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Stark und leise

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
344 Seiten
Deutsch
Jung und Jung Verlagerschienen am03.03.2015
Ursula Krechel schreibt hier über zwanzig wegbereitende Frauen aus Kunst und Wissenschaft, deren Namen wir zwar kennen, die starken Lebensgeschichten dahinter aber zu wenig. Wer könnte uns diese besser erzählen als sie? In höchstem Maße eindrucksvoll ist es zu sehen, wie hier eine Dichterin über Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und eine Wissenschaftlerin schreibt: Ursula Krechel, das hat sie bewiesen, weiß zu erzählen, und sie erzählt mit unverhohlener Leidenschaft, was diesen Frauen widerfahren ist - und kluge Frauen haben, wenn sie sich nicht verstecken wollen, selten ein leichtes Leben.Diesen Gang gelebten Lebens bringt uns die erfahrene Lyrikerin Ursula Krechel in überraschenden und konzentrierten Formulierungen nahe, und so entstehen essayistische Arbeiten, in denen uns auch die uns scheinbar vertrauten Schriftstellerinnen so gegenüber treten, dass wir uns dem Dringlichen ihrer Existenz und ihres Werkes nicht entziehen können, aber auch nicht wollen.Alle diese Frauen standen in ihrem Willen, sich zu behaupten und zu erkunden, was sie in sich und der Welt entdeckten, an einem Anfang, der jene, die nach ihnen kamen, im Weitergehen bestärkte.

geboren 1947 in Trier, seit 1974 zahlreiche Veröffentlichungen, Theaterstücke, Gedichte, Hörspiele, Romane, Essays. Für ihre Romane »Shanghai fern von wo« (2008), »Landgericht« (2012) und »Geisterbahn« (2018) wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Joseph-Breitbach-Preis, dem Deutschen Buchpreis und dem Jean-Paul-Preis. Ursula Krechel lebt in Berlin.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextUrsula Krechel schreibt hier über zwanzig wegbereitende Frauen aus Kunst und Wissenschaft, deren Namen wir zwar kennen, die starken Lebensgeschichten dahinter aber zu wenig. Wer könnte uns diese besser erzählen als sie? In höchstem Maße eindrucksvoll ist es zu sehen, wie hier eine Dichterin über Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und eine Wissenschaftlerin schreibt: Ursula Krechel, das hat sie bewiesen, weiß zu erzählen, und sie erzählt mit unverhohlener Leidenschaft, was diesen Frauen widerfahren ist - und kluge Frauen haben, wenn sie sich nicht verstecken wollen, selten ein leichtes Leben.Diesen Gang gelebten Lebens bringt uns die erfahrene Lyrikerin Ursula Krechel in überraschenden und konzentrierten Formulierungen nahe, und so entstehen essayistische Arbeiten, in denen uns auch die uns scheinbar vertrauten Schriftstellerinnen so gegenüber treten, dass wir uns dem Dringlichen ihrer Existenz und ihres Werkes nicht entziehen können, aber auch nicht wollen.Alle diese Frauen standen in ihrem Willen, sich zu behaupten und zu erkunden, was sie in sich und der Welt entdeckten, an einem Anfang, der jene, die nach ihnen kamen, im Weitergehen bestärkte.

geboren 1947 in Trier, seit 1974 zahlreiche Veröffentlichungen, Theaterstücke, Gedichte, Hörspiele, Romane, Essays. Für ihre Romane »Shanghai fern von wo« (2008), »Landgericht« (2012) und »Geisterbahn« (2018) wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Joseph-Breitbach-Preis, dem Deutschen Buchpreis und dem Jean-Paul-Preis. Ursula Krechel lebt in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783990271384
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum03.03.2015
Seiten344 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2913 Kbytes
Artikel-Nr.3161800
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
I


 


