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Ein perfekter Abgang

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Lauinger Verlag | Der Kleine Buch Verlagerschienen am16.10.20141. Auflage
Es ist Sonntagabend. Ganz Deutschland sitzt vor dem Fernseher und fiebert mit den 'Tatort'-Kommissaren. Ganz Deutschland? Nein! In der badischen Senioren-'Residenz am Rosengarten' proben fünf Alte den Aufstand. Punkt 20.15 Uhr versammeln sie sich, um einander mit weinseligen Mordsgeschichten einen höllischen Spaß zu bereiten. Stets begleitet von einem Schlückchen netten Rebensafts bringen sie abwechselnd teils haarsträubende Erzählungen zu Gehör, die anschließend ebenso kritisch beäugt werden wie die Befindlichkeit der Welt im Allgemeinen und des Alters im Besonderen. Ruth Gleissner-Bartholdi liefert mit 'Ein perfekter Abgang' eine sanfte Persiflage auf das Krimi-Genre, die an kriminalistischen Inhalten nichts zu wünschen übrig lässt. Mit liebenswürdigen, vollmundigen Charakteren und einer würzigen Note von Tod im Abgang.

Ruth Gleissner-Bartholdi (*1937) ist Journalistin und Autorin mehrerer Romane, darunter 'Die Katzenschule', 'Die Mitternachtswette', 'Der halbierte Baum' und 'Die Reise nach dem Morgen-Land'. Sie lebt in Badenweiler, im Herzen des Markgräflerlandes. Über ihre Bücher sagt sie: 'Ich schreibe für gestresste Menschen, die sich zur Entspannung eine leichte, aber nicht seichte Lektüre wünschen.'
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Produkt

KlappentextEs ist Sonntagabend. Ganz Deutschland sitzt vor dem Fernseher und fiebert mit den 'Tatort'-Kommissaren. Ganz Deutschland? Nein! In der badischen Senioren-'Residenz am Rosengarten' proben fünf Alte den Aufstand. Punkt 20.15 Uhr versammeln sie sich, um einander mit weinseligen Mordsgeschichten einen höllischen Spaß zu bereiten. Stets begleitet von einem Schlückchen netten Rebensafts bringen sie abwechselnd teils haarsträubende Erzählungen zu Gehör, die anschließend ebenso kritisch beäugt werden wie die Befindlichkeit der Welt im Allgemeinen und des Alters im Besonderen. Ruth Gleissner-Bartholdi liefert mit 'Ein perfekter Abgang' eine sanfte Persiflage auf das Krimi-Genre, die an kriminalistischen Inhalten nichts zu wünschen übrig lässt. Mit liebenswürdigen, vollmundigen Charakteren und einer würzigen Note von Tod im Abgang.

Ruth Gleissner-Bartholdi (*1937) ist Journalistin und Autorin mehrerer Romane, darunter 'Die Katzenschule', 'Die Mitternachtswette', 'Der halbierte Baum' und 'Die Reise nach dem Morgen-Land'. Sie lebt in Badenweiler, im Herzen des Markgräflerlandes. Über ihre Bücher sagt sie: 'Ich schreibe für gestresste Menschen, die sich zur Entspannung eine leichte, aber nicht seichte Lektüre wünschen.'
Details
Weitere ISBN/GTIN9783765021169
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum16.10.2014
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3531 Kbytes
Artikel-Nr.3135863
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog

Wo sich alsbald herausstellt, dass

fünf bejahrte Tatort -Boykotteure

mörderische Phantasien entwickeln,

wobei sie auch noch lachen

Ich pfeife auf den Tatort ! Es ist doch bescheuert, deshalb das Abendessen auf den Nachmittag vorzuverlegen!

So sprach, nein, rief Ellen Vingard aufgebracht in den Speisesaal, wo sich etliche Bewohner der Senioren- Residenz am Rebhang über ihre Teller beugten. Und da Ellen erstens mit ihrem Aufschrei abrupt die gediegene Ruhe unterbrach und zweitens statt pfeifen ein ausdrucksstärkeres Wort benutzte, das hier nicht wiedergegeben werden soll, war der Eklat perfekt.

Köpfe wurden fassungslos geschüttelt, Hälse in Richtung der Störenfriedin gereckt, Messer und Gabeln fallen gelassen. Einige Herrschaften biblischen Alters wähnten sich offenbar dem Weltuntergang nahe und verließen erhobenen Haupts und betont langsam mit schrägem Blick auf Ellen den Raum.

