof ein düsteres Geheimnis birgt. Doch Melchior und seine Nachkommen führen mit Zähigkeit und Fleiß das Anwesen zu neuer Blüte - bis sich 1841 für Mathias Riedmüller und seine Familie das Blatt erneut auf dramatische Weise wendet. Eine bewegende Familiensaga aus dem Allgäu, die sich über zwei Jahrhunderte spannt und auf historischen Begebenheiten beruht.

Ines Ebert, geboren 1949 in Heubach im Ostalbkreis, ist Diplom-Museologin (FH) im Ruhestand und arbeitete freiberufl ich für Städte und Gemeinden in den Bereichen Museum und Archiv. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Katze Lilli in Wangen im Allgäu.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783842517066
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum30.12.2015
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2108 Kbytes
Artikel-Nr.3002586
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Martin, 1637

Wie konnte der Himmel nur einen so grandiosen Anblick bieten, nach allem, was geschehen war? Einer riesigen Schafherde gleich, verteilten sich auf einem strahlenden Hellblau unzählige weiße Wölkchen, so weit das Auge reichte. Noch nie habe ich so einen Himmel gesehen, dachte Martin Riedmüller, der mit dem Rücken an den Stamm der großen Linde im Hofraum gelehnt saß und seinen Gedanken nachhing. Einzelne Sonnenstrahlen zeichneten eigenwillige Muster von Licht und Schatten auf das langgestreckte Bauernhaus. Es war ein warmer Junitag.

Nüchtern - gerade so, als ob es sich um eine Bestandsaufnahme handle - umfasste Martins Blick das langgestreckte Haus. Das massiv aus Stein gebaute untere Stockwerk. Das darüberliegende Geschoss, mit seiner vom Wetter hellgrau verfärbten Bretterverkleidung, die das darunterliegende Fachwerk verbarg. Das in der Gegend übliche, flach geneigte und mit Landern gedeckte Dach, das das Wohnhaus mitsamt der angebauten Scheuer und dem Stall überspannte. Die quer darauf liegenden Holzstangen und die großen Steine aus dem nahen Rotbach, die, zum Schutz gegen den Wind, die hölzernen Dachschindeln in Abständen beschwerten. Den Brunnen vor dem Haus, auf der Höhe des Stalles, dessen Wasser aus einem hölzernen Rohr in den gemauerten Trog plätscherte. Den Überlauf, der das Wasser weiter in einen kleinen Wiesengraben leitete, von wo es in den nahen Bach abfloss. Martins Blick blieb kurz an dem ein gutes Stück entfernt stehenden, fast quadratischen Speicher mit der angebauten Wagenremise hängen, als er tief aufseufzte. Mit leerem Herzen betrachtete er das Anwesen, das er seit 14 Jahren bewirtschaftete.

Im Jahre 1580 hatte ein Blitzschlag den vorderösterreichischen Falllehenhof in Schutt und Asche gelegt. Martin Riedmüllers Vater und Großvater hatten ihn nach dem Unglück eigenhändig wieder aufgebaut. Sämtliche Baumaterialien wie Holz, Steine, Kalk und Sand stellte ihnen damals die Lehensherrschaft, in deren Interesse es lag, bald wieder Zins für das Anwesen einzunehmen. Das neue Haus war größer und ansehnlicher als das alte, und sie mussten eine Zeit lang, quasi als Belohnung für die Neuerstellung, nur die Hälfte der Abgaben zahlen.

Martin hatte die rund um den Hof liegenden Äcker und Wiesen so erfolgreich bewirtschaftet, dass die Familie immer ausreichend versorgt war und er pünktlich zum Zinstag die Abgaben erbringen konnte. Darüber hinaus gelang es ihm sogar, in manchem Jahr noch den einen oder anderen Gulden zurückzulegen.

Aber was für Zeiten waren dann gekommen! Vom großen Krieg, der seit 1618 vorgeblich im Namen Gottes geführt wurde, hatte man hier im Umland der Freien Reichsstadt Leutkirch zunächst kaum etwas bemerkt. Nur, als nicht weit entfernt kaiserliche Truppen durchzogen und Soldaten anwarben, verschwand über Nacht und ohne Vorankündigung der Knecht Bene. Ihn lockte wohl der Sold und das Abenteuer des Krieges mehr als die tägliche schwere Landarbeit.

Im Frühjahr 1632 änderte sich alles. Leutkirch geriet zwischen die Fronten der Schweden und der Kaiserlichen. Ein Jahr später, bei ihrem Rückzug an die Donau, plünderten die Schweden die Stadt auf das Unmenschlichste aus. Wer sich wehrte, wurde kurzerhand erschossen. Von Mord und Brandschatzungen auch außerhalb der Stadtmauern war zu hören. Hilflos fragte sich Martin damals, wie er sich und seine Familie vor den herumziehenden und plündernden Soldaten schützen konnte, falls sie den abgelegenen Hof doch irgendwann einmal entdecken sollten.

Im Februar 1633 dann erspähte er gerade noch rechtzeitig die aus Richtung Diepoldshofen am Horizont auftauchenden fünf Reiter. Obwohl die Gruppe noch weit entfernt war, konnte er erkennen, dass sie drei Packpferde mit sich führten. In Windeseile alarmierte er seinen Vater, seine Frau und die Kinder.

»Ich glaube, die Schweden kommen!«, rief er seinem Vater aufgeregt zu.