Mit den Bausteinen ihres Verstandes:
CHRISTINE DE PIZAN

Christine de Pizan zu entdecken, ist ein fröhliches, lehrreiches und gleichzeitig rührendes Unterfangen. Es könnte sein, daß die Beschäftigung mit ihren Schriften zu einer Umwertung des Frühhumanismus führt, wie die Entdeckung oder erneute Lektüre der Marie de France die frühere Gewichtung der Werke von Chrétien de Troyes, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Walther von der Vogelweide ins Wanken brachte. Es könnte sein, daß in Zukunft gesagt werden muß: Der Humanismus begann mit einer Autorin, die sich entschieden gegen üble Nachrede über ihr Geschlecht wehrte, erzählerische und essayistische Nachweise gegen die Vorwürfe führte. Es könnte sein, daß zugegeben werden muß: Der Frühhumanismus setzte nicht ein wiedergefundenes antikes Menschenbild gegen das christliche, sondern ganz am Anfang fand jemand den Mut, die beschämenden Lücken in vielfältigen Menschenbildern aufzuzeigen, die Lücken, die auch die Arbeit, die Lebenskraft, die Menschlichkeit von Frauen betreffen. Es könnte zugegeben werden müssen, daß die Loslösung von den festgefügten höfischen und klösterlichen Riten und Denkbewegungen, die der Frühhumanismus bewirkte, die Betonung von Wissen gegenüber dem Glauben, eine ernstzunehmende Verkünderin jenseits seiner Wiege in Italien hatte. Kindlers Literatur Lexikon verzeichnet Christine de Pizan mit drei Werken, wobei ihre Epistre au Dieu d Amours, eine parodierende Auseinandersetzung mit dem Frauenbild im Rosenroman von Jean de Meun, den größten Raum einnimmt. Sie entfachte mit ihrem Widerspruch den ersten Literaturstreit der französischen Geschichte.

Christine de Pizan wurde 1365 in Venedig geboren. Sie stammte aus einer Familie von Gelehrten und wuchs mit Brüdern auf. Ihr Vater Tommaso di Benvenuto da Pizzano, der in Bologna, einem der wichtigsten intellektuellen Zentren des damaligen Europa, tätig war, folgte einem Ruf Karls V., »des Weisen«, an den Hof in Frankreich. Er kam als Astrologe und Arzt. »Die Frau und das Kind des Meisters Tommaso, meines Vaters, wurden gleich nach ihrer Ankunft in Paris in allen Ehren empfangen. Der mildtätige, gütige und weise König begehrte, sie, die noch ihre reichverzierten, kostbaren lombardischen Gewänder trugen, die Frauen und Kindern von Stand angemessen sind, schon bald nach ihrer Ankunft zu sehen. Der König hielt sich im Dezember im Schloß Louvre in Paris auf, und er empfing Tommasos Frau und Familie und machte ihnen schöne Geschenke.« Ihr Leben lang wird Christine den König ehren und der Friedenszeit unter seiner Regentschaft (1364-1380) gedenken. Im Buch von der Stadt der Frauen (Le Livre de la Cité des Dames) legt sie an einer Stelle der Frau Rechtschaffenheit eine vermutlich sie selbst betreffende Äußerung in den Mund: »Dein eigener Vater, ein bedeutender Naturwissenschaftler und Philosoph, glaubte keineswegs, das Erlernen einer Wissenschaft gereiche einer Frau zum Schaden; wie du weißt, machte es ihm große Freude, als er deine Neigung zum Studium der Literatur erkannte. Aber die weibliche Meinung deiner Mutter, die dich, wie es für Frauen gemeinhin üblich ist, mit Handarbeiten beschäftigen wollte, stand dem entgegen, und so wurdest du daran gehindert, in deiner Kindheit weitere Fortschritte in den Wissenschaften zu machen.«