Nur einer hielt nicht an sich. Er lachte. Er lachte so laut und so erheitert, dass ein paar Herren, vor allem aber Damen (warum, wird später erklärt werden) ein Lächeln wagten, das hier und da an ein sattes Grinsen erinnerte: Willy Weimar, allseits bekannt für seinen Widerstand gegen Verordnungen, die er für Blödsinn hielt und auch ohne Hemmungen öffentlich als solchen bezeichnete, ergötzte sich offenkundig. Er lachte über den - wie er es nannte - neuesten Streich unserer hochverehrten Direktion. Die hatte nämlich vor zwei Wochen verfügt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner das sonntägliche Abendessen im Speisesaal eine Stunde früher als bisher, nämlich um 17:30 Uhr zu beginnen und spätestens bis 18:45 Uhr zu beenden hatten. Damit sollte dem Personal die Möglichkeit gegeben werden, pünktlich zum Fernseh- Tatort daheim oder in der hauseigenen Unterkunft zu sein.

Wer es also nicht vorzog, sich in der Kochnische seines Appartements selbst zu beköstigen, war somit gehalten, sich die übliche Nachtsuppe, gefolgt von einem garnierten Wurst- oder Käsebrot sowie 1 Stück Obst, zu frühester Stunde einzuverleiben und damit, rein praktisch gesehen, auf die Nachmittagstorte zu stapeln.

Die Mehrheit der Rebhänger, wie sie in der Stadt genannt wurden, schluckte diese Kröte schulterzuckend: Die Geräusche, die jeden Sonntagabend aus den Appartements auf die Gänge drangen, verrieten, dass auch sie sich mit Passion und vergnüglichem Grauen dem Mordsspektakel hingaben.

Nur eine sehr übersichtliche Schar Renitenter wagte den Protest, natürlich vergeblich. Auch der Versuch, durch beharrliches Verweilen die Schließung des Speisesaals zu verhindern oder wenigstens hinauszuzögern, fruchtete nicht. Auch nicht an diesem Abend.

Das Personal will heim, um fernzusehen - dass ich nicht lache , meinte Frau von Treskamp etwas spitz zu ihrer Tischnachbarin, die Marie Mahler hieß und Fernsehen prinzipiell als überflüssig ablehnte.

Blödsinnige Idee , sagte diese dann auch kopfschüttelnd.

Personal durfte in unserem Haushalt jedenfalls nicht fernsehen , schob Frau von Treskamp hinterher.

Vermutlich, weil es damals noch kein Fernsehen gab , rief Willy Weimar, der einzig verbliebene Herr der abendlichen Essensrunde, aus der Ecke am Fenster hinüber. Worüber die beiden anderen noch bei Tisch sitzenden Bewohnerinnen natürlich lachten. Denn erstens lachten sie ohnehin gern und zweitens über alles, was Willy Weimar ebenso häufig wie scharfsinnig von sich gab.

Außer der sonntäglichen Vorverlegung des Abendessens war noch etwas neu: Es durfte dazu grundsätzlich kein Wein mehr ausgeschenkt werden. Die Begründung der Direktion, vertreten durch die Hausdame Madame Belfour (sie war mit einem Elsässer verheiratet und ungemein stolz auf ihren französischen Namen), bestand aus zwei dürren Sätzen: Erstens sei es zu früh am Tage für Alkohol und zweitens verleite Weingenuss zum Verweilen im Speisesaal, wodurch das ohnehin geplagte Personal zusätzlich belastet werden würde. (Letzteres erklärte Madame Belfour nur auf drängende Nachfrage und unter vier Augen.) Publik wurde diese Regelung, die nicht am Schwarzen Brett oder durch Rundbrief an die Bewohnerschaft bekanntgegeben worden war, am ersten Tag ihrer Inkraftsetzung.

Frau von Treskamp war indigniert. Wenn ich ein Glas Wein wünsche, muss es mir serviert werden. Schließlich bezahle ich dafür, und vermutlich einen überhöhten Preis, und außerdem bin ich alt genug, um selbst zu entscheiden, was mir gut tut und was nicht. Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf, was ihr hochgestecktes weißes Haar als Aufforderung ansah, sich ein wenig Freiheit zu gönnen. Ein entschlossener Treskampscher Zugriff stellte die Ordnung wieder her.

Ich trinke nie Alkohol , meldete sich Marie Mahler, die als Naturfee von manchen im Haus belächelt wurde, aber selbst ich bin gegen dieses Verbot. Sie warf dabei einen heimlichen Blick auf Willy Weimar, der - was alle wussten - ein Freund guten Weins war und den sie keinesfalls mit einer Bemerkung im Sinne von Alkohol gehört sowieso verboten verprellen wollte.

Willy Weimar hielt Wein nicht für Alkohol, also jugend- und seniorengefährdend, sondern für eine Gabe Gottes und konnte aus dem Stegreif ein knappes Dutzend Bibelstellen zitieren, in denen der Rebensaft gepriesen wurde.

Hildegard Boesing, die auch zum Kreis der Renitenten zählte, trank gern Wein, wenn er ihr von jemandem spendiert wurde; ihr angeborener Geiz ließ es auch nicht zu, sich in den eigenen vier Wänden bescheidenen bacchantischen Freuden hinzugeben - es sei denn, sie hatte Gäste eingeladen, die ihn mitbrachten.