Noch heute sah er die vor Schreck geweiteten Augen seiner Frau Marianna vor sich. Zusammen trieben sie das Hornvieh und die beiden Rösser in den Wald und versteckten sich ebenfalls dort, in der Hoffnung, dass die Landsknechte den unvermeidlichen Spuren im Schnee nicht folgen würden. Die Sau und das Hühnervolk mussten sie in der Eile zurücklassen. Sie suchten, so gut es ging, Deckung hinter Bäumen und schneebedecktem Buschwerk.

Martin hatte nicht vergessen, wie ihm damals das Herz bis zum Halse schlug. Würden die Tiere und vor allem die beiden kleinsten Kinder sich still verhalten? Marianna hatte den erst fünf Monate alten Säugling mit den Enden ihres wollenen Schultertuches bedeckt und wiegte ihn beruhigend. Die dreizehnjährige Agnes hielt ihren zweijährigen Bruder Franz an sich gedrückt, die größeren Buben Joseph und Anton und ihre Schwester Elisabeth drängten sich dicht aneinander. Jedem war der Schrecken und die Angst ins Gesicht geschrieben. Martins alter Vater versteckte sich, mit einem besorgten Blick auf das Vieh, das sich bisher friedlich verhielt, hinter einem dicken Fichtenstamm.

Was dann geschah, konnten sie nur hören. Bruchstückhaft wehten Wortfetzen durch den Wald zu ihnen herüber: »... aus dem Staub gemacht ...« - »... oder verreckt ...« Eine Stimme im Befehlston war deutlich zu vernehmen: »Lasst uns nachsehen, was zu holen ist.«

Dann hörten sie geraume Zeit gar nichts. Die Kälte kroch ihnen unerbittlich in die Glieder. Martin legte gerade seinen Zeigefinger auf den Mund, um den Kindern zu bedeuten, sich ruhig zu verhalten, als ein schrilles »Iih, iih« der Sau zu ihnen herüberhallte. Dann folgte das aufgeregte Gegacker der Hühner.

Die Befehlsstimme erklang: »Steckt sie in einen Sack!«

Geschäftiges Hin und Her war zu hören, Türen schlugen. Dann endlich zeigte lautes Hufgetrappel und das Wiehern der Pferde an, dass sich die Plünderer in Richtung des Weilers Stegroth entfernten. Martin wagte es, auf der Stelle zu treten und die Arme um sich zu schlagen, um seine durchgefrorenen Glieder zu erwärmen. Die Kinder, seine Frau und sein Vater bewegten sich nun ebenfalls. Bevor Martin sich vorsichtig auf den Rückweg machte, bedeutete er den anderen, vorerst an Ort und Stelle zu bleiben. Er näherte sich in einem kleinen Bogen aus östlicher Richtung dem Hof. Hier war offenes Feld und er konnte in der Ferne noch das Reitergrüppchen erkennen, das auf den ein gutes Stück entfernten Nachbarhof zuhielt.

»Großer Gott«, stieß Martin hervor, als er an seine Nachbarn dachte - da nahm er den Brandgeruch wahr. Er stürzte zum Haus und gelangte fast gleichzeitig mit seinem Vater dort an. Aus der Scheuer drang Rauch.

»Die elenden Brandschatzer haben Feuer gelegt«, rief Martin.

Kleine Flammen fraßen sich durch am Boden liegende Heu- und Strohreste und züngelten ihnen entgegen. Martin ergriff einen Reisigbesen und schlug auf die Flammen ein. Sein Vater riss eine der Pferdedecken, die sie in der Scheuer aufbewahrten, vom Haken, warf sie auf den Brandherd und trampelte darauf herum. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, das Feuer zu ersticken. Sie hatten Glück, denn der Boden der Scheuer war nass vom Schnee, den die Plünderer an ihren Schuhen hereingetragen hatten. Das Heu hatte sich daher nur zögernd entzündet.

Später versammelten sie sich alle in der warmen Küche, erleichtert, dass sie mit dem Leben davongekommen waren. Eine Blutlache im Stall zeugte davon, dass die Sau noch an Ort und Stelle abgestochen worden war. Alle zwölf Hennen und der Hahn fehlten, ebenso wie ein großer Teil des Hafers und des Dinkels. Aus der Speisekammer waren die wenigen Würste und ein halber Schinken ebenso verschwunden wie die restlichen zwei Brote, die vom Backtag noch übrig geblieben waren. Die Schnüre, an denen noch einige Säckchen mit Dörrobst aufgereiht waren, baumelten leer von der Decke herunter. Nur das halb volle Fass mit eingesalzenem Kraut für die winterliche Kohlsuppe stand noch einsam in der Ecke ...

1635 war der Schwarze Tod über das Land gekommen. Im Juli war im nahen Leutkirch die Pest ausgebrochen und streckte ihre todbringenden Arme in kürzester Zeit auch nach den Dörfern und Gehöften der Umgebung aus. Die Seuche raffte die Menschen so schnell dahin, dass die Totengräber die vielen entseelten Leiber gar nicht mehr einzeln begraben konnten. Die Pfarrer hielten sich ein mit Kräutersud getränktes Tüchlein vor Mund und Nase und beschränkten sich darauf, bei den Leichenbegräbnissen über den übel riechenden Gruben, in denen an manchen Tagen oft zwanzig Tote und mehr zusammen beerdigt wurden, das Segenszeichen zu spenden.

Die noch Lebenden suchten nach Schuldigen und Erklärungen: »Die Soldaten der Kriegsheere haben die Krankheit eingeschleppt«, mutmaßten die einen, »es ist eine Strafe Gottes«, die anderen. Die gelehrten Herren disputierten darüber, ob eine aus dem Inneren der Erde entwichene schlechte Luft den Pesthauch verursache...
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