Mit fünfzehn Jahren heiratet sie den zehn Jahre älteren Notar und königlichen Sekretär Étienne du Castel. Nach ihrem eigenen Bekunden muß dies eine glückliche Ehe gewesen sein, aus der eine Tochter und zwei Söhne hervorgegangen sind. Doch innerhalb der nächsten zehn Jahre verfinstert sich Christine de Pizans Glück; sie spricht ganz im Stil der Zeit davon, daß sich Fortunas Rad zu ihren Ungunsten gedreht habe. Zunächst stirbt der königliche Gönner ihrer Familie, so daß der Einfluß des Vaters bei Hofe abnimmt, dann stirbt der Vater, und im Jahre 1390 wird ihr Mann von einer Epidemie hinweggerafft. Mit 25 Jahren obliegt ihr die Sorge für ihre Kinder, für zwei noch unmündige jüngere Brüder und ihre Mutter; ihre Brüder kehren später nach Italien zurück, dafür kommt eine Nichte in ihre Obhut.

Christine de Pizan verzweifelt nicht, sondern besinnt sich auf ihre Fähigkeiten. Sie scheint mit dem Abschreiben von Manuskripten zunächst ihren Lebensunterhalt verdient zu haben, bevor sie dann ihre eigene Stimme erhebt, in Liedern, Balladen, in der Lehrdichtung und in ihren Streitschriften. In einer vielzitierten Ballade gibt sie Auskunft über den schwierigen Schritt ihres dichterischen Beginnens:

Seulete suy et seulete vueil estre,
Seulete m a mon doulz ami laissiee,
Seulete suy, sans compaignon ne maistre,
Seulete suy, dolente et courrouciee.

(Ganz allein bin ich, und ganz allein will ich auch sein, / Ganz allein ließ mich mein süßer Freund zurück, / Ganz allein bin ich, ohne Gefährten, ohne Gebieter, / Ganz allein bin ich, von Schmerz und Kummer erfüllt.)

Von Anfang an ist diese Autorin, wie übrigens auch die Dichterin Marie de France, darauf bedacht, ihren Namen mit ihren Werken zu verbreiten. »Je, Christine« - »Ich, Christine«, so beginnen viele Abschnitte. Sie schützt sich vor der Annexion ihrer Werke durch Dritte, insistiert auf ihrer Autorschaft. Und sie hat wohl bei ihrer vorliterarischen Arbeit des Abschreibens die Entdeckung gemacht, daß nicht das Schreiben allein, sondern auch seine Verbreitung für die Hierarchisierung der Literatur von Bedeutung ist. Die große Zahl der Handschriften ihres Werkes läßt vermuten, daß sie ihre Schriften selbst zur Vervielfältigung brachte und daß sie einmal eine vielgelesene Autorin war. Ebenso ließ sie sich häufig als Schreibende darstellen: eine schmale Frau im blauen Kleid mit einem bauschigen Witwenschleier.

Inmitten des höfischen Getümmels wagt sie von ihrer Einsamkeit, ihrer Verlassenheit zu sprechen. In L Avision de Christine (Christines Vision) gibt sie eine Selbsteinschätzung: »Ich habe damit begonnen, anmutige Gebilde zu ersinnen, und diese waren in meinen Anfängen ohne allzu viel Tiefgang. Dann aber erging es mir wie dem Handwerker, der mit der Zeit immer kompliziertere Dinge herstellt: In ähnlicher Weise bemächtigte sich mein Verstand immer außergewöhnlicherer Gegenstände; mein Stil wurde eleganter, meine Themen gewichtiger.«

Der Hinweis auf den Handwerker ist interessant: Christine schreibt nicht, weil ihr Gott die Feder führt, ihr Konzept ist vollkommen anders als das der Mystikerinnen. Sie schreibt eine Art von poetischer Universalgeschichte, liest Quellen und interpretiert sie auf ihre Weise. Ihre Geschlechtszugehörigkeit verbietet es, sich um ein Lehen zu bemühen. Sie dichtet nicht zum Fürstenlob, wenn sie auch mit der Zeit hochgestellte Gönner findet. Nein, Christine de Pizan ist an handwerklicher Qualität interessiert, an der Ausbildung ihres Talents, an ihrer eigenen Stimme.