Ellen Vingard, eine weitere Protestlerin, war eine Frohnatur aus dem Rheinland, die nach eigenem (unter Alkoholeinfluss erfolgtem) Geständnis Wein bereits mit der Muttermilch aufgesogen hatte. Sie platzte jetzt mit Ihr seid doch bescheuert! heraus, womit sie die Direktion meinte und Madame Belfour als deren einzig greifbarer Vertreterin einen vernichtend gemeinten Blick zuwarf. Diese hatte sich, wohl zur allgemeinen Warnung, kurz in der Tür gezeigt. Sie zuckte die Achseln und verschwand. Punkt 18:45 Uhr - die überdimensionale, digitale Wanduhr zeigte es an - erschien Madame erneut und klatschte tatsächlich in die Hände.

Nein, Huschhusch ins Körbchen, Kinder rief sie nicht, aber mahnte unüberhörbar: Herrschaften, es ist Zeit. Der Saal wird geschlossen. Wer nicht fertig mit Essen ist, darf den Rest mit nach oben oder ausnahmsweise in den ,Salon am See nehmen.

Letzteres war eine kleine Sensation, denn in besagtem Salon war es offiziell untersagt, Speisen und Getränke zu konsumieren. Es gab auch weder Stühle noch geeignete Tische, sondern zierliche Sessel und Beistellhocker, auf denen Lampen standen. Allerdings hätten nicht nur jene Bewohner, die sich mit Krücken, Gehstock, Rollator oder Rollstuhl fortbewegten, gewisse Schwierigkeiten gehabt, die Reste ihres Essens in den Salon zu balancieren. Auch die letzten fünf Speisesaalvertriebenen, die dem Leser bereits bekannt sind, taten sich schwer damit. Als die ersten Garnierungen in Gestalt eines erschöpften Salatblatts mitsamt einem Tomaten- und Eiviertel, die beide schon bessere Zeiten gesehen hatten, zu Boden gingen, hatte Madame Belfour - kurz Mambell genannt - ein Einsehen und organisierte zum Transport zwei Teewagen aus der Küche, die anschließend als Tische missbraucht wurden.

Im Salon am See entlud sich der Ärger in bissigen Kommentaren.

Un-ge-heu-er-lich, dieses Diktat , schimpfte Frau von Treskamp und sah wütend in die Runde. So etwas hätte es früher nicht gegeben! Wobei offen blieb, was sie mit früher meinte und welchen dazugehörigen Ort sie dabei im Visier hatte.

Da gab es auch keine Residenzen für Senioren, sondern höchstens Altenverwahranstalten , warf Willy Weimar ein und grinste. Er war sich nicht bewusst, dass er angesichts der neuerlich gefährdeten Frisur der Dame von Treskamp automatisch in den eigenen, allerdings weitgehend imaginären Schopf griff: Ihm waren nur ein paar weiße Strähnen geblieben, die er nach Altherrensitte sorgsam quer über den Schädel drapierte. Böse Zungen behaupteten, er zähle seine Haare jeden Tag vor dem Spiegel, was natürlich stark übertrieben war.

Das mit dem Wein ist nicht so schlimm , meldete sich Ellen Vingard, die Mühe hatte, ihren schütteren, gelblich-weißen Kopfschmuck in eine Frisur zu zwingen. Schlimm finde ich, dass man uns zum frühen Essen verurteilt, bloß damit das Personal fernsehen kann.

Gibt es da sonntags überhaupt was? , erkundigte sich Marie Mahler, die, wie wir wissen, Fernsehen für überflüssig hielt.

Sonntag ist ,Tatort -Abend , erklärte ihr Hildegard Boesing kopfschüttelnd, dass weiß doch jeder!

Ich bin nicht jeder , schoss Marie zurück. Worauf ihr Hildegard Boesing ein Das gehört schließlich zur Allgemeinbildung an den Kopf warf.

Allgemeinbildung oder nicht, liebe Frau Boesing , mischte sich Ellen Vingard ein, die das oe von jeher gestört hatte, weil es nach ihrem Rechtschreibempfinden nach einem simplen ö verlangte, ja, mehr noch, geradezu schrie (sie war eine pensionierte Lehrerin für Deutsch und Leibesübungen). Aber die Boesing lehnte das mit einem indignierten Pfff ab.

Tatsache ist , fuhr Ellen Vingard fort, dass es im Fernsehen von Kriminalfilmen...


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Autor

Ruth Gleissner-Bartholdi (*1937) ist Journalistin und Autorin mehrerer Romane, darunter "Die Katzenschule", "Die Mitternachtswette", "Der halbierte Baum" und "Die Reise nach dem Morgen-Land". Sie lebt in Badenweiler, im Herzen des Markgräflerlandes. Über ihre Bücher sagt sie: "Ich schreibe für gestresste Menschen, die sich zur Entspannung eine leichte, aber nicht seichte Lektüre wünschen."
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