Wie kommt es, daß sie vom Wert der Weiblichkeit so unbedingt überzeugt ist und ihre Überzeugung beredt und tapfer vertritt? Wie kommt es, daß sie Respekt und Anerkennung der Leistungen für die weibliche Hälfte der Menschheit einklagt? Während in der höfischen Literatur der Frau gehuldigt wird, ihren Schönheitsattributen, wird sie in der Realität von vielen Bereichen des Lebens ausgeschlossen. Christine ist eine harsche Kritikerin der »folle amour« - »der törichten Liebe«. Sie ist eher an Werken als an Gefühlen interessiert. Die Verherrlichung der nicht eingelösten Liebe in der Minne, das Spiel der Sehnsucht, ist ihre Sache nicht. Das Kapitel über die großen Liebenden im Versroman Buch von der Stadt der Frauen schließt sie lapidar ab: »Es kann gar keinen Zweifel daran geben, daß eine charakterstarke Frau zu einer sehr tiefen Liebe fähig ist, wenn sie einmal wirklich liebt - daneben gibt es natürlich auch einige flatterhafte Frauen.«

Die höfische Literatur belustigt sich mit erotischen Scherzfragen wie: Zieht ihr warme Kleidung im Winter oder eine höfische Geliebte im Sommer vor? Was haltet ihr für vorteilhafter? Drei Glas eines Aphrodisiakums oder drei Damen alle Tage? Wenn eure Dame ihre Hingabe von einer Liebesnacht mit einer zahnlosen Alten abhängig macht, wollt ihr diese Bedingung lieber vorher oder nachher erfüllen? Dagegen benutzt Christine ihren logischen Verstand und sammelt Argumente gegen »derartig viele teuflische Scheußlichkeiten«, die Männer in ihren Schriften über Frauen verbreiten. Sie tut dies aber nicht in einem moralischen Traktat, sondern in der Erzählung vom Bau einer Stadt. Es ist ein allegorischer Zufluchtsort, eine »Festung gegen die Schar der boshaften Belagerer«, ein...

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Autor

Ursula Krechel, geboren 1947 in Trier, lebt in Berlin.Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Lehrtätigkeit an verschiedenen Universitäten. Sie debütierte 1974 mit dem Theaterstück "Erika", das in sechs Sprachen übersetzt wurde. Erste Lyrikveröffentlichungen 1977, danach erschienen Gedichtbände, Prosa, Hörspiele und Essays.Veröffentlichungen u. a."Erika", Theaterstück, 1974 "Selbsterfahrung und Fremdbestimmung", Essay, 1975 "Nach Mainz!", Gedichte, 1977 "Verwundbar wie in den besten Zeiten" Gedichte, 1979 "Zweite Natur", Szenen eines Romans, 1981 "Vom Feuer lernen", Gedichte, 1985 "Kakaoblau. Gedichte für Erwachsende", 1989 "Die Freunde des Wetterleuchtens", Prosa, 1990 "Technik des Erwachens", Gedichte,1992 "Mit dem Körper des Vaters spielen", Essays, 1992 "Sizilianer des Gefühls", Erzählung, 1993 "Landläufiges Wunder", Gedichte, 1995 "Verbeugungen vor der Luft", Gedichte, 1999.Auszeichnungen2006 Hermann-Hesse-Stipendium der Stadt Calw2008 Rheingau Literatur Preis2009 Jeanette Schocken Preis - Bremerhavener Bürgerpreis für LiteraturKritikerpreis für LiteraturKunstpreis des Landes Rheinland-Pfalzd. lit. - Literaturpreis der Stadtsparkasse DüsseldorfJoseph-Breitbach-Preis2012 Orphil-Preis für LyrikDeutscher Buchpreis